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Philosoph Daniel Bensaid starb an den Folgen von Aids

Zuletzt aktualisiert am 6. April 2022 von Ulrich Würdemann

Am 12. Januar 2010 starb der französische Philosoph Daniel Bensaid – an den Folgen von Aids, wie ACT UP Paris am 16. Januar 2010 mitteilte.

Es war eine sehr kurze Mitteilung, wohl die kürzeste seit dem Bestehen. ACT UP Paris teilte heute morgen einzig sechs Worte mit “Daniel Bensaïd est mort du sida”, nur gefolgt von dem bekannten Motto Silence = Mort (Schweigen = Tod).

Mit dieser Aktion äußerte sich ACT UP Paris zum Tod des französischen Philosophen Daniel Bensaïd – und dazu, dass in allen wichtigen französischen Medien die Ursache seines Todes verschwiegen wurde.

Daniel Bensaid 2008

Conferencia de Daniel Bensaïd en Barcelona en abril del 2008. – Miaus Public Domain

Daniel Bensaid (1946 – 2010)

Am 25. März 1946 wurde Daniel Bensaid in Toulouse geboren. Sein Vater Haim Bensaid war ein sephardischer Jude aus einer armen algerischen Familie. Seine Mutter Marthe Strack stammte aus einer Arbeiterfamilie aus Blois. Nach ihrem Umzug nach Oran im Alter von 18 Jahren lernte sie Haim Bensaid kennen.

Zu Zeiten der Besetzung Frankreichs durch NS-Truppen und des Kollaborations-Regimes von Vichy wurde Haim Bensaid verhaftet. Er konnte (anders als seine zwei Brüder) jedoch fliehen. Mit Hilfe gefälschter Papiere konnte er  in Toulouse eine neue Existenz aufbauen als Inhaber des Bistro ‚Le Bar des Amis‚.

Daniel Bensaid zog 1966 nach Paris und begann sein Studium an der École Normale Supérieure (ENS) in Saint-Cloud.

Daniel Bensaid galt als eine der wichtigsten Personen der französischen Studentenbewegung des Mai 1968. Gemeinsam mit Daniel Cohn-Bendit und Serge July (später ‚Liberation‚) war er einer der Haupt-Akteure der am 22. März 1968 gegründeten (und Ende Mai 1968 wieder aufgelösten) Studentenbewegung ‚Mouvement du 22-mars‚.

Bensaid war Professor der Philosophie an der Pariser Universität VIII (Saint-Denis). Er galt als führender Intellektueller der französischen marxistischen antistalinistischen Linken. Er war ein Kritiker des Postmodernismus und von Michel Foucault (vgl. ‚(Im)politiques de Foucault‘).

Daniel Bensaïd  war seit vielen Jahren HIV-infiziert und in ärztlicher Behandlung. Er starb am Morgen des 12. Januar 2010 in Paris im Alter von 63 Jahren an Krebs. Beigesetzt wurde Daneil Bensaid im Kolumbarium des Friedhofs Père Lachaise in Paris (Fach 21.852).

Die HIV-Infektion und Aids-Erkrankung wurden in fast allen Nachrufen verschwiegen, meist war nur von der Todesursache Krebs die Rede.

Daniel Bensaid, Aids und die ‚Rückkehr der Scham‘

ACT UP Paris zeigte sich gegenüber dem französischen Schwulen-Magazin Tetu schockiert, dass in den Medienberichten über seinen Tod nur über eine “langandauernde Krankheit” gesprochen wurde. Manche Medien wie die taz oder der britische Guardian sprachen von einem Krebs-Leiden.

Man habe das Gefühl eines Zurück in die 1980er Jahre, als Familien Todesanzeigen schalteten ohne die Todesursache zu nennen. Und als ACT UP-Mitglieder Anzeigen in der französischen Tageszeitung Libération schalteten, um das Schweigen zu brechen und die wahre Todesursache zu benennen.

ACT UP sprach von einer “Rückkehr der Scham” für HIV-Positive und Aids-Kranke. Es gehe bei der Aktion nicht darum, das Sterben eines prominenten zu instrumentalisieren. Aber es gehe darum, die Rückkehr der Scham zu verhindern – und klar zu sagen, dass auch 2010, und auch in Europa, Menschen an den Folgen von Aids sterben.

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Von Ulrich Würdemann

einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
Mehr unter 2mecs -> Ulli -> Biographisches

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