Zuletzt aktualisiert am 13. Juni 2022 von Ulrich Würdemann
Frank Wagner, Kunsthistoriker und Kurator in Berlin, realisierte zahlreiche wegweisende Ausstellungen. Besonders bekannt wurde seine europaweit einmalige Ausstellung ‚VOLLBILD.‘ 1988, sowie deren Nachforschung nach 25 Jahren 2013/14 ‚LOVE AIDS RIOT SEX‘.
2018/19 erinnert eine Gedenkausstellung an den Kurator.
Frank Wagner wurde am 27. August 1958 geboren. Er studierte an der FU Berlin Kunstgeschichte, Philosophie und Literaturwissenschaft. Seit 1985 konzipierte und ab 1987 kuratierte er Kunstausstellungen; seit 1985 war er Mitglied von RealismusStudio der nGbK Berlin.
1988 organisierte er für die nGbK „VOLLBILD AIDS. Eine Ausstellung über Leben und Sterben“ – die erste Ausstellung zu Kunst und Aids in Europa überhaupt. Darin dokumentierte er in zuvor nie gesehener Weise und Umfang die damalige künstlerische Auseinandersetzung mit Aids.
„Ein ‚VOLLBILD‘ ist statistisch gesehen in Deutschland noch nicht erreicht. AIDS verbreitet zwar Schrecken, die Krankheit läßt sich aber zur Zeit noch recht gut verdrängen oder aus dem Gesichtsfeld schieben. Das wird sich ändern. Bisher ist keine Behandlungsmethode gefunden und die lange Latenzzeit läßt Nicht-Infizierte und Infizierte sich zu lange in Sicherheit wiegen.
Die Krankheit läßt sich moralisch und politisch glänzend ausbeuten und öffnet Diskriminierung, Diffamierung und Ausgrenzung Tür und Tor. …
Das Vollbild AIDS verläuft tödlich. Die Ausstellung ist deshalb noch lange nicht larmoyant. Das ‚Thema‘ wird sachlich, behutsam, aber auch engagiert-gefaßt bis aggressiv ‚behandelt‘.“
(Frank Wagner im November 1988, Vorwort Katalog ‚VOLLBILD.‘)
Fünfundzwanzig Jahren später, 2013/14 griff Frank nachforschend diese Ausstellung auf (auch wie er formulierte um einen „Rückblick auf die intensivste Phase der Aidskrise zwischen 1987 und 1995 zu werfen und aufzuzeigen, mit welchen künstlerischen Mitteln darauf reagiert wurde„) und konzipierte die Doppel-Ausstellung ‚LOVE AIDS RIOT SEX‘.
„Dass sich Künstler heute kaum mehr mit Aids beschäftigen, hat natürlich auch damit zu tun, dass nicht nur die breite Bevölkerung, sondern auch die Kunstinstitutionen das Interesse an diesem Thema weitgehend verloren haben. Wenn sie gut waren, haben sie tatsächlich auch mal eine Ausstellung dazu gemacht. Aber dann war das Thema für sie abgehakt. Womöglich kommen sie erst in ein paar Jahrzehnten wieder darauf zurück, wenn sie HIV und Aids in einem größeren, dann wohl historischen Zusammenhang aufgreifen.“
Frank Wagner über Künstler und die Auseinandersetzung mit Aids, Interview im Dezember 2013 für das Magazin der Deutschen Aids-Hilfe
Frank Wagner kuratierte und organisierte unzählige Kunstausstellungen in Berlin, Deutschland und weltweit. Dazu zählen u.a. auch die Felix Gonzalez-Torres – Retrospektive 2006/07 mit der Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof, ‚Das achte Feld – Geschlechter, Leben und Begehren in der Kunst seit 1960′ 2006 im Museum Ludwig Köln oder 1997 – 2003 für die nGbK Berlin die Reihe ‚Unterbrochene Karrieren‘ (u.a.: Partnerschaften: Tom Burr und Ull Hohn, Wolfgang Tillmans und Jochen Klein, Piotr Nathan und Matthew Ranger; Retrospektive Hannah Wilke).
Frank Wagner starb am Morgen des 1. Juni 2016 im Alter von 57 Jahren in Berlin.
Frank Wagner wurde am 7. Juli 2016 auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof in Berlin beigesetzt.
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TIES, TALES AND TRACES – Dedicated to Frank Wagner. Independent Curator (1958 – 2016)
Realismusstudio der ngbk und Kunst-Werke Berlin e.V. widmen Frank Wagner 2018 / 2019 die Gedenkausstellung TIES, TALES AND TRACES – Dedicated to Frank Wagner. Independent Curator (1958 – 2016)
6 Antworten auf „Frank Wagner (1958 – 2016)“
[…] Love Aids Riot Sex. „Es gibt keinen besonderen Anlass für diese Ausstellung“, bemerkt Kurator Frank Wagner gleich zu Beginn seiner Rede – eine Bemerkung, der der Ausstellungsbesucher nachspüren […]
[…] Titel der von Frank Wagner kuratierten Ausstellung, das „achte Feld“, spielt dabei an auf das Schachspiel: rückt ein […]
[…] hinterfragt (wie in dem m.E. großartigen NGBK-Projekt der AG “Unterbrochene Karrieren” (u.a. Frank Wagner, Thomas Michalak), 2003 mit dem Medienpreis der Deutschen Aids-Stiftung ausgezeichnet). Nur selten […]
[…] Mainstream; to feel a sense of belonging with the Others: the Queens, the Fags, the Perverse.” (Frank Wagner über Hunter Reynolds, […]
[…] mit Nan Goldin entstand im Januar 2014 auf der von Frank Wagner kuratierten Ausstellung LOVE AIDS RIOT SEX in der nGbK […]
[…] die einige seiner Werke schon Ende der 80er Jahre erstmals in Deutschland zeigte (im Rahmen der von Frank Wagner kuratierten Ausstellung „Vollbild Aids“), veranstaltet eine umfassende […]