Zuletzt aktualisiert am 5. März 2023 von Ulrich Würdemann
Herbst 2012. Vor einigen Wochen war ich in Delmenhorst, meiner Geburtsstadt, die mir längst so fremd geworden ist. Nur weniges ist mir noch nah an Delmenhorst. Darunter, ganz weit oben in der Liste der schönen Erinnerungen, Brenners – die mir ‚Paradiese der Kindheit‚ bescherten. Die heute noch in mir sind.
Ich nannte sie ‚Tante Brenner‘ und ‚Onkel Brenner‘. Doch sie waren mir viel mehr …
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ein Gefühl von Zuhause
Noch heute kann ich in Gedanken durch Brenners‘ Wohnung spazieren. Die große Wohnküche, hinten links der Herd, hinten rechts der Spülstein. In der Mitte der große Tisch, an dem beide abends zusammen aßen. Hinten links der Durchgang zur Waschküche, in der ein großer Waschzuber stand, dahinter eine Abstellkammer, und hinten rechts der Durchgang zu seiner Werkstatt. In der er immer zauberte, er reparierte alles, konnte alles, und ich durfte ihm oft dabei zusehen, ihn mit Fragen löchern, die er geduldig beantwortete.
Vorne, vor der Küche, ein kleiner Flur, von dem links als erstes die ‘kleine Stube’ abging. Hier saß er immer nachmittags, wenn er von der Arvbeit in der korkfabrik zurück war, in seinem Sesel, trank eine Tasse ‘guten Kaffee‘, dazu ein Stück Königskuchen, den sie ihm gebacken hatte. Ich oft auf seinem Schoß. Danach eine Zigarre, Fehlfarben. Ich meine noch heute den Geruch seiner Zigarren in der Nase zu haben. Die hölzernen Zigarrenkisten, auf die, waren sie erst leer, ich mich schon freute, zum Basteln und Aufbewahren von Schätzen. Hinter der kleinen Stube die ‘gute Stube’, meist nicht beheizt, und nur selten benutzt, eigentlich nur wenn Besuch kam, für Feiern und Essen. Und davon links, soweit ich mich erinnere mit einer Schiebetür abgetrennt, ihr Schlafzimmer.
Den Hof, mit dem Schuppen, dem Sandkasten, hinter dem Haus die Laube mit Blick auf das Hühner-Hok, dahinter der große Garten, erst Obstbäume auf Rasen, Kanichenstall, dahinter Nutzgarten, links Brenners rechts wir, und dahinter das Moor. Die Gräben, der Bach.
All das erinnere ich recht genau. Bilder, Gerüche, Gefühle. Kann darin spazieren.
Darüber, im ausgebauten Dachstuhl, war die Wohnung, die meine Eltern bei Brenners zugeteilt bekommen hatten (damals wurden Wohnungen wegen der Wohnungsnot nach dem Krieg von der Stadt zugewiesen). Ich erinnere ich an die Treppe nach oben, grau oder beige gestrichene hölzerne Stufen. Erinnere das Plumpsklo, das außen war, klein, mit Tür zum Hof.
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mehr als ‚Onkel‘
Welche Bedeutung ‚Onkel Brenner‘ für mich hatte, wird vielleicht an einer kleinen Geschichte deutlich.
Spätnachmittags, wenn er von seiner Arbeit in der nahe gelegenen Korkfabrik zurückkam, saß er gerne in der ‚kleinen Stube‘ in seinem Sessel, trank Kaffee und aß ein Stück Topfkuchen. Danach seine Zigarre.
Und ich, ich liebte es dann auf seinem Schoß sitzen zu dürfen. Den Rauch der Zigarre schnuppern, aufgeregt erzählen was heute wieder alles im Kindergarten los war, und ihm zuhören was denn die Fabrik wieder so angestellt hat.
So versessen war ich darauf, bei Onkel Brenner zu sien, dass ich, sobald ich ihn an der Haustür klingeln hörte, aufgeregt zu unserer Wohnungstür stürmte, ‚Onkel Bemmer bim bim‘, und nach unten laufen wollte (wir wohnten im Dachgeschgoss über ihrer Wohnung).
Und irgendwann war das Gatter wohl nicht vor der Tür, und ich, ungestüm wie ich war, sdo schnell wie möglich zu Onkel Brenner, und schon polterte die Treppe herunter. Brach mir das Bein, musste kurz ins Krankenhaus. Ein Beinbruch, der eine wunderschöne Erinnerung ist.
Brenners Grab, längst eingeebnet
Traurig. Betrübt.
Wissend um die ‚Normalität‘ des Vorgangs.
Und dass sich faktisch eigentlich nichts verändert hat.
In mir haben sie ihren Platz.
Amandus Brenner 12.4.1903 – 1.2.1987
Frieda Brenner geb. Meyer 13.6.1910 – 24.2.1983
Längst ist ihr Grab eingeebnet. Liegezeit abgelaufen. Nichts mehr erinnert dort an sie. Nichts, wo lange das zunehmend weniger gepflegte Grab war. Nur eine grüne Rasenfläche.
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4 Antworten auf „Brenners“
[…] einigen Monaten wurde das Grab von Brenners eingeebnet. Die „Liegezeit“ war „abgelaufen“ (welch seltsame Formulierung, steht da irgend […]
[…] einigen Monaten wurde das Grab von Brenners eingeebnet. Die „Liegezeit“ war „abgelaufen“ (welch seltsame Formulierung, steht da irgend […]
[…] vor wenigen Jahren Brenners Grab (siehe “Paradiese der Kindheit“) eingeebnet wurde, war das für mkich schmerzhaft, […]
[…] Onkel Brenner, mein großer Held. Der nachmittags, wenn er von der Arbeit in der Korkfabrik kam, sofort stürmisch begrüßt wurde. Schon lange hatte ich wohl am Gitter in der ersten Etage gewartet, beim ersten Geräusch seines Schlüssels in der Haustür ‘Onkel Bemmer bim bim’ gerufen. Kindlicher Sprachfehler, noch jahrelang wurde ich damit geneckt. […]