Zuletzt aktualisiert am 5. November 2020 von Ulrich Würdemann
„Nimm dir die nächsten zwei Tage nichts vor, ja?“ Julien schaut mich lachend an, seine Vorfreude ist nicht zu übersehen.
Ende der 1980er Jahre. Vor einigen Monaten war Julien, den ich im Jahr zuvor in Amsterdam kennen und lieben gelernt hatte, von Nizza nach Paris gezogen. In Nizza und Mougins hatten wir viele schöne Momente gemeinsam gehabt. Zum zweiten Mal besuche ich ihn nun in seiner kleinen rumpeligen Wohung in Paris, gelegen nicht weit vom längst legendären Le Sept in einem Hinterhof der zu dieser Zeit nicht eben vornehmen Rue St. Anne.
Ich frage nicht nach, was er plant für diese ominösen kommenden zwei Tage, freue mich auf eine Überraschung. Wir haben viel gemeinsam an Interessen, von Nina Hagen (die ich 1978 zum ersten mal selbst gehört hatte, im Rockpalast Delmenhorst, und von der ich ihm zahlreiche Tapes und einige Bootlegs besorge) über Architektur bis Film; ich weiß er wird sich etwas Besonderes überlegt haben.
Am nächsten Morgen schließen wir, jeder einen Rucksack mit kleinem Gepäck, die Tür seiner Wohnung, fahren mit der Metro einige Stationen in den Pariser Süden. Dort erwartet uns in einem Café bereits ein Freund von Julien, der ihm seinen Wagen leiht. Weiter geht es in einem etwas klapprigen Renault, Julien fährt, wir sind beide guter Dinge. Ich genieße die Nähe mit und zu ihm, freue mich zu spüren dass es auch ihm sehr gut geht.
Die Häuser werden kleiner, schließlich wird es richtig grün, Wiesen, Wald – und bald stehen wir in einem kleinen Ort, vor einer beeindruckenden Markthalle, halten vor einem Café. Sicher eine Rast auf unserem Weg, denke ich. „Voila, c’est ici„, Julien zeigt auf ein kleines Hotel nebenan, dort hat er ein Zimmer reserviert. Was wir hier wollen? „Warte ab – heute Nachmittag„, grinst er.
Nach einer vergnüglichen Mittagspause spazieren wir über den Marktplatz, auf einer Dorfstraße aus dem Ort hinaus – zu einer kleinen eher unscheinbaren Kapelle am Ortsende von Milly. Gehen hinein – und ich habe eine unerwartete, sehr intensive Begenung, mit Jean Cocteau, und auf andere Weise mit Julien.
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So lernte ich Ende der 1980er Jahre Milly-la-Forêt kennen, die Chapelle St. Blaise mit dem Jean Cocteau Grab, und sehe erstmals das (damals noch private und nicht zugängliche) Jean Cocteau Haus.
Dieser Besuch, dieser Tag war eines der intensivsten, schönsten Geschenke, die mir je ein Liebhaber gemacht hat. Starke Bilder und Gefühle, die tief in meiner Erinnerung sind.
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Am 4. Oktober 2013, eine Woche vor Jean Cocteaus 50. Todestag war ich erneut in Milly-la-Forêt und der Chapelle St. Blaise.
Julien, wo auch immer du bist, merci! Je pense souvent à toi – und ganz besonders heute, in Milly-la-Forêt und der Kapelle!
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Nachtrag 09.10.2013: gefunden als Lesezeichen in einem der Foucault-Bändchen: die damaligen Eintrittskarten 🙂
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5 Antworten auf „Milly-la-Foret mit Julien Ende der 1980er und 2013 (akt.)“
[…] einigen hätte ich zu gerne wieder Kontakt. Zu Jean, damals bei Gay Loisir 1983 kennengelernt. Zu Julien (der mir u.a. Milly-la-foret zeigte). Zu den Jungs von der ‘rosa Fregatte’(eine Geschichte, die noch zu erzählen […]
[…] und Schauspieler Jean Cocteau starb am 11. Oktober 1963 im Alter von 74 Jahren in seinem Haus in Milly-la-Forêt. Zuvor hatte er am 22. April einen weiteren schweren Herzinfarkt gehabt. Er starb eine Stunde, […]
[…] Chapelle Saint Blaise in Milly-la-Forêt – wie aus der Kapelle einer Lepra-Station mit der Ausgestaltung durch Jean Cocteau 1959 eine […]
[…] in Babylon war Anis als Heilpflanze [im frz. simples, vgl. auch Chapelle Saint Blaise in Milly la foret] bekannt, und auch Griechen und Römer schätzten die […]
[…] 1987. In Amsterdam lerne ich Julien kennen. Oft besuche ihc ihn, in Nizza, in Mougins, später in Paris. Durch ihn entdecke ich milly-la-foret. […]