Ende 2008 war sie noch nicht da, Anfang 2010 überstand sie einen der größten Stürme seit Jahren – und im Sommer 2010 ist sie das Gesprächsthema der Region, bei Einheimischen wie bei Touristen: die mysteriöse Insel, die „ile mystérieuse“ in der Mündung der Gironde nahe dem Leuchtturm von Cordouan.
Die französische Atlantik-Küste nahe Bordeaux. Die Gironde mündet hier in den Atlantik. Und mitten in der Mündung eine neue Insel, entstanden Anfang 2009. Objekt des begeisterten Interesses der Bevölkerung der Region, Gegenstand ernsthafter Forschung – und Störenfried für manche ‚Wirtschafts-Förderer‘.
Foto: Die „ile mysterieuse“, gesehen von der Fähre Royan aus (der leicht erhobene helle Sandhaufen am Horizont …)
3,5 Hektar ist sie bei Flut groß, diese „mysteriöse“ Insel. Eine flache Ansammlung von viel Sand, einigen Strandgräsern, Käfern, Krebsen. In der Mündung der Gironde, dort wo Fluss in Atlantik übergeht, lässt sich die Geburt einer neuen Insel, eines neuen Ökosystems beobachten. Naturschützer und Forscher sind begeistert. Zumal die Insel entgegen aller Befürchtungen den großen Sturm im Februar (Xynthia) überstand.
Begeistert sind auch die Bewohner der Region. Immer mehr entdecken die Insel als Ausflugsziel für einen Tagestrip des Staunens – oder eine Rave-Party. Schon bietet die Fähr-Reederei nicht nur Fahrten zum Leuchtturm (Phare de Cordouan) an, sondern auch Passagen zur neuen Insel. Skeptisch verfolgt von Naturschützern, die bereits erste Schilder aufgestellt haben, Besucher mögen doch bitte auch an den Naturschutz denken.
An ganz andere Dinge als Naturschutz denken manche Politiker und ‚Wirtschafts-Förderer‘ der nahen Großstadt Bordeaux. Der Hafen von Bordeaux möchte für größere Schiffe erreichbar sein. Ein Ausbaggern der Fahrrinne könnte hierfür erforderlich werden, die neue Insel wäre hierfür im Weg. Erst recht, wenn sie etwa unter Naturschutz stünde.
Naturschutz, das ist die Idee einiger Ökologen. Die Insel, so hoffen sie, könnte Bestandteil des Marine-Naturparks werden, den der Staat im Bereich der Gironde einrichten will. Es wäre erst der zweite maritime Naturpark Frankreichs überhaupt, nach dem der westlichen Bretagne.
Die „ile mystérieuse“, sie weckt vielerlei Interessen, teils sehr gegensätzlicher Natur. Und allgemeine Bewunderung.
Ihren Namen hat sie übrigens, so erzählen die Leute im nahe gelegenen Hafen von Royan (in dem die Fähre ablegt, wenn man die Küsten entlang gen Süden Richtung Lacanau fährt), ihren Namen hat sie von einem Roman des französischen Autors Jules Verne: Die mysteriöse Insel.