Zuletzt aktualisiert am 4. September 2023 von Ulrich Würdemann
Was ist eigentlich deine Heimat?
Diese Frage wird ja gelegentlich gestellt, oder ‘heimatliche Gefühle’ für einen Ort, eine Region bekundet.
Nun, was ist meine Heimat?
Häufig ist ja zunächst ganz banal gemeint “wo kommst du her”.
Eigentlich aber geht es ja um die Frage wo fühle ich mich heimatlich, zuhause.
Nun, den Ort meiner Geburt und Jugendjahre, jene trostlose Kleinstadt-Tristesse, die für sich einst mit ‘Industriestadt im Grünen‘ warb, diesen Ort empfinde ich schon lange nicht mehr als meine ‘Heimat’ (habe ich es je?), eher als fremdes Universum. Heimat, das ist für mich sicherlich nicht mein Geburtsort.
Manchmal frage ich mich, ob ‘Heimat’ überhaupt für mich ein Ort ist? Oder ist Heimat für mich eher ein Gefühl? Ein Gefühl des Wohlbefindens, des sich-zuhause-Fühlens?
Eine erste Näherung an dieses Gefühl würde dann spontan lauten, Heimat ist wo mein Mann und ich zusammen sind. Er ist ein solch tief reichender Faktor des Wohlbefindens für mich, dass dieser Gedanke für mich offensichtlich scheint, dieser Zusammenhang zwischen Heimat und Partner. Vielleicht, nein sicherlich im Idealfall noch ergänzt um die Anwesenheit einiger uns jeweils oder gemeinsam wichtiger Freunde. Ja, das könnte eine Idee von Heimat sein (als Metapher habe ich das ja ansatzweise im ‘Wohnturm‘ angedeutet).
Und doch – ist das alleiniger Faktor für Heimat?
Ganz offensichtlich für mich nicht, lehrt mich meine Erfahrung.
Ich kann mich lebhaft an einige kürzere und längere Auslands-Aufenthalte erinnern, die mir auf verschiedene Weise klar gemacht haben, dass zu Heimat mehr als ‘nur’ Menschen gehören – dass es überhaupt etwas wie Heimat gibt. Selbst mit dem Mann und guten Freunden zusammen würde ich wohl auf längere Sicht in z.B. in China oder Malaysia kein Gefühl von Heimat bekommen.
Eher vielleicht, so meine Erfahrung, ein Vermissen der selbigen. So mancher Auslandsaufenthalt erwies sich als den eigenen Horizont erweiterndes Erlebnis, machte mir in einigen Fällen jedoch auch bald klar, dass schon zu meinem Wohlbefinden auch andere Rahmenbedingungen gehören. Kultureller Kontext, Wertesystem – Stichworte, die mir in den Sinn kommen.
Partner und Freunde sowie kultureller Kontext, zwei mögliche Faktoren des Gefühls ‘Heimat’.
Kultureller Kontext, das ist letztlich assoziiert mit Raum, mit Region. Womit sich indirekt letztlich doch wieder die Frage des Ortes stellt. Vielleicht muss es nur nicht ein einziger Ort sein.
Berlin, Hamburg, Köln, mit allen drei Orten verbinde ich unterschiedlich heimatliche Gefühle.
Ich freue mich bei jeder Abwesenheit wieder sehr auf Berlin, auf die Stadt, darauf einige mir sehr wichtige Menschen im Alltag um mich haben zu können, gemeinsam essen oder in’s Kino zu gehen, spazieren, plaudern, sich spontan treffen und Zeit gemeinsam verbringen. Und doch – der Mann fehlt, denn der lebt in Köln.
So bleibt Berlin derzeit eine Art ‘Heimat ohne Mittelpunkt’. Köln, eine Stadt, zu der per se ich heimatliche Gefühle im Sinne eines Wohlfühlens in der Stadt so gar nicht habe, wohl aber: sie ist der Mittelpunkt der Welt, wenn er und ich dort zusammen sind.
Für diese ‘gespaltene Heimat’ sind in der Beziehung längst lebbare und pragmatische Wege gefunden. Als schwieriger erweist sich der Kontakt zu Freunden abseits von Berlin. Freundschaft will gepflegt, gelebt werden, erst recht wenn sie vielleicht gerade am Entstehen ist – nicht leicht über 300 oder 600 km Distanz. Ob Tobias oder Uwe, oft bleibt eine Sehnsucht, sich mit nicht-Berliner Freunden einfach, unkompliziert sehen zu können, dann wenn einem der Sinn danach ist, mit Zeit – nicht wann und wie es Kalender und Termine zulassen.
Berlin, Köln und Hamburg in einer Stadt – das wäre für mich nicht nur in dieser Hinsicht persönlich eine feine Lösung … und könnte vielleicht ‘Heimat’ sein.
Heimat – was ist das? In einigen Näherungen gehören sicher Mann und Freunde, kultureller Kontext und, ja, Orte dazu. Allerdings, Heimat ist für mich bisher nichts Statisches. Heimat ist für mich ein Gefühl, das sich noch immer in den vergangenen Jahren geändert, weiter entwickelt hat.