Zuletzt aktualisiert am 14. August 2024 von Ulrich Würdemann
Erosion in Lacanau Ocean – Lacanau ist einer der beliebtesten Badeorte an der Atlantikküste Aquitaniens, und bedeutende Surfer-Hochburg. Doch Erosion und Stürme setzen der Küste in den letzten Jahren schwer zu. Nun soll ein radikaler Plan die Wende bringen: Lacanau Océan zieht sich vom Meer zurück.
Gironde ist einer Untersuchung des ‚Observatoire Côte Aquitaine‘ zufolge die am sträksten von Küsten-Erosion betroffene Region. Zwischen 20 und 30 Meter Strand verlor Lacanau Océan innerhalb von drei Monaten während der Stürme des Herbstes und Winters 2013 / 2014. Das Meer rückte bedrohlich nahe direkt an die letzten Dünen und erste vorgelagerte Bebauungen. Normal war in früheren Jahren der Verlust von ein oder zwei Metern Strand pro Jahr, die oft im darauf folgenden Sommer wieder angespült wurden. Gelegentlich wurden dabei ins Meer abgerutschte Bunker-Reste sichtbar, Überbleibsel der NS-Besatzung von Lacanau Océan.
Noch schlimmer hatte es andere Orte an der Cote d’Argent erwischt. So steht der Appartment-Block ‚le Signal‚ in Soulac sur mer (Amelie), der einst beim Bau (Grunsteinlegung 1965) noch 300 Meter vom Strand entfernt war, seit den Winterstürmen 2013 / 2014 nur noch 16 Meter von der Wasserlinie entfernt. Die Bewohner mussten das Gebäude im Januar 2014 im Rahmen einer Evakuierung wegen akuter Gefährdung verlassen; im Februar 2019 begannen die Vorbereitungen für Abrissarbeiten (der endgültige Abriss des Gebäudes soll am 6. Februar 2023 beginnen). Am 21. Januar 2021 gewannen die Wohnungs-Eigentümer eine Klage, sie erhalten nun eine Entschädigung vom Staat. Le Signal in Soulac wurde so zum Symbol der Küsten-Erosion.
Auch die Stürme des Winters 2015/2016 schädigten die Küste wieder schwer. Bei Cap-Ferret wurde der Zugang zum Strand wegen Erosion bis Ende April 2016 gesperrt. An der plage de la Lagune nördlich von Biscarosse wurde die dem Strand am nächsten gelegene Straße zerstört. Auf einer Länge von 1.300 Metern wurde der Strand für über 2 Mio. € mit einer den Dünen vorgelagerten Strandbefestigung aus 30.000 t Felsgestein und eingebauten Spezialfolien gesichert.
Lacanau Océan lebt von Surf und Baden, von Strand und Meer.Insbesopndere in den 1970er und 1980er Jahren wurden zahlreiche gebäude, Wohnanlagen und Parkplätze an oder direkt auf der Düne errichtet. Eine Folge der ‚mission interministérielle pour l’aménagement de la côte aquitaine‘ (1974 bis 1987), auch ‚Ära MIACA‚ genannt.
Schnelles Handeln war gefragt, um die Saison 2014 und die Zukunft des Badeortes zu retten. Dreieinhalb Millionen Euro wurden kurzfristig zur Bekämpfung der Erosion in Lacanau Ocean investiert, um Strände wieder herzustellen, und vor allem den Küstenschutz zu retablieren.
Zudem wurde im Mai 2021 beschlossen, schon ab Jahresende die Strandbefestigung der Stadt um einen Meter zu erhöhen.
Erosion in Lacanau Ocean – ein radikaler Plan
Doch Strandsicherung und ähnliche Maßnahmen werden nur kurzfristig helfen, darüber sind sich die Verantwortlichen klar. Weitere Stürme werden kommen. Und die Folgen des Klimawandels zunehmend spürbar. Die kleine Kommune kann kaum jedes Jahr Millionenbeiträge in den Küstenschutz investieren.
Hinzu kommt die demographische Situation: Lacanau wächst von 4.500 Einwohnern im Winter auf über 60.000 Einwohner im Sommer an. Und die Einwohnerzahl (permanent) wächst, allein zwischen 1999 und 2007 um jährlich 3,8% (!). Mit Folgen auch für die Natur – die ‚Peri-Urbanisation‚, die fortschreitende Ausdehnung des Ortes immer weiter in die umliegenden Wälder.
Entlang der gesamten Küste werde das Meer, so einige Schätzungen von Umweltgutachten, bis zum Jahr 2040 über 2.200 Hektar Land schlucken. Lacanau wurde als eine der sieben gefährdesten Gebiete der französischen Atlantikküste identifiziert. 2016 wurden Kameras am Haupt-Strand installiert, die fortlaufend die Erosionsprozesse dokumentieren sollen. 2018 wurden den Einwohnern erstmals Daten und Zwischenergebnisse (Casagec) präsentiert.
Lacanau Océan plant deswegen notgedrungen langfristig mit einer radikalen Maßnahme: strategischer Rückzug. Bis zu 65 Meter werde der Küstenverlauf bis zum Jahr 2040 vordringen. Bis 2100 könnte es sich gar um weitere 165 Meter handeln. Reaktion auf die Erosion in Lacanau Océan – der Ort zieht sich vom Meer zurück.
In einem etwa 300 Meter breiten und 1,3 km langen Gebiet sind über 1.200 Haushalte, zahlreiche (geschätzt 1.200) Wohnungen (überwiegend Ferienwohnungen) ebenso wie Gebäude mit über 120 Geschäften Bars und Restaurants betroffen. Sie alle sollen ab 2050 umgesiedelt werden. Geeignete Gebiete wurden bereits identifiziert – 600 Meter landeinwärts gelegen.
Um auch in dieser Zeit dennoch eine Entwicklung des Ortes zu ermöglichen, wird die Kommune nur noch die Errichtung von ‚édifications réversibles‘ (reversiblen Gebäuden) zulassen.
Die Stadt Lacanau hat inzwischen eine eigene Seite über die Erosion in Lacanau Ocean geschaltet, auf der sie über Strategie und Maßnahmen informiert. Zudem werden die Einwohner regelmäßig im ‚forum du litoral‚ infiormiert und zum Gedankenaustauasch eingeladen.
Erosion in Lacanau Ocean – Pilotprojekt
Der Bebauungsplan des Ortes wurde geändert. In dem betreffenden Gebiet ist inzwischen nur noch die Errichtung temporärer und reversibler Bauten zulässig. Und die vorhanden müssen auf Dauer weichen. Die Bevölkerung ist in die Planungen einbezogen, insbesondere auch über das Forum littoral, das 2018 bereits zum 7. Mal stattfand.
Lacanau Océan ist für diesen ‚Rückzug vom Meer‘ eine von sechs Pilot-Regionen des Umwelt-Ministeriums. Bis zum Jahr 2050 soll Lacanau Océan auf einer Länge von einem Kilometer Küstenlänge seine ‚Fassade zum Meer‘ zurückbauen. Andere Planungen sprechen von zwei Phasen, 2040 sowie 2100. Statt Wohnungen, Bars und Cafés sollen dann wieder Dünen die Grenze zum Meer bilden. Dünen seien auf lange Sicht eine dauerhafte Lösung, deren Kosten zudem niedriger liegen als die für ‚harte‘ Strukturen, zeigte eine Studie. Die Kosten des Rückzugs und der Neuanlange der Dünen werden auf 253 bis 602 Mio. € geschätzt.
Zuvor allerdings hatten die Verantwortlichen noch Großes im Sinn: Sollte Paris als Sieger aus dem Wettbewerb um die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2024 hervor gehen, und sollte bis dahin Surfen olympische Disziplin sein, ja dann würde Lacanau gern Austragungsort der Surf-Wettbewerbe der Olynmpischen Spiele 2024 werden …
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Um die weitere Erosion des Küstenabschnitts bei Lanacau Océan gezielt zu beobachten, soll mit ‚LittoView‚ eine Beobachtungsplatform installiert werden. In diesem partizipativen Projekt sollen Besucher*innen ihre Fotos von einem bestimmten punkt mit Wissenschaftlern teilen, die diese dann kontinuierlich auswerten.
Im Freühjahr 2023 wird als Sofortmassnahme die bestehende Schutzmauer im Hauptabschnitt des Strands von Lacanau Océan um 1,5 bis 2 Meter erhöht. Hierzu werden 18.000 t Gestein aufgeschichtet. Die Kosten betragen eine Million Euro, die im Februar begonnenen Arbeiten sollen vor Saison-Beginn bis Ende April 2023 abgeschlossen sein.
Diese Mauererhöhung ist jedoch eine vorläufige – ab ca. 2030 soll eine wesentlich höhere Mauer den Ort bis mindestens 2050 schützen.
2024 wurde damit begonnen, versiegelte Flächen wieder freizulegen. Auf der promenade Lacaze wurden Betonplatten entfernt, stattdessen soll eine naturnahe Dünen-Sand-Landschaft entstehen, die natürliche Versickerungsmöglichkeiteh bietet.
Eine Antwort auf „Erosion in Lacanau Ocean – ein Ort zieht sich vom Meer zurück“
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