Zuletzt aktualisiert am 10. Mai 2023 von Ulrich Würdemann
Mit Logink bietet China eine Plattform zur gemeinsamen Verwendung von Logistik- Informationen im Verkehrswesen an. Doch dient sie wirklich nur zur effizienteren Transportsteuierung? Zunehmend gerät Logink in die Kritik. Benutzt China Logink auch im Rahmen seiner Geopolitik, z.B. um seinen Einfluss, seine Kontrolle über globale Waren- und Handelsströme auszuweiten?
In der Logistik kommt heutzutage neben dem Transport der Güter nahezu die gleich Bedeutung auch den Mittelflüssen sowie den Informationsflüssen zu (Digitalisierung der Logistik).
Logink steht für Informationsplattform für Transport und Logistik (ursprünglich: National Transportation and Logistics Public Information Platform for the transmission of logistics data). Es ist eines der bedeutendsten Port Communication Systems (PCS) weltweit.
Logink soll als so genannte one-stop- Plattform für Logistikdaten dienen – data sharing, standardisieert alle Daten an einem Ort, in einem System, für alle Beteiligten zugreifbar, in Echtzeit.
Grosse Staats- und andere Logistik-Unternehmen wie Cosco (das wiederum zunehmend nach Beteiligung an Häfen und Terminals in Europa strebt) arbeiten mit Loglink.
Geschichte von Logink – von regional zu global
Logink wurde urpsrünglich ab 2007 in der chinesischen Provinz Zhejiang entwickelt. Zhejiang ist die wirtschaftlich viertstärkste Provinz Chinas.
Als regionales Werkzeug sollte es zunächst nur dazu dienen, den Strassengüterverkehr in der Provinz besser zu organisieren und zu koordinieren.
Ab 2010 wurde Logink auf nationaler Ebene angewendet, zunächst für den Strassengüterverkehr. Bald kamen Schiffahrtsdaten hinzu, die Entwicklung zu einem Logistik-System begann.
Mit Beginn der Politik der ‚Neuen Seidenstrasse‘ (Belt Road Initiative BRI) ab 2014 wurde Logink global Teil des 2015 vorgestellten digitalen Zweigs, der DSR (Digital Silk Road). Ziel wurde eine Plattform zur nahtlosen Datenintegration entlang aller Schritte von Logistikketten, und zwar nun innerhalb globaler Warenströme. 2015 stellte das Verkehrsministerium Chinas seinen Plan vor, Logink zu einem ‚Business Process as a Service (BPaaS)‘ weiterzuentwickeln.
Inzwischen sind nicht nur Datenströme von Transportbetrieben integriert, sondern auch Datenflüsse zwischen Unternehmen und Behörden und Staatlichen Stellen (sowohl business-to-government b2g als auch government-to-business g2b als auch business-to-business b2b).
Logink ist eine cloud-basierte und auch IoT Technologien beinhaltende Anwendung geworden.
Über 450.000 Anwender sollen Logink in China inzwischen nutzen.
Logink ist im politischen Verantwortungsbereich des Verkehrsministeriums Chinas. Operationell steht es unter der Leitung des China Transport Telecommunications and Information Center (CTTIC).
2022 vereinbarte die International Port Community Systems Association (IPCSA) mit Logink eine Koopperation, um globale Logistik-Standards zu berarbeiten. Logink ist seit November 2019 Mitglied von IPCSA. Logink wurde Teil des von ICPSA initiierten Network of Trusted Networks (NTN).
Hierdurch erhielt Logink z.B. Zugriff auf Daten und Informationen von über 70 Häfen sowie 10 Flughäfen der ASEAN Region. Häfen in Südkorea und Japan sollen direkt mit Logink arbeiten.
Logink – Kritik
Doch Logink ist nicht ‚irgendeine‘ Daten-Plattform. Logink ist nicht offen, vielmehr handelt es sich um ein geschlossenes Handelsdatensystem. Es ist nicht transparent. Welche und wie viele Daten gespeichert werden und wer worauf Zugriff hat, ist letztlich nicht bekannt. Noch weniger ist bekannt, welche Daten im Detail aus Häfen außerhalb Chinas gespeichert werden. Ob es Backdoors enthält, z.B. für chinesische Unternehmen, Geheimdienste oder Partei-Institutionen, ist nicht bekannt.
„They make presentations about their system, but we are not really sure what’s behind it.“
Mees van der Wiel, Portbase Rotterdam Business Consultant in der Abteilung Strategie & Innovation
Logink – das Risiko von Abhängigkeiten
In einem Neun-Punkte-Plan setzte die KP Chinas 2019 das Ziel, China bis 2050 zu einer Logistik- Supermacht zu machen.
Kritiker befürchten, Logink könnte sich dabei auf längere Sicht als Waffe erweisen – indem es China (bzw. die KP Chinas) zu einer Hegemonialen Macht verhelfe, über Kontrolle, Besitz und Möglichkeit der Manipulation von Logistik- Daten. Und China in die Lage versetze, durch poltische oder wirtschaftliche Macht zunehmend die offenen transparenten Systeme des Freien Welthandels durch sein geschlossenes eigenes System zu ersetzen.
„Wir müssen die Abhängigkeit der internationalen Produktionsketten von China vergrößern und dadurch eine starke Fähigkeit zu Gegenmaßnahmen und Abschreckung gegenüber Ausländern ausbilden, die Lieferungen an China künstlich einschränken könnten.“
Xi Jinping, ‚Certain Major Issues for our National Medium- to Long-Term Economic and Social Development Strategy‘, in: Quishi 1. November 2020
China werde, fürchten Kritiker, mit Logink geradezu in die Lage versetzt, sich zu einer Transport- Supermacht zu entwickeln, die zunehmenden Einfluß und Kontrolle über globale Warenströme und Logistik-Ketten erlange und diese Macht zum Vorteil chinesischer Unternehmen oder der KP einsetze oder Abhängigkeiten erhöhe.
„The most obvious risk of Logink is that it can help Chinese companies grow faster because of its data insights.“
Mees van der Wiel, Portbase Rotterdam Business Consultant in der Abteilung Strategie & Innovation
Anbieter und Betreiber lokaler oder nationaler (i.d.R. offener) Logistikkommunikationssysteme müssen sich entsprechend fragen, in wie weit sie Risiko laufen, bei Kooperationen mit Systemen wie Loglink letztlich ungewollt zentrale geschlossene Systeme fördern und stärken – und letztlich womöglich in Abhängigkeiten zu geraten.
Wie konkret das Risiko von Abhängigkeiten sein kann, zeigen Entwicklungen wie die Marktdomninanz des chinesichen Kran-Bauers ZPMC (zur Hälfte staatlich), der inzwischen einen weltweiten Marktanteil von 80% hat (und dessen Kräne z.B. auch in Containerterminals des Hafens Hamburg stehen).
Doch Abhängigkeiten könnten sich nicht nur technologisch ergeben – auch Abhängigkeiten von Logistikketten die sich unter Einfluß oder Domninanz chineischer Stellen befinden, oder Abhängigkeiten von Informationstechnik, Informationssystemen oder Informationsverfügbarkeit und -zuverlässigkeit.
Datenschutz und Datenintegrität
Für Häfen und Logistik-Anbeiter weltweit stelle sich die Frage nach Art und Umfang der Kooperation, nach Schutz sensibler Daten und bei Schnittstellen zur Wahrung der Integrität der Daten. Datenabflüsse seien nicht kontrollierbar (was nicht nur bei sicherheitsrelevanten Transporten wie Militärgütern oder kritischer Infrastruktur problematisch wäre)..
Logink – das Problem mit dem Geheimdienste-Gesetz
Logink ist im Geltungsbereich des National Intelligence Law of the People’s Republic of China (Geheimdienstgesetz oder Nachrichtendienstgesetz) vom 27. Juli 2017. Gemäß diesem Gesetz müssen alle Daten auch chinesischen Geheimdiensten zur Verfügung gestellt werden (Art. 7). Das Gesetz findet auch extraterritorial (im Ausland, außerhalb Chinas) Anwendung (Art. 10).
Artikle 14 formuliert klar die chinesischen Geheimdienste
„können von den zuständigen Organen, Organisationen und Bürgern die erforderliche Unterstützung, Hilfe und Zusammenarbeit verlangen.“
National Intelligence Law of the People’s Republic of China 2017, Art. 14
Chinesische Geheimdienste haben damit in Logink uneingeschränkt Zugriff auf Daten der Privatwirtschaft, selbst wenn diese Daten im Ausland entstehen.
Ende April 2023 wurde in China überarbeitetes Spionage Gesetz erlassen (Inkrafttreten per 1. Juli 2023). Seitdem bezieht sich der Schutz vor Spionage (sehr vage formuliert und damit für Interpretationen offen) auf „alle Dokumente, Daten, Materialien und Artikel, die nationale Sicherheit und Interessen betreffen“. Zudem wurde der Zugriff auf Onlineinformationen erschwert (Zugriffe auf Datenbanken aus dem Ausland eingeschränkt bzw. manche offline gestellt).
Logink – das Problem der Staatsnähe
Ist Logink ähnlich wie westliche (in Kooperation von Unternehmen udn Verbänden) entstehende Logistik-Systeme zu sehen? Oder wie nah ist Logink zu staatlichen und Partie- Strukturen in China?
Logink: Warnung in den USA
Die U.S.-China Economic and Security Review Commission warnte am 20. September 2022 in einem “Issue Brief” (pdf). China ermutige Logistik-Unternehmen weltweit zur Nutzung von Logink, u.a. durch unentgeltliche Bereitstellung. Die Kommission warnte vor einer Anwendung von Logink, sowohl aus Gründen der Vertraulichkeit von Daten und Handelsgeheimnissen als auch allgemein der Zukunft von Wirtschaften, die auf freien Handel und bürgerlichen Freiheitsrechten beruhen.
“Widespread adoption of LOGINK could create economic and strategic risks for the United States and other countries. As with other Chinese entities sponsored or subsidized by the government, LOGINK could undercut U.S. firms that provide more innovative products at higher costs without state support. LOGINK’s visibility into global shipping and supply chains could also enable the Chinese government to identify U.S. supply chain vulnerabilities and to track shipments of U.S. military cargo on commercial freight. Though LOGINK claims users can share only the data they want, the security of the platform is unclear. The Chinese Communist Party (CCP) could potentially gain access to and control massive amounts of sensitive business and foreign government data through LOGINK.”
U.S.-China Economic and Security Review Commission, Issue Brief vom 20. September 2022
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Logink und Häfen in Europa
Hafenkommunikationssysteme sind inzwischen fast Standard in größeren Seehäfen in Europa. Meist sind diese Systeme als offene Systeme gestaltet. Die EU legt in ihrem digital framework großen Wert auf Transparenz.
Die Logistikkommunikationssysteme in Europa weisen oft auch Schnittstellen und Kooperationen mit anderen Systemen auf – so auch Loglink.
Logink hat derzeit Partnerschaften und Zusammenarbeit mit mindestens 20 Häfen weltweit, besonders in Asien (z.B. Kuantan / Malaysia, Teil des an Loglink angebundenen China ASEAN Port Logistics Information Centre). In Europa soll Logink Kooperationsvereinbarungen mit neun Häfen haben.
Loglink in den Niederlanden
Portbase ist das Datenkommunikationssystem der niederländischen Häfen. Es sichert Kunden zu, jederzeit Inhaber der Daten zu bleiben, Daten würden nur mit Zustimmung des Inhabers weitergeleitet.
Portbase unterzeichnete 2019 eine Kooperationsvereinbarung mit Loglink. Die Kooperation beinhaltet auch Zusammenarbeit bei der Standardisierung.
Logink in Belgien
Seit 2017 besteht eine Kooperationsvereinbarung von Logink mit Antwerpen.
Logink in Griechenland
Cosco soll nach der Übernahme des Hafens von Piräus dort mit Loglink bzw. einem kompatiblen System arbeiten.
Aufgrund von Befürchtungen seitens der Industrie sowie der Marine verabschiedete Griechenland im Januar 2017 Cosco künmfigte an, ein Gesetz, dass Hafenkommunikationssysteme und die Daten darin nur vom Staat kontrolliert werden dürfen. Cosco kündigte daraufhin an, sich an die Gesetze halten zu wollen.
Logink in Spanien
Seit 2017 besteht eine Kooperationsvereinbarung von Logink mit Barcelona.
Logink in Deutschland
Hafen Hamburg
Der Hamburger Hafen betreibt das Hafen-Kommunikationssystem Dakosy als Port Community System (PCS). Kunden des Hafens sind – freiwillig – an Dakosy angeschlossen, tauschen Daten in beide Richtungen aus. Dakosy (bzw. Betreiberin HHLA) ist seit 2018 als ‚kritische Infrastrutkur‚ registriert.
Dakosy zählt zu den Gründungsmitgliedern der ICPSA – die seit 2022 mit Logink kooperiert.
Dakosy arbeitet selbst mit Logink zusammen (Kooperationsvereinbarung 2019), bietet Schnittstellen an.
Hafen Bremen
Bremen betreibt das Hafenkommunikationssyxstem BHT Bremen Harbour Telematics (auch: Bremen Port Telematics). BHT wird in Bremen, Bremerhaven und Wilhelmshaven eingesetzt.
Seit 2017 besteht eine Kooperationsvereinbarung von Logink mit Bremen.
Logink in Lettland
Seit 2017 besteht eine Kooperationsvereinbarung von Logink mit Riga sowie mit Ventspils.
Logink in der Ukraine
Seit 2017 besteht eine Kooperationsvereinbarung von Logink mit Odessa.
3 Antworten auf „Logink – versucht China mit Logistik-Plattform Einfluss auszubauen ?“
[…] Darüber hinaus bemüht sich China auch bei Logistik-Informationssystemen seinen Einfluss auszubauen, so mit der eigenen Datenpla…. […]
[…] China bemüht sich im internationalen Handel zunehmend seine Logistik-Kommunkationsplattform Logink durchzusetzen. […]
[…] im Frühjahr), es bestünde die Gefahr sensible Informationen an China abfliessen [vgl. ‚Logink – versucht China mit Logistik-Plattform Einfluss auszubauen ?‚], zumal in Hamburg auch militärische Güter umgeschlagen […]