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Des Pharaos Tabak

Wie kam der Pharao zu seinem Tabak? Oder – woher stammen Tabakpflanzen, die im Körper von Ramses gefunden wurden? Wo es doch in Ägypten keinen Tabak gab damals? Eine Story für Jugendhelden …

Einer der ‘Helden’ meiner Jugend (neben Cousteau oder Hass) war Thor Heyerdahl.

Ich kann mich noch gut erinnern. Ein Buch, das ich bei meinem Onkel entdeckte, machte den Anfang. ‘Kon-Tiki’, Heyerdahls Floß-Fahrt von Südamerika nach Polynesien, fachte meine Phantasie an. Wie später noch einmal ‘Ra’, das Papyrus-Boot, mit dem er von Marokko aus Amerika erreichen wollte. Und nun soll die Geschichte eine Fortsetzung erfahren.

Heyerdahl schaffte es zu zeigen, dass schon mit Techniken, die den alten Ägyptern vertraut waren, eine Bootsfahrt Richtung Amerika möglich war. Er fuhr mit seiner Ra II 1970 von Afrika bis nach Barbados. Dass eine Atlantik-Überquerung mit altertümlich anmutenden Booten westwärts möglich war, hatte er bewiesen. Aber – wie sollten die Reisenden zurück kommen?

Unmöglich, sagen seitdem alle Experten (wie sie auch vorher Heyerdahls Reise für undurchführbar hielten). Viel zu starke Winde für die einfachen Boote. Wenn da nicht eine entscheidende Frage bliebe: wie kam der Pharao an seinen Tabak? Tabak?
Ja, genau.
Im Körper von Pharao Ramses (bzw. seiner Mumie) wurde Tabak gefunden, genauso auch in zahlreichen weiteren ägyptischen Mumien. Gen-Analysen zeigten, dass es sich um Tabak aus Amerika handelt (wohl verwendet als Konservierungsmittel für den Leichnam).

Nur – wie soll amerikanischer Tabak nach Ägypten gekommen sein? In Ägypten gab es damals keine Tabakpflanzen. Und dann über 1000 Jahre vor unserer Zeitrechnung? Wo doch Columbus de erste gewesen sein soll, 1492?

Des Rätsels Lösung könnte sein, dass auch damals schon nicht nur westwärts, sondern auch ostwärts Schiffsverkehr möglich war. Trotz der Winde, trotz der Strömungen.

Genau dies will der Chemnitzer Biologe Dominique Görlitz nächsten Monat versuchen zu beweisen. Mit seinem Boot “Abora III” will er den Atlantik ostwärts überqueren.

Heute, am 11. Juli soll seine Reise in New York starten, Anfang September möchte er im spanischen Cadiz ankommen. Auch die “Abora III” ist ein Boot, das ganz entsprechend traditioneller Technik gebaut ist, aus Papyrus, in einer uralten Bauart, die heute noch auf dem Titicacasee verwendet wird.

Vielleicht zeigt Görlitz trotz aller Skepsis und Kritik, dass die Experten sich irren, und schon für die alten Ägypter ein Schiffsverkehr mit Amerika in beide Richtungen möglich war.
Und klärt so auch das Rätsel von des Pharaos Tabak …

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Harter Tag …

Mensch, das war wieder mal ein verdammt harter Tag gestern …

Mann war das ein harter Tag ...
Mann war das ein harter Tag …
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Cranach, Luther und die Frage nach dem Schwulsein Kants

Sonntag, 20. Mai früher Morgen. Einige Tage raus aus der Stadt. Ins Umland.

Weltkulturerbe Luther
Weltkulturerbe Luther

Ein kurzer Ausflug nach Wittenberg in die Lutherstadt,die sich mit diesem Beinamen seit 1922 benennt und seit 1996 Weltkulturerbe ist.
Wittenberg – die Stadt, in der Lucas Cranach der Ältere als Hofmaler arbeitete und sein Sohn Lucas Cranach der Jüngere die Arbeit des Vaters fortführte. Beide waren hier auch politisch aktiv, der Vater als Kämmerer, Ratsherr und Bürgermeister, der Sohn ebenfalls als Kämmerer und Bürgermeister. Vater Cranach betrieb zudem lange Zeit die einzige Apotheke der Stadt.
Während Cranach d.Ä. in Weimar starb und beigesetzt ist, wurde Cranach d.J. in der Wittenberger Stadtkirche beigesetzt.

In der Schlosskirche hielt am 28.8.1518 der Philosoph und Humanist Philipp Melanchthon seine Antrittsrede. Melanchthon war eng mit Luther befreundet, stand der Reformation sehr nahe – und blieb doch mehr der humanistische Philosoph. Er ist an der Seite Luthers in der Schlosskirche beigesetzt.

Eigentlich fährt ‘man’ ja nach Wittenberg wegen Martin Luther, der 1508 erstmals nach Wittenberg berufen wurde und am 31. Oktober 1517 hier seine 95 Thesen veröffentlichte

Der Papstesel zu Rom
Der Papstesel zu Rom

Nun ja, Luther.
Selbst Protestantismus- geschädigt, erspare ich mir Kommentare in dieser Sache. Viele gute Ideen findet wer mag bei Max Weber (insbes. “Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus” [im Volltext auf Wikisource hier]).
Nur ein Hinweis. Auch in Sachen Homosexualität war Luther eher verbiestert. Homosexualität war für ihn eine Perversion und etwas “quae contra naturam est” … Aber wer sich mit Gedanken à la “es gibt eine Reihe von Sünden, die objektiv viel schlimmer sind als homosexu­elle Beziehun­gen” tatsächlich befassen will, wird z.B. hier fündig (und, okay, die HuK sieht das ein wenig anders …)

Aber noch mehr Prominenz zog es nach Wittenberg. Bernhard Grzimek heiratete hier, diverse Kaiser hielten sich hier auf, Gotthold Ephraim Lessing erlangte hier die Magisterwürde und der Theologe Friedrich Schorlemmer ist hier geboren.

Und zu einigen ‘Touristen-Stars’ findet man gar absurde Devotionalien:

Cranach Knochen des Malfingers ...
Cranach Knochen des Malfingers …

Und Wittenberg hat auch noch andere interessante Ideen zu bieten. Besonders interessant fand ich diese: der Wittenberger Theologe Gensichen fragt scheinbar nicht ganz grundlos “Wie schwul war Kant?” und bietet damit Anlass zu wunderbarsten Spekulationen – leider kaum in der recht kargen Wittenberger Homoszene …

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Kulturelles

einfach nett

Einfach nett finde ich es von Arte, dass sie mich erst wochenlang jeden Montag mit dem hervorragenden ReGenesis – Serial unterhalten haben, und dann heute auch noch “Mein Wunderbarer Waschsalon” oben drauf geben …

Wie schön, diesen Film endlich mal wieder zu sehen (und aufnehmen zu können).
Erinnerungen an damals, als er raus kam, Mensch, über zehn mal hab ich ihn vor Begeisterung im Laufe der Zeit im Kino gesehen … und schöne Erinnerung an eine Geburtstags-Party, die in Anlehnung an den Film im Waschsalon Brüsseler Strasse stattfand … lang lang ist’s her, seufz … ;-)

Danke, Arte :-)

PS:
Der “Wunderbare Waschsalon” wird wiederholt auf Arte am 2. Mai (0:55 Uhr) und am 7. Mai (14:55 Uhr).

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Ein Engel in Köln – Ernst Barlach Der Schwebende

Mitten im Innenstadt-Trubel findet sich an etwas versteckter Stelle einer meiner Lieblings-Orte in Köln – der Schwebende .

Ernst Barlach Der Schwebende
Ernst Barlach Der Schwebende (2012)

Die Kölner Schildergasse wirkt ein wenig in die Jahre gekommen, eineständig hektisch-trubelige Einkaufsstraße im ungepflegten Chic der siebziger Jahre. Hier steht zwischen Jeansgeschäften, Parfümerien, Pizzaketten und Telekommunikationsläden die Antoniterkirche. Und in dieser kleinen Kirche befindet sich eine meiner Lieblings-Plastiken, der ‘schwebende Engel‘, auch ‚Der Schwebende ‚, bekannt als ‘Güstrower Ehrenmal‘.

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Hamburg Kulturelles

Arbeit im Museum

In Hamburg kommt die Arbeit ins Museum. In das ‘Museum der Arbeit’.

Anfang Februar. Die Schneeglöckchen blühen, viel zu früh. In meiner Kindheit, nach vielen Tagen mit Schlittenfahren und Schneemännern, waren Schneeglöckchen der erste Blumengruß der Natur, meist blühten die ersten Ende Februar (und waren der erste Blumengruß der Natur zu meinem Geburtstag). Dieses Jahr werden Ende Februar wohl schon die Krokusse blühen – oder die Osterglocken?

Der Tag, der so schön sonnig, frühlingshaft begann, kippt schon vor Mittag in trübe Regenwolken. Das richtige Wetter für einen Museumsbesuch. Also auf nach Barmbeck.

Nach beinahe vier Stunden komme ich aus dem Museum – begeistert, angenehm überrascht, was alles in diesem ungewöhnlichen Museum zu entdecken ist.

Auf mehreren Etagen im ehemaligen Barmbecker Werk der ‘New York Hamburger Gummiwaaren Compagnie AG’ sowie in mehreren Nebengebäuden wird ein breites Spektrum des Arbeitslebens gezeigt. Nur zwei Beispiele:

So zeigt eine große Abteilung zum Buchdruck nahezu alle Entwicklungsschritte von der Spindelpresse bis zur Linotype – welche handwerkliche und Kunst-Fertigkeit einst für die Herstellung von Zeitungen und Büchern erforderlich war, ist hier live zu sehen und erleben.

Informationen sind heute überall und jederzeit verfügbar, Emails rasen in Sekunden um den Erdball. Dabei ist die Zeit noch nicht lange vorbei, zu der Nachrichten noch durch Land- und Tiefsee-Kabel flossen, und nur Orte schnell erreichbar waren, die an ‘das Kabel’ angeschlossen waren. Nachrichten mussten, um Worte (und damit Geld) zu sparen, kryptisch verkürzt werden, und brauchten Ende des 19. Jahrhunderts selbst mit ‘Kabel’ noch mindestens 50 Minuten ‘um die Welt’.

Thematisiert werden aber immer wieder auch patriarchalische Strukturen und Geschlechterrollen der Arbeitswelt, Arbeitsbedingungen und Arbeitskämpfe, selbst das schwedische Modell des Wohlfahrtsstaats. Männer bevorzugende Arbeitsbedingungen in Kontor und Buchführung. Während das Räuchern von Fisch eine Domäne der Männer war, wurden Frauen zum Fisch-Säubern und -Verpacken eingesetzt. Eben kein ‘Museum der Arbeiter’, sondern der Versuch, auch Geschlechterperspektiven darzustellen.

In einer Sonderausstellung wird derzeit unter dem Titel ‘Gib Gummi’ über die Hamburger Kautschuk-Industrie erzählt. Erstaunlich zu erleben, was für Arbeit in Kühlwasserschläuchen und Klarinetten-Mundstücken steckt, wie aufwändig und arbeitsintensiv es ist, ein so einfaches Alltagsprodukt wie einen (Hartgummi-) Kamm herzustellen.

Bei aller Geschichte der Arbeit vermisse ich dennoch manchmal die Geschichte der Arbeiter- und Arbeiterinnen-Bewegung. Insgesamt wirkt die Ausstellung bei aller begeisternden thematischen Breite ein wenig „Stehengeblieben“ – selbst die Aspekte der Automatisierung werden nur ansatzweise (beim Buchdruck) angedeutet. Die Folgen von Globalisierung und Welthandel, von Verlagerung von Arbeit (in sog. ‘Billiglohn-Länder’) und das ganze Thema Arbeitslosigkeit vermisse ich im ‘Museum für Arbeit’ leider weitgehend.

Insgesamt aber – ein Museum, das mich stundenlang in Beschlag nimmt, auf’s Angenehmste, und einen Besuch immer wert ist. Auf nach Barmbeck, ins Museum der Arbeit!

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Berlin Kulturelles

Ich schlafe aber mein Herz wacht

Freitag Abend war ich für zweieinhalb Stunden nicht auf diesem Planeten. Sondern im Imperium Messiaen-Symeonidis.

Mit Nick abends ins Eisler, zum Klavierabend. Angekündigt ist Messiaen, von dem ich bisher zwei Stücke im Eisler hörte, mochte.

Wellenflug
Wellenflug

Nur wenige Gäste, obwohl wir (erst mussten wir noch in den Wellenflug auf dem Weihnachtsmarkt) reichlich spät ankommen. Gut dreißig Zuhörer, von denen einige in der Pause gehen.

Ein Komponist, ein Werk. Prodromos Symeonidis spielt auf dem Klavier Olivier Messiaens ‘Vingt regards sur l’Enfant Jesus ‘ (zwanzig Betrachtungen über das Jesus-Kind).

Zunächst bemerke ich bei Nick einige Irritationen, er hatte vermutlich ‘klassischere’ Klaviermusik erwartet. Dann scheint es auch bei ihm zu klicken.
Sitzen nebeneinander.
Augen geschlossen.
Irgendwann ist Pause, gottseidank nur kurz. Weiter.
Mir ist bald, als spiele Symeonidis in meinem Kopf, überall in meinem Kopf. Nein, wenn ich genauer beobachte, da gibt es keinen Kopf, keinen trennenden Schädel drum herum mehr. Meine Wahrnehmung ist überall im Raum, Wahrnehmung und Musik füllen alles aus.
Wie aus einem anderen Universum kehre ich langsam zurück, irgendwann abends kurz vor halb zehn, als der Beifall beginnt.

Prodromos Symeonidis
Prodromos Symeonidis

Manchmal ist Bescherung schon vor dem 24.12. – früher, und völlig unverhofft …

Weitere Informationen über Olivier Messiaen auch auf http://www.oliviermessiaen.org
Informationen zu Prodromos Symeonidis auf http://symeonidis.de/ , u.a. mit MP3-Hörproben, auch von einer Messiaen-Aufnahme.

Nachtrag 17.12. mittags angesichts der Frage eines Lesers, was denn nun der Titel bedeuten solle:
“Je dors, mais mon coeur veille” (Ich schlafe, aber mein Herz wacht) ist für mich die schönste, poetischste der zwanzig Betrachtungen.

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Kulturelles ondamaris Texte zu HIV & Aids

die erste Email – Ray Tomlinson 1971

Schreiben Sie noch Briefe? Selten, stimmt’s? Das meiste erledigen wir heute per Email. Emails sind innerhalb weniger Jahre eine Selbstverständlichkeit geworden, haben sich in unserem Alltag eingenistet als wären sie immer schon dort gewesen. Und doch – Emails sind noch recht jung, die erste Email stammt aus dem Jahr 1971.

Wir befinden uns in den Urzeiten des Internet. Noch kurz vorher waren Computer einzelne, riesige und isoliert existierende Schränke. Einer ‚Kommunikation‘ zwischen diesen Dingern wurde nur untergeordnete Bedeutung beigemessen, Dialoge fanden noch über Lochkarten statt.

Bis die US-Luftwaffe begann, das so genannte ArpaNet entwickeln zu lassen – den Ur-Vater des Internet, schon damals mit einer Struktur paketvermittelter Netze.
Ab Ende der 1960er Jahre wurde das ArpaNet nach einigen Fehlschlägen im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums realisiert – zunächst begonnen mit der Vernetzung von Rechnern in vier Forschungeinrichtungen. 1)

Aber irgendetwas fehlte, wie einige findige Forscher bald feststellten. Zwar konnten Computer bald Daten untereinander austauschen – aber sie selbst nicht. Nachrichten von einem zum anderen – das wäre etwas.

Der US-Forscher Ray Tomlinson machte sich an die Arbeit, ‚erfand‘ ein Format zum Austausch von Daten. Aber wie sollte er kenntlich machen, an wen die Nachricht gehen sollte? Wie sollte das, was bei Briefen die Post-Adresse war, im elektronischen Netz aussehen?
Eigentlich bräuchte man ja keine physikalische Adresse, sondern nur den Namen und die Organisation, beides sinnvoll verknüpft.
Bei der Suche, wie beides sinnvoll verknüpft werden könnte, stieß Tomlinson auf das bisher im elektronischen Datenverkehr nahezu ungebräuchliche @. Und baute daraus die erste Email-Adresse: tomlinson@bbn-tenexa.

Da fehlt doch was? Ja, stimmt. Die Endungen! Die aber kamen erst später hinzu, als die Zahl der beteiligten Institute so gross wurde, dass ein weiteres ‚Sortier-Kriterium‘ erforderlich wurde, diese durch die heute populären Endungen .com, .gov oder .de unterschieden wurden.

Die erste Email wurde von Tomlinson Ende 1971 (im November oder Dezember, da sind sich die Geschichtsschreiber des Internet nicht einig) geschrieben und über Telefonleitung verschickt.

Nur zur Erinnerung: der erste ‚PC‘, heute ebenfalls eine Selbstverständlichkeit, wurde erst 1981 von IBM auf den Markt gebracht, und der Siegeszug des World Wide Web, heute nur noch als www bekannt, begann erst 1991.
Inzwischen hat die Email längst einen Siegeszug um die Welt hinter sich, täglich gehen Abermillionen Emails rund um den Erdball auf den Weg, ist die Email zur am weitesten verbreiteten Anwendung im Internet geworden..

Wie schnell man neue Technologien und Verfahren als selbstverständlich nimmt …

Und warum sind Emails heute (oft) weiterhin kostenfrei? Weil Ray Tomlinson und seine Kollegen niemals versuchten, ihre Erfindung zu kommerzialisieren – sonst würden Email heute wohl Porto kosten.

1) Nebenbei, der beliebte Internet-Mythos, das ArpaNet sei entwickelt worden als einem Atomkrieg widerstehendes Netzwerk hat sich als Illusion erwiesen …

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Ray Tomlinson, @ und die erste Email

schreib 1971 die erste Email - Ray Tomlinson am 23. April 2004 (Foto: Andreu Veà, Lizenz cc-by-sa 3.0)
schrieb 1971 die erste Email – Ray Tomlinson am 23. April 2004 (Foto: Andreu Veà, Lizenz cc-by-sa 3.0)

Ray Tomlinson – Andreu Veà, WiWiW.orgCC BY-SA 3.0

Ray Tomlinson wurde am 2. Oktober 1941 in Amsterdam im US-Bundesstaat New York geboren. Von Ausbildung Akustiker, begann er in den 1960er Jahren am MIT Massachusetts Institute of Technology in der Akustik-Abteilung, wechselte aber bald zu einem kleinen bereits 1948 aus dem MIT heraus gegründeten Unternehmen namens ‚Bolt, Beranek and Newman‘ (BBN).

BBN gewann 1969 eine Ausschreibung über neuartige Rechner-Netze – hier und im Rahmen dieses Projekts ‚erfand‘ Tomlinson die erste Email.

Im Gegensatz zu manch anderen ‚Helden‘ des Internet wurde Tomlinson kein großer Star. Bis zu seinem Tod arbeitete er bei BBN, seit 2009 Tochtergesellschaft des Elektronik- und Rüstungs-Konzerns Raytheon.

Ray Tomlinson starb am 5. März 2016 im Alter von 74 Jahren zuhause in Lincoln, Massachusetts an den Folgen eines Herzinfarkts.

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Gerhard Behrendt, Vater des ‘ Sandmann ‚

Gerhard Behrendt, der ‘ Vater des Sandmann ’, ist am 26. September 2006 in Berlin gestorben.

1959 schuf Gerhard Behrendt (3.4.1929 – 26.9.2006), von Beruf Regisseur, Autor, Puppen- und Bühnenbildner, den ‘Sandmann‘ im Auftrag des DDR-Fernsehens DFF.

Am 22. November 1959 ging der ‘Ost-Sandmannerstmals auf Sendung – erst am 29.10.1962 folgte ihm das West-Sandmännchen.

Beinahe 30 Jahre gab es nun ein Ost-und ein West-Sandmännchen – bis 1990 zunächst das Ost-Sandmännchen eingestellt wurde. Nicht lange – es gab zu viele Proteste. So überlebte das West-Sandmännchen noch einige Jahre in den West-’Dritten’, wurde dann aus Kostengründen eingestellt. Der Ost-’Sandmann’ landete bald heutigen RBB – wo er noch heute (wie auch auf MDR und KiKa) gesendet wird.

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Ja, ich bin ja nun mit dem West-Sandmännchen aufgewachsen. Kann mich gut erinnern, ich hab in Kindertagen jeden Morgen kontrolliert, ob da noch Sand in den Augenwinkeln ist…
Die “Ost-Konkurrenz” Sandmännchen läuft mir manchmal noch heute beim Zappen über den Weg, und manchmal schau ich ihm dann zu, mit träumerischem Blick 😉

Und für Nostalgiker: hier gibt’s das längst verblichene West-Sandmännchen – sogar mit Original-Sound…

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HIV/Aids Kulturelles ondamaris Texte zu HIV & Aids

Felix Gonzalez-Torres (1957 – 1996)

Der US-amerikanische Konzept-Künstler Felix Gonzalez-Torres wurde geboren am 26. November 1957 in Guiamaro auf Kuba. Er starb am 9. Januar 1996 in Miami an den Folgen von Aids.

Die NGBK, die einige seiner Werke schon Ende der 80er Jahre erstmals in Deutschland zeigte (im Rahmen der von Frank Wagner kuratierten Ausstellung „Vollbild Aids“), veranstaltete 2006 eine umfassende Retrospektive.

Felix Gonzalez-Torres Retrospektive – Berlin Hamburger Bahnhof 2006

Felix Gonzalez-Torres Retrospektive - candy pills, Detail
Felix Gonzalez-Torres Retrospektive – candy pills, Detail

Spontan fahre ich zum Hamburger Bahnhof (für die nicht-Berliner Leser: der ehemalige Bahnhof ist seit 10 Jahren Museum für Moderne Kunst). Die Felix Gonzalez-Torres Retrospektive (anläßlich seines 10. Todestages, vom 1.10.2006 bis 9.1.2007, von Frank Wagner kuratiert) hatte ich mir doch eh ansehen wollen, warum nicht jetzt.

Gleich am Eingang: ein riesiges Quadrat goldfarben eingepackter Bonbons. Einige Besucher stehen irritiert davor, andere belustigt. Ein kleiner Junge nervt seine Mutter offensichtlich damit, eines der Bonbons zu wollen. „Halt den Mund, das ist Kunst“, höre ich sie sagen.

Felix Gonzalez-Torres Retrospektive - candy pills
Felix Gonzalez-Torres Retrospektive – candy pills

Eine Vielzahl Arbeiten aus Werk- Gruppen erwarten mich: „candy pills“ neben „stacks“, Stapel von Postern in unlimitierter Auflage. Puzzle-Bilder, Lichterketten, Fotografien und Schrift-Arbeiten auf den Museumswänden.
Häufig: das Nebeneinander des Banalen und des Intensiven, des Alltäglichen und des Außerordentlichen, des Privaten und des Öffentlichen. Blutwerte und Krieg in einem fernen Land. In erschreckender, irritierender Dichte, Aufeinanderfolge.

Die Auseinandersetzung mit Aids ist dabei immer wieder Thema seiner Arbeiten, sei es in den Bonbon-Bergen, Fotografien oder Wort-Arbeiten. Die Geschichte hinter den Kunstwerken wird nicht erzählt, es bleibt Aufgabe des Besuchers sie sich zu erschließen.

Vielen Besuchern allerdings scheint das kaum zu gelingen, habe ich das Gefühl. Sie schlendern durch die Ausstellung, klauben Plakate zusammen und naschen Bonbons (auch der kleine Junge kommt bald doch noch auf seine Kosten) – nutzen jedoch kaum die in einem abgetrennten Bereich (dem „Archiv“) bereitgestellten Hintergrund-Informationen.

Felix Gonzalez-Torres Retrospektive
Felix Gonzalez-Torres Retrospektive

So erfahren sie wahrscheinlich nicht, was hinter den Lichterketten steckt (O-Ton: ‚Das ist aber hübsch, wollen wir das bei uns auch so machen im Treppenhaus?‚). Nichts über die Explosion von Information und gleichzeitige Implosion von Bedeutung. Oder dass eine 60-Watt-Birne genau die gleiche Wärmemenge abstrahlt wie ein menschlicher Körper. Dass einer der Bonbon-Berge („untitled“, (Ross), 1991) zu Ausstellungsbeginn gut 79 Kilogramm wog, was dem Gewicht seines verstorbenen Lovers Ross entspricht.

Was für ein bezaubernder, metaphysisch anmutender Gedanke. Ich nehme ein Bonbon, mit dem Lutschen wird Ross, wird ein Stück von Gonzalez-Torres‘ Kunstwerk Teil von mir. Das Kunstwerk wird so einerseits immer weniger im Verlauf der Ausstellung – doch auch wieder nicht. Den Anweisungen des Künstlers folgend (‚endloser Vorrat‘) ist spätestens mit jeder neuen Ausstellung ein neuer Bonbon-Berg vorhanden.
Verschwinden und Unmöglichkeit des Verschwindens gleichzeitig.
Was für ein Umgang mit Trauer Erinnern Verlust.

Nachspiel: steht ansonsten eher „Bitte nicht berühren“ auf den Schildern im Museum, gern auch mit Ausrufezeichen, finde ich hier einen anderen Hinweis:

Felix Gonzalez-Torres Retrospektive - 'Verzehr eines Bonbons auf eigene Gefahr'
Felix Gonzalez-Torres Retrospektive – ‚Verzehr eines Bonbons auf eigene Gefahr‘

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