Denkmale für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

Zuletzt aktualisiert am 11. März 2024 von Ulrich Würdemann

Denkmale für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen gibt es seit 1984 (!). Der Verfolgung Homosexueller während der Zeit des Nationalsozialismus wurde in Deutschland wie auch international erst weit nach Ende der NS-Herrschaft offiziell und öffentlich gedacht.

Eine Übersicht über die Denkmale für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Deutschland und international:

[List of international and german Memorials to Homosexuals Persecuted Under Nazism:]

Denkmale für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen – Deutschland

1985
In der KZ-Gedenkstätte Neuengamme wird 1985 ein Gedenkstein für homosexuelle NS-Opfer gesetzt.

Denkmale für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen / Gedenkstein homosexuelle NS Opfer KZ Neuengamme (Foto: Fabius / gemeinfrei)
das erste der Denkmale für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Deutschland: Gedenkstein homosexuelle NS Opfer KZ Neuengamme (Foto: Fabius / gemeinfrei)

Der Gedenkstein in Neuengamme (das damals noch nicht Gedenkstätte war), entstand auf Initiative der UHA (heute mhc e.V.). Er ist der erste Gedenkstein für homosexuelle NS-Opfer in Deutschland (davor weltweit nur Mauthausen – siehe unten ‚international‘).

1989
Am Berliner U-Bahnhof Nollendorfplatz wird eine Gedenktafel in Form eines Rosa Winkels angebracht. Die aus einer Initiative von AHA und HuK hervorgegangene Tafel ist das erste Gedenken an homosexuelle NS-Opfer im öffentlichen Raum.

1992
In der KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen wird eine metallene Gedenktafel eingeweiht. Sie geht auf Initiativen von DDR-Schwulengruppen, des BVH, des SVD (inzwischen LSVD) und der HuK zurück.

1994
Im Dezember 1994 wird in Frankfurt das von Rosemarie Trockel gestaltete Mahnmal Homosexuellenverfolgung, auch ‚Frankfurter Engel‘, eingeweiht.

1995
In Köln wird die Granit-Skulptur ‚Rosa Winkel‘ der Öffentlichkeit übergeben, initiiert vom Arbeitskreis Homosexualität der ÖTV Köln.

Gedenkstein für homosexuelle NS-Opfer Köln (2014)
Gedenkstein für homosexuelle NS-Opfer Köln (2014) (Inschrift: Totgeschlagen – Totgeschwiegen – Den schwulen und lesbischen Opfern des Natiopnalsozialismus)

In der KZ-Gedenkstätte Dachau kann endlich eine Gedenktafel an homosexuelle NS-Opfer angebracht werden. Zehn Jahre zuvor war ein erster Versuch am Widerstand insbesondere des Dachau-Komitees ICD gescheitert.

2006
In der KZ-Gedenkstätte Buchenwald wird 2006 ein Gedenkstein für homosexuelle NS-Opfer enthüllt, initiiert von der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland. Zuvor fanden in den 1980er Jahren privat organisierte Gedenkveranstaltungen statt.
In Buchenwald hatte der dänische SS-Arzt Vaernet u.a. Experimente an Homosexuellen durchgeführt.

2008
Im Mai 2008 wird in Berlin das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen eingeweiht. Es wurde auf Beschluss des Deutschen Bundestages errichtet.

2012
Am 22. April 2012 wird – anläßlich des 67. Jahrestags der Befreiung des Lagers – in der Gedenkstätte Ravensbrück eine Gedenktafel für die dort im Männerlager inhaftierten homosexuellen Männer eingeweiht. Eine Gedenktafel oder ein Gedenkort für lesbische Insassinnen des KZ Ravensbrück existiert weiterhin nicht. Am 5. Mai 2017 wurde eine entsprechende Entscheidung errneut verschoben.

2013
In Nürnberg enthüllt der Bürgermeister am 27. Juni 2013 nahe dem Opernhaus eine von der Stadtratsfraktion Die Grünen beantragte Gedenkstele. Im Juli 2019 wird der Platz in Magnus Hirschfeld Platz umbenannt.

2016
In der Hansestadt Lübeck gedenkt seit Januar 2016 eine Tafel der homosexuellen NS-Opfer.

2017
Am 27. Juni 2017 weihte OB Dieter Reiter in München das Denkmal für die in der NS-Zeit verfolgten Lesben und Schwulen ein, ein Bodenmosaik der Künstlerin Ulla von Brandenburg am Ort des ehemaligen Homosexuellen-Lokals Schwarzfischer, Ort einer antihomosexuelle Razzia am 20. Oktober 1934 (Informations – Flyer pdf).

2018
Anfang Oktober 2018 können sich Fachkommission und Beirat der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätte auch nach jahrelangen Debatten nicht auf einen gleichlautenden Text verständigen – es gibt auch weiterhin keine ‚Gedenkkugel‘ der lesbischen Frauen unter den Häftlingen in Ravensbrück .

2019
Bis zum 31.10.2019 läuft der künstlerische Wettbewerb für ein Denkmal in Darmstadt. Im Frühjahr 2020 soll die Entscheidung fallen.

2020
In Nürnberg erinnert seit März 2020 auf dem neu gestalteten Magnus-Hirschfeld-Platz ein steinerner Winkel an die schwulen Opfer und eine Steinkugel an die lesbischen Opfer der NS-Zeit.
Am 15. Oktober 2020 wird durch Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Bündnis 90 / Grüne) ein Denkmal für die im KZ Flossenbürg und Nebenlagern inhaftierten Homosexuellen eingeweiht.

2021
Im Mainz wurde am 21. Juli 2021 ein Mahnmal vor dem Mainzer Amtsgericht eingeweiht, das an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert, die wegen ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung verfolgt wurden. Die Errichtung der Stele hatte der Stadtrat Mitte Februar 2019 beschlossen.

in Planung
Darmstadt plant 2020 ein Mahnmal für die Opfer des §175

Denkmale für im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuelle – international

1984
KZ Mauthausen wird auf Initiative der HOSI (Homosexuelle Initiativen Österreichs) ein Gedenkstein für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus eingeweiht. Er stellt das erste Denkmal an im Nationalsozialismus verfolgte Homosexuelle weltweit dar.

1987
Das Homomonument in Amsterdam wird eingeweiht. Es trägt die Inschrift „NAAR VRIENDSCHAP ZULK EEN MATELOOS VERLANGEN“ (Eine solch grenzenlose Sehnsucht nach Freundschaft, Jacob Israel de Haan)

1990
In Bologna (Park an der Piazza di Porta Saragozza) wird am 25. April 1990 ein Gedenkstein eingeweiht. Er entstand auf Initiative der Gruppe ArciGay und trägt die Inschrift „Alle vittime omosessuali del – razzismo nazifascista – 25 Aprile 1990 – 45. Anniversario – della – liberazione“.

1993
In Den Haag wird eine Gedenk-Skulptur eingeweiht. Sie greift bewusst nicht die Form des Rosa Winkel auf, sondern will in Form und Farbe selbstbewusstes schwules Leben symbolisieren.

1999
In Anchorage wird auf dem Städtischen Friedhof ein Gedenkstein mit Rosa Winkel aufgestellt, realisiert aus der Schwulenszene heraus.

2001
Im Green Park Darlinghurt in Sydney erinnert eine Stahl-Glas-Skulptur in Form eines Rosa Winkel an im Nationalsozialismus verfolgte Lesben, Schwule und ‚alle, die ihnen zugeschriebene Rollen abgelehnt haben‘.
Am 10. Dezember 2001 (Tag der Menschenrechte) wird in San Francisco im Castro Viertel (und nahe der Harvey Milk Plaza) der ‚Pink Triangle Park and Memorial‘ für alle im Nationalsozialismus ermordeten LGBT eingeweiht. Es ist das erste Mahnmal in den USA für im Nationalsozialismus verfolgte Homosexuelle.

2005
In der Gedenkstätte für das ehemalige KZ ‚Risiera di San Sabba‘ nahe Triest erinnert eine von ArciGay initiierte Gedenktafel mit Rosa Winkel an ‚die homosexuellen Opfer des Nazi-Faschismus‘.
In Montevideo fordert ein Rosa-Winkel-Stein auf der ‚Plaza de la Diversidad Sexual‘ dazu auf, sexuelle Vielfalt zu ehren.

2010
Im ehemaligen Straf- und Arbeitslager Struthof wird eine Gedenk-Plakette für wegen Homosexualität Deportierte eingeweiht.

2013
Auf Initiative und mit Finanzierung der Stadt wird in Tel Aviv Israels erstes Mahnmal für im Nationalsozialismus verfolgte Homosexuelle eingeweiht.

2022
In Wien wird im Kesselpark (4. Bezirk) ein Denkmal für die Männer und Frauen, die Opfer der Homosexuellen-Verfolgung in der NS-Zeit wurden errichtet.

.

21 Antworten auf „Denkmale für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen“

Die Angaben zur Gedenktafel für die homosexuellen Opfer sind fehlerhaft.
Die Gedenktafel geht nicht auf Initiativen von DDR-Schwulengruppen, des BVH, des SVD (inzwischen LSVD) und der HuK zurück. In Berlin und Bran-denburg gab es keine DDR-Schwulengruppen mehr. Nur unserer, der Ge-sprächskreis Homosexualität in der Ev. Advent-Zachäus-Kirchengemeinde Berlin-Prenzlauer Berg existierte noch, und er lebt noch immer. Die Initiati-ve ging von Peter Birmele † (Gesprächskreis Homosexualität) bemühte sich bereits seit 21. Mai 1991 um die Errichtung einer Gedenktafel/Gedenkstein für die homosexuellen Opfer des Nationalsozialismus. Peter Birmele wirkte auch aktiv an der Gestaltung der Gedenktafel mit.
Am 22. November 1992 wurde die Gedenktafel feierlich enthüllt.
Unser Gesprächskreis gedenkt seit 1988 jährlich in der Gedenkstätte Sach-senhausen (ehem. Nationale Mahn- und Gedenkstätte) den homosexuellen Opfern des Nationalsozialismus. Zuletzt am 10. September 2017 erinnerten wir am Gedenkort Klinkerwerk an die Opfer der Mordaktion an Homosexuelle vor 75 Jahren. (siehe auch: http://www.queer.de/detail.php?article_id=29662)
Ausführlicher: http://www.advent-zachaeus.de/gemeindeleben/gespraechskreis-homosexualitaet/gedenken-an-die-homosexuellen-opfer-des-nationalsozialismus.html

Eine Liste der Toten und Stolpersteine auf http://www.raunitz.de/sh_tote_opfer/ gibt den Toten ihren Namen.

Lieber Frak und Ulli,
bei Euch zu lesen ist, dass das Dekmal in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald von der EKM initiiert wurde. Wo habt Ihr das nur her? Ich kann Euch vesichern, dass die EKM zu keiner Zeit irgentetwas mit diesem Denkmal zu tun hatte.
LG Edgar

Hallo noch mal:)
Freut mich, dass ihr das Darmstadter Denkmal direkt mit aufgenommen habt.
Ich finde leider gar keine Quelle zu der Planung in Offenbach. Könnt ihr bitte hierzu noch was posten oder mir zukommen lassen? Danke!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert