Zuletzt aktualisiert am 26. September 2024 von Ulrich Würdemann
Hans Bürger-Prinz wurde als Hans Bürger am 16. November 1897 in Weinheim geboren. Sein leiblicher Vater war der Oberpostsekretär Joseph Bürger.
1929 wurde Hans Bürger durch den Justitiar Gerhard Prinz adoptiert, dadurch entstand der Nachname Bürger-Prinz.
Nach dem Abitur in Köln studierte er in Bonn und Köln. Promotion und 1930 Habilitation erfolgten in Köln. 1936 zog Bürger-Prinz nach Hamburg, wo er am 1. April 1936 Nachfolger des 1934 entlassenen und im April 1939 nach KZ-Haft (KZ Sachsenhausen) in die USA emigrierten Hermann Josephy (1897 – 1960) zunächst kommissarischer Leiter der Psychiatrischen und Neurologischen Klinik (bis 1942 Friedrichsberg, ab dann Universitäts-Krankenhaus Eppendorf UKE) wurde.
Nach kurzer (knapp 2 Jahre) Suspendierung 1945 bis 1947 setzte er seine Tätigkeit „als ordentlicher Professor und Direktor der Psychiatrischen und Nervenklinik“ ab 4. März 1947 fort. Am 1. Juli 1948 wurde er als ‚entlastet‘ klassifiziert.
Bürger-Prinz starb am 29. Januar 1976 in Hamburg. Er wurde auf dem Friedhof Hamburg-Blankenese beigesetzt.
Hans Bürger-Prinz in der NS-Zeit
Hans Bürger-Prinz wurde im April 1933 Mitglied der NSDAP, im Mai 1933 auch der SA, später auch weiterer NS-Organisationen.
Er fungierte seit 1938 ehrenamtlich Richter am Hamburger Erbgesundheitsgericht, das insbes. über Zwangssterilisationen entschied.
„Er war Richter bzw. Beisitzer an den Erbgesundheitsgerichten in Leipzig und Hamburg, die mit der Umsetzung des ‚Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses‘ vom 14. Juli 1933 befasst waren. Er organisierte mit Ofterdinger [damals Gesundheitssenator; d.Verf.] die Selektion der Psychiatriepatienten in Hamburg in heilbare und unheilbare und unterstützte somit auch ohne Meldebogen die ‚Aktion T 4‘ an seiner Klinik.“
Hippius, Holdorff, Schliack 2006, S. 44
Die ‚Psychiatrische und Nervenklinik der Hansischen Universität‘, deren Leiter er seit 1936 war, spielte eine wesentliche Rolle bei der Durchführung der ‚Euthanasie-Morde‚ im Raum Hamburg: als ‚behandlungsunwürdig‘ erachtete Patient*innen wurden von hier nach Langenhorn verlegt, von wo sie in Tötungsanstalten deportiert wurden.
Die Vergasungsaktion (auch Mordaktion T4) versuchte Bürger-Prinz für seine Klinik zu nutzen. Angesichts zunehmenden Mangels an männlichen Kräften infolge des Kriegs schrieb er zwei Monate vor Ende der Aktion
„… wäre es der Klinik sehr erwünscht, Pflegepersonal zu erhalten, das infolge der in den Heil- und Pflegeanstalten durchgeführten … Maßnahmen des Reichsminister des Innern freigeworden ist oder noch frei wird. … Die Klinik beantragt daher, an die zuständigen Stellen heranzutreten, um besonders dem großen Mangel an männlichem Pflegepersonal abzuhelfen.
Hans Bürger-Prinz, damals Direktor Psychiatrische und Nervenklinik der Hansischen Universität Hamburg Eppendorf, Juni 1941 [zitiert nach Dr. Dietrich Kuhlbrodt
Der Direktor gez. Bürger-Prinz“.
Oberstaatsanwalt i.R., ‚Euthanasie als Verwaltungshandeln im Nationalsozialismus‘, in: Gedenkschrift zur Erinnerung an Kinderopfer in der NS-Zeit, Hamburg 1999
Über die Folgen seiner Tätigkeit als Psychiater des Wehrkreises X vermutet Roth
„Wir wissen nicht, wie viel Kriegsneurotiker von Bürger-Prinz an die Exekutionskommandos der Kriegsgerichte ausgeliefert wurden, ihre Zahl geht wahrscheinlich in die Dutzende.“
Karl Heinz Roth: Großhungern und Gehorchen. Das Universitätskrankenhaus Eppendorf, in: Angelika Ebbinghaus, Heidrun Kaupen-Haas, Karl Heinz Roth: Heilen und Vernichten im Mustergau Hamburg. Bevölkerungs- und Gesundheitspolitik im Dritten Reich, Hamburg 1984
Bürger-Prinz‘ Rolle während der NS-Zeit ist bis heute nicht abschließend untersucht und aufgearbeitet.
Seine Rolle während dieser Zeit, insbesondere im Zusammenhang mit den nationalsozialistischen ‚Euthanasie‘-Verbrechen, konnte bis heute nicht restlos geklärt werden.
Dr. Kai Sammet, UKE, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, UKE news Dezember 2006
Bürger-Prinz und Homosexualität
Eine undatierte ‚Aufstellung der HR‘ für den Wehrkreis X (Hamburg) führt den
„Stabsarzt Prof. Bürger-Prinz, Hamburg, Nervenklinik der Universität“
auf als
„vorzuschlagenden Gutachter für homosexuelle Delikte zwecks Unterscheidung zwischen einmaligen Handlungen und Anlagebedingtheit“
Quelle: Günter Grau, Homosexualität in der NS-Zeit
Hans Bürger-Prinz in der Bundesrepublik – Sexualforschung in NS-Denkmustern ?
Jan Feddersen bemerkt am 18. März 2000 in der taz
„In der jungen Bundesrepublik gaben vor allem zwei Mediziner den Ton im sexualwissenschaftlichen Diskurs an, Hans Bürger-Prinz und Hans Giese, beide tätig am Hamburger Institut für Sexualforschung. Sowohl Bürger-Prinz als auch Giese erhielten ihre antiliberale und im Übrigen an einem Blut-und-Boden-Bild orientierte Ausbildung während der Nazizeit. Durch ihr Wirken wurde der Paragraf 175 in seiner verschärften NS-Fassung in den Fünfzigerjahren beibehalten.“
Jan Feddersen 2000
Bürger-Prinz veröffentlichte 1963 gemeinsam mit Fritz Bauer, Hans Giese und Herbert Jäger ‚Sexualität und Verbrechen – Beiträge zur Strafrechtsreform‘.
‚Steven Milverton‘ bemerkt 2012 zu beiden
„Bürger-Prinz förderte die wissenschaftliche Karriere Gieses bereits in der Nazi-Zeit und verschaffte ihm später eine Professur in Hamburg. Zwar folge Giese Bürger-Prinz‘ Lehrmeinung nicht in allen Punkten, allerdings übernahm er von ihm die Auffassung, Homosexualität werde durch Verführung erworben. Der Historiker Bernd-Ulrich Hergemöller ist der Auffassung, dass diese beiden die deutsche Sexualforschung der Nachkriegszeit weitgehend im Sinne der Denkmuster der NS-Zeit beeinflussten.“
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3 Antworten auf „Hans Bürger-Prinz (1897 – 1976)“
[…] war 1959 verstorben) veranlasste aufgrund der Homosexualität ihres Sohnes, dass dieser von dem Mediziner und Sexualwissenschaftler Prof. Bürger-Prinz ‚begutachtet‘ wurde. Bürger-Prinz war zur damaligen Zeit in der Hamburger Gesellschaft hoch angesehen. Sein […]
[…] Friedrichsberg“ 1935 wurden ‚für die Forschung interessante Fälle‘ in die neu gegründete Universitäts-Psychiatrie unter Prof. Bürger-Prinz verlegt, noch arbeitsfähige Personen hingegen in das Versorgungsheim Farmsen, und […]
[…] mit Hans Bürger-Prinz, Hans Giese und Herbert Jäger war Fritz Bauer 1969 Herausgeber von ‚Sexualität und […]