Zuletzt aktualisiert am 15. Oktober 2018 von Ulrich Würdemann
Wechselwirkungen bei HIV-Medikamenten, untereinander oder mit anderen Substanzen – was heute zum ärztlichen (und Patienten-) Alltag gehört und entsprechend berücksichtigt wird, war noch Mitte der 1990er Jahre ein Exoten-Thema. Und zugleich für viele Positive ein Thema von existentieller Bedeutung. Besonders seit Proteasehemmer Bestandteil hochwirksamer Kombinationstherapien wurden …
Spätestens mit dem Aufkommen der Proteasehemmer (einer damals neuen Klasse von anti-HIV-Wirkstoffen) wurde die HIV-Therapie Mitte der 1990er Jahre erfolgreicher, aber auch komplizierter. Neue, bisher kaum bekannte Komplikationen traten auf, aufgrund der erfolgreichen Medikamente. Deren Verstoffwechselung über bestimmte Enzymsysteme der Leber (z.B. CYP3A) führte dazu, dass die Wirkstoffspiegel (und damit oftmals auch die Wirkung) zahlreicher anderer Substanzen verändert wurde, sei es intensiviert oder abgeschwächt – und in den meisten Fällen nicht erwünscht.
Was zunächst harmlos klingt, kann gravierende Folgen haben – ein Narkosemittel z.B., das zu lange wirkt oder zu intensiv dosiert wird, kann schnell zu gravierenden, wenn nicht lebensbedrohlichen Folgen führen.
In früheren Jahren erstellte ich für die Deutsche Aids-Hilfe in mehreren Ausgaben eine Publikation zu Wechselwirkungen bei HIV-Medikamenten – aus purer Notwendigkeit, nämlich dem Fehlen anderer Publikationen zu diesem Themenbereich:
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Die Geschichte des Umgangs mit HIV-Wechselwirkungen ist eines der vielen Beispiele, wie sehr Aidshilfe Pionier im Medizinsystem und Gesundheitsbetrieb war und weiter sein kann:
Kaum jemand beschäftigte sich zunächst mit dem Problem, dass plötzlich bei bestimmten Medikamenten-Kombinationen unerklärlich viele Nebenwirkungen oder Interaktionen auftraten. Geschweige denn, dass es für Ärzte zugängliche aggregierte Informationen gab, oder gar für Patienten verständliche Handreichungen.
Wechselwirkungen bei HIV-Medikamenten war eines der (nicht wenigen) Handlungsfelder, bei denen Positive und Aidshilfe zu den ersten gehörten, die erkannten – und reagierten:
Die Bedeutung der Frage der Wechselwirkungen wurde zuerst auch durch HIV-Positive und ihre Organisationen erkannt und problematisiert. Und mangels verfügbarer anderer Publikationen, die die wenigen verfügbaren Informationen nutzbar zusammenfassten, reagierte Aidshilfe als erste (und lange Zeit einzige) Organisation – im Sinne des Nutzens von HIV-Positiven, und auch zum Nutzen von Ärzten und Medizinsystem. Inzwischen ist das Thema längst im medizinischen Alltag angekommen, und auch auf Kongressen, in Fachinformationen und Datenbanken – auf ihre Pionier-Rolle kann Aidshilfe auch bei diesem ‘Exoten-Thema’ stolz sein.
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2 Antworten auf „HIV Wechselwirkungen – Broschüre Wechselwirkungen bei HIV-Medikamenten“
[…] bedeutete auch: Leben mit Pillen, meist mit sehr vielen Pillen, mit Nebenwirkungen, bald auch mit Wechselwirkungen. Bei vielen Menschen mit HIV, so auch bei mir, stieg das Interesse an medizinischen Themen stark. […]
[…] von und für HIV-Positive, von Anfängen bei der ‚Virulent‚ über mehrere Auflagen „Wechselwirkungen“, MedInfo-Gruppe und Veranstaltungsreihe, HIV-Nachrichten und HIVlife bis nun seit einigen Jahren […]