Zuletzt aktualisiert am 21. Juni 2023 von Ulrich Würdemann
Herbert Hoffmann (1919 – 2010) war einer der bekanntesten Tätowierer Deutschlands. Dass er schwul war, seine ‚älteste Tätowierstube in Deutschland‘ seit Beginn der 1960er Jahre gemeinsam mit seinem Lebenspartner führte, war weit weniger bekannt.
Hoffmann wurde am 30. Dezember 1919 in Freienwalde in Pommern als Sohn eines Fleischermeisters geboren. Bald zog die Familie nach Berlin, Hoffmann wuchs in Charlottenburg auf. 1949, gerade zurück aus sowjetischer Kriegsgefangenenschaft, erhielt er seine erste eigene Tätowierung (‚Glaube Liebe Hoffnung‘, ein ‚klassisches‘ Seefahrer-Motiv). Bald folgen weitere Tätowierungen, u.a. von Christian Warlich, ‚Urvater‘ der Tätowierer in Deutschland.
1960 wurde Hoffmanns Antrag auf Eröffnung eines Tätowierstudios in Düsseldorf abgelehnt. Er ging nach Hamburg, eröffnete 1961 in St. Pauli eine ‚Tätowierstube‚ am Hamburger Berg 8 (er hatte das seit Februar 1946 bestehende, 1951 auf den Hamburger Berg umgezogene Geschäft des ‚Alttätowiermeisters‘ Paul Holzhaus übernommen).
Tätowieren lernte Herbert Hoffmann weiterhin bei Christian Warlich (1890 – 1964), der zu Lebzeiten als bedeutendster Tätowierer Deutschlands galt. Warlich eröffnete bereits 1919 seine Tätowierstube. Er machte Hoffmann später zu seinem ‚Kronprinzen‘.
Nach Warlichs Tod (27. Februar 1964), zwei weitere Tätowierstuben hatten ebenfalls geschlossen, benannte Herbert Hoffmann seinen Laden um in „Herbert Hoffmann – Älteste Tätowierstube in Deutschland“. Der Anker mit den beiden ‚H‘ wurde sein Markenzeichen.
Herbert Hoffmann führte – was wenig bekannt war – den Laden gemeinsam mit seinem Lebensgefährten Jacob ‚Jack‘ Acker.
Bis 1980 arbeitete Hoffmann selbst in seiner Tätowierstube, dann ging er in Pension. Mit seinem Nachfolger kam es in der Folgezeit zu Auseinandersetzungen.
Gemeinsam mit seinem Lebensgefährten Jacob Acker (der vor ihm starb) lebte Hoffmann ab 1981 bis zu seinem Tod in Schwendi bei Heiden in Appenzell Ausserrhoden, wo er von einem Freund ein Haus geerbt hatte. Am 30. Juni 2010 starb Herbert Hoffmann in Heiden. Ein Großteil seines Nachlasses befindet sich in der Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden.
Herbert Hoffmann war auch Photograph und Sammler, legte im Laufe der Jahre ein großes Archiv mit Fotos von Tätowierungen und tätowierten Menschen an.
Herbert Hoffmann wird portraitiert in dem Film, ‚Flammendes Herz‘ – den er selbst wohl nicht sehr schätzte. 1963 war Hoffmann bei Robert Lemkes Sendung „Was bin ich?“ zu Gast.
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Einige Vorlagen Herbert Hoffmanns zeigen klar auch homoerotische Anspielungen, manche wirken wie ein früher Vorklang auf die spätere Ästhetik von Tom of Finland – Zeichnungen:
Motiv aus Herbert Hoffmanns Vorlagenbuch, Reproduktion in der Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg, 2015
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Herbert Hoffmann war, berichten Zeitzeugen, ein nicht immer umgänglicher Mensch. Karlmann (i.e. Karl-Herrmann Richter, geb. 13.7.1913, gest. 26.6.2005), von Hoffmannn und Acker einst Ende 1970 in Hamburg aufgenommen, später kurzzeitiger Nachfolger in der Tätowierstube, erinnert sich 2004, dass er „ein sehr „einnehmendes“ Wesen ist und es nicht zulässt, wenn man Freundschaft nicht nach seinen Maßgaben lebt.„
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Ich erinnere mich gut an das Sankt Pauli der frühen 1980er Jahre. Ich lebte anfangs noch in Bremerhaven. Ein wesentlicher Teil meines schwulen Lebens damals spielte sich in Hamburg und hier ab. Ein Lover wohnte in der Clemens-Schultz-Straße, im ’schwulen Piratenradio Stintfang‘ durfte ich bei ‚Interschwul 1981‚ die frisch gegründete Schwule Aktion Bremerhaven vorstellen, bestaunte in der Kellerbühne Pauline Courage mit ihrem bemerkenswerten Theater, auf der Budapester Strasse gab es eine schwule WG mit einem Schokoladen-Osterhasen-Sammler, und der frisch gegründete schwule Buchladen Männerschwarm war mit dem Pferdemarkt auch nicht weit weg.
Herbert Hoffmann tauchte damals nicht auf in meinem schwulen Leben. Obwohl … doch. Es gab da diesen jungen Mann, mit dem ich im Toms angebandelt hatte, und der diese tolle Tätowierung hatte, die mir mächtig gefiel. Er schickte mich auf den Kiez, und so stand ich einige Tage später vor Herbert Hoffmann himself. Der mich Pimpf anknurrte, aber dann doch ganz lieb beriet, was denn zu mir passen würde. Wir einigten uns, dass ein fescher Matrose (ein wenig wie oben im Tom of Finland Stil) doch ganz ansprechend wäre. Aber – letztlich fehlte mir damals noch der Mut, eine Tätowierung machen zu lassen …
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„Wer sich tätowieren lässt, weiß, dass er sich damit ein für allemal und für sein ganzes Leben festlegt. Er ist kein Unentschlossener, kein Zweifler.„
Herbert Hoffmann
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Eine Antwort auf „Herbert Hoffmann (1919 – 2010)“
ich habe mir 1979 vonHerbert Hoffmann ein oberarm und ein rückentattoo stechen lassen. ich trage es heute voller stolz !!! Gruß Luigi S.