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Bordeaux Frankreich HIV/Aids

XY-Sex in Aquitanien

„Alles was Sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“, Woody Allens Film aus dem Jahr 1972 könnte fast Pate gestanden haben für die zweite Auflage von „X.Y. Sex“.

Die Aquitanien-Gruppe der französische Aidshilfe-Organisation Aides (ansässig in Bordeaux) veranstaltet die ‚X.Y. Sex – La semaine des sexualités‘ vom 10. bis 18. Februar 2012. Im Mittelpunkt: alles über Sex und sexuelle Gesundheit, mit einem breiten Programm von einer Demonstration von SM-Praktiken über Diskussionsveranstaltungen bis zu einem kiss-in am Valentinstag.

X.Y. Sex - La semaine des sexualités (Scrennshot, Ausschnitt)
X.Y. Sex – La semaine des sexualités (Scrennshot, Ausschnitt)

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ondamaris Texte zu HIV & Aids Politisches

Carsten S. – Chance auf Neuanfang oder: ein ehemaliger Rechtsextremer in der Aidshilfe

Düsseldorf Januar 2012: Spezialkräfte der GSG-9 verhaften einen Aidshilfe-Mitarbeiter unter dem Verdacht, die rechtsextreme Terror-Gruppe ‘NSU’ unterstützt zu haben. Wie kommt ein (ehemaliger) Rechtsextremer zur Aids-Hilfe?

Die Aids-Hilfe Düsseldorf hat sich in Reaktion auf die Verhaftung in einer Presseerklärung „von der rechten Szene und ihrem Gedankengut“ distanziert. Bei vielen Mitgliedern, Klienten und Angestellten hat die Verhaftung vermutlich Bestürzung ausgelöst, Fragen aufgeworfen. Die Aids-Hilfe Düsseldorf steht derzeit zudem unter erheblichem medialem Druck. Partner in Politik ebenso wie Unterstützer und Geldgeber haben Erwartungen, fordern vermutlich klare Worte. Insofern ist die Distanzierung der Aids-Hilfe Düsseldorf verständlich, vermutlich auch richtig, vielleicht sogar hinreichend.

Dies ist sie jedoch nicht für den Dachverband, die Deutsche Aids-Hilfe (die sich bisher außer in Form einer Übernahme der Düsseldorfer Presseerklärung nicht zu dem Vorgang geäußert hat).

„Recht auf Selbstbestimmung, Teilhabe und Solidarität“ und „verantwortungsvoll und solidarisch mit den Bedrohten und Betroffenen umgehen“ – Werte wie diese stehen im Mittelpunkt es Grundverständnisses von Aidshilfe, so formuliert im Leitbild der Deutschen Aids-Hilfe. „Deshalb setzen wir in unserer Arbeit auf das verantwortliche Handeln vernunftbegabter, einsichts- und lernfähiger, freier und gleichberechtigter Menschen“.

Politischer Extremismus egal welcher Richtung (insbesondere, aber nicht nur in seiner gewaltbereiten Form) ebenso wie religiöser Fundamentalismus (egal welcher Glaubensrichtung) bedrohen und gefährden diese Werte, diese Basis der Arbeit von Aidshilfe. Schon aus diesem Grund muss Aidshilfe in ihrem Reden und Handeln immer auch ihre Werte reflektieren und sich aktiv für sie einsetzen.

Sich von Extremismus und Fundamentalismus zu distanzieren, aktiv gegen sie und für Freiheit und Solidarität einzusetzen sollte also zum Wesen des Handelns von Aidshilfe gehören.

Ein Distanzieren von Extremismus und Fundamentalismus – wie es jetzt die Aids-Hilfe Düsseldorf gemacht hat – ist somit nicht nur verständlich. Es sollte für jede Aidshilfe selbstverständlich sein.

Distanzierung darf jedoch nicht alles sein. Aktive Schritte des Engagements gegen Extremismus sind erforderlich. Dieses Engagement darf nicht nur Lippenbekenntnis sein, es muss reales Handeln beinhalten.

Hierzu gehört dann auch, Aussteigern aus dem Extremismus, aktuell: der rechten Szene, eine reale Chance zu geben, eine Chance auf Neubeginn, auf einen persönlichen, menschlichen wie auch beruflichen Neuanfang.

Chance auf Neuanfang für Aussteiger, dies ist gesellschaftlich wie politisch wichtig im Engagement gegen Extremismus und Fundamentalismus. Und hier ist selbstverständlich auch Aidshilfe gefordert. Chancen geben, dies beinhaltet auch: Risiken eingehen. Risiko und der Umgang mit Chancen und Risiken – Themenfelder, die für Aidshilfe nichts Unbekanntes sind.

Dass die Aids-Hilfe Düsseldorf mit Carsten S. einem Aussteiger aus der rechten Szene diese Chance auf Neuanfang gegeben hat, ist also nur konsequent. Und es ist zu begrüßen.

Die Deutsche Aids-Hilfe ist gefordert, nicht nur das Selbstverständliche zu sagen, die Distanzierung von Extremismus und Gewalt. Sondern auch das Unbequemere:

Es ist wichtig, Aussteigern eine Chance auf Neuanfang zu geben.
Die Aids-Hilfe Düsseldorf hat, indem sie Carsten S. diese Chance auf Neuanfang gab, eine mutigen, einen richtigen Schritt gemacht.
Einen Schritt im Sinn der Werte von Aidshilfe. Ein Schritt, den der Dachverband begrüßen und unterstützen sollte.

Wie heisst es im Leitbild der Deutschen Aids-Hilfe?
„Deshalb setzen wir in unserer Arbeit auf das verantwortliche Handeln vernunftbegabter, einsichts- und lernfähiger, freier und gleichberechtigter Menschen“.

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Carsten S. hat im NSU-Prozeß gestanden und umfassend ausgesagt. Er wurde vom Oberlandesgericht München am 11. Juli 2018 zu einer Jugenstrafe von drei Jahren verurteilt.

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Text 21. April 2017 von ondamaris auf 2mecs

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Deutschland

klirrende Kälte, schönste Sonne – in St. Peter Ording

Franks Mutter hält sich zur Reha in St. Peter Ording auf (künstliches Kniegelenk) – der ‚Krankenbesuch‘ bescherte uns schöne sonnige Winter-Momente. Einige Impressionen (pour nos amis francais: version francais en bas):

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Pfahlhaus am Strand von St. Peter Ording, Februar 2012
Pfahlhaus am Strand von St.Peter Ording, Februar 2012

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Frank in St. PeterOrding, Februar 2012
Frank in St.Peter Ording, Februar 2012

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La mère de Frank a reçu une articulation artificielle du genou et est à la rehabilitation à St.Peter Ording.
C’est un station balnéaire pas loin de Hambourg, ici un petit plan:

St. Peter Ording / Lage zu Hamburg (© OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA)
St. Peter Ording / Lage zu Hamburg (© OpenStreetMap und Mitwirkende, CC-BY-SA)

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Kulturelles

Ernst Barlach Ratzeburg

Am 24. Oktober 1938 stirbt der Bildhauer und Schriftsteller Ernst Barlach im Alter von 68 Jahren in einer Rostocker Klinik. Er wird in Ratzeburg beigesetzt.

Von 1877 bis 1884 lebte seine Familie in Ratzeburg, einer Kleinstadt im Süden von Schleswig – Holstein. Vater Dr. Georg Barlach betrieb im Haus in der Seestrasse neben der Stadtkirche St. Petri seine Arztpraxis.

Ernst Barlachs Grab (Fotos)

Die Grabstätte der Familie Barlach befindet sich auf dem sog. ‚Vorstadtfriedhof‚ in Ratzeburg. Dort wurde auch Ernst beigesetzt.

Ernst Barlach Grabstätte
Ernst Barlachs Grabstätte auf dem Friedhof von Ratzeburg
Ernst Barlach Grabstätte
Grabstätte von Ernst Barlach
Ratzeburg Ernst Barlach Grabstein
Ernst Barlach Grabstein

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Ernst Barlach Altes Vaterhaus

In Barlachs „Altem Vaterhaus“ befindet sich seit 1956 das Barlach-Museum. Betrieben wird es in Ratzeburg von der Ernst-Barlach-Gesellschaft, die auch das Barlach-Museum in Wedel betreibt. Besitzer des Hauses ist die Stadt Ratzeburg.

Ratzeburg Barlach-Museum
Barlach-Museum in Ratzeburg

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Ernst Barlach Plastik ‚Der Bettler‘ am Dom von Ratzeburg

Im Klosterhof des Ratzeburger Doms findet sich an der Nordwand seit 1978 die Barlach-Plastik „Der Bettler“ aus dem Jahr 1930. Es handelt sich um einen der acht 1978/79 auf Veranlassung der Nachlassverwaltung angefertigten Abgüsse des für die „Gemeinschaft der Heiligen“ am Katharinenkloster in Lübeck geschaffenen Werks. Der Abguss wurde dem Dom von der Familie Barlach geschenkt.

Barlach in ratzeburg: Ratzeburg Dom / Ernst Barlach 'Der Bettler' (Abguss)
Ratzeburger Dom: Ernst Barlach ‚Der Bettler‘ (Abguss)

(alle Fotos: August 2011)

 Ratzeburg Dom: Ernst Barlach 'Der Bettler' (Abguss, Foto April 2014)
Ratzeburg Dom: Ernst Barlach ‚Der Bettler‘ (Abguss, Foto April 2014)

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Barlach in St. Petri Ratzeburg

Barlach Ratzeburg St. Petri Lehrender Christus (1931)
Ratzeburg St. Petri – Lehrender Christus (Barlach 1931; Leihgabe) [Foto 6. Mai 2017]
Barlach Ratzeburg St. Petri Lehrender Christus - Positionierung
Ratzeburg St. Petri Lehrender Christus – Positionierung [Foto 30. April 2014]

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Ratzeburg – Sehenswert zu Ernst Barlach:

  • Ernst Barlach Museum, Barlachplatz 3, 23909 Ratzeburg
  • „Der Bettler“ (1930) – Bronzeguss einer Statue im Kloster-Innenhof des Ratzeburger Doms, gespendet 1979
  • „Lehrender Christus“ (1931) in der Kirche St. Petri in Ratzeburg
  • Grabstätte von Ernst Barlach
  • ‚Barlach-Blick‘

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HIV/Aids ondamaris Texte zu HIV & Aids

Wie wichtig sind uns Erinnern und Gedenken an die an Aids Verstorbenen?

New York gibt sich vielleicht bald einen grossen Park – zur Erinnerung, zum Gedenken, an all die an den Folgen von Aids verstorbenen Bürger. Den New York City Aids Memorial Park. Bravo, möchte man rufen – und zugleich sich vor Scham weg beugen. Vor Scham darüber, wie, in welcher Form wir in Deutschland oftmals der an den Folgen von Aids verstorbenen Mitbürger gedenken.

Nur wenige Städte in Deutschland (unter ihnen Berlin, Frankfurt und Köln) haben überhaupt dem Gedenken der an Aids Verstorbenen gewidmete Orte. Viele Orte haben – nichts. Oder kleine Initiativen, die mit Veranstaltungen gedenken, aber keinen Ort des Erinnerns haben. Die Städte, die einen Ort des Aids-Gedenkens aufweisen können, haben nur selten eine Form gefunden, die mehr ist als die kleine Form. Gedenken und Erinnern an die an Aids Verstorbenen – jenseits der Welt-Aids-Tags-Rituale findet es nur noch selten statt, wird es kaum noch beachtet. Vergessliches Aids?

Michael Jähme fragte im November 2011 “Brauchen wir eine neue Kultur des Erinnerns?“. Die Frage steht immer noch im Raum, einer Antwort harrend.

Ein Aids-Gedenk-Park mitten in Berlin (oder Köln, Hamburg, Stuttgart, München …) – warum nicht? Platz hat die Stadt genug – und allein in Berlin sind Tausende Menschen bisher an den Folgen von Aids verstorben.

Sollten wir die Kampagne für einen Aids Memorial Park in New York zun Anlass nehmen, auch hierzulande neu über Erinnern und Gedenken nachzudenken – und aktiv zu werden?

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Text 21. April 2017 von ondamaris auf 2mecs

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HIV/Aids ondamaris Texte zu HIV & Aids

New York Aids Memorial Park – Aids-Gedenken im West Village New York

Die Stadt New York hat im West Village einen Park als Aids-Gedenk-Ort errichtet – den Aids Memorial Park.

Aids Memorial Park – Idee und Planung

Ein Park zum Gedenken an die vielen tausend Aids-Toten der Stadt – das soll es nach dem Willen einer 2011 breit lancierten Kampagne in New York geben. Anfang 2012 wurde der Sieger des Design Entwurfs vorgestellt.

New York ist von der Aids-Epidemie besonders betroffen. Bereits 1981 wurde der erste Aids-Fall in New York City berichtet. Allein für das Jahr 2009 wurde nach Angaben des New York City Department of Mental Health and Hygiene geschätzt, dass weit über 100.000 Menschen mit HIV in der Stadt leben. Über 1.600 Menschen starben allein 2009 in New York City an den Folgen von Aids. Allen an den Folgen von Aids verstorbenen Bürgern New Yorks soll nun mit einem neu zu errichtenden Aids memorial park gedacht werden.

Sieger des im November 2011 gestarteten Design Wettbewerbs für einen Park-Entwurf: die Gruppe ’studio a+1′ (Mateo Paiva, Lily Lim, John Thurtle, Insook Kim, Esteban Erlich). Der Park soll dem Sieger-Entwurf zufolge mit drei Wänden von den ihn umgebenden Starssen abgeschirmt werden. In dem sich ergebenden Dreieck sollen Bäume wachsen. Getrennte Statuen, Skulpturen oder Plaketten soll es nicht geben. Der Park solle von der Reflektion über die Weite des Waldes leben. Unter dem Park soll ein Dokumentaionszentrum (learning centre) errichtet werden.

Der ‚Aids memorial park‘ könnte auf der so genannten ‚Triangle Site‘ entstehen. Die ‚Triangle Site‘ ist Teil des Geländes des ehemaligen St. Vincent’s Hospital und wird gebildet aus den drei Strassenzügen 7th Avenue, 12th Street und Greenwich Avenue. Der zukünftige Park läge zudem direkt gegenüber dem LGBT Community Center. Das Gebiet des ehemaligen St. Vincent’s Hospital wird derzeit restrukturiert.

Das frühere St. Vincent’s Hospital war die erste Einrichtung, in der Aids-Patienten behandelt wurden. Lange Zeit stellte es sozusagen den Mittelpunkt, das Epizentrum der Aids-Epidemie in New York dar.Das Krankenhaus ging im April 2010 pleite. Das Gelände wurde an eine Entwicklungs-Firma verkauft, die hier Luxuswohnungen errichten will. Allerdings wurden die Entwickler verpflichtet, als Teil des Projekts öffentliche Räume zu entwickeln und bereit zu stellen.

Die Initiative ‚Aids memorial park – campaign for a beautiful memorial park at St. Vincent’s campus‘ wurde 2011 gegründet. Ziel ist es, mit dem Park der über 100.000 Männer, Frauen und Kinder zu gedenken und sie zu ehren, die in New York City an den Folgen von Aids gestorben sind.

Aids Memorial Park – Streit um Entwurf

Der Eigentümer des Geländes Triangular Space, ‚Rudin Management‘, hat den mit dem ersten Preis prämierten Gestaltungs-Entwurf sofort nach Bekanntgabe zurückgewiesen. Man sei bereit, mit der Initiative für den ‚Aids Memorial Park‘ zusammen zu arbeiten. Der von ‚a+1‘ vorgerlegte Entwurf würde aber zu Verzögerungen im Baufortschritt führen und werde deswegen abgelehnt.

Bill Rudin, geschäftsführendes Vorstandsmitglied (CEO) von ‚Rudin Management‘ kündigte stattdessen an, das Unternehmen wolle mit seinen eigenen Planungen für das Gelände voranschreiten, man habe den Landschaftsplaner Rick Parisi damit beauftragt. Dabei solle sowohl der an den Folgen von Aids Verstorbenen gedacht als auch an die 160jährige Geschichte des St. Vincent’s Hospital erinnert werden.

Im September 2012 hat das Community Board ein modifiziertes Design für den in New York geplanten Aids Memorial Park auf dem Gelände des ehemaligen St. Vincent Hospitals verabschiedet.

Bis Oktober könnte der Planungs-Prozeß für den Aids Memorial Park abgeschlossen sein. Ein endgültiges Budget für die Realisierung wurde allerdings noch nicht beschlossen.

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siehe auch Kommentar: Wie wichtig sind uns Erinnern und Gedenken an die an Aids Verstorbenen?

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Text 21. April 2017 von ondamaris auf 2mecs, zuletzt aktualisiert 12. September 2012

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Nachdenkliches

Dämonen am Kiosk – ein nicht veröffentlichter Post

Ein Blick am Kiosk wühlte mich sehr auf. Erschrecken, Erinnerungen, und viele Fragen.

Gedanken sortierten sich, immer wieder neu. Worte fanden zusammen, und passten doch nicht. Textfetzen entstanden in Gedanken, auf Papier, im Rechner. Und fanden doch nicht zu einander.

Unaussprechliches. Unfassbares. Mangelnde persönliche, emotionale Distanz verhindert Schreiben. Gedanken zu inneren Dämonen, und Chancen und Risiken, sich ihnen zu nähern – sie scheitern derzeit.

Unfassbares bleibt ungenügend durchdacht. Gedachtes bleibt ungeschrieben. Geschriebenes bleibt unveröffentlicht.

Deswegen bliebt dies ein Post über einen unveröffentlichten Post.

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HIV/Aids ondamaris Texte zu HIV & Aids

Positiv na und ?

1981 veröffentlichte der Hamburger Schwulen-Aktivist und Autor Thomas Grossmann ein Taschenbuch unter dem programmatischen Titel „Schwul – na und?“. Ein Bändchen, das bald eine gewisse Bekanntheit erreichte, und das mit „Beziehungsweise andersrum“ 1986 eine Fortsetzung fand (darin, nebenbei bemerkt, u.a. auch ein Interview mit mir).

Damals, Mitte der 1980er Jahre, behagte mir der Titel von Grossmanns erstem Band nicht sehr. Ja, ich engagierte ihn direkt für eine Veranstaltung – in der Kleinstadt war das ein guter Weg, das Thema wie auch unsere neu gegründete Schwulengruppe bekannt zu machen. Aber dieses „na und?“, musste das sein? Klang es nicht fast entschuldigend? Mir schien der Titel damals zu defensiv, schien zu wenig eine offensivere Haltung auszudrücken.

„Sing, if you’re glad to be gay„, die Tom Robinson Band (TRB) drückte in ihrem Lied von 1976/78 (einer zu unrecht bei Schwulen in Deutschland in Vergessenheit geratenen Hymne schwulen Lebens zu Beginn der 1980er Jahre) mein Lebensgefühl viel eher aus. Ja, ich war stolz, schwul zu sein, endlich offen schwul. Wollte etwas unternehmen gegen die, die uns weiterhin unterdrücken woll(t)en. Und es machte mir einen Heidenspaß, mein Schwulsein auszuleben, meine mühsam errungene Freiheit in jedem Zug zu genießen. Grossmanns „na und“ – es schien mir damals eher einen verdrucksten, beinahe verklemmten Unterton zu haben.

Erst Jahre später entdeckte ich, dass dieses „na und“ auch anders lesbar ist.
Dass es eine wunderbare Gelassenheit, Unaufgeregtheit ausdrücken kann.
„Na und, stört dich irgendwas daran? Mich nicht …“

Wenige Jahre nach Erscheinen gerieten Grossmanns Bändchen in meinem Bücherschrank ein wenig in Vergessenheit. Die Aids-Krise überrollte uns. Auch ich wurde irgendwann von der (Schwulen-) ‚Bewegungsschwester‘ zum ‚Aids-Aktivisten‘. Jüngst kam Grossmanns „Schwul na und“ wieder zum Vorschein. Und erinnerte mich, an damals, an schwule Bewegungen, an mein Lebensgefühl damals, auch an die Aids-Krise, an die „schlimmen Jahre“.

Was sich alles verändert hat. Auch im Leben mit HIV und mit Aids. Der ‚grosse Horror‘ wie ich ihn Ende der 1980er / Anfang der 90er empfand ist (in den wohlhabenden Industriestaaten) nicht mehr. Das Leben besteht auch für HIV-Positive aus so viel mehr als Helferzellen und Viruslast.

Ist es nun an der Zeit auch zu sagen „Positiv – na und?“

„ positiv na und “ wäre Ausdruck eines Umgangs mit mir selbst, einer Haltung, einer Selbst-Sicht. Einer Sicht, die dabei nicht negiert, dass Positive weiterhin diskriminiert, stigmatisiert, kriminalisiert werden. Einer Sicht die vorher fragt, wie sehe ich mich selbst, wie gehe ich mit mir um – und wie bewege ich mich dann damit in der Gesellschaft

„ positiv na und ? “ – das hieße dann auf einer persönlichen Ebene vielleicht: ‚ja, ich habe HIV. Ich mache mir Gedanken darüber, was das für mich und mein Leben bedeutet. Aber ich mach kein Drama draus. Gehe verantwortlich mit mir und meinem Mitmenschen um. HIV steht nicht im Mittelpunkt meines Menschseins. Und es definiert mich nicht – ich definiere mich nicht darüber, und ich will darüber auch nicht von anderen definiert werden. Ich mach‘ kein Drama draus – mach du es auch nicht.‘

Ist es dann – gerade auch in diesem Sinne – an der Zeit, all jenen, die meinen immer noch Menschen mit HIV diskriminieren und stigmatisieren zu können, ein beherzt selbstbewusstes „positiv – na und?“ zu entgegnen? Und zwar zahlreich?

„ positiv  na und ? “ – das könnte dann in diesem Sinne sagen „Ich bin HIV-positiv. Na und? Hast du ein Problem damit? Dann löse es selbst. Kümmere dich um  dein Problem – und mach es nicht zu meinem. Halse es mir nicht auf. Denn ich komm damit ganz gut klar. Ich bin HIV-positiv – na und?“

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Text 25.02.2016 von ondamaris auf 2mecs

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Hamburg Homosexualitäten

Pool Sauna Hamburg – ehemalige schwule Sauna abgerissen

Lang lang ist’s her, da gab es in Hamburg schwule Saunen die hießen ‚Club Uhlenhorst‚ und später auch ‚ Pool Sauna ‚. Längst gibt es beide nicht mehr. Das Gebäude, in dem sie sich einst befand, wurde Ende 2011 abgerissen.

Pool Sauna – ehemaliges Gebäude abgerissen

abgerissen - das Gebäude der früheren schwulen Pool Sauna
abgerissen – das Gebäude der früheren schwulen Pool Sauna

Die ‚Pool-Sauna‘ wurde im Herbst 1982 in Hamburg eröffnet (Pulverteich 25). Sie wirkte damals wie ein ‚Gegen-Entwurf‘ zum stilistisch inzwischen etwas verstaubt wirkenden ‚Club Uhlenhorst‘ mit seinem griechelnden Ambiente, ein Hauch ‚New Wave‘ in der schwulen Sauna-Kultur.

Anzeige für die 'Pool Sauna', 1982
Anzeige für die ‚Pool Sauna‘, 1982

Lange hielt die ‚Pool-Sauna‘ sich nicht – nach wenigen Jahren wurde sie geschlossen. Später beherbergte das Gebäude mehrere Jahre lang einen Hetero-Club – eine schwule Sauna siedelte sich bald gleich nebenan an, die ‚ Dragon Sauna ‚.

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Erinnerungen Paris

1989 / 90: Einige Tage mit dir – Jean-Philippe

Im Frühsommer 1989 lernte ich Jean-Philippe kennen. Einen der Menschen, die ich liebe. Im Herbst 1990 starb Jean-Philippe in Paris an den Folgen von Aids. Dazwischen liegen viele intensive Erlebnisse mit- und füreinander. Über einige, einen kleinen Ausschnitt, erzähle ich in der kleinen Mini-Serie „Einige Tage mit dir“.

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Einige Tage mit dir – die Mini-Serie:

1. Conti & co.
2. Sternenhimmel
3. Fühlt euch wie zuhause
4. Tristesse in Pigalle
5. Allooo, isch Jean-Philippe Muutti
6. Le Vaudeville
7. Wo bin ich?

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Zwei Nachbemerkungen:
1. Über Jean-Philippe und unsere gemeinsame Zeit habe ich viel geschrieben, seit Jahren. Privat, rein für mich. Viele Seiten sind gefüllt, viele Gefühle und Erinnerungen versucht festzuhalten. Viele Bilder im Kopf versucht in Worte zu fassen. Nur einige wenige sehr enge Freunde und Bekannte kennen den gesamten Text. Nun, das wurde mir im Dezember 2011 klar, ist es für mich an der Zeit, zumindest einen kurzen Auszug zu erzählen.

2. Den Titel der Mini-Serie „Einige Tage mit dir“ habe ich entliehen in Annäherung an den wunderbaren Film (1988) von Claude Sautet „Quelques jours avec moi“ (Einige Tage mit mir) mit Daniel Auteuil und Sandrine Bonnaire.