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CSD Charta Köln: CSD prüde? – “Provokateure sollen an den Pranger”

Zuletzt aktualisiert am 13. März 2022 von Ulrich Würdemann

CSD Charta Köln: Neuer Weg eines Miteinanders oder prüde Provinz-Posse? In Köln sollten 2009 verbindliche Regeln vorgeben, wie man sich beim CSD verhalten darf.

Der ‘Kölner Lesben- und Schwulen-Tag’ (KLuST), 1991 gegründet, ist u.a. Veranstalter des Kölner CSDs. Am 19. Januar 2009 verabschiedete die Mitgliederversammlung des Vereins “nach langem und sorgfältigem Diskussionsprozess” eine “Kölner CSD Charta“.

Man wolle die “Integrations- und Strahlkraft der [Kölner] CSD-Parade nicht in Gefahr bringen lassen”, so die Begründung für das, was laut Charta “Regeln” für den CSD sind, deren “Beachtung von allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern an der CSD-Parade verbindlich” erwartet wird.

Nach Ausführungen zum ‚Wertfundament‘ des CSD Köln (§2) und zu „verbotenem Verhalten“ (§3) heißt es in Paragraph 4 zum ‚äußeren Erscheinungsbild‘ der CSD-Teilnehmer/innen z.B.:

„Beim äußeren Erscheinungsbild und beim Verhalten während der CSD-Parade sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Taktgefühl beweisen und Rücksicht nehmen auf die anderen Teilnehmenden der Parade und auf die Menschen am Straßenrand. Die Toleranz, welche die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der CSD-Parade für sich einfordern, soll nicht durch maßlose Provokation überstrapaziert werden.“

In der Kölner Lokalpresse stößt die “Kölner CSD Charta” bereits auf Begeisterung:

Zudem soll härter gegen – ohnehin strafbare Tatbestände – wie Entblößen oder sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit vorgegangen werden. Andere Teilnehmer und Zuschauer werden aufgefordert, derart provozierendes Verhalten nicht nur zu beobachten, sondern ihr Missfallen laut kund zu tun und die Polizei zu alarmieren”,

berichtet der Kölner Stadtanzeiger.

Die neue Charta solle dem besseren Verhältnis von Lesben und Schwulen einerseits und Heteros andererseits dienen, betont KLuST-Vorstand Markus Danuser:

Aber Danuser ist sicher, dass dies für das Verhältnis zwischen Schwulen, Lesben und Heterosexuellen heilsam und überfällig war. Nun habe man eine gemeinsame Basis.

Der KLuST selbst bezeichnet die Charta auf seiner Site als Ausdruck von Taktgefühl:

Bei der Parade zeigen wir selbstbewusst Lebensfreude und Vielfalt. Dazu gehört für mache [sic] auch ein gewisses Maß an Freizügigkeit. Für uns gehört dazu, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Taktgefühl beweisen.

Wie das aussehen soll, weiß der Kölner Stadtanzeiger:

Eines ist klar: Peitschenhiebe und Menschen an Hundeleinen gehören nicht in den Christopher Street Day. … Das sollte eigentlich jeder im Elternhaus gelernt haben: Sich öffentlich zu entblößen und andere zu erniedrigen oder zu beleidigen gehört sich nicht. Vor allem und erst recht nicht, wenn man für die eigene Gleichberechtigung kämpft. … In der Sado-Maso-Abteilung des Zuges sind überdies längst nicht mehr nur Homosexuelle zu sehen.

Darüber, wie z.B. Betreiber von CSD-Party-Wagen oder so mancher Fetisch-Gruppe auf das Verbot von zu viel Fleisch oder Party-Drogen reagieren wollen, ist nichts bekannt. Auch wie das Taktgefühl der Teilnehmer zukünftig konkret kontrolliert werden soll, wird vermutlich noch zu erarbeiten sein.

Allerdings sollte bei Nicht-Akzeptieren-Wollen der Charta durch Parade-Teilnehmer/innen „in geeigneten Fällen die Öffentlichkeit informiert“ werden, so die CSD Charta in Paragraph 7 …

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2010 heißt es von Seiten des KLuST, die Unterzeichnung der – weiterhin bestehenden – CSD Charta durch Paradeteilneher/innen sei „freiwillig“ und „keine Voraussetzung für eine Teilnahme an der Parade“.

Noch 2013 – anläßlich der Debatten um den Versuch einer als rechtsextrem geltenden Gruppierung am CSD teilzunehmen beruft sich der KLuST Köln auf die CSD Charta aus dem Jahr 2009 …

2014 dann ist die CSD Charta still und leise von den Internetseiten des Cologne Pride bzw. KLuST verschwunden …

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siehe auch
CSD : Respekt mit einander, oder Charta und Pranger-Drohungen? – “wie Gäste verhalten”
CSD Köln 2008 – „just another event“
“The big news here is Gay Power” – Edmund White 1969 über Stonewall

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weitere Informationen:
Kölner CSD-Charta als pdf (leider seit Ende Mai 2014 nicht mehr an originaler Stelle online, aber hier (Cologne Pride) als pdf – auch nicht mehr seit 4.6.14) aber noch zitiert hier
CSD Cologne jetzt Cologne Pride
Kölner Stadtanzeiger 10.02.2009: Provokateure sollen an den Pranger
Kölner Stadtanzeiger 10.02.2009: Demo oder Karneval?
queer.de 11.02.2009: Benimmregeln beim CSD Köln
Steven Milverton 11.02.2009: Der Kölner CSD als Fronleichnamsprozession
samstagisteingutertag 11.02.2009: Kölner CSD mit Zucht und Ordnung
queer.de 12.02.2009: Homo-Gurke für den KLuST
chriskoeln 12.02.2009: CSD Köln soll ‘sauber’ werden
samstagisteingutertag 12.02.2009: Trainingslager für Kölns Schwule
gaywest 13.02.2009: Linksruck beim Cologne Pride?
DerTagesspiegel 13.02.2009: Alles Provokation – Kölner CSD wird reglementiert
queer.de 16.02.2009: CSD-Charta: Berlin gegen ‘Sittenpolizei’
Kölner Stadtanzeiger 17.02.2009: ‘Die Paradiesvögel nicht verleugnen’
NRhZ online : Volkswartbund reloaded – Schwule Anstandswauwaus
Steven Milverton 17.05.2009: Kölner CSD: Von der “suspendierten” Charta zur CDU-Wahlkampfshow

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Von Ulrich Würdemann

einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
Mehr unter 2mecs -> Ulli -> Biographisches

3 Antworten auf „CSD Charta Köln: CSD prüde? – “Provokateure sollen an den Pranger”“

Unfassbar: die furchtbaren Folgen des Karnevals – und niemand unternimmt etwas … – ondamarissagt:

[…] Und die armen Schäfchen – dabei hätten sie so gut mit einer Charta (z.B. der Charta für Schafe in Deutschland) beschützt werden können, sollen, ja – […]

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