Zuletzt aktualisiert am 17. April 2024 von Ulrich Würdemann
Zentral und gut platziert über der zentralen Anzeigetafel in der Haupthalle – das Brinkmann Wandmosaik im Hauptbahnhof Bremen erinnert nicht nur an Hafen, Handel und Stadtmusikanten, sondern auch an ein Stück Kolonialgeschichte.
Der Hafen Bremen war einer der wichtigsten Umschlagplätze für Kaffee und Tee, für Kakao und Baumwolle, und für Tabak – lange so genannte ‚Kolonialwaren‘. Bremen war ihr zentraler Umschlagplatz. Gerade dem Tabakhandel kam in Bremen eine bedeutende Rolle zu.
Das Mosaik ‚Tabakhandel‘ ist nicht nur ein Symbol für Bremens Bedeutung als Hafen- und Handelsstadt sowie als ‚Tabak-Hauptstadt Europas‘ – sondern es ist auch voller kolonialer Symbolik, Bilder die Rassismus transportieren. Ohne Erläuterung, ohne Einordnung (auch wenn dies in jüngerer Zeit immer wieder vom Politikern wie auch z.B. vom Afrika Netzwerk Bremen gefordert wird).
Das ‚keramische Werbe-Wandbild‘ wurde 1957 von Heinrich Kalau vom Hofe (1903–1988) / Steingutfabrik Grünstadt nach einem Entwurf des belgischen Grafikers Alexandre Noskoff (1911 – 1979) erstellt.
Später wurde das Mosaik durch Werbetafeln überdeckt.
Unter einer Putzschicht verborgen, wurde es zwischen 1998 und 2001 freigelegt, für umgerechnet 75 Mio. € saniert und unter Denkmalschutz gestellt
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Brinkmann, das Geschäft mit dem Tabak und die NS-Zeit
1878 kaufte Martin Brinkmann das 1813 von Nicolaus Wilkens gegründete Tabakhandelsgeschäft. Herrmann Ritter erwarb das Unternehmen 1900 nach dem Tod von Wenzel Brinkmann, Sohn von Martin Brinkmann.
Hermann Ritter, zuvor in der DNVP (deren Mitgründer er war), wurde 1937 Mitglied der NSDAP und Förderndes Mitglied der SS.
Ritter erweiterte das Unternehmen stark und formte es 1929 um zur Martin Brinkmann AG. Die Firma war inzwischen zum größten Rauchtabak-Produzenten Europas geworden. Wolfgang Ritter übernahm von seinem Vater 1933 die Leitung des Unternehmens.
Hermann Ritter war Senator geworden war (18.3. – 30.9.1933). Ab 12.4.1933 war er als Senatskommissar u.a. zuständig für die 1931 in Konkurs gegangene Nordwolle.
Nach einer Verkleinerung des Senats wurde er Staatsrat für Wirtschaft (bis 1945) und Leiter des ‚Produktionsausschusses Tabak‘ bei Reichsminister Speer.
Hermann Ritter war 1940 gemeinsam mit IHK-Präses Karl Bollmeyer verantwortlich für die Koordinierung der Ausarbeitung einer ‚Kolonialdenkschrift‘ für das ‚Kolonialpolitische Amt‘ zur wirtschaftlichen Nutzung eroberter Gebiete.
Ritter setztet sich für die Intensivierung des Tabakhandels aus den besetzten Gebieten ein, u.a. über die speziell gegründete ‚Ost-Tabak-Gesellschaft „Hansa“-GmbH‚ mit Sitz in Luzk (Ukraine). 1942 gründete er (u.a. gemeinsam mit Reemtsma aus Hamburg) ein Syndikat für die Tabakproduktion in der Ukraine und im Nordkaukasus.
Die Produktion von Rauchwaren vor allem auch mit Rohstoffen aus den besetzten Gebieten, unter Einsatz von Zwangsarbeit, diente gerade auch Belieferung der Wehrmacht (die im Herbst 1941 25% der gesamten Rauchtabak-Produktion verbrauchte (Merki 1998))
Ritter und sein Sohn übernahmen nach kurzer Entnazifizierung wieder die Leitung des Betriebes.
Der Bremer Senat ehrte Hermann Ritter mit der Benennung der nahe dem Fabrikgelände liegenden Straße in Hermann-Ritter-Straße (Senatsbeschluss vom 26.2.1963). Zudem trug ein Seenotrettungskreuzer seinen Namen (von 1977 bis 1988).
Die Martin Brinkmann AG verlegte 1957 Teile ihrer Produktion nach West-Berlin, 1984 weitere Unternehmensteile. Nach mehreren Übernahmen ist das Unternehmen seit 2008 Teil des Konzerns British-American Tobacco (BAT).
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Die frühere Martin Brinkmann AG ist nicht das einzige Bremer Großunternehmen mit wenig aufgearbeiteter NS-Geschichte. An der Weser entsteht derzeit das Arisierungs-Mahnmal Bremen das sich mit der Verbindung des Logistiukkonzerns Kühne + Nagel und dem Holocaust auseinandersetzt.
Eine Antwort auf „Brinkmann Wandmosaik Hauptbahnhof Bremen“
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