Zuletzt aktualisiert am 22. März 2023 von Ulrich Würdemann
Pastis – ein bernsteinfarbenes Gemisch von Kräuterauszügen in Alkohol, eine französische Spezialität, nicht nur als Aperitif geeignet. Und entstanden in Folge eines Verbots: die Franzosen sollten keinen Absinth mehr trinken …
Aber – was ist Pastis eigentlich, woher kommt er, und woraus wird er hergestellt? Ist er immer gelb? Und wie trinkt mensch Pastis am besten?
Anis, Lakritz und mehr …
Das Wort Pastis stammt aus dem Okzitanischen, bedeutet etwa Mischung.
Er ist ein Getränk, das überwiegend aus aromatisiertem Alkohol (meist 40 bis 45%) und reichlich Zucker (max. 100g/l) besteht – sowie als Aromen Anis oder Sternanis, Süßholz (Lakritz) und ähnlichen Aromaten (z.B. Fenchel, Melisse, Thymian). Infolge dieser Aromatisierung enthält er das für das typische Aroma mit verantwortliche Anethol (zwischen 1,5 und 2 g/l gemäß Richtlinie [1]).
Er gehört damit zur Gruppe der Anisées oder Anisettes (Anis-Liköre), der Getränke mit Anis-Aroma, zu denen auch Arak, Ouzo, Raki und Masticha gehören.
Ein Pastis muss auf Grund dieser Richtlinien immer vom Geschmack des Anis getragen sein, und Süßholz-Extrakt (Lakritz) enthalten. Ist Lakritz nicht enthalten, handelt es sich nicht um Passtis, sonder z.B. um einen Anisé.
Seine Aromen können dabei auf drei verschiedene Weisen gewonnen werden: durch Mazeration (Kaltwasser-Auszug) bzw. Destillation, durch Re-Destillation des Alkohols in Anwesenheit der Pflanzen, oder durch Hinzufügen von durch Destillation getrennt hergestellten Pflanzen-Auszügen.
Die üblicherweise gelbe bis ins Bernstein gehende Farbe ist zwar typisch für das Produkt, aber nicht ’naturgegeben‘: die gelbe Farbe wird durch Zusatz von Farbstoffen (oft Karamell) erreicht. In Frankreich sind auch Pastis im Handel, die klar oder blau sind.
Eine ‚Sonderform‘ ist der Pastis de Marseille: etwas stärker in Aroma (Anethol-Gehalt 2 g/l) und Alkoholgehalt (45%).
Pastis – wie trinken?
In Frankreich ist Pastis (immer noch, wenn auch rückläufig) ein gängiges Getränk. 130 Millionen Liter werden im Land jedes Jahr konsumiert, was etwa zwei Litern pro Einwohner/in entspricht – pro Jahr …
Aber – wie wird er am besten getrunken, der ‚kleine Gelbe‘ (der in Frankreich auch ‚petit jaune‚ genannt wird)?
Pastis Pur
… geht auch, ist aber sehr gewöhnungsbedürftig.
Pastis mit Wasser
Traditionell wird er mit Wasser verdünnt getrunken (Verhältnis je nach Geschmack 5 bis 7 Teile Wasser auf ein Teil Pastis). Dabei verfärbt er sich – die im Alkohol gelösten ätherischen Öle sind nicht wasserlöslich, bilden mit dem Wasser eine Art Emulsion und sorgen für eine leicht gelblich-milchige Verfärbung (so genannter louchissement oder Louche-Effekt). Aus diesem Grund auch: Pastis-Flaschen nicht im Kühlschrank aufbewahren.
Tipp: Wasser aus einer mit Eis gekühlten Karaffe in das Pastisglas geben, wobei die Eiswürfel in der Karaffe bleiben.
Ansonsten: zuerst Pastis in das Glas, dann Eis dazu. Danach nach Geschmack mit Wasser auffüllen.
Grund: Gibt man ihn über die Eiswürfel, bekommt dieser leicht einen bitteren Geschmack und wird milchig.
Gibt man einen Schuss Minze-Sirup dazu, erhält man eine delikate und sehr erfrischende Variante: den Perroquet (Papagei).
Pastis als Longdrink
Mit Cola, Orangensaft, oder Bitter Lemon, er eignet sich auch hervorragend für Longdrinks, in diesen eher klassischen Varianten – oder auch als ‚Tomate‚ (mit Grenadine-Sirup), als ‚Pelican‚ (mit ‚Get27‘), als ‚Diesel‚ (mit Weißwein) oder als ‚Orangezinette‚ mit Orangenlimonade.
Eine besondere Variante: Pastis mit Champagner, eine Variante des von Hemingway erfundenen Death in the afternoon (ursprünglich mit Absinth).
… und ansonsten …
Weitere das Entdecken werte Varianten: im Kaffee (café électrique) oder im Cocktail als NewYorker (Pastis, Whisky, Soda).
Und er ist auch zur Verfeinerung manchen Gerichts sehr gut geeignet. So gibt ein kleiner Schuss einer Tomatensuppe eine ganz eigene Note, verfeinert ungewohnt die Ente à l’Orange, und passt ganz hervorragend zu vielen Fisch-Gerichten.
In den Landes gibt es noch einen Pastis – der jedoch kein Alkohol ist, nicht einmal Getränk – sondern ein Kuchen. Der pastis landais (auch p. bourrit genannt) ist ein kegelförmiger Kuchen aus einem Hefeteig etwa in Art einer Brioche.
Geschichte des Pastis
Schon in Babylon war Anis als Heilpflanze [im frz. simples, vgl. auch Chapelle Saint Blaise in Milly la foret] bekannt, und auch Griechen und Römer schätzten die Pflanze.
Im Neuenburger Jura (Schweiz), und im nahe gelegenen französischen Pontarlier wurde seit dem 18. Jahrhundert ein Elixier hergestellt, das die Vorzüge von Anis und Wermuth vereinte: Absinth (auch die ‚grüne Fee‘ genannt).
Pastis selbst hingegen ist noch keine hundert Jahre alt. Und darf sich eigentlich als ‚Notlösung‚ betrachten: „erfunden“ wurde er 1915 in Frankreich, nachdem dort Absinth und ihm ähnliche Getränke verboten wurden.
Am 16. März 1915 beschließt das französische Parlament ein Gesetz, mit dem Absinth und Anisliköre verboten werden (wegen ihres Thujon-Gehalts). Die Hersteller von Absinth müssen sich neue Geschäftsfelder suchen.
Unter ihnen auch Jules-Félix Pernod (20. Januar 1871 – 1928). Pernods Vater Jules Francois (1827 – 1916) hatte es mit der Produktion von Absinth zu großem Wohlstand gebracht. Sein Sohn stellt sich nun der Herausforderung. Inzwischen Chef des Unternehmens, präsentiert er 1918 ein Getränk der Marke ‚Anis Pernod‘ und lässt sich die Marke schützen – der erste kommerziell vermarktete Pastis. Erst 1932 jedoch beschließt das französische Parlament ein Gesetz, in dem Anis-Liköre wieder zugelassen werden. Ab 1938 werden auch 45% Alkoholgehalt wieder zugelassen.
Einige Jahre später kreiert Paul Ricard eine neue Variante – er benutzt zusätzlich zu Anis auch Sternanis sowie Süßholz (Lakritz). Ab 1932 vermarktet er sein Getränk unter dem Slogan „Ricard, le vrai Pastis de Marseille„. Der Name wird abgeleitet von Pastiche (frz. ‚Nachahmung‘).
Zu Zeiten des Vichy-Frankreich (der Kollaborations-Regierung unter Marschall Pétain) war Pastis in dem nicht von NS-Truppen besetzten Teil Frankreichs ab August 1940 (wie alle alkoholischen Getränke über 16% Alkoholgehalt) verboten. Erst 1951 wurde er wieder zugelassen.
Ricard© und Pernod© sind lange Jahre große Konkurrenten auf dem Markt – bis beide Unternehmen sich 1975 zusammen schließen. Das Unternehmen ‚Pernod Ricard©‘ dominiert heute den Markt für Pastis-Getränke, insbesondere mit Ricard sowie Pastis 51 (während Pernod kein Pastis ist, sondern ein Anisée).
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Persönlicher Tipp: Pastis ist eher ein Solitär – er kann (in Maßen konsumiert) belebend wirken und einen heiteren Abend mit bemerkenswert frischem Kopf verschaffen. Besser allerdings nicht am gleichen Abend auch größere Mengen Bier oder andere Getränke trinken – es könnte sich mit reichlichem Kater rächen …
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[1] Berichtigung der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89
4 Antworten auf „Pastis – die gelbe Fee aus Frankreich“
[…] Unrecht ist er (ähnlich wie der Pastis) sehr aus der Mode kommen, der Kir, in Frankreich wie in Deutschland. Dabei ist er ein […]
[…] als Aperitif aus Frankreich auch: Pastis und […]
[…] Verwendung von Pastis erhält der Cocktail ein gelblich – milchiges Aussehen aufgrund des […]
[…] Quelle: https://www.2mecs.de/wp/2013/12/pastis-gelbe-fee/ […]