Lange war es geschlossen, das 1906 eröffnete ehemalige ‚Museum für Völkerkunde Rautenstrauch-Joest‘. Seit dem 22. Oktober 2010 ist es wieder für die Öffentlichkeit da, das neue ‚ Rautenstrauch Joest Museum – Kulturen der Welt‘. Beeindruckend in Sammlung, Präsentation – und neuem Gebäude (Neubau des Braunschweiger Architekturbüros Schneider & Sendelbach).
Rautenstrauch Joest Museum – Kulturen der Welt – Fotos (2010)
Über 250 Architektur-Modelle – von einzelnen Häusern bis zu ganzen Stadtvierteln, von Bauhaus-Ikonen bis zu Diplom-Arbeiten zeigte bis zum 28. November 2010 in Berlin die Ausstellung “ Realstadt “ im ehemaligen Kraftwerk Mitte:
Die Ausstellung thematisiert u.a. den literarischen Expressionismus, Hillers Einsatz für die Abschaffung des §175, seine Aktivitäten als Pazifist in der Zeit der Weimarer Republik, die Zeit seiner KZ-Haft, das Exil in Prag und London sowie Hamburg-Reisen und die anschließende Heimkehr nach Hamburg 1955.
Auf der Ausstellung werden zum überwiegenden Teil noch nie gezeigte Exponate ausgestellt, die vorwiegend aus dem Nachlass Hillers sowie aus dem Bestand der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg stammen. Die Ausstellung zeigt auch einige besondere Raritäten, so ein Privatdruck von Walter Hasenclever, “Der Retter” (1916 in 15 Exemplaren) oder Thomas Mann, “Freud und die Zukunft” mit Widmung an Kurt Hiller (“in dauernd-bedauerndem Gedenken an eine vereitelte Begegnung”).
Am Vorabend der Ausstellungs-Eröffnung wird es am 5.8. einen Vortrags-Abend geben, an dem u.a. die Hamburger Senatorin für Wissenschaft und Forschung, Dr. Herlind Gundelach teilnehmen wird.
Hiller selbst starb am 1. Oktober 1972 in Hamburg. Sein Grab befindet sich (gemeinsam mit seinem Freund Walter Detlev Schultz) auf dem Ohlsdforfer Friedhof.
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Der Weltverbesserer Kurt Hiller. Zum 125. Geburtstag des Publizisten, Pazifisten, Juristen
Eine Ausstellung der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Carl von Ossietzky in Kooperation mit der Kurt Hiller Gesellschaft
6.8. bis 26.9.2010
Hamburg, Staats- und Universitätsbibliothek (Ausstellungsraum, Erdgeschoss; Eintritt frei)
weitere Informationen:
Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg Blog 07.07.2010: Der Weltverbesserer Kurt Hiller. Zum 125. Geburtstag des Publizisten, Pazifisten, Juristen (6.8.-26.9.) Kurt Hiller Gesellschaft
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Das ‘ Max & Consorten ’ schließt 2010, diesmal für immer. Zeitenwandel in St. Georg, renditegesteuert. Das Grundstück soll profitabler verwertet werden.
Auf der Internetseite von “ Max & Consorten ” heißt es lapidar
“Es hat sich bereits rumgesprochen, jetzt ist es leider offiziell: am 31.07.2010 schließen wir das letzte Mal die Tür auf, danach ist Sense. Aber wenn wir schon gehen müssen, dann mit einem Knall und der wird lauter als jede Abrissbirne. Dafür sorgen wir zusammen mit Euch! Also kommt ab 17.00 Uhr vorbei zu Speis, Trank und Live Musik. Das Max&Co Team freut sich auf Euch!”
Der Abirss kündigte sich seit Jahren an. Der Einwohnerverein St. Georg zitiert die ‘Hamburger Morgenpost’ vom 6. Juli 2006:
“Seit 30 Jahren ist eine Neubebauung im Gespräch – doch nichts passiert. Jetzt wird’s ernst: Der Bezirk will die Eigentümer zwingen, neu zu bauen. Das wäre nicht nur für die Traditionskneipe ‚ Max & Consorten ’ eine Gefahr. Die rot-grünen Koalitionäre in Mitte hatten ihre Geduld verloren. Vor einer Woche forderten sie Bezirksamtsleiter Markus Schreiber (SPD) auf, endlich ein ,repräsentatives Entree’ am Beginn der Langen Reihe zu sorgen.”
“ Max & Consorten ”, betrieben vom inzwischen 66 Jahre alten Max Schönke, entdeckte ich 1982 – und kenne es damit so lange wie meinen Mann. Wir kamen damals oft hierher, wegen des guten und preiswerten Essens (ob Bauernfrühstück, Labskaus, Salate oder Grünkohl), wegen des leckeren Biers, und wegen der guten Stimmung. Oft gemeinsam mit Freunden, teils mit ‘Schwusel’, der “schwul-lesbischen Schüler- und Jugendgruppe” [ja, auch die ist längst Geschichte …].
Irgendwann geriet das ‘Max’ ein wenig aus unserem Blickfeld, unsere Lebensmittelpunkte hatten sich nach Köln, später auch Berlin verlagert. Vor einigen Jahren aber entdeckten wir es wieder neu – nach der Sauna, beide haben wir Hunger auf etwas Deftiges, dazu ein lecker Bierchen. Keine Lust auf Homozickereien oder Lange-Reihe-Chichi – aber, damals waren wir doch immer … ob’s das noch gib? Ja, es gab “es” noch. Und wir wurden wieder zu häufigen Gästen … und ich bin froh, hier noch letztes Jahr mit Freunden gemeinsam gefeiert zu haben.
Mit dem “Max” geht ein Stück vertrautes Hamburg. Einer der (inzwischen auf der Langen Reihe wenigen) Orte, an denen es un-eitel, un-aufgeregt, entspannt, gemütlich zuging. Das “Max” hatte Wohnzimmer-Potential, auch wenn es gelegentlich inzwischen als “kultig” bezeichnet wurde.
Nun ist Schluss. Geschlossen. Eine Institution wird platt gemacht. Und warum? Der Mietvertrag wurde wie zu hören ist nicht verlängert. Das Haus soll abgerissen werden, einem Neubau weichen. Einem schnöden Neubau, der sicher viel mehr vermietbare Fläche, viel mehr Einnahmen, viel mehr Rendite bietet als das alte Haus am Spadenteich. Es gibt zu viele Menschen, denen das wichtiger ist …
Seit 1979 gab es “ max & consorten ”. Ab Ende Juli 2010 nun nicht mehr. Schade.
Max & Consorten bis 2010das alte Max und Consorten
24. Dezember 2010: Schöne Bescherung – ‚ Max & Consorten ‚ ist wieder da!
Eine schöne Nachricht ereilte uns zu Weihnachten: das ‚ Max &
Consorten ‚, einer unserer Wohlfühl-Orte in Hamburg, ist wieder da!
Am 31. Juli 2010 musste es schließen, das ‚Max & Consorten“ – das Haus wurde schon bald darauf abgerissen, sollte Platz machen für ein weiteres der Rendite-Objekte in St. Georg. Nix mehr Max, nix mehr Consorten
Doch – was zunächst wie ein Abschied für immer aussah, zeigt sich nun
als vorübergehende Pause. Max ist zurück – seit 17. Dezember 2010:
Max Schönke, Chef und Gründer des ‚Max‘, teilte via Kommentar zu meinem Artikel mit
„Wir haben 30m weiter (Spadenteich / Ecke Koppel ) eine neue Chance bekommen und haben versucht, durch unser altes Inventar die, von Dir beschriebene, Atmosphäre wieder herzustellen. Dazu gehören natürlich auch die “alten” Mitarbeiter. Unsere Stammgäste haben ein neues Wohnzimmer.“
Wir freuen uns sehr – über diese weihnachtliche frohe Überraschung,
und darüber, bald wieder gemütliche Abende im ‚Max‘ haben zu können!
Am 17. August jährt sich der Geburtstag von Kurt Hiller. Hiller, revolutionärer Pazifist, schwuler Aktivist und Schriftsteller, war u.a. Weggefährte von Magnus Hirschfeld.
Hiller wird mehrfach von den Nazis verhaftet und in den KZs Columbiahaus, Brandenburg und Oranienburg mißhandelt. 1934 gelingt ihm die Flucht nach Prag, 1938 flüchtet er weiter nach London. 1955 kehrt Hiller nach Deutschland zurück und lebt bis zu seinem Tod am 1. Oktober 1972 in Hamburg.
Aus Anlass des 125. Geburtstags von Kurt Hiller finden in den kommenden Wochen mehrere Veranstaltungen statt:
– In Hamburg wird vom 6.8. bis 27.9. 2010 an der Universität (Universitäts-Bibliothek) eine umfassende Ausstellung mit zum Teil noch nie gezeigten Exponaten zu sehen sein. Am Vorabend der Ausstellungs-Eröffnung wird es am 5.8. einen Vortrags-Abend geben, an dem u.a. die Hamburger Senatorin für Wissenschaft und Forschung, Dr. Herlind Gundelach teilnehmen wird. – Vom 11. bis 13. Juni 2010 findet in Berlin (ver.di Bildungs- und Begegnungszentrum Clara Sahlberg) die Tagung “Der Sturz in die Barbarei 1933 – Antworten deutschsprachiger jüdischer Künstlerinnen und Künstler” statt. Dort wird im Rahmen eines Workshops Dr. Harald Lützenkirchen referieren zum Thema “Gewarnt, gefoltert, geflüchtet. Der Leidensweg des Schriftstellers Kurt Hiller” – In Berlin wird das Antiquariat ‘Bücherhalle’ (Schöneberg, Hauptstrasse 154) im September 2010 eine kleine Ausstellung nebst Veranstaltung zu Kurt Hiller organisieren. – Ebenfalls in Berlin wird im Spätsommer eine Lesung zu Kurt Hiller in der ‘Joseph-Roth-Diele’ stattfinden. – In Prora auf Rügen wird vom 24. bis 26.9.2010 die Tagung “Rassismus, Ausgrenzung und Verfolgung – Kontinuitäten und Brüche. Eine politische Tagung aus Anlaß der 75. Wiederkehr des Inkrafttretens der Nürnberger Rassegesetze” stattfinden. Dr. Harald Lützenkirchen wird dort über “Künstler, Literaten und Einzelschicksale Anderer am Beispiel Kurt Hillers” referieren.
Hillers juristische Dissertation aus dem Jahr 1908 “Das Recht über sich selbst” ist erst jüngst (nach über 100 Jahren) erstmals wieder verfügbar als Reprint (im von-Bockel-Verlag Neumünster). Über diese Dissertation schrieb Hiller in seinen Memoiren:
“Beim Studium des in Deutschland geltenden Strafrechts entdeckte ich plötzlich, daß die Befugnis des Individuums, körperlich über sich selbst zu verfügen und über andere voll Willensfähige mit deren freier und ernstlicher Zustimmung, gar auf ihre flehentlichen Bitten, an allen Ecken und Enden unsres Gesetzbuches verneint und verweigert wird. Das Freiheitsfeindliche, Gedankenlose, Barbarische dieses legalen Zustands erschütterte mich, und ein Zwang überkam mich, ihn mindestens aufzudecken.”
weitere Informationen: Kurt-Hiller-Gesellschaft e.V. Kurt Hiller: “Das Recht über sich selbst”. Dissretation, 1908. Reprint, von-Bockel-Verlag .
Auf dem Gelände des ehemaligen Gestapo-Hauptquartiers und Sitz des ‘Reichssicherheitshauptamts’, Zentralen der Verfolgung und Vernichtung, wurde am 6. Mai 2010 die Ausstellung ‘Topografie des Terrors’ eröffnet. Thematisiert wird auch die Verfolgung Homosexueller in der NS-Zeit.
Berlin Kreuzberg, Niederkirchnerstraße 8. Gegenüber das Abgeordnetenhaus von Berlin, Reste der Mauer. Ein kahles Gelände, ein flacher Neubau in einem Feld aus dunkelgrauem Schotter. Kontrast zu den umliegenden Bauten – ein Kontrast mit Intention, eine Distanz zur umliegenden Herrschaftsarchitektur.
Jahrzehnte früher hieß die heutige Niederkirchner Straße ‘Prinz-Albrecht-Straße’, und die Adresse ‘Prinz-Albrecht-Straße 8′ stand für Terror, Verfolgung und Vernichtung. Hier und in unmittelbarer Nähe lagen das Hauptquartier der ‘Geheimen Staatspolizei’ (Gestapo), die Zentrale der SS und das ‘Reichssicherheitshauptamt‘ (RSHA).
Rechtzeitig vor dem 65. Jahrestag der Befreiung wurde in Berlin am 6. Mai 2010 die Ausstellung ‘Topografie des Terrors’ eröffnet.
Topografie des Terrors
Topografie des Terrors, Ausstellungsbereich
Die Ausstellung ‘Topografie des Terrors’ informiert über “die wichtigsten Einrichtungen des nationalsozialistischen Verfolgungs- und Terrorapparats” und versucht in fünf Abschnitten “die europäische Dimension der NS-Schreckensherrschaft sichtbar” zu machen.
Im ersten Teil wird dargestellt, wie die NS-Diktatur errichtet wurde. im zweiten Abschnitt werden die zentralen Organisationen des Terrors, SS und Polizei, vorgestellt. Abschnitte drei und vier, die Schwerpunkte der Ausstellung, beschreiben Verfolgung und Vernichtung auf dem Gebiet des ‘Deutschen Reiches’ sowie in den besetzten Gebieten. Hier werden auch die systematische Vernichtung der Juden, die Deportationen von Roma und Sinti, die Bekämpfung von Homosexuellen und die Verfolgung von Asozialen sowie von Kriegsgefangenen und anderen Ausländern und Mordaktionen in Polen und der Sowjetunion behandelt. Im fünften und letzten Abschnitt werden Kriegsende und die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen dargestellt.
Dabei thematisiert die Ausstellung auch die Verfolgung Homosexueller durch Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt, sowohl im Verlauf der einzelnen Ausstellungsbereiche als auch in einem eigenen Panel. So z.B. im Geschäftsverteilungsplan (August 1939) des Reichskriminalpolizeiamts (‘Amt 5′ des Reichssicherheitshauptamts; ansässig am Werderschen Markt 5-6), in dessen ‘Referat IIA’ sich damals die ‘Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung‘ befand:
Geschäftsverteilungsplan des Reichskriminalpolizeiamts August 1939
Ein eigenes Panel thematisiert gezielt die Verfolgung Homosexueller:
Topografie des Terrors / Homosexuellenverfolgung
Hier finden sich Dokumente politisch verordneter Verfolgung wie auch persönlicher Schicksale verfolgter Homosexueller, so eine Aktennotiz Josef Meisinger (Referatsleiter IIS ‘Homosexualität und Abtreibung’) vom 7. Mai 1935 zur Änderung des §175, den Erlass zur Errichtung der ‘Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung‘ oder die ‘Belehrung von Angehörigen der SS und Polizei, dass homosexuelle Handlungen mit dem Tod bestraft werden’ von 1942.
1935: Änderung §175, Aktennotiz Josef Meisinger
Erlass Himmlers zur Errichtung der ‚Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung‘, 10.10.1936, Auszug
Belehrung SS und Polizei zur Bestrafung homosexueller Handlungen mit dem Tod, 1942
sowie Beispiele für die alltägliche Verfolgung, z.B. Denunziation / Meldung eines ‘Betriebsobmannes’ der Deutschen Arbeitsfront über ‘unsittliche Handlungen’ von Betriebsangehörigen der Firma Zielh-Abegg vom 27. November 1941:
Denunziation vermeintlich Homosexueller, 1941
Die Ausstellung ist in einem umfangreichen (und mit 15€ bemerkenswert günstigen) umfangreichen Katalog dokumentiert.
Die umfangreiche Bibliothek ist werktags für die Öffentlichkeit zugänglich.
Eine Stele erinnert in Zinnowitz an Johannes ter Morsche. Eine Straße, die einst nach ihm benannt war, trägt hingegen wieder ihren alten Namen Waldstraße. Über die Geschichte eines Widerstandskämpfers und schwierige Wege des Gedenkens.
Zahlreiche Techniker und Ingenieure, die tagsüber in Peenemünde arbeiteten, lebten und wohnten in Zinnowitz. Nur wenige reflektierten kritisch ihre Arbeit, den Beitrag zu Krieg und Vernichtung, den sie leisteten – und leisteten Widerstand. Ebenso nur wenige Zinnowitzer Bürger. Einer der wenigen, die Widerstand leisten: Johannes ter Morsche.
Johannes ter Morsche (1894 – 1944)
Der am 8. Dezember 1894 in Almelo / Niederlande geborene Johannes ter Morsche heiratete am 22. August 1929 Margarete Böttcher, ein Zimmermädchen aus Zinnowitz auf Usedom, mit der er zwei Kinder hatte. Nach der deutschen Besetzung der Niederlande siedelte der Kommunist ter Morsche mit seiner Familie als Zwangsverpflichteter nach Zinnowitz über.
Gemeinsam mit seiner Zinnowitzer Frau gehörte er zu einer Gruppe Oppositioneller im damaligen Sperrgebiet Peenemünde, die sich um katholische Zwangsarbeiter aus den Niederlanden und Polen kümmerte. Die Widerstandskämpfer trafen sich im Haus der Familie ter Morsche (die zwischen 1941 und 1945 in der heutigen Waldstraße 12 lebte).
Im Februar 1943 wurde die Gruppe aufgrund von Berichten eines eingeschleusten Spitzels verhaftet. Johannes ter Morsche, inzwischen in Berlin Plötzensee inhaftiert, wurde am 1. Oktober 1943 vom Volksgerichtshof in Halle zum Tod verurteilt, seine Frau zu Zuchthaus. Ter Morsche wurde in das Zuchthaus Brandenburg verlegt. Am 24. Januar 1944 wurde Johannes ter Morsche im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet.
Gedenken an Johannes ter Morsche
Es folgt, inzwischen 65 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus, eine schwierige Geschichte des Versuchs, Erinnerung zu gestalten:
1968 – Die Gemeinde Zinnowitz benennt die Waldstraße am 6. Juli feierlich um in Johannes-ter-Morsche-Straße.
1994 – Die Gemeinde Zinnowitz beschließt am 8. November die Umbenennung der Johannes-ter-Morche-Straße zurück in Waldstraße.
1999 – Am 14. November 1999 wird am Haus Waldstraße 12 eine Gedenktafel mit den Namen von 5 Widerstandskämpfern angebracht. Bei Bauarbeiten wird sie 2004 wieder demontiert.
2006 – Am Volkstrauertag 2006 wird in Zinnowitz eine Gedenksäule eingeweiht. Die Waldstraße, einst Johannes-ter-Morsche-Straße, heißt weiterhin Waldstraße.
Johannes ter Morsche Straße, ehemaliges Strassenschild, Heimatmuseum Zinnowitz (Foto: Januar 2013)hieß einst (1969 – 1994) Johannes ter Morsche Straße – die Waldstraße in Zinnowitz
Auch ein anderer war zu jener Zeit in Peenemünde, als dort Waffen entwickelt und konstruiert wurden, die Wunder bewirken sollten und Vernichtung brachten – und er hatte in den Jahren nach 1945 weniger Probleme. Nach ihm wurden Straßen und Plätze benannt, auch auf Usedom – und nicht wieder zurück benannt. Sein Name: Heinrich Lübke. Der spätere Bundespräsident war u.a. ‘Bauleiter Peenemünde’ in der ‘Baugruppe Schlempp’ unter Albert Speer.
Die “Zeit” schreibt in einem langen Artikel über Lübkes Peenemünder Zeit unter anderem
“Zweifelsfrei nachweisen lässt sich aber, dass die Gruppe trotz aller anderslautenden Nachkriegsbehauptungen Schlempps und Lübkes in Peenemünde mindestens ein KZ-Häftlings-Kommando in Eigenregie beschäftigt hat.”
und zitiert u.a. aus Akten aus dem Freiburger Militärarchiv
“Herr Lübke” hoffe, “500 Holländer Anfang August zu erhalten”. (20. Juli 1942, Bauchronik des Peenemünder Raketen-Montagewerkes)
Die ‘Zeit’ berichtet weiter (inzwischen 1944)
“Damit befand sich Lübke nun in einem Machtzentrum des NS-Staates. Eines der Hauptthemen, das dort regelmäßig besprochen wurde, war die Forderung nach Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen, um sie in die Stollenprojekte »hineinzupumpen«, wie SS-Bauchef Hans Kammler im Mai 1944 in einer Jägerstabsrunde die Deportation dieser Menschen, darunter Zehntausender ungarischer Juden, auf die Untertagebaustellen nannte.”
Resümee der ‘Zeit’:
“Lübke war sicherlich kein Kriegsverbrecher. Vor dem Hintergrund seiner Tätigkeit in Peenemünde und im Jägerstab erscheint der spätere Bundespräsident aber als einer der vielen vermeintlich technokratischen Ingenieure und Verwaltungsfachleute, die ihre Kenntnisse in den Dienst des Systems gestellt und dabei die dehnbare Trennlinie zwischen Mitwisser- und Mittäterschaft überschritten haben.”
Heinrich Lübke trat nach 1945 in die CDU ein und machte politische Karriere, zunächst als Landwirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen, ab 1953 als Bundeslandwirtschaftsminister. Am 1. Juli 1959 wurde Lübke zum zweiten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt.
Johannes ter Morsche hingegen geriet lange in Vergessenheit; nur der beharrlichen Arbeit u.a. seiner Tochter Marie ist es zu verdanken, dass inzwischen in Zinnowitz und Peenemünde (dort im Historisch-technischen Zentrum Peenemünde) wieder an ihn erinnert wird.
Gedenksäule in Zinnowitz
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weitere Informationen: Historische Gesellschaft Zinnowitz: Historische Zeittafel für das Ostseebad Zinnowitz insel-usedom.net: Zinnowitz gedenkt Nazigegnern Studienkreis Widerstand: Widerstand in Zinnowitz und Peenemünde Zeit 19.07.2007: Der Fall Lübke
Der ‘Bismarck-Hering’ – eine sehr deutsche, weit über Deutschland hinaus bekannte Delikatesse. Nur – wie kam Bismarck zum Hering? Oder der Hering zu Bismarck?
1853 – Johann Wiechmann, Kaufmann und Braumeister in Stralsund, beginnt sein kleines Unternehmen am Neuen Markt. Kurze Zeit später gewinnt er im Lotto und investiert die 1000 Goldmark. Er eröffnet im neu gekauften Haus in der Fährstrasse 21 einen Kaufmannsladen.
Eines seiner vielen Produkte: entgrätete und sauer eingelegte Ostsee-Heringe. Ehefrau Karoline stellt sie im Hinterhaus selbst her. In kleinen Holzfässchen verpackt, werden sie nicht nur vor Ort verkauft, sondern auch versandt.
Herr Wiechmann ist ein Verehrer des Herrn Otto Eduard Leopold von Bismarck (1.4.1815 Schönhausen – 30.7.1898 Friedrichsruh), damals von Beruf Reichskanzler. Und als Zeichen seiner Verehrung schickt er Herrn Bismarck ein Fässchen seiner sauer eingelegten Heringe. Diese scheinen dem Reichskanzler zu munden, denn schon bald kommt ein Dankesschreiben zurück.
Herr Wiechmann freut sich. Und Herr Wiechmann ist clever. Er hat eine Idee – wie wäre es, die Heringe künftig nach seinem Idol zu benennen? Erneut geht ein Holzfässchen mit sauer eingelegten Ostsee-Heringen aus Stralsund auf die Reise, aus Anlass der Reichsgründung am 18. Januar 1871. Und diesmal verbunden mit der Bitte, dem toten Fisch den Namen “ Bismarck-Hering ” geben zu dürfen.
Bismarcks direkte Reaktion auf das zweite Fässchen und das Ansinnen des Kaufmanns ist nicht überliefert, wohl aber seine Antwort: er stimmte zu. Er schickte Herrn Wiechmann handschriftlich seine Einwilligung – und fortan trat der “ Bismarck-Hering ” von Stralsund aus seinen Siegeszug an.
Das Haus Fährstrasse 21 wurde im Oktober 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Doch den Bismarckhering gibt es immer noch, in fast jedem Supermarkt, und – nur hier nach Originalrezept hergestellt- im Fischgeschäft Rasmus, in Stralsund in der Heilgeiststr. 11.
Die originale Urkunde des Herren Bismarck, bis dahin stolz im Fischgeschäft ausgehängt, ging bei dem Bombenangriff 1944 ebenfalls verloren. Doch auch Geschäftsnachfolger Rasmus ist clever – 2008 geht erneut ein Fässchen Heringe auf die Reise, zum Bismarckschen Familienverband. Und auch den Mitgliedern der Familie Bismarck scheint er zu schmecken – sie bestätigen den Namen “Bismarckhering”.
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Die Geschichte des Bismarck-Hering – Fotos
Stralsund Haus Fährstr. 21Stralsund Heilgeiststr. 10Bismarcks danken 2008 wegen des Herings
… in Erinnerung an ein einst sehr geschätztes Etablissement in Köln …
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Buschwindröschen Köln – Eröffnung 5. September 1992
Buschwindröschen Köln (1992 – 2000)
Seinen Namen fand es auch aus seiner Lage – in der Buschgasse in der Kölner Südstadt. Es brachte buntes schwules lesbisches Leben in die Südstadt von Köln – was lag da näher als sich das Buschwindröschen zum Namensgeber zu nehmen? Von einem Kollektiv geführt, entwickelte es sich ab der Eröffnung im Herbst 1992 bald zu einem blühenden Herzen des bunten queeren Lebens in Köln.
Es hatte Ahnen, so die autonome schwule Kneipe in einem besetzten Haus am Mauritiuswall 16 – 18 (‚der geile Punkt‚). Das Haus wurde am 30. Juni 1992 von der Polizei geräumt und sofort abgerissen. Oder das Autonome Zentrum Weißhausstraße (schwullesbische Kneipe ‚Rosa Rüssel‚). Oder den Bauwagenplatz.
Mit dem Umzug des Buschwindröschen von der Buschgasse 18 an die Bonner Straße 84 folgte ein Aufbau von Strukturen, Betreiber wurde der Verein ‚Maria HIV e.V.‚. Doch der Umzug brachte einen Bruch – das Publikum folgte dem Buschwindröschen nicht mit an den neuen Ort.
Am 20. April 2000 fand in Köln das fulminante (interne) Abschiedsfest für das legendäre Buschwindröschen Köln statt … das in einem Polizeieinsatz endete … (siehe Graswurzel-Bericht unten). Einen derart bunten unkonformistischen queeren Ort hat Köln danach nicht wieder aufbauen können …
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weitere Informationen: graswurzel.de (ca. April 2000): Polizeiübergriff in Köln: “Komm raus du schwule Sau!”
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und in der Schweiz sind’s die „hemmli-glunggi“ (einer der das Hemd nicht in der Hose trägt) – danke Michelle!
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