Zuletzt aktualisiert am 27. August 2023 von Ulrich Würdemann
Der Einsatz von Wasserstoff im Schienenverkehr mittels Brennstoffzellen (Hydrail) gilt als große Hoffnung für umweltfreundlichen Verkehr auf nicht elektrifiztierten Schienenstrecken.
Über 40 Prozent des Schienennetzes in Deuschland sind derzeit nicht elektrifiziert und werden nahezu ausschließlich im Diesel-Betrieb genutzt. Hier liegt ein großes Potenzial für umweltfreundlichen Schienenverkehr. Voraussetzung: die Verwendung von ‚grünem Wasserstoff‚, Wasserstoff der unter Einsatz von Strom aus erneuerbaren Quellen produziert wurde.
In Bremervörde im Norden von Niedersachsen wird der Einsatz von Wasserstoff im Schienenverkehr bereits seit 2018 erfolgreich getestet.
Inzwischen wird der Regelbetrieb vorbereitet und die erforderliche Infrastruktur aufgebaut.
seit 2018: Wasserstoff-Züge im Personenverkehr zwischen Bremervörde und Cuxhaven
Seit 17. September 2018 setzen die Elbe-Weser-Verkehrsbetriebe EVB auf der – nicht elektrifizierten – knapp 100 km langen Verbindung zwischen Buxtehude und Cuxhaven zwei Fahrzeuge Alstom Coradia iLint ein. Zum ersten Mal weltweit werden hier im öffentlichen Linienverkehr Brennstoffzellen – Schienenfahrzeuge (Vorserienfahrzeuge im Pilotbetrieb) im Regelbetrieb eingesetzt.
Die iLint-Züge von Alstom wurden erstmals am 20. September 2016 vorgestellt (erster Personenzug in Serienfertigung mit Wasserstoff-Antrieb). Sie können eine maximale Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h erreichen, die Reichweite liegt zwischen 600 und 800 km. Am 14. März 2017 fanden die ersten Probefahrten statt.
Für die Wasserstoff-Versorgung der Brennstoffzellen (2x 20 kW Leistung) befinden sich zwei jeweils 90kg Wasserstoff fassende Tanks auf dem Dach
Am 11. Juli 2018 wurden die Fahrzeuge des Typ iLINT für den kommerziellen Fahrgasteinsatz in Deutschland zugelasssen.
2020: die weltweit erste Wasserstoff- Tankstelle für Personenzüge entsteht in Bremervörde
In der Region Bremervörde soll 2022 der Regelbetrieb von Wasserstoffzügen im Schienenpersonenverkehr starten. Zu deren Versorgung wird eine Wasserstofftankstelle errichtet.
Die Bauarbeiten für die in der Nähe des Bahnhofs Bremervörde gelegenen Wasserstoff-Tankstelle für Züge begannen im September 2020. Errichtet wird sie im Auftrag der LNVG Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen vom Gas- Unternehmen Linde.
Die LNVG wurde 1996 gegründte und ist zu 100% im Besitz des Landes Niedersachsen. Sie unterhält einen landeseigenen Fahrzeugpool (LNVG beschafft und vermietet).
Die Fertigstellung ist geplant für Mitte 2021. Sie soll eine Kapazität von nominal 1.600 kg Wasserstoff pro Tag haben (und wäre damit eine der größten Wasserstofftankstellen der Welt).
Die Wasserstofftankstelle Bremervörde dient nach Inbetriebnahme der Versorgung der Wasserstoffzüge im Regelbetrieb (s.u.). Sie ist damit die erste Wasserstofftankstelle für Personenzüge.
Eine spätere Erweiterung der Wasserstofftankstelle um eine Anlage zur vor-Ort- Herstellung von grünem Wasserstoff ist angedacht. Zunächst wird der Wasserstoff aus Stade und Hamburg sowie den Niederlanden per LKW angeliefert.
ab 2022: Wasserstoff-Züge im Regelbetrieb in Niedersachsen
Ab 2022 sollen Wasserstoff-Züge in Niedersachsen im Regelbetrieb eingesetzt werden.
Zunächst ist der Einsatz von 14 Alstom- Regionalzügen vorgesehen. Diese hat die Landesverkehrsgesellschaft Niedersachsen zwischenzeitlich bestellt. Der am 9. November 2017 unterzeichnete Vertrag umfasst die Beschaffung sowie 30 Jahre Instandhaltung durch Alstom in der EVB-Werkstatt Bremervörde.
Hergestellt werden die Züge im Alstom-Werk in Salzgitter (Niedersachsen). Die Fahrzeuge werden Teil des Fahrzeugpools der LNVG und an die EVB vermietet. Eingesetzt werden sollen die Wasserstoffzüge zwischen Cuxhaven, Bremerhaven, Buxtehude und Bremervörde.
In Nordrhein-Westfalen hat die DB Anfang September 2022 eine Testfahrt mit einem Siemens– Wassserstoffzug unterniommnen. Der ‚Mireo plus H‘ soll eine Recihweite von bis zu 800km haben. Weitere Testfahrten ohne Passagiere sind für Herbst 2023 im Nordschwarzwald vorgesehen.
2022: Wasserstoff-Zug knackt 1000-km – Marke
Mitte September 2022 knackt ein Wasserstoff-Zug aus Bremervörde als erster Wasserstoffzug weltweit die 1.000-km – Marke.
Mit einer 250kg – Tankfüllung Wasserstoff schaftt ein Fahrzeug Coradia iLint eine Strecke von 1.175 km. Der Zug fuhr am 15.9.2022 von Bremervörde bis Burghausen an der Grenze zu Österreich – und schaffte noch 100km zurück München.
Zurück nach Bremervörde wurde der Wasserstoffzug von einer Diesellok gezogen – mangels entsprechender Wasserstoff-Tankstellen auf der Strecke.
Wasserrstoffzüge auch in Italien und Frankreich
Ab 2023 sollen Wasserstoffzüge in der Region Lombardei um Turin eingesetzt werden. Ende November 2020 schloss der Hersteller Alstom einen Vertrag über 6 Züge mit Ferrovie Nord Milano (FNM) sowie eine Option über weitere 8 Einheiten des Typs Coradia Stream. Die Brennstoffzellen-Technologie (BZ) wird vom Coradia iLint (wie er in Bremervörde eingesetzt wird) übernommen.
Auch in Frankreich werden absehbar erste Wasserstoffzüge eingestezt. Die SNCF bestellte am 8. April 2021 insgesamt 12 Wasserstoffzüge für den Regionalverkehr in 4 Regionen (Auvergne-Rhône-Alpes, Bourgogne-Franche-Comté, Occitanie und Grand Est).
Der Einsatz der Fahrzeuge des Typs Coradia iLint soll 2023 mit dem Testen erster Prototypen beginnen. Ab 2025 soll der Regelbetrieb folgen.
In Österreich fand 2020 ein dreimonatiger Testbetrieb des iLint statt. zudem hat der Zug die Zulassung für das Strreckennetz in Österreich erhalten (zweiter Staat nach Deutschland).
Tests fanden 2020 auch in der Region Groningen / Niederlande statt.
Eine Antwort auf „Hydrail – Wasserstoff im Schienenverkehr, Beispiel in Bremervörde“
[…] Seit 2018 fahren auf der Strecke (weltweit erstmalig) moderne Wasserstoff- Personenzüge mit Brennstoffzellen- Antrieb. […]