Zuletzt aktualisiert am 11. April 2024 von Ulrich Würdemann
Kaufleute und Reeder aus Hamburg wie Altona waren am Sklavenhandel beteiligt. Allen voran: Heinrich Carl Schimmelmann.
Im europäischen Kolonialismus war Hamburg eines der Zentren (wie die Ausstellung ‚Grenzenlos – Kolonialismus, Industrie und Widerstand‘ im Museum der Arbeit 2020 gut aufzeigt). Anders als Bordeaux, das eine der Metropolen des Sklavenhandels war, hatte Hamburg im Sklavenhandel allerdings selbst eine kleinere Rolle.
Sklavenhandel war in Hamburg verboten – doch im nahen Altona war er erlaubt. Vieles wurde so über Dänemark und das nahe Altona ‚abgewickelt‘ oder aus Hamburg finanziert. ‚Sklavenschiffe‘ waren im Hamburger Hafen wohl nie zu sehen – dennoch ist die Rolle Hamburgs im und als Profiteur des Sklavenhandel nicht unbedeutend.
Reeder aus Hamburg und aus Altona (wie die von Schimmelmannn beauftragte Familie van der Smissen), das damals unter dänischer Verwaltung stand und erst seit 1937 zu Hamburg kam, waren im transatlantischen Dreieckshandel aktiv.
Und Hamburg profitierte vom Warenverkehr und Versklavungshanel – die Stadt war z.B. im 18. Jahrhundert das Zentrum in Europa für Rohzucker-Verarbeitung. Der Rohzucker stammte – aus Versklavungshandel, aus Plantagen in Übersee, nach Hamburg gebracht z.B. über Bordeaux. Hamburg, das selbst erklärte Tor zur Welt, war auch ein Tor zur kolonialen Welt.
Hamburg war aber auch Lebensort zahlreicher Sklaven – unter anderem, wie auf zahlreichen Gemälden zu sehen, als Personal und Diener in so mancher Elbvilla.
Anders als andere Städte hat Hamburg seine Geschichte von Kolonialismus und Sklaverei bisher wenig aufgearbeitet.
Heinrich Carl von Schimmelmann (1724 – 1782)
Der Kaufmann, Sklavenhändler und Sklavenbesitzer Heinrich Carl von Schimmelmann, geboren in Demmin (Vorpommern), war zu seiner Zeit einer der reichsten Männer Europas. Er war zugleich Finanzberater des Königs von Dänemark und wurde 1779 in den Grafenstand erhoben. Wandsbek damals Teil des Herzogtums Holstein, Lehen des Königs von Dänemark.
Schimmelmann besaß vierzehn Schiffe, vier (1763 vom Staat Dänemark erworbene) Baumwoll- und Zuckerrohr-Plantagen im damaligen Dänisch-Westindien (seit 1917: us-amerikanisches Außengebiet Jungferninseln) und bis zu 1.000 Sklaven. Jedem seiner Sklaven wurde das Zeichen ‚BvS‘ (für Baron von Schimmelmann) auf eine der beiden Brusthälften gebrannt.
Schimmelmann war Dänemarks größter Sklavenhändler. Und größter Steuerzahler und vermutlich auch reichster Bürger des Staates.
„Sclaven-Handel liegt mir am Herzen“
Heinrich Carl von Schimmelmann
Schimmelmanns Vermögen basiert zum größten Teil auf dem atlantischen Versklavungshandel und der damit verbundenen Plantagenwirtschaft. Julian zur Lage (Forschungsstelle ‚Hamburgs (post)koloniales Erbe‘) kennzeichnet Schimmelmann 2021 als ‚transatlantischer Kolonialunternehmer und Symbolfigur des Versklavungshandels‘.
„wie selbst im internationalen Vergleich kaum ein anderer Beteiligter verband Schimmelmann persönliche und politische Involvierung in die versklavungsbasierte Plantagenwirtschaft“
Julian zur Lage: Hamburg und die Sklaverei (3): Der Kolonialunternehmer (3.4.2024)
Schimmelmanns Sohn Ernst Heinrich war auch profiteur des Sklavenhandlens, hatte jedoch zugleich später wesentlichen Anteil daran, dass der Handel mit versklavten Menschen auf dänischen Schiffen 1803 eingestellt wurde.
Schloss Ahrensburg – Familiensitz Schimmelmann 1759 – 1932
Von der Familie von Rantzau erwarb H. C. Schimmelmann 1759 das Schloß von Ahrensburg (Wasserschloss, erbaut zwischen 1570 und 1585) sowie 1762 vom König Dänemarks das Gut Wandsbek.
Schloss Ahrensburg war bis 1932 im Besitz der Familie Schimmelmann (Auszug 1934). 1932 war sie aus finanziellen Gründen zum Verkauf gezwungen.
Anschließend erwarb es die Sparkasse des Kreises Stormarn von der Famile. 1938 übertrug sie es dem Verein Schloss Ahrensburg e.V., Ende 2002 ging es in die Stiftung Schloss Ahrensburg über.
Seit 1955 ist Schloss Ahrensburg Museum. Das Museum behandelt in der Ausstellung zur Geschichte des Hauses auch die kolonialen Aspekte – wenn auch relativierend (‚zeittypisch‘).
Hamburg gedenkt Sklavenhändler Schimmelmann
Schimmelmann wurde in Hamburg lange noch gedacht. So hieß z.B. die Weihnachts-Auführung im Museum für Kunst und Gewerbe bis zum Jahr 2016 ‚Weihnachten bei Schimmelmanns‘.
Doch auch heute noch findet sich Schimmelmann-Gedenken in Hamburg:
nach Schimmelmann benannte Straßen
In Hamburg erinnern gleich drei Straßen an die Familie Schimmelmann:
- Der Schimmelmannstieg in Hamburg Jenfeld (auf dem Gelände des nicht mehr existierenden früheren Wandsbeker Schlosses Schimmelmanns) trägt seinen Namen seit 1945
- Die Schimmelmannallee in Jenfeld (seit 1951)
- Die Schimmelmannstraße in Jenfeld (Name schon vor 1864) – ausgerechnet hier sitzt seit 1994 die ‚Hamburger Tafel‘.
Zahlreiche Forderungen nach Umbenennung dieser Straßen konnten bisher nicht realisiert werden.
Schimmelmann – Denkmal in Hamburg Wandsbek 2006 – 2008
Am 12. September 2006 (!) wurde für Schimmelmann ein Denkmal in Hamburg Wandsbek eingeweiht (gegenüber dem Rathaus Wandsbek). Gedacht werden sollte einer der bedeutendsten Persönlichkeiten Wandsbeks.
Nach massiven Protesten und Protestaktionen (die Büste wurde zweimal mit roter Farbe übergossen) allerdings wurde die Büste im Jahr 2008 wieder demontiert (Beschluss der Bezirksversammlung vom 8. Mai 2008).
Schimmelmann Mausoleum in Hamburg Wandsbek
Schimmelmann, 1782 in Kopenhagen gestorben, hatte in seinem Testament verfügt, in Wandsbek (seinem Lieblingsort) beigesetzt zu werden.
Schimmelmanns Mausoleum befindet sich noch heute in Hamburg Wandsbek nahe der Christuskirche:
3 Antworten auf „Sklavenhandel in Hamburg“
[…] Zucker, Tabak oder Baumwolle zurück nach Europa gebracht (darunter auch Zucker von Bordeaux nach Hamburg, das so auch indirekt am Versklavungshandel beteiligt […]
Moin Herr Würdemann,
sehr interessante Geschichte aus der Geschichte.
Nebenbei: Absatz 5 : Meinen Sie nicht eher Rohrzucker, statt Rohzucker?
Mit freundlichen Grüßen,
Gregor Zahnow
Danke 🙂
und: Rohzucker ist ein sog. Halbfertgigprodukt und Vorprodukt des Rohrzuckers