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Persönliches

reduziert

Mitte April, der erste warme Tag des Jahres. 24 Grad am späten Nachmittag.

Wie schon seit Wochen, sortiere ich Bücher und Zeitschriften aus. Eine Mischung aus Platz schaffen, und mich trennen. Vieles hat sich angesammelt über die Jahre. Vieles das ich immer wieder für bewahrenswert hielt.
Aussortierern, das bedeutet nicht ‚aus dem Stehsammler nehmen und wegwerfen‘. Immer wieder begegne ich Artikeln, Gedanken, die mich bewegen, die Erinnerungen wecken. Nicht nur bei früheren schwulen Zeitungen, auch bei der Kulturzeitschrift Lettre, die ich seit der Nullnummer lese und aufbewahre. Ich erinnere z.b Artikel über den Tod Pasolinis, oder Leo Bersanis ‚Das Rektum ist ein Grab‘ und die späteren Debatten.
Zu sehr ist vieles Teil meiner Biographie. So nehme ich jedes Heft einzeln, blättere es durch. Stoße auf Banales und Bewahrenswertes, Vergangenes und Erinnernswertes, Perlen und Plunder. Dieses Aussortieren ist echte emotionale Arbeit.

In den vergangenhen Wochen habe ich viele Stehsammler voll alter Ausgaben Rosa Flieder, Torso, Magnus durchgesehen. Zeitschriften, von denen ich mich trennen werde. Trennen heißt in diesem Fall tatsächlich Papiercontainer. Niemand, kein Museum, kein Archiv, kein Buchladen hat Interesse. Meter Regalfläche werden so frei.

Heute durchblättere ich die Ausgaben von ‚DAH aktuell‘. Die Zeitschrift, die die Deutsche Aidshilfe Anfang bis Mitte der 90er Jahre herausgegeben hat. Nicht zufällig genau der Zeitraum der zweiten Hälfte der ’schlechten Jahre‘. Und im Durchblättern der Ausgaben entsteht eine Zusammenschau der Themen, die diese furchtbaren Jahre damals prägten, von ersten Medikamenten bis Suizid, von Positiver Interessenvertretung bis Mittelkürzungen. Viel Horror, wenig Freude, viel nüchterne Reflektionen.

Immer wieder, insbesondere in den Jahren 93 bis 96 stoße ich auf Nachrufe, Traueranzeigen, längere Würdigungen. Wie zuvor schon beim Durchblättern der alten Magnus und Torso. Ein trauriges Erschrecken. Menschen, die mir sehr nahe waren, sei es als Freunde, sei es als Wegbegleiter, die damals gestorben sind. Über 30 Jahre ist das jetzt her. Über 30 Jahre sind sie schon tot. Wie sehr bei manchen die Erinnerung undeutlicher geworden ist mit der Zeit, während andere noch präsent sind in meinem heutigen Leben (ja, noch heute denke ich manchmal in verzwickter Situation, ‚was Fränzchen jetzt wohl machen würde‘).

Ein Gefühl von Einsamkeit. Von Verlassensein. Wer ist denn noch da von jenen, mit denen ich mich damals auf den Weg machte, in schwulen Bewegungen, in frühem Ringen um positives Überleben. Wie viele Freunde sind nur noch Freunde in der Erinnerung.

Wie lange ich das Grauen überstanden habe. Wie dankbar ich dafür bin, und wie sehr ich doch den Schmerz, die Narben, die Verluste dieser Zeit immer noch in mir nachfülle.

*

Einige Tage später. Mit Freunden sehen wir im Lieblingskino die neue Knef- Doku. Recht nah zu Beginn beschreibt sie ihre Jugend, ein Erwachsenwerden in NS-Zeit und Krieg. Deutet kurz an wie viele gestorben sind. Bezeichnet ihrer Altersgruppe als „die reduzierte Generation“.

Sofort klingt etwas in mir an. Welch bildhafte treffende Formulierung.
Reduziert – die Zahl derer die noch leben.
Reduziert – es gab Ursachen und Verursacher dieser Verluste.
Reduziert – der Begriff der Reduktion legt den Gedanken der Konzentration dessen was übrig bleibt nahe.

Ich will die Aids-Krise nicht vergleichen mit Krieg, Kriegsgeneration und Überleben. Aids und die Auseinandersetzung damit als Krieg zu metaphorisieren hielt ich immer für falsch.

Und doch, seit Jahren ist da dieses Gefühl, seit vielen Jahren schon, wie viele von uns sind denn noch da? Und wie viele sind, oft elendig, an AIDS und den Folgen krepiert? Die Schar derer die noch leben ist klein. Und wird von Altersmalaisen wie auch Langzeitfolgen von HIV und Medikamenten gerade in jüngster Zeit weiter dezimiert.

Die Generation schwuler Männer, geboren in den 1940er bis 1960er Jahren, die Übriggebliebenen, eine reduzierte Generation?

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Politisches

EU und USA – unter Trump vom Partner zum Gegner ?

Die Ereignisse der ersten Wochen der 2. Präsidentschaft Trump zeigen deutlich die Abkehr der USA unter Trump von Demokratie und liberaler Weltordnung. Die USA werden eher zu Antagonisten der europäischen Demokratien. In einem gefüge, das sich von der bisherigen regelbasierten zu einer machtbasierten Ordnung verändert, mit weitreichenden Konsequenzen.

Die USA suchen offensichtlich eher eine neue Dreicks- Beziehung zwischen den USA, Russland und China:

“These are big, powerful countries with nuclear stockpiles. They can project power globally. I think we have lost the concept of maturity and sanity in diplomatic relations.”

Marco Rubio, US- Außenminister, im Januar 2025

„The European Union was formed in order to screw the United States. That’s the purpose of it, and they’ve done a good job of it.“

US-Präsident Trump, 26. Februar 2025
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Politisches

mit Trump ab in den TechnoFaschismus ?

Zwei Millionen staatlichen Bediensteten droht die Entlassung. Ganze Behörden stehen vor ihrer Auflösung. Eine intransparenteSondereinheit will sich Zugang zu vertraulichsten persönlichen Daten verschaffen. Programme für Vielfalt, teilhabe, inkklusion werden fächendeckend gestrichen.

US-Präsident Trump lässt den Staat USA umbauen.

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Hamburg Homosexualitäten

Wähl Liebe Hamburg Spielbudenplatz 15. Februar 2025

Wähl Liebe – solange du noch kannst, unter diesem Motto fanden am 15. Februar 2025 in 55 deutschen Städten Aktionen für Vielfalt, Demokratie und Minderheiten-Schutz statt.

An der Veranstaltung in Hamburg auf dem Spielbudenplatz nahmen ca. 3.500 bis 4.000 menschen teil.

Wähl Liebe Hamburg Spielbudenplatz 15. Februar 2025
Wähl Liebe Hamburg Spielbudenplatz 15. Februar 2025
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Politisches

29. Januar 2025 – der Bruch

29. Januar 17:58 Uhr – das Abstimmungsergebnis des Deutschen Bundestags zeigt klar: der Antrag der CDU/CSU zur Migrationspolitik wurde angenommen dank Stimmen aus dem rechten und rechtsextremen Lager.

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Politisches

Rechtsextremismus und Abstammung

„Rechtsextremismus setzt menschenfeindliche Ideologie, aber keine weiße Haut oder deutsche Abstammung voraus“

Matthias Quent, Extremismus-Forscher, Hochschule Magdeburg-Stendal, 21. Dezember 2024, SZ 23. Dezember 2024

Matthias Quent äußerte dies nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt von Magdeburg, und unter Verweis auf den Anschlag auf das OEZ München 2016.

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Politisches

Atomstrom rechnet sich nicht

Atomstrom rechnet sich nicht, ein Atom- Comeback steht nicht an, darin scheinen sich die Energiekonzerne einig zu sein. Anders als einige Politiker, die immer noch eine ‚Renaissance der Atomkraft‘ fordern …

Atomstrom rechnet sich nicht – Joe Kaeser 2024

„es gibt kein einziges Atomkraftwerk auf dieser Welt, das sich ökonomisch rechnet“

Joe Kaeser, in: maischberger, ARD, 27. November 2024
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Politisches

Tuntenhaus Bremen

Sechs Wochen lang gab es 1992 ein Tuntenhaus Bremen, bestezt durch eine Gruppe junger Schwuler.

Das Tuntenkollektiv der Besetzer hatte sich in einem weiteren (bereits sechs Monate vorher besetzten) Haus in der Grünenstr. 18 kennengelernt und gefunden, in der dort stattfindenden schwulen Kneipe ‚Apoll.

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HIV/Aids

Rhein positiv – zweite Bundespositivenversammlung Bonn 1991

Die Zweite Bundespositivenversammlung (BPV) oder „Bundesversammlung der Menschen mit HIV und AIDS“, so der ‚offizielle‘ Titel, fand unter dem Motto „Rhein positiv“ vom 19. bis 22. Dezember 1991 in Bonn statt.

der Teilnahme- Button der 2. Bundespositivenversamlung ‚Rhein positiv‘ 1991 (Foto: DAH)
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Kulturelles

Divine und die Schwulenbewegung – bin dafür, aber ich gehe nicht hin, ich habe auch Hetero- Fans (Interview 1984 Rosa Flieder)

Der US-amerikanische Schauspieler und Sänger Divine äußerte sich 1984 anläßlich eines Konzerts nahe Nürnberg auch über die Schwulenbewegung, und warum er sie (anders als z.B. Sylvester, ebenfalls offen schwuler HI-NRG Star), nicht unterstützt:

RF: Hast du irgendeine Verbindung zum gay liberation movement in Amerika?
DIVINE: Nein, wenn du im Geschäft bist – und ich bin im Showgeschäft – kannst du dich nicht mit Politik beschäftigen – das hat schon viele ruiniert, besonders in Amerika. Ich bin für die Schwulenbewegung, aber ich gehe nicht auf Demonstrationen. Ich habe das nicht nötig. Ich erkläre mich so mit jeder Minderheit solidarisch, die verfolgt wird.