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Homosexualitäten

Emil Martens (1886 – 1969), schwuler Erster Vorsitzender des HSV

Zuletzt aktualisiert am 5. Januar 2023 von Ulrich Würdemann

Emil Martens war Gründungsmitglied und 1928 bis 1934 Vorsitzender des HSV – und schwul. Aufgrund seiner Homosexualität verfolgt, wurde er mehrfach inhaftiert, und schließlich kastriert.

Er war HSVer von Beginn an, langjähriger und erfolgreicher Erster Vorsitzender  – und wurde von NS-Deutschland aufgrund seiner Homosexualität verfolgt und zur ‚freiwilligen‘ Kastration genötigt, um dem KZ zu entgehen: Emil Martens.

Emil Martens, am 17. Mai 1886 in Nusse geboren, war schon seit 1907 Mitglied des ‚Hamburger FC von 1888‘, einer der drei ‚Vorgänger-Vereine‘ des HSV.  Am 2. Juni 1919 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Hamburger Sport-Vereins HSV. Am 4. Februar 1928 wurde er zum Ersten Vorsitzenden des HSV gewählt – und hatte dieses Amt bis 1934 inne.

Der HSV ordnete sich – so wikipedia – „unmittelbar nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten … dem Regime bedingungslos unter„. Auch Emil Martens, der schon ab 1928 die Nationalsozialisten unterstützt haben soll [Lorenz], trat 1933 in die NSDAP ein. 1934 enthob ihn die Sportbehörde mit dem Vorwurf, gegen das Amateur-Statut verstoßen zu haben, vom Amt. Der HSV reagierte – und ernannte ihn zum Ehrenmitglied und Ehrenvorsitzenden.

Martens wurde in den folgenden Jahren mehrfach festgenommen und inhaftiert. Gegenüber Kriminalbeamten und Gerichten ging er dabei offen mit seiner Homosexualität um.

Am 14. Dezember 1936 wurde Emil Martens wegen Verstoß gegen den Paragraph 175 (in der ‚alten‘ sowie in der von den Nazis 1935 verschäften Fassung) zu zehn Monaten Haftstrafe verurteilt und aus der NSDAP ausgeschlossen.
Am 14. April 1939 wurde er erneut verurteilt – zu 20 Monaten Haft, wegen Verkehrs mit einem Strichjungen. Sein Anwalt war zu dieser Zeit Walter J. Tachau, Mitglied im Vorstand des HSV.
Am 15. Mai 1942 wurde Emil Martens auf Anklage durch Staatsanwalt Nicolaus Siemssen ein weiteres Mal verurteilt, zu 18 Monaten Zuchthaus plus anschließender Sicherungsverwahrung. Bereits nach der Vorladung im September 1941 unternahm er einen Selbstmordversuch.

Eine etwaige Entlassung Martens‘ hatte das Gericht 1942 bereits an die Auflage einer vorherigen ‚Entmannung‘ (Zwangs-Kastration) geknüpft; bereits 1939 war ihm vom Gericht die Kastration vorgeschlagen worden. Sein Mandant wolle dies freiwillig, soll sein Anwanlt im März 1942 mitgeteilt haben. Dr. Lorenz kommentiert: Martens‘ Rechtsanwalt „Möller hatte erkannt, daß nur dies -wenn überhaupt- Martens vor Sicherungsverwahrung und Überführung in ein Konzentrationslager bewahren könne.

Am 1. Juni 1942 wurde Emil Martens im Zuchthaus Bremen – Oslebshausen eingeliefert. Am 15. Dezember 1942 nahm der Hamburger Chirurg Schädel bei Emil Martens in Hamburg die Kastration vor.

Am 6. Januar 1944 wurde Martens – nach auf die Haft in Oslebshausen ab 27.5.1943 folgender Sicherungsverwahrung – entlassen. Er entging zuvor knapp der Einlieferung in ein KZ.

Emil Martens wurde – wie nahezu alle aufgrund ihrer Homosexualität verfolgten Männer – nach 1945 nicht rehabilitiert. Ab 1949 war Emil Martens wieder bem HSV aktiv (Ältestenrat).

Am 15. Januar 1969 starb Emil Martens nach einem Schlaganfall im Alter von 83 Jahren in Hamburg. Am 24. Januar 1969 fand die Trauerfeier auf dem Ohlsdorfer Friedhof statt.

Die erste Liberalisierung des Paragraphen 175 nur wenige Monate später erlebte Emil Martens nicht mehr.

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Dr. Gottfried Lorenz: Der Fall Martens – ein prominentes Opfer der nationalsozialistischen Homosexuellenverfolgung in Hamburg
HSV1887.de: Emil Martens
rund 05.10.2013: Schwuler HSV-Präsident

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2015 wird die schwul-lesbische Fußball-Europameisterschaft IGLFA European Championship 2015 in Hamburg stattfinden, vom 11. bis 14. Juni 2015, so beschloss die International Gay And Lesbian Football Association (IGLFA).

Und 2015 feiert der 1990 gegründete schwul/lesbische Sportverein Startschuss SLSV Hamburg sein 25jähriges Bestehen.

Zeit vielleicht auch, sich eines weithin vergessenen schwulen und verfolgten Hamburger Erstliga-Präsidenten zu erinnern?

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Von Ulrich Würdemann

einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
Mehr unter 2mecs -> Ulli -> Biographisches

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