Köln ist ja auch bekannt als die Stadt des Klüngelns. Das hört sich weit harmloser und niedlicher an, als es de facto ist – wie ein historisches Beispiel blumig zeigt: der Gülich-Aufstand und seine Verewigung als ‘Platz ’ (Nikolaus Gülich ) .
Das, was heute blumig und verniedlichend mit dem hübschen Wort ‘Klüngel’ umschrieben wird, nämlich Vetternwirtschaft, Vorteilsnahme und Korruption, gab es anscheinend auch vor vielen Jahrhunderten schon in Köln:
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts erreichten Wahlbetrug, Ämterkauf und Veruntreuungen in Köln anscheinend ein Ausmaß, dass zahlreichen Kölner Bürgern ‘der Kragen platzte’. Der Kölner Kaufmann Nikolaus Gülich (geboren 30. Oktober 1644) organisierte daraufhin Proteste gegen Amtsmissbrauch und Korruption. Er begründete dies blumig damit, Köln würde „scheitern wie Jerusalem und Kindeskinder leiden, wenn der Meineid, das Stehlen und Säckeln nicht abgestellt wird.“
1680 setzte sich Nikolaus Gülich an die Spitze unzufriedener Kölner Bürger, die das Kölner Rathaus stürmten. Drei Bürgermeister wurden aufgrund Gülichs Klageschrift verurteilt, 1683 Neuwahlen abgehalten. Aus diesen ging Gülich quasi als eine Art Alleinherrscher hervor, errang erste Erfolge im Kampf gegen Korruption und Amtsmissbrauch. Doch bald schon überzog Gülich, griff selbst zu immer drastischeren, schließlich unlauteren Maßnahmen. Viele Anhänger wandten sich von ihm ab.
1685 schritt der Kaiser ein, Gülich sollte sich für sein Verhalten vor ihm rechtfertigen. Dessen Weigerung benutzte der Kaiser (wohl im Einvernehmen mit dem ‘alten’ Kölner Establishment), um ‘die alte Ordnung’ wieder herzustellen. Nikolaus Gülich wurde verurteilt und am 23. Februar 1686 in Mülheim hingerichtet. Sein Haus in der Kölner Innenstadt wurde abgerissen, der Rat der Stadt bestimmte, dass ‘für alle Zeit’ an dieser Stelle kein Haus mehr gebaut werden dürfe – weswegen Köln noch heute an dieser Stelle ein kleines Plätzchen hat.
Ursprünglich wurde auf dem Platz eine ‘Schandsäule’ mit seinem Bronzekopf aufgestellt, zur Abschreckung. Die Säule ist inzwischen verschwunden, der Kopf hingegen im Stadtmuseum aufbewahrt (das ja auch das ‘Kölner Ei‘ vor dem Vergessen bewahrt). Bereits seit vielen vielen Jahren steht auf dem Gülich-Platz stattdessen der ‘Fastnachtsbrunnen’ von Georg Grasegger – Zufall oder stiller Zusammenhang?
Und dass im ‘Haus Neuerburg’ am Platz das Standesamt ansässig ist, was soll es bedeuten?
Hat sich mit Gülich etwas verändert?
Klüngel wäre doch ganz normal, glaubt der Kölner an sich auch heute, ‘eine Hand wäscht die andere’. Man könne die Dinge doch ‘unbürokratisch regeln’ oder ‘mal fünfe gerade sein lassen’ – nette Begriffe für unsaubere Machenschaften zu finden, das hat anscheinend eine lange Tradition (nicht nur) in dieser Stadt.
Und Nikolaus Gülich, ein frühes Beíspiel von Aufbegehren und (anfänglich erfolgreichem) Bürgerprotest, ist auch heute noch, bis auf wenige Bemühungen, überwiegend seitens der Grünen, ein selbst in Köln weitgehend unbekannter ‘Held’.
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