Zuletzt aktualisiert am 22. Juni 2023 von Ulrich Würdemann
homophil – griech., etwa: dem gleichen zugeneigt, das gleiche liebend
Der Duden vermerkt als Bedeutung des Wortes homophil
„eine Liebesbeziehung, erotische Kontakte zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern ausdrückend, aufweisend„
und gibt als synonyme Begriffe an
„gleichgeschlechtlich, homosexuell, schwul„
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Der Begriff ‚Homophilie‚ geht vermutlich zurück auf Heimsoth:
Der Mediziner Karl-Günther Heimsoth legte 1924 an der Universität Rostock seine Doktorarbeit vor, die sich mit gleichgeschlechtlicher Liebe und Sex befasste – unter dem Titel „Hetero- und Homophilie“. Der Begriff der Homophilie wird hier unter Rückgriff auf Ideen Hans Blühers und Otto Weiningers entwickelt.
Heimsoth, 1899 in Charlottenburg geboren, engagierte sich in der Homosexuellenbewegung der Weimarer Republik. Er wandte sich allerdings gegen Magnus Hirschfeld und dessen WhK, lehnte desen These vom ‚dritten Geschlecht‘ ab.
Heimsoth war deutlich antisemitsch eingestellt. Bereits 1925 formulierte er (laut zur Nieden eindeutig auf Hirschfeld gemünzt) in seinem Artikel „Freundesliebe oder Homosexualität“ für die von Adolf Brand herausgegebene Zeitschrift Der Eigene, die „männerheldische heroische Freundesliebe“ bleibe „in der Idee und Verständnismöglichkeit dem Judengeiste fremd“ (zitiert nach [2]).
Heimsoth wurde am 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP, soll der Partei aber schon vorher nahe gestanden haben. Parallel arbeitet er auch mit der KPD zusammen.
Heimsoth wurde im März 1934 verhaftet, nach Breslau überführt und dort nach knapp 2 Wochen wieder freigelassen. Kurz darauf soll er in Breslau erschossen worden sein.
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„Den Homophilen war nicht unbedingt daran gelegen, gesellschaftliche Mehrheiten für ihre Anliegen zu gewinnen. Im Gegenteil, offensive Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit versuchten sie zu vermeiden. Ihre Interventionen folgten keinem demokratischen Politikverständnis, sondern einem liberal-elitären, demzufolge wenige Aufgeklärte die breite Masse zu führen hatten. Diese sollten der Toleranz durch rechtliche Reformen den Weg bahnen, und erst dann, so die Überzeugung, lasse sich gegen die in der gemeinen Bevölkerung tief verwurzelte Homosexuellenfeindlichkeit etwas ausrichten.“
Benno Gammerl, Anders fühlen, München 2021
Gammerl betont die
„patronageartige Abhängigkeit von Eliten, an deren heteronormativer Vorbildlichkeit die Öffentlichkeit keinen Zweifel hegte“
„homophiler Anständigkeit verhaftet“ vs. „emanzipatorische Aufmüpfigkeit“
„Wende von der homophiler Strategie des bedachtsamen Aufklärens zur lesbisch -schwulen Taktik des provokativen Aufrüttelns“
„Mit Tabubrüchen, Provokationen und sexuellen wie emotionalen Experimenten inszenierten sich die Emanzipationsbewegungen der 1970er-Jahre bewusst als Gegner*innen der unauffälligen Homophilen aus der Phase des Ausweichens.“
Benno Gammerl, Anders fühlen, München 2021
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[1] Karl Günter Heimsoth: Hetero- und Homophilie. Eine neuorientierende An- und Einordnung der Erscheinungsbilder, der „Homosexualität“ und der „Inversion“ in Berücksichtigung der sogenannten „normalen Freundschaft“ auf Grund der zwei verschiedenen erotischen Anziehungsgesetze und der bisexuellen Grundeinstellung des Mannes, Dortmund 1924
[2] Susanne zur Nieden: Die „männerheldische heroische Freundesliebe“ bleibt „dem Judengeiste fremd“. Antisemitismus und Maskulinismus (pdf)
12 Antworten auf „homophil“
[…] wenn nach 1969 (Reform des Paragraphen 175) gegründet, ist die IHWO eher zur Homophilen-Bewegung zu zählen. Michael Holy charakterisierte die Gruppe 2012 als mit ‚hochtrabendem […]
[…] eine Umbenennung, die Zeitschrift hieß von nun an Arcadie, mouvement homophile de France (-> homophil). In dieser Zeit (1975) wird auch erstmals Werbung für Arcadie wieder zugelassen (nach dem Verbot […]
[…] sonstigen Qualitäten und seiner guten Absichten, die Vorurteule und Voreingenommenheit gegenüber Homophilen in der Bevölkerung […]
[…] Der ‚Verband von 1974‘ wiederum war eine Gründung einiger ehemaliger Mitglieder der IHWO Internationale Homophile Welt-Organisation, die sich 1974 auflöste (zur IHWO siehe auch „IHWO und Praunheim -Film – “wir werden in unserem Bemühen um Anerkennung zurückgeworfen”„; -> homophil). […]
[…] mehr über die IHWO auf Homowiki: IHWORaimund Wolfert: “‘Sollen wir der Öffentlicheeit noch mehr Anlass geben, gegen die ‘Schwulen’ zu sein?’ – Zur Position der Internationalen Homophilen Welt-Organisaton (IHWO)”, in: Pretzel / Weiß: Ohnmacht und Aufbegehren – Homosexuelle Männer in der frühen Bundesrepublik, Hamburg 2010-> homophil […]
[…] an Büchern und sonstigem Gedrucktem, was irgendwie mit Schwulsein, mit Homosexualitäten, mit Homophilem, mit Männerliebendem zu tun […]
[…] arg großspurig anmutenden) Namen ‚Internationale Homophile Welt-Organisation‘ IHWO (-> homophil) organisiert am 27. Oktober 1972 im renommierten Hotel Reichshof eine mit rund 200 Teilnehmern sehr […]
[…] siehe auch:Klaus Pokatzky: Homosexuelle in Hamburg: von der Polizei observiert, registriert, photographiert… „Rosa Listen“ in der Hansestadt?, in: Die Zeit, 18.07.1980Affären: Dicke Hammer. in: Der Spiegel 29/1980, 14.07.1980Miriam Hollstein: Warum sich lesbische und schwule Politiker selten outen. Welt am Sonntag 08.07.2007-> homophil […]
[…] er 1969 [im Jahr des Stonewall-Aufstands!] den Text „Selbstverwirklichung und Integration der Homophilen“ verfasste (in Ausgabe 2/1969, S. […]
[…] nach außen bewahren und gleichzeitig im Innern Freiräume schaffen – dieser Gedanke der Homophilen-Bewegung der 1960er Jahre mag sich auch in Nachklängen noch im CU gespiegelt […]
[…] rein der Kunst zuliebe (und doch die jungen Tänzer anhimmelte). Dass er sich höchstens als ‚homophil‚ bezeichnet haben wollte (geradezu ein Affront, eine Herausforderung für den jungen Ulli, […]
[…] dem T-Shirt, quer darüber in großem Lettern „Schwuchtel?“. ‘Na hoffentlich’, denkt der homophile Betrachter, nur um etwas weiter gen unterem Plakatrand zu erfahren „Spielt doch keine Rolle – […]