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Versuch einer Ehrenrettung St. Peter Ordings, hervorgerufen durch einen unglücklichen Vergleich mit Pyla sur mer um die Schönheiten der Düne von Pyla hervorzuheben. Oder: Mum’s neues Knie

Zuletzt aktualisiert am 20. Dezember 2015 von Ulrich Würdemann

Meine Mutter hat ’n neues Knie gekriegt. Schon das zweite. Mehr geht nicht. Jetzt muss sie zur Kur. Nach St.Peter Ording. Auch das noch. Sie wär lieber nach Bad Lippspringe. St. Peter Ording ist doch gaanz toll, versuchen wir sie, zugegebenermaßen nicht ganz uneigennützig, mit der Aussicht die obligatorische Gesundheitsvisite mit einem Kurztripp ans Meer verbinden zu können, zu überzeugen.

Du bist direkt am Meer und die Luft ist super, außerdem kannst du dann wunderschön am Strand spazierengehen. Vollkommen lächerlich, die Kur fand mitten im Winter, bei Eis und Schnee statt. Und es ist ja nichts leichter, als bei minus 15° mit zwei Krücken und zwei künstlichen Knien über den gefrorenen und vereisten Strand von St. Peter Ording zu promenieren.

Ich will nicht nach St. Peter Ording, da kenn ich keinen, ließ Mutter verlauten. Auf die Nachfrage, wen sie denn in Bad Lippspringe kenne, zischte sie nur ein unbestimmbares ‚ach …‘ hin.

Die Koffer wurden abgeholt, Mutter in den Kurtransporter nach St. Peter Ording verladen und fuhr von dannen.

Die ersten Nachrichten waren nicht sehr vielversprechend. Das Zimmer ist ganz schön … da gibt’s nichts zu sagen. Die Kur-Klinik liegt am Ende von St. Peter Ording. Nö, hier gibt’s sonst überhaupt nichts. Doch, doch, das Essen ist hervorragend. Ja, die Klinik liegt direkt am Meer. Nein, das Meer kann man nicht sehen. Da ist ein hoher Deich. Ich darf die Klinik momentan noch nicht verlassen. Blöd, dass die einzelnen Anwendungen immer in unterschiedlichen Pavillons stattfinden. Wie jetzt? Na um hier von A nach B zu kommen, muss man auch bei Schnee und Regen immer über einen Hof gehen. Aber du kannst doch mit deinen Krücken gar keinen Schirm halten. Nö. Das ist aber doof gemacht. Ja.

Zwei Wochen später hatten wir in einem netten, kleinen Hotel, ca. 500 Meter von der Kurklinik entfernt, per Internet ein nicht zu teures Zimmer reserviert. Da wir die einzigen Gäste waren, bekamen wir das größte Zimmer. Wir warfen das Gepäck auf die Betten um auf schnellstem Wege zu meiner Mutter zu gelangen, die, da sie – es lebe das Handy – telefonisch auf unseren Besuch vorbereitet, sich schon in einer Art Ausguck in eine der oberen Etagen der Klinik  begeben hatte, um uns direkt erspähen zu können. Ich habe euch schon von Weitem gesehen, sagte sie bei der Begrüßung.

Sie hatte schon große Fortschritte gemacht. Wie ein Schloß-Kastelan zeigte sie uns die Kuriosa und Besonderheiten ‚iher‘ Kurklinik. Hier ist die Bibliothek und hier das Klavierzimmer. Da finden manchmal Konzerte statt. Bei Kaffee und Torte plauderte sie munter von ihrem Kurklinikalltag. Soo schlecht ist St. Peter Ording gar nicht. Bad Lippspringe wäre auch nicht besser.

St. Peter Ording liegt langgestreckt hinter’m Deich direkt amMeer. Zwischen Meer und Deich erstreckt sich ein wunderschöner, breiter Strand. Pitoreskerweise ist der Strand mit Stelzenhäuschen und -Häusern garniert. Zum Teil sind es Umkleidekabinen und WCs, zum Teil recht große Restaurants auf denen man in luftiger Höhe den Blick auf Meer und Deich genießen kann. Jetzt war natürlich alles zu.

Pfahlhaus am Strand von St. Peter Ording, Februar 2012
Pfahlhaus am Strand von St. Peter Ording, Februar 2012

Der Wind pfiff uns um die Nase und wir kehrten in ein grosses, zum Glück geöffnetes Fischrestaurant auf der Seebrücke ein. Ein heißer Kakao mit Cognac auf der windgeschützten Terrasse zum Aufwärmen, dann nichts wie rein.

Ich habe eine kleine Schwäche für ganz bestimmte Schalentiere. Meine Urlaubsdestinationen, Arcachon, Marennes und Bretagne sind nicht unbedingt von ungefähr gewählt.

Ulli, mir gegenüber, aß eine vorzügliche Fischsuppe und ich machte mich über ein halbes Dutzend Austern her. St. Peter Ording wurde mir allmählich recht sympathisch und ich fing an zu überlegen, ob es wohl übertrieben sei, zu erwägen, mal für ’ne ganze Woche hierher zu kommen.

Der Strand, die Stelzenhäuschen, das Meer, die gute Luft – ich fühlte mich rundum wohl. Ich freue mich auf die nächste Gelegenheit, die Gastfreundschaft der St. Ordingianer wieder erleben zu können und sage: à bientôt, Pyla sur mer und moin moin St. Peter Ording, du kühle Schönheit.

Frank in St. Peter Ording, Februar 2012
Frank in St. Peter Ording, Februar 2012

Von Frank

einer der beiden 2mecs.

2 Antworten auf „Versuch einer Ehrenrettung St. Peter Ordings, hervorgerufen durch einen unglücklichen Vergleich mit Pyla sur mer um die Schönheiten der Düne von Pyla hervorzuheben. Oder: Mum’s neues Knie“

Hallo Frank

Es macht Spaß deine „Geschichten“ zu lesen, Dein Stil ist sehr lebendig, macht Lust auf Me(h)er . Bei dem Verzehr der Austern – ich hab diese Scene in allen Dimensionen buchstäblich vor Augen, Geruch, Geschmack, WinterMeeresstimmung – läuft mir buchstäblich das Wasser im Munde zusammen.

LG alivenkickn

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