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HIV/Aids

ANST beenden – Speicherung von Menschen mit HIV, Hepatitis B und C in Polizeidatenbanken endlich abschaffen

Zuletzt aktualisiert am 1. Oktober 2021 von Ulrich Würdemann

Unter dem Kürzel ANST speichert die Polizei im bundesweiten Informationssystem INPOL eine Infektion mit HIV, Hepatitis B oder Hepatitis C. Diese Speicherung des ‚personengebundenen Hinweises‘ (PHW) ‚ANST‘ ist seit langem ein von Aidshilfen wie auch Aktivisten stark kritisiertes Problem. Begründet wird die auf Grundlage des Bundeskriminalamt-Gesetzes (BKAG) erfolgende Speicherung mit dem Schutz der Bediensteten sowie deren Eigensicherung.

Es ist zu begrüßen, dass der Nationale Aids-Beirat hierzu ein Votum ‚Speicherung von gesundheitsbezogenen Daten in polizeilichen Datenbanken unter dem Kürzel „ ANST “‘ (vom 5. April 2016, publiziert am 8. Juni 2016) beschlossen hat. Das Votum zeigt, dass aus dem Vorhandensein einer Infektion kein Rückschluss auf aktuelle Infektiosität gezogen werden kann. Es belegt dass die Speicherung unter ‚ANST‘ somit nicht geeignet ist zur Erreichung des Zieles beizutragen.

Mit Stand 2. November 2015 waren allein in Bayern 14.253 (!) Personen (3.8.2015:  13.992 Personen) mit dem Merkmal ‚ANST‘ im polizeilichen Informationssystem INPOL erfasst. Dies geht aus Antworten auf zwei kleinen Anfragen der MdL Barbara Stamm (Grüne) hervor.

Per Ende 2014 lebten nach RKI-Angaben ca. 11.400 Menschen mit HIV in Bayern.  Bei 9.700 von ihnen war die Infektion diagnostiziert. Selbst wenn berücksichtigt wird, dass ein wesentlicher Teil der bayrischen ANST-Speicherungen sich auf Menschen mit Hepatitis B oder C beziehen mag, bedeutet dies, dass ein bedeutender Teil der in Bayern lebenden HIV-Positiven als solches in der Polizeidatenbank INPOL erfasst ist.

Der Zuwachs von August bis November 2015 (plus 261 Personen = 1,9% in nur 3 Monaten) zeigt zudem, dass diese Speicherung weiter aktiv betrieben und ausgeweitet wird.

Auch wenn nicht aus allen Bundesländern konkrete Zahlen zum Umfang der Speicherung ‚ANST‘ öffentlich sind, auch aus einigen weiteren Bundesländern ist ANST-Speicherung in namhaftem Umfang bekannt.

Eine besondere Dimension bekommt all dies, falls sich Planungen der EU durchsetzen, Polizeidatenbanken zukünftig EU-weit ‚mit einem Klick‘ abfragen zu können. Sind Daten zu Menschen mit HIV oder Hepatitis durch ANST via InPol bald europaweit abrufbar?

Der Nationale Aids-Beirat zeigt in seinem Votum deutlich, dass eine Speicherung von personenbezogenen Daten zu einer Infektion mit HIV, mit Hepatitis B oder mit Hepatitis C nicht beiträgt zu dem Ziel Bedienstete zu schützen. Er betont, „das Wissen von einer zu irgendeinem Zeitpunkt bestehenden Infektion ermöglicht keinen Rückschluss auf ein derzeit real bestehendes Infektionsrisiko“.

Die Speicherung von Personen mit dem Kürzel ANST kollidiert nicht nur mit Persönlichkeitsrechten (Recht auf informationelle Selbstbestimmung, Datenschutz medizinischer Daten). Sie birgt auch erhebliches Stigmatisierungs- und Diskriminierungs-Potential. Und sie konterkariert Grundprinzipien der Infektionsprävention (wie das Bemühen um hohe Testbereitschaft und offenen Umgang mit der HIV-Infektion).

Dies bedeutet: Die Speicherung von Menschen mit HIV, Hepatitis B oder Hepatitis C unter dem Kennzeichen ANST trägt nicht zum angestrebten Ziel (Schutz der Bediensteten) bei. Sie hat erhebliche Schadens-Potentiale für Bedienstete (z.B. Risiko Fehleinschätzungen) wie besonders auch für die betreffende gespeicherten Personen.

Deswegen bleibt nur eines:

jetzt endlich die Speicherung ANST beenden , in allen Bundesländern, und alle bisher gespeicherten Daten löschen.

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siehe auch
Abschaffung Nationaler Aids Beirat – in Zukunft nur noch Simulation von Partizipation ?

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2021 erreichte die Berliner Aids-Hilfer immerhin eine Verbesserugn der Situation für Berlin: Sie teilte nach gesprächen mit dem Berliner Senator für Inneres und Sport, Andreas Geisel, im September 2021 mit, „So werden nur noch Menschen mit einer Gefährlichkeitsprognose weiterhin in der Datenbank geführt. Dementsprechend wurde die Berliner Datenbank bearbeitet und große Teile der Daten gelöscht! Ein kleiner Teil der Datensätze könne noch nicht gelöscht werden.“

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Von Ulrich Würdemann

einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
Mehr unter 2mecs -> Ulli -> Biographisches

3 Antworten auf „ANST beenden – Speicherung von Menschen mit HIV, Hepatitis B und C in Polizeidatenbanken endlich abschaffen“

Begründet wird die auf Grundlage des Bundeskriminalamt-Gesetzes (BKAG) erfolgende Speicherung mit dem Schutz der Bediensteten sowie deren Eigensicherung.

Eine äußerst zweifelhafte Begründung wenn man weiß das in Deutschland 0,2 bis 0,3% der Allgemeinbevölkerung chronisch mit Hepatitis C infiziert sind.

Die Polizei hat sich im Grunde genommen zu schützen wie ein Zahnarzt bzw Ärzte weil sie davon ausgehen müssen, das nicht Jeder um seine Gesungheit – Krankheit weiß.

Neben den von Dir genannten Gründen bzgl Prävention ist das was hier passiert ist schlicht und einfach Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV.

Möglicherweise wird man – wieder einmal – das Bundesverfassungsgericht um eine Klarstellung bemühen müssen.

Begründet wird die auf Grundlage des Bundeskriminalamt-Gesetzes (BKAG) erfolgende Speicherung mit dem Schutz der Bediensteten sowie deren Eigensicherung.

Eine äußerst zweifelhafte Begründung wenn man weiß das in Deutschland 0,2 bis 0,3% der Allgemeinbevölkerung chronisch mit Hepatitis C infiziert sind.

Die Polizei hat sich im Grunde genommen zu schützen wie ein Zahnarzt bzw Ärzte weil sie davon ausgehen müssen, das nicht Jeder um seine Gesungheit – Krankheit weiß.

Neben den von Dir genannten Gründen bzgl Prävention ist das was hier passiert ist schlicht und einfach Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV.

Möglicherweise wird man – wieder einmal – das Bundesverfassungsgericht um eine Klarstellung bemühen müssen.

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