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Safer Sex ohne Kondom

Zuletzt aktualisiert am 25. Oktober 2024 von Ulrich Würdemann

Safer Sex ohne Kondom – eine etablierte Methode, vor einer sexuellen HIV-Übertragung zu schützen, die erstaunlicherweise immer noch gelegentlich zu Kontroversen führt. Wissenschaftlich ist das Konzept längst etabliert – aber immer noch nicht überall in der Gesellschaft angekommen.

Safer Sex ohne Kondom – Blick in die Geschichte

30. Januar 2008, Schweiz. Die ‚Eidgenössiche Kommission für Aids-Fragen (EKAF) das EKAF-Statement – HIV-Positive seien unter erfolgreicher Therapie unter bestimmten Bedingungen sexuell nicht infektiös (EKAF-Statement, auch genannt ‚Swiss Satement‘; siehe “keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs“).

Auch wenn die Erkenntnis so neu nicht ist (bereits Mitte August 2007 hatte ich auf ondamaris berichtet „Transmissionsrisiko unter HAART: ‘vernachlässigbar klein’„), die Reaktionen auf das EKAF-Statement sind zunächst sehr kontrovers.

Auf der Welt-Aids-Konferenz 2008 in Mexiko Stadt befasst sich damit das Mexico Manifest der Menschen mit HIV und Aids.Mitte Oktober schließt sich der Vorstand der DAH dem Mexico-Manifest an. Im April 2009schließlich verabschiedet die Deutschen Aids-Hilfe ihr abschließendes Positionspapier : HIV-Therapie und Prävention – Positionspapier der Deutschen AIDS-Hilfe. Die DAH informiert auf einer eigenen internetseite über „Schutz durch Therapie“.

Im Oktober 2010 reagieren auch Ärzte, DAIG und dagnä beziehen Position: “DAIG: Positive Stellungnahme zum EKAF-Statement zur Infektiosität von antiretroviral behandelten HIV-Patienten” und “dagnä: Position zum EKAF-Statement”.

Bald entwickelt sich aus der Erkenntnis, dass erfolgreiche Therapie die HIV-Übertragung drastisch reduziert, das Konzept HIV-Medikamente auch unter Präventions-Gesichtspunkten einzusetzen (treatment as prevention, tasp). Im Dezember 2011 erklärt das US-amerikanische Magazin Time ‚tasp‘ dies zum ‚drittbedeutendsten medizinischen Durchbruch 2011‚.

Pillen und HIV - Safer Sex ohne Kondom (Foto: MorgueFile)
Pillen und HIV – Safer Sex ohne Kondom (Foto: MorgueFile)

Inzwischen hat sich die Aufregung um das EKAF-Statement weitgehend gelegt, zahlreiche Untersuchungen und Studien (bes. ‚Partner‘-Studie) zeigen die Gültigkeit. Entstanden ist eine ganz weithin akzeptierte Präventions-Methode. „Es gibt inzwischen einen breiten wissenschaftlichen Konsens, und der heißt: Unter funktionierender HIV-Therapie ist eine Infektion unwahrscheinlich“, sagt auch Armin Schafberger, Medizinreferent der Deutschen AIDS-Hilfe.

Auch der Nationale Aids-Beirat NAB stellte 2012 in einem Votum fest

„dass bei vorliegender HIV-Infektion eine effektive antiretrovirale Therapie eine HIV-Übertragung verhindert. Studien belegen eine hochgradige Schutzwirkung, sofern mit der antiretroviralen Therapie dauerhaft eine Unterdrückung der HI-Viruslast im Plasma auf unter 50 RNA-Kopien pro ml erreicht wird.“

Safer Sex ohne Kondom – noch 8 Jahre später Grund für Schnappatmung?

Safer Sex ohne Kondom – ganz weitgehend akzeptiert? Offenbar gilt dies nicht überall, nicht in allen (z.B. Politiker-) Kreisen.

Ein junger schwuler Mann. HIV-positiv, sagt im Herbst 2015, fast acht Jahre nach Veröffentlichung des EKAF-Statements und Jahre nachdem es breitest akzeptiert und ‚common sens‘ anerkannt ist, etwas eigentlich Selbstverständliches:

Ich habe regelmäßig Sex ohne Kondom. Schutz durch Therapie macht es möglich.“

So what, wo ist das Problem, mag der aufgeklärte Schwule, die informierte Politikerin denken.

Nicht aber zwei PolitikerInnen (zumindest die eine davon fachkundig) einer Klein-Partei, die seine Aussage skandalisieren – und instrumentalisieren? Der junge Mann, gleichzeitig Sprecher eines Aufklärungs-Projekts, gerät öffentlich massiv in die Kritik, sieht sich teils wüsten Beschimpfungen und Schmähungen ausgesetzt.

Wegen einer Selbstverständlichkeit ?

Vor einer HIV-Übertragung schützt eine gut wirksame HIV-Therapie mindestens genauso zuverlässig wie Kondome„,

betont die DAH erneut. Vielleicht wird es diesmal gehört – und verstanden?

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siehe auch
2mecs 03.11.2014: Sorglosigkeit und die Rettung der Lüste
2mecs 27.01.2014: Aids ist keine düstere Bedrohung mehr ondamaris / 2mecs 23.01.2012: positiv na und ?

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siehe auch
„Auch wir betreiben Schutz durch Therapie. Und wir reden darüber!“ – Facebook „Wir machen’s ohne, safer Sex durch Therapie“
‚Männer‘ 30.11.2015: Sie machen’s ohne!
taz 17.12.2015: HIV-Infizierte und Sex ohne Kondom – Genug geschützt
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Von Ulrich Würdemann

einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
Mehr unter 2mecs -> Ulli -> Biographisches

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