Kaum ist die Saison des Oster-Eis zuende, liest man sowas …

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einer der beiden 2mecs.
Schwulenbewegt, Aids- und Therapie-Aktivist. Von 2005 bis 2012 Herausgeber www.ondamaris.de Ulli ist Frankreich-Liebhaber & Bordeaux- / Lacanau-Fan.
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Wie wundervoll der René schreiben kann …
Na, dann geb ich mal auch einen ganz kleinen Blick in mein Privatleben frei.
Mag sich jemand anschließen, kleiner Blog-Poetry-Slam?
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unsere Welt
Ich hab dich gern
so kitschig das klingt
ich hab dich gern
seh’ dich vor mir
wie du lachst
mich anschaust
sagst ’sei nicht so ernst,
lach mal’
ich grinse
ich hab dich gern
in meinem Herz
fühl’ ich dich
mir wird warm
wenn ich an dich denke
wenn ich neben dir liege
in deinem Arm
glücklich und ruhig
denke ich manchmal
wie schön ist doch das Leben
wie glücklich bin ich
mit dir zusammen zu sein
wir sind zusammen
das zu fühlen
macht mich stark
wenn wir miteinander sind
ist die Welt
unsere Welt
zusammen
jeder für sich
ein freier Mensch
und zusammen
die ganze Welt
[Berlin, 14.2.2007]
Ein bemerkenswerter, nur wenig bekannter Film: “ Johan “, ein schon im Sommer 1975 entstandener Spielfilm im Stil einer Dokumentation (mockumentary). Obwohl er um einige der explizitesten Szenen gekürzt wurde, kam er damals nur zensiert in die Kinos. 1996 wiederentdeckt, kam Johan erst 2008 erstmals in deutsche Kinos (in unzensierter Fassung).
Regisseur Philippe Vallois (geb. 27. August 1948 in Bordeaux) erzählt die Geschichte von Johan, der Hauptfigur des Films. Nur, Johan sitzt im Knast – und bleibt den gesamten Film lang unsichtbar. Stattdessen sucht der Regisseur Ersatz, an allen Orten die das schwule Leben im Paris Mitte der siebziger Jahre zu bieten hatte, in Saunen und Bars, bei Freunden und Feinden von Johan.
Entstanden ungefähr zeitgleich mit ‘La cage aux folles’ (‘Ein Käfig voller Narren’), ist dieser Film doch das ganze Gegenteil – ein Paradebeispiel eines schwulen Lebensstils noch vor der Industrialisierung des Sex, vor geklonten Pseudo-Freiheiten.
Und er zeigt dabei ein Leben weit in Zeiten vor Aids, eine Zeit vor dem ersten CSD (damals noch gay pride) in Europa. Zeit ein Leben, das sich so mancher meiner Freunde und Bekannten, die ihr Coming Out erst später, erst in den Jahren schon mit HIV hatten, kaum vorstellen kann.
Johan – Trailer:
Ein Film voll, so die Besprechung im Berliner schwulen Stadtmagazin ‘Siegessäule’ (Ausgabe März 2008), voll “offen und schuldlos gelebter Sexualität”. Der Rezensent schließt an, dieser Film sei ein Dokument, wohl wahr. Ein Dokument, so der gleiche Rezensent weiter, “aus einer Welt, die keine zehn Jahre später durch Aids unwiederbringlich verloren war, für immer.”
Ich stutzte, irgend etwas rebelliert spontan in mir. Noch einmal lesen. Genau.
Ja, diese Welt war nur wenige Jahre später verloren, diese Welt einer unschuldigen, naiven und hemmungslosen Sexualität. In diesem Punkt empfinde ich ähnlich wie der Rezensent.
Aber – warum dieses apodiktische “für immer”?
Warum diese Schere im Kopf? Warum diese freiwillige Kastrierung eigener Hoffnungen?
Ist es nicht vorstellbar, dass es auch wieder eine Zeit ohne HIV, ohne Aids gibt? Oder eine Zeit, in der HIV ‘nur’ irgendeine weitere dieser lästigen, aber letztlich behandelbaren sexuell übertragbaren Infektionen ist? Eine Zeit in der Aids nicht mehr die potenziell tödliche Bedrohung ist?
Warum keine Visionen? Und wenn sie derzeit vielleicht auch als Utopien erscheinen mögen?
Ich will diese Hoffnung nicht aufgeben …
… diese Hoffnung auf eine Heilung …
… diese Hoffnung auf eine neue Zeit ohne HIV und Aids …
“Wer keinen Mit zu träumen hat, hat keine Kraft zu kämpfen”
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(weiterer in Frankreich verwendeter Titel: Johan, carnet intime homosexuel, auch Johan – mon été ’75; in Deutschland auch Johann – mein Sommer ’75)
Frankreich 1976, 81 Min.
ausgewählt für das Filmfestival Cannes 1976 (Section parallèle)
Uraufführung in Frankreich 17. Mai 1976 ( Cannes, Pespectives), 2. Juni 1976 (Kinos), 11. April 2007 (Grenoble, Wieder-Aufführung)
Regie: Philippe Vallois
Drehbuch: Philippe Valois, Laurent Olivier
Darsteller: Walter Maney, Georges Barber, Eric Guardagnan, Marie-Christine Weill, Philippe Vallois
Dazu:
Johan – Secrets du tournage (Philippe Vallois, 2006)
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Die Debatten über das Statement der Eidgenössischen Kommission für Aidsfragen EKAF („Keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs“) entzünden sich neben der Frage „das darf man doch nicht laut sagen“ vor allem an drei Fragestellungen:
– ist das Transmissionsrisiko wirklich nur 1 : 100.000 ?
– gelten diese Daten nur für Vaginal-, nicht jedoch für Analverkehr?, und
– sexuell übertragbare Infektionen (STDs) erhöhen aber doch das Infektionsrisiko?
Einige Gedanken zu diesen drei Fragen.
die Höhe des Transmissionsrisikos
Die EKAF beziffert in ihrem Statement das Übertragungsrisiko unter den genannten Bedingungen als „deutlich geringer als 1 zu 100.000“ (Text als pdf hier).
Eine Zahl, die auch von Experten nicht bezweifelt wird. Selbst O. Hamouda (Robert-Koch-Institut) bestätigt „Fachlich sehe ich in dem Papier nichts Falsches“ (schon im ‚Tagesspiegel‘ vom 1.2.2008). Prof. Salzberger (in Sachen der Risiko-Einschätzung sicherlich eher den ‚Vorsichtigen“ zuzuordnen) bestätigt in der Podiumsdiskussion am 14.3. (siehe ‚EKAF Statement – mehr Mut, weniger Aufregung‘), die Berechnungen der EKAF halte er für zutreffend, das Risiko 1 : 100.000 sei sicher „eine gute Obergrenze“.
Prof. Vernazza stellt in einem Interview dar, dass schon die Schätzung des Übertragunsgrisikos von 1: 100.000 eine sehr vorsichtige Schätzung ist, die sich eher auf der sicheren Seite bewegt:
„Es ist eine Expertenmeinung, eine Feststellung zum Risiko. Jetzt auch in der Diskussionen in den nachfolgenden Tagen musste ich feststellen, dass wir eigentlich nirgends eine andere Meinung hören, dass an und für sich alle einverstanden sind mit der Aussage, die große Diskussion ist jetzt ‚darf man das sagen‘. … daher kommen wir zu dem Schluss, dass das Risiko einer Übertragung sehr sehr klein sein muss. Es ist vielleicht 1 : 10.000.000, vielleicht 1 : 1.000.000, wir machen das Statement, dass es sicher kleiner ist als 1 : 100.000.“ (Prof. Vernazza im Interview als MP3 auf HIV&more.de)
Nebenbei, gelegentlich gerät in Vergessenheit, dass auch die Verwendung von Kondomen das Risiko einer HIV-Transmission nicht auf ‚Null‘ reduziert.
Der HIV-Report der DAH (Nr. 01/2008, pdf hier) beziffert unter Bezug auf epidemiologische Literatur das Risiko einer HIV-Übertragung bei rezeptivem Analverkehr mit Kondom auf 0,8 Prozent (0,1 bis 3%), bei insertivem Analverkehr auf 0,06% (0,1% entspricht 1 : 1.000).
Und Roger Staub (Bundesamt für Gesundheit Schweiz) bezifferte in seinem Vortrag am 14.3.2008 das „Risiko für ein schwules Paar, ohne Therapie, bei analer Penetration und Präservativgebrauch 1 : 30.000“
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die Übertragbarkeit auf Analverkehr
Viele bewegt die Frage, ob denn die Aussagen der EKAF auch auf Analverkehr (gemeint ist dabei implizit: schwuler Analverkehr) übertragbar seien – was dann im gleichen Atemzug gern unter Verweis auf fehlende Daten verneint wird.
Dabei müsste diese Frage eigentlich überraschen – scheint sie doch beantwortet. Der Text des EKAF-Statements spricht explizit davon, dass eine HIV-positive Person unter den bekannten Bedingungen „das HI-Virus über Sexualkontakte nicht weiter“ gibt (Text als pdf hier).
Prof. Vernazza erläutert in einem Interview:
„Analverkehr kommt grundsätzlich häufiger zahlenmäßig bei heterosexuellen Paaren vor (weil es einfach viel mehr Sexualkontakte gibt zwischen heterosexuellen Paaren). Wir gehen davon aus, dass aber auch bei homosexuellen Paaren der Analsex genauso betroffen ist von dieser Feststellung, denn auch im homosexuellen Bereich haben wir keine Transmissionen beobachtet unter den erwähnten Bedingungen.“ (Prof. Vernazza im Interview als MP3 auf HIV&more.de)
Und auch Roger Staub (Bundesamt für Gesundheit der Schweiz) betont:
„Wir sagen, das Risiko ist niedriger 1:100.000 für penetrierenden Verkehr. Wir unterscheiden nicht zwischen Vaginal- und Analverkehr. Diese Unterscheidung treffen nur die Deutschen.“ Auch für Analverkehr gelte die gleiche Einschätzung der drastischen Reduzierung des Transmissionsrisikos. (persönliches Gespräch am 13.3.2008)
Das Transmissionsrisiko ist auch nicht per se unterschiedlich, nur weil der eine Sex in einer Partnerschaft, der andere ‚flüchtig‘ stattfindet. Der Unterschied liegt vor allem darin, dass anonymer Sex ein höheres Risiko einer Infektion mit sexuell übertragbaren Erkrankungen beinhalten kann – nicht jedoch in der HIV-Transmission.
Dies betont auch die Leitung des nationalen HIV/Aids-Programmes des Bundesamtes für Gesundheit (Schweiz):
„Für HIV-Positive mit funktionierender Therapie empfehlen wir zwar weiterhin Safer Sex für anonyme und Gelegenheitskontakte, weil Safer Sex das Risiko, sich mit einer anderen sexuell übertragbaren Infektion anzustecken, deutlich reduziert. Aber Betroffene müssen nun nicht mehr befürchten, für ihre Sexualpartner eine Gefahr darzustellen.“ (‚Katastrophe für die Prävention?‘, in: Swiss Aids news Nr. 1 Februar 2008)
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Störfaktor sexuell übertragbare Infektionen
Eine der Bedingungen für die Hauptaussage des EKAF-Statements ist das Fehlen anderer sexuell übertragbarer Infektionen (STDs).
Gerade hier setzen Kritiker an, verweisen auf steigende Syphilis-Diagnosezahlen und vermeintlich weit verbreitete STDs bei ‚den Homosexuellen‘. Und benutzen gerne Daten, die zeigen, dass die Transmissionsrisiken bei gleichzeitigem Vorliegen von STDs steigen – Daten, bei denen i.d.R. nicht untersucht wurde, wie eine erfolgreiche HIV-Therapie sich auswirkt.
Pietro Vernazza dazu:
„Die Empfehlung der EKAF hat bewusst Geschlechtskrankheiten als mögliche ‚Störfaktoren‘ ausgeschlossen. Allerdings bedeutet dies nicht, dass die Wahrscheinlichkeit einer Transmission unter Therapie mit einer Urethritis [Entzündung der Harnröhre, d.Verf.] oder Syphilis tatsächlich merklich ansteigt. Es ist durchaus denkbar, dass selbst in dieser Situation kein relevantes Transmissionsrisiko vorhanden ist. Doch die vorhandene Datenlage scheint zu spärlich, um diesbezüglich eine definitive Beurteilung zu geben.“ (Prof. Pietro Vernazza, ‚Weshalb veröffentlicht die Eidgenössische Aids-Kommission für Aids-Fragen ein Papier über das vernachlässigbare Risiko einer HIV-Transmission unter HAART?‘, in: HIV&more 1/2008)
Transmissionsrisiko generell, Risiko bei Analverkehr und Risiko bei STDs sind die drei Haupt-Argumentationsstränge in der Diskussion um das Statement der EKAF. Einer Diskussion, in der manchmal Fakten außer Acht geraten – und der ein wenig mehr Ruhe zu wünschen ist.
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Diskutiert wird viel über Transmissions-Risiken. Macht man sich die Zahlen klar, so hat Kondombenutzung (ohne Therapie) ein Einzelfall-Risiko von 1 : 30.000. Bei einem erfolgreich therapierten Positiven liegt es nach einhelliger Einschätzung bei höchstens 1 : 100.000. Da stellt sich zunächst die einfache Frage: warum also diese Aufregung um das Statement der EKAF?
Zur Frage der Transmission bei Analverkehr stellen sich angesichts des Infragestellens des gleichen Übertragungsrisikos von 1 : 100.000 einige Fragen: Fehlen wirklich Daten, oder ist der Analogieschluss der Schweizer zutreffend? Wer führt Studien zu diesem Thema durch? wann ist mit Ergebnissen zu rechen? Und – wer finanziert Studien zu dieser Fragestellung? Hier ist auch der Bund mit Finanzzusagen gefragt, denn dass die Pharmaindustrie zu diesem Thema forscht dürfte doch eher unwahrscheinlich sein …
Die gleichen Fragestellungen ergeben sich auch für die Frage, ob sexuell übertragbare Infektionen tatsächlich das HIV-Transmissionsrisiko bei erfolgreicher HAART erhöhen – oder ob hier zutrifft, was Vernazza für denkbar hält, dass auch dann ‚kein relevantes Transmissionsrisiko vorhanden ist‘. Wer forscht hierzu?
Besonders bedenklich (und wenig bemerkt) erscheinen schwulenfeindliche Nuancen der Debatte. Warum kapriziert sich der Diskurs sehr auf Analverkehr, und dabei vor allem auf schwulen Analverkehr (ganz als gäbe es keinen Analverkehr bei Heteros)? Vor allem, warum gibt es zwar einiges an Daten zur Transmission bei heterosexuellem Verkehr, kaum jedoch bei homosexuellem Verkehr?
Die derzeitigen Debatten zeigen insgesamt eines vor allem recht deutlich: die Auseinandersetzungen gehen weitgehend nicht mehr um die wissenschaftliche Bewertung des EKAF-Statetments und seiner Grundlagen, sondern um die politische Bewertung. Es geht um eine politische Debatte, und als solche sollte sie auch geführt werden.
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Text 25. Februar 2017 von ondamaris auf 2mecs
„Kondome dürfen wir nicht verkaufen, weil das Haus der katholischen Kirche gehört.“
Das gibt’s im Deutschland des Jahres 2008 nicht mehr?
Doch – in Fulda.
Per ‚Sittenklausel‚ im Mietvertrag ist dem Mieter untersagt, Artikel zu verkaufen, die dem Ansehen der Kirche schaden könnten, wie die netzzeitung schreibt.
Das kleine Städtchen Fulda, schon früher bekannt geworden durch seinen fundamentalistischen Erzbischof Dyba und 1991 eine nette ACT UP – Aktion gegen dessen Aids-Politik, befindet sich teilweise scheinbar immer noch im tiefsten Mittelalter.
Die betroffene [inzwischen längst vom Markt verschwundene] Drogerie-Kette (ihrerseits nicht gerade bekannt für menschenfreundliche Arbeitsbedingungen) enthält sich kleinlaut einer Stellungnahme, wie der HR berichtet.
Der Bistumssprecher „weiß nicht, was daran kurios sein soll“ – und macht seinem Namen (der Gute heißt Herr Ohnesorge) für Menschen, die sich schützen wollen (z.B. vor sexuell übertragbaren Infektionen) keine Ehre …
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Als Dokumentation die Haltung der Deutschen Aids-Hilfe (DAH) in Sachen des EKAF-Statements („keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs“):
Der Delegiertenrat der DAH hat in seiner Sitzung vom 7. bis 9. März 2008 in Abstimmung mit dem Vorstand folgenden Beschluss gefasst:
Die HIV-Prävention wird einfacher, also komplexer
Die Reaktionen auf die Botschaft der EKAF in der Schweiz haben eine grundlegende Debatte über realistischere Risikoeinschätzung und die Infektiösität von Menschen mit HIV und AIDS forciert.
Die nunmehr öffentlichen Informationen können für Menschen mit HIV und AIDS eine konkrete Erleichterung und Verbesserung ihrer Lebenssituation und -Perspektiven bedeuten, weil sie den Abbau irrationaler Ängste ermöglichen. Sie entlasten serodiskordante Paare unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung und erleichtern in allen Zusammenhängen den Umgang mit HIV und AIDS.
Somit können Stigmatisierung und Diskriminierung – auch in juristischer Hinsicht – vermindert und Solidarität gefördert werden.
Zudem werden unsere bisherigen Präventionsbotschaften sinnvoll und wirksam ergänzt.
Auf der Grundlage des im Leitbild formulierten Menschenbildes ist es Ziel der DAH, Menschen dazu zu befähigen und ihnen zu ermöglichen informiert, selbst bestimmt und verantwortungsvoll mit den Risiken von HIV und AIDS umgehen zu können.
„Deshalb setzen wir in unserer Arbeit auf das verantwortliche Handeln vernunftbegabter, einsichts- und lernfähiger Menschen wissen aber zugleich um die Grenzen der Prävention.“
Wir werden daher weiterhin und verstärkt niedrigschwellige und umfassende Informationen zur Verfügung stellen, um kompetentes und differenziertes Risikomanagement zu ermöglichen.
Die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung gewinnen auch für die Prävention an Bedeutung. Die DAH sieht daher dringenden Bedarf, die bisherige Datenlage durch intensivere Forschung zu verbessern.
Gerade hier spielt die AIDS-Hilfe eine entscheidende Rolle, da sie in der Lage ist, solche Ergebnisse und deren Auswirkungen auf die Lebenssituation ihrer Zielgruppen zu interpretieren und in lebenspraktisches Risikomanagement umzusetzen.
Die DAH muss diese Informationen in ihrer Arbeit aufgreifen und umsetzen – beispielsweise im Internet, den Printmedien, der Aufklärungs- und Beratungsarbeit vor Ort und in ihren Präventions-Kampagnen (aktuell die Kampagne „Ich weiß, was ich tu“).
Diese Haltung gilt es konsequent gegenüber der Öffentlichkeit und unseren Kooperationspartnern einzunehmen und zu vertreten
Berlin, 08.03.2008
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Text 25. Februar 2017 von ondamaris auf 2mecs
Zu engagierte Debatten kam es am Freitag Morgen (14.3.2008) bei der Podiumsdiskussion unter dem Titel „Aktuelle Kontroverse: Kondomverzicht bei nicht nachweisbarer Viruslast möglich?“
Auf dem Podium: Prof. Pietro Vernazza (Schweiz), Roger Staub (BAG Schweiz), Prof. Bernd Salzberger (Regensburg), Bernd Vielhaber, Dr. Dirk Sander (DAH), sowie als Moderatoren Rainer Kamber (Aidshilfe Schweiz) und Armin Schafberger (DAH).
Prof. Vernazza betonte, mit der Publikation des EKAF-Statements habe auch eine ‚Doppelbödigkeit‘ beendet werden sollen. Was einzelne Ärzte, oftmals unter dem Siegel ’nur für Sie‘, schon lange ihren Patienten sagen, müsse nun endlich auch offen ausgesprochen werden. Die Datenlage sei reif genug gewesen für diesen Schritt.
Generell habe nicht die Biologie zum EKAF-Beschluss geführt, sondern die Epidemiologie,die Biologie habe dann nur dieses mit Daten bestätigt.
Zum Analverkehr bei Heteros sei die Datenlage knapp, noch knapper bei Analverkehr zwischen Männern die Sex mit Männern haben (MSM). Allerdings sei ein Analogieschluss zum Vaginalverkehr möglich und zulässig, wie er detailliert anhand einer Diapräsentation erläuterte.
Prof. Salzberger befasste sich mit der Frage, wie hoch das Risiko einer HIV-Übertragung sei, und welches Risiko als tragbar erachtet werden könne.
Ein Risiko von 1 zu 100.000 erscheine zunächst gering – aber selbst beim Lotto mit einer Wahrscheinlichkeit von 1 zu 13 Mio. (für ‚6 Richtige‘) gewinne jeden Samstag jemand. Er erachte ein Risiko von 1 : 100.000 (auf das sich das EKAF-Statement bezieht) als nicht niedrig genug und bleibe skeptisch.
Salzberger betonte zudem die Bedeutung sexuelle übertragbarer Infektionen (STDs) für die Infektiosität. Insbesondere ulzerierende STDs seien hier zu beachten. Die Frage, ob auch latente Infektionen (besonders mit HSV2) epidemiologisch relevant seien, wurde zwischen ihm und Vernazza kontrovers diskutiert.
Roger Staub entgegnete auf Salzbergers Risiko-Betrachtungen, für Public Health sei es wesentlich, Gleiches mit Gleichem zu vergleichen. Hier falle doch zunächst das Fehlen jeglichen Berichts von belegten Infektionen (unter den von der EKAF betonten Bedingungen) in den vergangenen Jahren auf. Das Einzelfall-Risiko bei Kondombenutzung bezifferte er auf 1 : 30.000 – angesichts dieses Einzelfall- Risikos verstehe er die Aufregung um ein Risiko von 1 : 100.000 (Infektiosität bei erfolgreicher Therapie und keine STDs) überhaupt nicht.
Salzberger betonte in einer Replik, auch er erachte die von der EKAF veranschlagte Risiko-Einschätzung von 1 : 100.000 als ‚gute Obergrenze‘, die Berechnungen halte er für zutreffend. Es gebe aber eben in Form von Kondomen eine breit und preisgünstig verfügbare Möglichkeit, das Übertragungsrisiko noch einmal um den Faktor 100 zu reduzieren. Auch er sehe, dass es keine 100%ige Sicherheit gebe, stelle sich aber die Frage, was einzusetzen sei, um ein mehr an Sicherheit zu erhalten.
Staub betonte im Verlauf der Debatte, das Statement der EKAF ermächtige die Menschen gerade, selbst eine Entscheidung zu treffen. Es gehe darum, nicht aus der Medizin heraus eine höhere Sicherheit zu postulieren, sondern ‚das müssen die Menschen selbst machen‘. Hierzu wolle die EKAF ermächtigen, hierzu müssten Informationen und Wissen bereit gestellt werden.
Dr. Dirk Sander betonte, es gehe in der laufenden Debatte um Menschen – und nicht um Techniken. Es gelte zu vermeiden, jetzt wieder das Bild des ‚triebgesteuerten Homosexuellen‘ zu reaktivieren. Zudem zeigte er sich zuversichtlich, dass die Aidshilfe auch komplexere Risiken kommunzieren könne, dies haben auch Erfahrungen der vergangenen Jahre zahlreich gezeigt. Er forderte mehr Mut – die derzeit heiß diskutierten Informationen seien doch eh schon lange Teil des individuellen Risiko-Kalküls.
Auch ’safer sex‘ beinhalte ein Risiko, sei keinesfalls die ‚Null-Risiko-Alternative, für die sie gerne gehalten werde, betonte Bernd Vielhaber. Dieses Risiko sei nur bisher kaum kommuniziert, wahrgenommen worden. Statt mit Angst auf die jetzigen Veränderungen zu reagieren, wäre es doch produktiver, nach vorne zu denken und proaktiv in die Diskussion einzusteigen.
Im Verlauf der anschließenden Diskussion (mit Publikumsbeteiligung) wurden die Unterscheide zwischen der medizinischen / Behandler-Perspektive und der epidemiologischen / public health- Perspektive nochmals deutlich. Beide Sichtweisen anzunähern, wo möglich zu vereinen sei auch zukünftig eine Herausforderung.
Erfahrungen public-health- und Aids-Debatten der letzten 20 Jahre zeigen, dass es möglich ist, die anstehenden Fragen in konkrete und vor Ort verständliche Präventionsbotschaften umzusetzen – die Frage sollte mit Zuversicht statt Skepsis angegangen werden.
Erforderlich sei jetzt allerdings eine zwar engagierte, aber unaufgeregte Diskussion, war einhellige Meinung.
Vernazza wies abschließend darauf hin, dass die EKAF im Juni ein ‚closed meeting‘ organisieren werde, bei dem Wissenschaftler und Regierungsvertreter unterschiedliche Auffassungen wie auch Gemeinsamkeiten und Ziele diskutieren würden. Die Gemeinsamkeiten würden überwiegen, zeigte er sich zuversichtlich.
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Text 25. Februar 2017 von ondamaris auf 2mecs
Der „erste Salon Wilhelmstrasse“ stand unter dem Titel “Positiv und negativ : Wie leben HIV-diskordante Paare heute?”. Ein thematisch breit besetztes Podium diskutierte unter Moderation von Holger Wicht über Chancen und Risiken des Statements der Eidgenössischen Aids-Kommission “keine Infektiosität bei erfolgreicher HIV-Therapie ohne andere STDs“. Ein Bericht.
Roger Staub, Leiter der Sektion Aids im Schweizer Bundesamt für Gesundheit und Mitgründer der Aidshilfe Schweiz, skizzierte nochmals die wesentlichen Punkte des (im übrigen in der Kommission einstimmig zustande gekommenen) EKAF-Statements und betonte dabei, unter den dort genannten Bedingungen sei die Wahrscheinlichkeit einer HIV-Übertragung „viel kleiner als 1 : 100.000“.
Staub betonte, der Fortschritt des Statements der EKAF liege vor allem auch darin, dieses Konzept jetzt auch zitier- und öffentlich verwendbar gemacht zu haben. Eine Zitierbarkeit, die wie später nochmals deutlich wurde, weit über den medizinischen Bereich hinaus ragt – gerade Gerichte und Verteidiger von HIV-Positiven benötigen zitierfähige Belege dafür, dass die Beurteilung der Infektiosität sich unter bestimmten Umständen verändert hat.
Der oft geäußerten Kritik, ob man das denn überhaupt und jetzt sagen dürfe, ob das Statement notwendig gewesen sei, entgegnete Staub „wenn es heute zu früh ist, wann ist es denn dann an der Zeit?“ Das Wissen um die Situation sei seit langer Zeit bekannt, werde von Ärzten verwendet, nun müsse man ehrlich an die Öffentlichkeit gehen. Es habe genügend Gelegenheit gegeben, dem Statement entgegen stehende Fälle zu publizieren.
Dr. Gute ist ein HIV-Behandler aus Frankfurt. Er behandelt u.a. den Positiven, der gerade dabei ist als ‚Frankfurt patient‘ in die HIV-Diskussion einzugehen. Dieser lebt seit Jahren in einer sexuell monogamen Beziehung mit seinem HIV-infizierten und erfolgreich therapierten Partner. Dennoch hat eine HIV-Übertragung stattgefunden, wie mit phylogenetischen Untersuchungen gezeigt wurde zwischen den beiden Beteiligten (nicht mit einem etwaigen Dritten). Der Fall soll in den nächsten Wochen in einer virologischen Fachzeitschrift publiziert werden.
Dr. Gute betonte, auch er schätze das Risiko einer HIV-Übertragung durch einen erfolgreich therapierten HIV-Positiven (bei Abwesenheit von STDs) als „sehr sehr niedrig“ ein, aber es sei eben nicht ’null‘, wie gerade dieser Fall zeige.
Staub betonte in einer Replik, der Frankfurter Fall zeige nichts. Das EKAF-Statement gehe ja davon aus, dass genau solche Fälle nicht ausgeschlossen seien (wohl aber ihr Risiko drastisch reduziert sei). An der Gültigkeit des Statements der EKAF ändere dieser Fall nichts.
Warum sind die Reaktionen auf das Statement der EKAF und die potenziellen Folgen für die Situation der Positiven so heftig? Endlich sei in Fachkreisen schon länger bekanntes ‚Herrschaftswissen‘ veröffentlicht worden, betonte Prof. Martin Dannecker. Er wies darauf hin, dass die Menschen bisher gewohnt seien, HIV-Positive als Opfer wahrzunehmen. Und „aus dieser Rolle entlässt man eben niemanden gerne“.
In den vergangenen Jahren sei zudem nie thematisiert worden sei, dass es eben um „safer“ Sex (mit dem „r“) gehe – die auch bei Kondomen bestehende Unsicherheit sei ein tabuisiertes Thema, das nun jedoch wieder ans Tageslicht komme.
Für wen und in welchen Situationen könnte das EKAF-Statement anwendbar sein? Diese Frage beschäftigt derzeit viele. Dannecker kritisierte hierzu die „Engführung der Diskussion auf Paare“. Die Folgen des EKAF-Statements seien verhandelbar zwischen halbwegs vernunftbegabten Menschen – und nicht nur in sexuell monogamen Partnerschaften.
Dannecker monierte eine aus dem Statement der EKAF sprechende Einmischung der Medizin. Dass ein Kondomverzicht erst nach intensiver Beratung Beider durch den Arzt erwogen werden könne, bringe ein Mißtrauen des Arztes dem Patienten gegenüber zum Ausdruck, zudem sei dies ein unzulässiger Eingriff in das Binnenverhältnis des Paares.
Zukünftig, so Dannecker, könne es zu einem „paradoxen Sexualisieren“ kommen – im Vergleich zu einem vermeintlich HIV-Negativen mit all den Risiken negativen Serosortings könnte der HIV-Positive, der erfolgreich therapiert ist, zu einem attraktiven Sex-Partner werden.
Die Deutsche Aids-Hilfe hat bisher in den Diskussionen um das Statement der EKAF noch nicht Position bezogen, bemüht sich um eine noch in Erarbeitung befindliche gemeinsame Stellungnahme mit Robert-Koch-Institut (RKI) und Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
Er sei erstaunt und erzürnt über den Umgang der Aidshilfe mit der aktuellen Situation, stieg Bernd Aretz in die Beleuchtung der Reaktion der Aidshilfen ein. Es scheine „verloren gegangen [zu sein], dass wir nicht die Regierung sind“. Die Aidshilfe sei ein politischer Verband, doch wo vertrete er derzeit die Interessen der HIV-Positiven?
Auch Martin Dannecker kritisierte, dass die Deutsche Aids-Hilfe immer noch nicht Position bezogen habe. Stehe dahinter die Angst um die staatlichen Mittel, an deren Tropf man zu hängen glaube?
Die Podiumsdiskussion sowie die anschließenden Fragen und Beiträge aus dem Publikum machte deutlich, das das EKAF-Statement sich als ein Meilenstein in der Geschichte von Aids erweisen könnte – ein Meilenstein, der Hoffnungen, aber auch Ängste auslöst.
Die Diskussion zeigte die Bruchlinien, um die herum sich die Diskussionen derzeit bewegen. Bruchlinien, die auch in Symposien und Veranstaltungen der folgenden Tage diskutiert wurden und die Diskussionen der kommenden Wochen bestimmen werden. Bruchlinien, die Etiketten tragen wie ‚Null Risiko oder Risiko-Minimierung?‘, ‚Frankfurt patient‘ oder ’neue Wege in der Prävention‘.
Im Verlauf der Diskussionen konnte man den Eindruck gewinnen, die DAH sei ein wenig gefangen – und verliere hierüber vielleicht ihre Fähigkeit, eine eigenständige Position zu finden und auch nach außen zu vertreten. Gefangen nicht nur in ihrem Gefühl, es ihren Auftrag- und Geldgebern ‚recht machen‘ zu wollen, sondern auch in ihrem Bemühen, mit allen Beteiligten (RKI, BZgA) zu einem Konsens-Paper zu kommen. Vielleicht hätte man mehr Mut zu eigener Position gefunden, wäre bereits bekannt gewesen, dass die BZgA diesen Konsens zu dem Zeitpunkt schon aufgekündigt, eine eigene BZgA-Presseerklärung vorbereitet hatte, die am nächsten Tag herausgegeben wurde.
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Text 25. Februar 2017 von ondamaris auf 2mecs