Zuletzt aktualisiert am 11. September 2023 von Ulrich Würdemann
Am 12. Februar 2014 begannen die (vorbereitenden) Abriss-Arbeiten – inzwischen sind sie nach über 50 Jahren Geschichte, die Esso-Häuser in Hamburg St. Pauli. Ab 2019 sollte an gleicher Stelle das ‚ Paloma Viertel ‚ entstehen – doch bisher herrscht gähnende Leere.
Die Esso-Häuser, das war ein Plattenbau-Komplex der sechziger Jahre am Spielbudenplatz in Hamburg St. Pauli. Zwei Wohnhäuser mit insgesamt 110 Wohnungen. Dazu ein Hotel, Geschäfte und Clubs. Und natürlich die bekannte Esso-Tankstelle.
Die Esso Häuser wurden 1958 bis 1961 gebaut auf dem Gelände des ehemaligen, im Krieg zerstörten ‚Theater Eden‘:
die Esso-Häuser vor dem Abriss
Die namengebende Tankstelle wurde auch Kiez-Tanke genannt. Sie wurde auf einem Tiefbunker errichtet und bereits 1949 eingeweiht. Ihre Internetseite war lange (bis 2020) noch erreichbar: www.reeperbahn-garagen.de. Sie war mehr als ’nur‘ Kraftstoff-Vertriebsanlage. Sie wurde auch als Supermarkt, Spätkauf und Kneipe genutzt. Hier soll sich zudem eine der ersten Waschstraßen befunden haben, die in Deutschland nach dem Krieg gebaut wurde. Am 12. Februar 2014 begann der Abriss der beliebten ‚Kiez-Tanke‘.
Bis 2009 befand sich das Gelände mit Gebäuden im Familienbesitz. Dann erwarb die ‚Bayrische Hausbau‚ das Grundstück für einen Kaufpreis von 16,9 Millionen Euro. Nach Abriss der Esso-Häuser sollten hier Gewerbeflächen und Wohnungen (darunter ein Drittel Eigentumswohnungen) entstehen.
Gegen den geplanten Abriss und die Neubebauung sowie die Vernichtung günstigen Wohnraums bildete sich bald Protest. Mehrere Demonstrationen mit jeweils mehreren Tausend Teilnehmer/innen fanden statt.
2013 wurde der Abriss-Antrag gestellt. In der Nacht zum 15. Dezember 2013 mussten die Häuser plötzlich geräumt werden. Bewohner hatten Erschütterungen gemeldet, es bestand Einsturzgefahr.
Ende Januar 2014 lag die Abriss-Genehmigung vor. Am 12. Februar 2014 begannen morgens die vorbereitenden Abriss-Arbeiten von Vordächern und anderen Nebenbauten. Der Abriss der eigentlichen Esso-Häuser fand Anfang März 2014 statt.
Baulücke nach Abriss der Esso-Häuser
ab 2019 Paloma-Viertel geplant – 2021 immer noch Brache, 2023 Projekt geplatzt
In vierjähriger Arbeit wurde für die Fläche der ehemaligen Esso-Häuser mit intensiver Bürgerbeteiligung ein neues Konzept entwickelt. Die Stadt Hamburg hatte den Investor um eine intensive Bürgerbeteiligung gebeten. Die Planungen wurden im Mai 2018 vorgestellt.
Hier sollte ab 2019 das Paloma-Viertel entstehen – ein Viertel mehrerer Baukörper von vier verschiedenen Architektur-Büros. Etwa 180 bis 200 Wohnungen sollen entstehen (40 Prozent davon öffentlich gefördert mit 25 Jahren Mietpreisbindung).
Ursprünglichen bewohner:innen (auch dem Club Molotow) wurde ein Rückkehrrecht zugesichert.
Auch der Name wurde von Anwohner_innen vorgeschlagen. Es wird zuigleich das erste Viertel eines neuen Bautyps sein. Der Typ ‚urbanes Gebiet‚ wurde erst kurz zuvor neu eingeführt; er soll innerstädtisches Bauen zwischen Wohnen und Gewerbe erleichtern.
Die Fertigstellung war für Mitte 2022 geplant. Im Oktober 2021 ist noch nichts geschehen – selbst der Baubeginn lässt weiterhin auf sich warten.
Die Fläche der ehemaligen Esso-Häuser ist weiterhin eine Brache. Als möglicher Starttermin für die Bauarbeiten ist jetzt 2023 im Gespräch. Doch weder Bebauungsplan noch Bauantrag (durch Grundstücksbesitzer Bayrische Hausbau) liegen im April 2022 vor.
Anfang Oktober 2022 wurde der Bebauungsplan durch den Bezirksamts-Leiter Mitte unterzeichnet. Doch ein Bauantrag für das Projekt (der vorab hätte eingereicht werden können) wurde durch den Investor weiterhin (April 2023) noch nicht gestellt. Ein etwaiger Baubeginn 2023 ist inzwischen sehr fraglich.
Mitte August 2023 wurde bekannt, dass der Eigentümer des Grunds, die Bayrische Hausbau, das Projekt aufgibt. Das Gelände wurde der Hamburger Wohnungsgruppe Saga zum Kauf angeboten.
SPD-Fraktionschef Kienscherf äußerte gegenüber dem NDR, damit sei das Projekt gescheitert.
Die Zukunft des Geländes der ehemaligen Esso-Häuser ist damit unsicherer als zuvor …
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3 Antworten auf „Esso-Häuser Hamburg (1958 – 2014)“
Traurig, aber wahr…
Als ich vor längerer Zeit intensiv -und heftig- an Aktivitäten/Demos gegen solche Zustände in „HH“ teilnahm, hatte ich noch die ‚leiseweinende‘ Hoffnung, dass sich daran, langfristig gesehen, ‚was ändern würde…
Bis ich vor einigen Jahren während einer ‚MoDemo‘ von Passanten zu hören bekam: „Halt’s Maul, wir wollen einkaufen !“
Seitdem ist mir klar, was in dieser Stadt wirklich abgeht…
Und mit’m demonstrieren, etc., habe ich -ab der Zeit- aufgehört. Wozu auch, wenn das Gros in „HH“ sich nicht wirklich für St.Pauli, die Schanze interessiert, ausser zum Saufen, Party machen, „chillen“ !
[…] Pauli (wo Mitsteigerungen, Gentrifizierung, Vernichtung günstigen Wohnraums aktuelle Themen, die kurz vor ihrem Abriss stehenden ‘Esso Häuser‘ gleich um die Ecke sind) – Themen, die sich in Spielort St. Pauli und in der […]
[…] 5 behandelt den Spielbudenplatz und dabei auch die ehemaligen Esso-Häuser mit der ‚Kiez-Tanke‘, sowie die zweite ‚Spiegel-Affäre‘, die Überwachung von Schwulen auf Klappen durch […]