Zuletzt aktualisiert am 4. Dezember 2020 von Ulrich Würdemann
Frankreich ist -neben vielem anderen- auch das Land der Käse. An die 400 verschiedene Sorten soll es in Frankreich geben. Eine davon hätte beinahe zu einer schweren Schlacht geführt – einem Käse-Krieg um den Namen: Gruyère oder Greyerzer.
Er ist kräftig und aromatisch. Man kennt ihn in Deutschland, in der Schweiz, in Frankreich selbstverständlich, und – eigentlich beinahe weltweit. Der – ja, wie heißt er nun?
Gruyère?
Greyerzer?
Jahrzehnte lang war die Namensfrage wenig bedeutend, und ebenso wenig die genaue regionale Herkunft. Im Schweizer Kanton Fribourg stellten Molkereien schon seit Jahrhunderten Greyerzer her, und in den Gemeinden jenseits der Grenze, auf französischem Gebiet, eben den Gruyère. Frieden war um den Käse, jahrhundertelang.
Bis die Schweizer sich entschlossen, dem Käse ein Schutzsiegel zu verpassen, das AOC (Apellation d’Origine Controllé, kontrollierte Herkunftsbezeichnung). Das geschah im Jahr 2001. Sechs Jahre später, 2007 entschieden sich die Franzosen – das können wir auch, der Gruyère bekam ebenfalls ein Schutzsiegel, ebenfalls das AOC.
Allerdings, die Franzosen gingen einen Schritt weiter. Sie beantragten, den Gruyère in der gesamten Europäischen Union als AOC schützen zu lassen … damit kein Däne oder Ire auf die Idee käme, nun auch Gruyère herstellen zu wollen. Das wiederum brachte die Schweizer auf die Palme. Wie sollten sie ihren Greyerzer, der doch der gleiche Käse war wie der dann EU-weit geschützte französische Gruyère, in diesem Fall noch in die EU exportieren können, deren Mitglied sie nicht sind? Das kann doch nicht sein … und die Schweizer beantragten bei der EU, nun ihren Greyerzer ebenfalls EU-weit zu schützen.
Die internationalen molkereitechnischen Verspannungen nahmen zu. Die Fromage-Fronten verhärteten sich, und ein Käse-Krieg schien sich am Horizont abzuzeichnen. Keine der beiden Streitparteien war bereit auf- und ihren Namen abzugeben.
Was das Problem im ‚ Käse-Krieg ‚ verschärfte: der Namens-Patron des französischen Käses, das Städtchen Gruyères, liegt – im Schweizer Kanton Fribourg.
Was tun?
Sollte man die Truppen vorbereiten, den Käse-Alarm ausrufen? Molkerei-Strategen und Fromage-Consultants hinzu ziehen? Schließlich, es gehe ja doch um ein Kern-Anliegen der ‘grande nation’ …
Es kam anders. Kurz gesagt, la grande nation gab nach. Ein klein wenig, und nicht ganz freiwillig. In Anerkennung der Käse-Tatsachen …
Drei Jahre nach den beiden Anträgen auf EU-weiten Schutz nämlich befand die EU weise: Frankreich habe nun in diesem Käse-Fall wirklich nicht die besseren Karten. Es gebe kaum Hinweise darauf, dass der Gruyère geographisch (einzig) in Frankreich verankert sei.
Und so kam im August 2010 ein Kompromiss zustande. Die Schweizer haben ihr AOC, und die Franzosen – immerhin noch eine “geschützte geographische Angabe”. Weniger exklusiv als ein AOC, aber immerhin. Und der Gruyère erhielt 2011 zum AOC (kontrollierte Ursprungsbezeichnung) noch das AOP (geschützte Urspungsbezeichnung).
Und es kehrte Frieden ein in der Welt des Käses. Bis das kleine Völkchen der Schweizer sich erneut aufmachte, nun seinen Käse nunmehr auch noch weltweit schützen zu lassen …
Aber das ist eine andere Geschichte.
Wie soll schon Charles de Gaulle gesagt haben: “Es ist schwer, ein Volk zu regieren, dass 246 Sorten Käse hat.”
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