Zuletzt aktualisiert am 24. Dezember 2023 von Ulrich Würdemann
Henker vom Emsland: Er war ein Hochstapler – und Masssenmörder – am 16. August 1946 begann in Oldenburg der Kriegsverbrecher-Prozess gegen den Schornsteinfegerlehrling Willi Herold.
marodierender Massenmörder
Anfang April 1945. Die Truppen der Alliierten rücken auch in Nordwestdeutschland erfolgreich vor. Der Kommandeur der Strafgefangenenlager Papenburg lässt die Lager Börgermoor, Brual-Rhede, Walchum, Neusustrum und Esterwegen räumen, alle Insassen müssen zum Lager Aschendorfermoor marschieren.
Willi Herold aus Lunzenau bei Chemnitz (geboren am 11. September 1925), Gefreiter und in den letzten Kriegstagen von seiner Truppe getrennt, findet eine Hauptmanns- Uniform und Orden. Er gibt sich als Offizier aus, versammelt zahlrieche weitere Soldaten um sich – und übernimmt mit den Worten „Der Führer persönlich hat mir unbeschränkte Vollmachten erteilt“ das Kommando über das Lager Aschendorfermoor.
Gemeinsam mit Mittätern bringt er annähernd 200 Menschen um, teils eigenhändig.
Nach Bombardierung des Lagers am 19. April 1945 zieht Herold mit seiner Truzppe durhc Norddeutschland, begeht weitere Verbrechen. In Leer lässt er fünf Widerstandskämpfer aus Groningen ermorden.
Verhaftung Herolds
Herolds Hochstapelei fällt auf. Er wird in Aurich vor ein NS- Militärgericht gestellt, jedoch wieder freigelassen. Er schlägt sich nach Wilhelmshaven durch.
Britische Marinesoldaten nehmen Herold am 23. Mai 1945 in Wilhelmshaven fest. Zunächst wegen des Diebstahls eines Brots, doch bald wird seine Identität aufgrund von Zeugenaussagen erkannt.
Kriegsverbrecher-Prozeß gegen Herold in Oldenburg 1946
Am 16. August 1946 begann auf Veranlassung der britischen Militärregierung im Augusteum in Oldenburg der Kriegsverbrecher-Prozess gegen Willi Herold sowie weitere Angeklagte. Oberster Anklage-Vertreter war Staatsanwalt Colonel H. Brown.
Die lokale Nordwestzeitung bemerkte anläßlich der Eröffnung des Prozesses vor dem Britischen Militärgericht Oldenburg (General Military Court of Oldenburg):
„Man hat oft die Groteske skizziert, dass wir auch einen Briefkasten mit erhobenem Arm grüßen würden, wenn man es uns befohlen hätte. Wir haben oft darüber gelacht. Wir hätten es nicht tun sollen.“
Nordwestzeitung zum Prozeßbeginn gegen Willi Herold
Herold selbst wird skizziert als
„eine Erscheinung, die in jenen Jahren geboren wurde, in denen Rechtlosigkeit und vor allem Rechtsunsicherheit ein großes Volk auf einen bejammernswerten seelischen Tiefstand herabgedrückt haben-„
Nordwestzeitung
„Er ist die Personifizierung ihrer Lehren, ist der zum Massenmörder verzerrte Prototyp einer Jugend, die sie erträumten.“
Sieben der 14 Angeklagten wurden zum Tod verurteilt (Herold sowie Hagewald, Meyer, Schütte, Euler, Brandt, Peller; zwei vorzeitig entlassen, fünf Freisprüche). Sechs der sieben Todesurteile wurden vollstreckt.
Am 14. November 1946 wurde Willi Herold (sowie 5 Helfer) in Wolfenbüttel mit dem Fallbeil hingerichtet.
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Anmerkungen
Im Strafgefängnis Wolfenbüttel befand sich von Oktober 1937 bis April 1945 eine vom NS- Justizministerium eingerichtete zentrale Hinrichtungsstätte für Norddeutschland, in der 526 Todesurteile vollstreckt wurden. Die britische Militärregierung ließ hier zwischen Juni 1945 und Juli 1947 weitere 67 Hinrichtungen vollstrecken.
Seit 1990 befindet sich im ehemaligen Hinrichtungsgebäude ein Gedenkort für die zwischen 1937 und 1945 Hingerichteten.
Oldenburg war Sitz eines der acht Oberlandesgerichts-Bezirke der Britischen Besatzungszone (des weiteren Hamburg, Kiel, Braunschweig, Celle, Hamm, Düsseldorf und Köln).
Akten des Prozesses finden sich u.a. im Niederächsischen Landesarchiv Abt. Oldenburg (auch online Arcinsys; ‚Strafverfahren gegen Wachpersonal und Gefangene der Emslandstraflager (u.a. Willi Herold) wegen Körperverletzung und Verbrechen gegen die Menschlichkeit)‘, Az. 3 Js 531-619/47 ). Weitere Akten befinden sich im Standort Osnabrück des NLA.
Die Vorgänge werden unter anderem nachgezeichnet in dem Film ‚Der Hauptmann von Muffrika‘ – Eine Geschichte aus den letzten Kriegstagen im Emsland‘ (Paul Meyer, Rudolf Kersting), 1998 mit dem Adolf Grimme Preis ausgezeichnet