Zuletzt aktualisiert am 18. April 2021 von Ulrich Würdemann
In exponierter Lage gegenüber dem ‚Neuen Rathaus‘ von Hannover entstand Anfang der 1960er Jahre am Friedrichswall 11 ein Hotel-Neubau, das spätere Maritim Grand Hotel Hannover. Es wurde zu einem Sinnbild für Betonarchitektur, für den Stil des Brutalismus der 1960er und 1970er Jahre – ‚Moderne mit neuer Urbanität‚.
Der 100 Meter lange und sieben Etagen hohe Riegel wurde in den Jahren 1962 bis 1965 erbaut nach Plänen der Architekten Apel, Beckert & Ing. Becker (ABB, Frankfurt am Main; Otto Apel (1906 – 1966), Hannsgeorg Beckert (1927 – 1978) & Gilbert Becker). Es war der erste Neubau eines Großhotels in Hannover nach dem zweiten Weltkrieg.
Im November 1965 wurde das Gebäude eröffnet als ‚Hotel Intercontinental Hannover‚ mit 285 Zimmern und einer 180 m² großen ‚Präsidenten-Suite‘ im obersten Geschoß. 1994/95 erwarb die Maritim-Kette das Gebäude und firmierte es um als ‚Grand Hotel‘.
Maritim Grand Hotel Hannover – Ikone des Brutalismus
Ein wesentliches Stil-Merkmal des Brutalismus ist roher oder Sicht-Beton. Diese Wertschätzung für Materialien ‚wie gegeben‘ (statt sie zu verkleiden) zeigt sich auch beim Maritim Grand Hotel Hannover.
Inspiriert sein dürfte diese Verwendung von Sicht-Beton von Le Corbusier, für den nackter Beton (béton brut; das ‚brut‘ könnte namensgebend für den Stil des Brutalismus gewesen sein) einen eigenen ästhtischen Reiz ausübte, und der als ‚Pionier‘ des Brutalismus gilt.
Erkennbar sind auch beim ehemaligen Maritim Grand Hotel Hannover zwei weitere Stil-Merkmale des Brutalismus. Die Konstruktion wird klar zur Schau gestellt, und der Grundriss erschließt sich.
An der Fassade des Maritim Grand Hotel befindet sich nahe dem Eingang das abstrakte Beton- ‚Monument für Reisende‘ (1965) des Malers und Grafikers Werner Schreib (16.3.1925 Berlin – 20.9.1969 Lorch). Schreib gestaltete auch einen Teil der originalen Innenausstattung (später ersetzt).
Maritim Grand Hotel Hannover – ungewisse Zukunft?
Das Maritim Grand Hotel Hannover wurde von Maritim im Herbst 2014 für einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag an einen Investor verkauft, das Hotel wurde zunächst weiter betrieben. Der Erbpacht-Vertrag für das Grundstück, der zunächst bis 2023 lief, wurde von der Stadt Hannover inzwischen bis 2080 verlängert.
Der Investor plant, das Objekt umzubauen und anschließend weiterhin als Hotel weiter zu führen. Im Herbst 2015 wurde der Architekt Christoph Mäckler (geb. 1951 Frankfurt am Main) für dieses Projekt gewonnen. Mäckler leitet das 2008 von ihm gegründete Institut für Stadtbaukunst (TU Dortmund).
Ende 2015 schloss das Maritim Grand Hotel Hannover seine Pforten (letzte Gäste bis 17. Dezember 2015). Am 30. Dezember 2015 übernahm der neue Eigentümer das Haus. Bis zum Beginn des Umbaus wurde das Objekt von der Stadt für über 5 Millionen Euro angemietet und als Unterkunft für zeitweise etwa 550 Geflüchtete zwischengenutzt (Betreiber DRK). Per Anfang November 2018 wurde das Gebäude am Friedrichswall von der Stadt Hannover geräumt.
2019 sollte die Totalsanierung des Gebäudes beginnen. Im April 2018 wurde der entsprechende Bauantrag eingereicht. Bereits Ende 2018 erfolgten Voruntersuchungen. Im Frühjahr 2019 wurden Änderungen am Bauantrag eforderlich. Im November 2019 sollten die Umbauarbeiten beginnen. Die Fertigstellung war für 2022 geplant.
Doch auch Anfang 2020 herrscht Stillstand. Das Gebäude des ehemaligen Luxushotels verfällt weiter. Die SPD der Landeshauptstadt hat inzwischen Überlegungen, das Gebäude doch wieder städtisch zu nutzen. Im Sommer 2020 häufen sich Klagen über die Hinhaltetaktik des Investors.
Nach Asbest-Funden wird im August 2020 ein Betretungsverbot verhängt – es ist unklar wann die Sanierung fortgesetzt werden kann.
.