Zuletzt aktualisiert am 1. November 2024 von Ulrich Würdemann
Elisabeth Badinter (78), französische Intellektuelle und Philosophin, schockiert Frankreich. In einem Interview am Morgen des 28. September 2022 (u.a. zu den Protesten im Iran nach dem Tod von Mahsa Amini) spricht sie im Sender France Inter u.a. von einer angeblichen ‚Vereinbarung‘ zwischen ‚Islamisten‚ und ‚LGBT-Aktivisten‘:
„Vous avez remarqué que les islamistes ne disent jamais un mot contre les militantes LGBT, jamais !„
Elisabeth Badinter, France Inter / Matinale am 22.9.2022
(„Sie haben bemerkt, dass die Islamisten niemals ein Wort gegen LGBT-Aktivisten sagen!“ [Übers. UW])
Elisabeth Badinter äußert sich in dem Interview zu dem was sie als ‚Neofeminismus‚ bezeichnet und was sie scharf angreift.
Die ’neofeministischen‘ Reaktionen auf die Frauen-Proteste im Iran seien nicht sehr stark, sie sei nicht beeindruckt.
‚Neofeministinnen‘ würden das Tragen des Schleier in Frankreich unterstützen, und deswegen nicht gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran mobilisieren.
Je ne suis pas frappée par leur indignation, leur manifestation, à propos du voile, et pour une bonne raison, c’est qu’elles défendent les filles voilées en France
Den Grund hierfür meint sie in dem zu erkennen, wie sie ‚Intersektionalität‚ (hier) versteht: es gebe ein ‚objektives Bündnis‘ zwischen people of color, Neofeministinnen und Islamisten:
Dans le système de l’intersectionnalité, les trois groupes qui constituent cette intersection, qui sont : les gens de couleur, les néo-féministes et les islamistes. Il y a une entente …
Dann folgt (ab Minute 5) ihre Aussage, Islamisten hätten nie etwas gegen LGBT-Aktivisten gesagt.
Wegen dieser von ihr konstatierten Übereinkunft gebe es derzeit ‚keine Bewegung‘, so Badinter.
Das Interview von Elisabeth Badinter im Original:
Die Badinter interviewenden Journalist:innen (Nicolas Demorand und Léa Salamé) gehen auf ihre bestürzende Äußerung nicht weiter ein.
.
In ersten Reaktionen sprechen User auf Twitter von schockierenden Äußerungen und einem ‚Schiffbruch‘ Badinters.
.
Thomas Vampouille, Chefredakteur des französischen Homo-Magazins Tetu, betont in einem Leitartikel am darauffolgenden Tag, Elisabeth Badinter habe recht wenn sie darauf hinweise, dass es ‚das Ende aller weiblichen Freiheiten [sei], wenn Gott eine Gesellschaft fast vollständig bestimmt‘.
Badinter irre allerdings wenn sie außer acht lasse, das das gleiche auch für LGBT+ gelte. Wie unsinnig ihre Worte zu LGBT und Islamisten seien, werde schon daran deutlich, dass Islamisten lebende Homosexuelle von Dächern von gebäuden werfen.
Frauen und LGBT+ seien gemeinsam an der Seite der Unterdrückten und Verfolgten.
.
Die Philosophin Elisabeth Badinter (geb. Élisabeth Bleustein-Blanchet am 5. März 1944 in Boulogne-Billancourt) setzt sich für die Gleichheit der Geschlechter ein. Sie setzzte sich früh mit dem Feminismus von Simone de Beauvoir auseinander. Seit längerem argumentiert sie gegen ‚radikalfeministische‘ Positionen, bei denen Frauen immer nur Opfer und Männer nur Täter seien.
Elisabeth Badinter ist seit 1966 verheiratet mit Robert Badinter. Der Jurist, Politiker und (unter Mitterrand) ehemalige Minister setzte in Frankreich u.a. die Abschaffung der Todesstrafe sowie des Strafrechts gegen Homosexuelle durch.
Der Vater von Elisabeth Badinter, Marcel Bleustein-Blanchet, ist Gründer (1926) des Werbungs- und Medien-Konzerns Publicis. Elisabeth Badinter war hier 1996 bis 2017 Präsidentin des Aufsichtsrats, in dem sie seit 1987 und bis heute Mitglied ist.