Das Emsland, das sich lange Zeit erfolgreich in Verdrängen und Vergessen übte, hat endlich eine offizielle Gedenkstätte für „die Hölle im Moor“ – die ‚Gedenk- und Dokumentationsstätte Esterwegen‘.
Das KZ Esterwegen, schon im Sommer 1933 eingerichtet, war neben dem KZ Börgermoor und dem KZ Neusustrum eines der ersten KZ überhaupt, die die Nazis errichten ließen. Auch Homosexuelle waren Insassen im KZ Esterwegen. Besonders viele Homosexuelle waren im (ebenfalls zu den Emslandlagern gehörenden) Lager V in Neusustrum inhaftiert.
Im August 2008 war ich nach vielen Jahren wieder im Emsland, und ich kann mich gut erinnern – an das Gefühl der Erschütterung, wie mit dem Gedenken an die Emslandlager umgegangen wurde, selbst 2008 noch, über 60 Jahre nach Ende der NS-Herrschaft.
Ja, es hatte sich etwas verändert gegenüber Ende der 1970er / Anfang der 1980er Jahre, als es nahezu nichts gab an Gedenken, außer einer kleinen um Studenten der Oldenburger Universität herum entstandenen Initiative. Aber die Veränderung schien mir nur graduell. Weiterhin Vergessen und Verdrängen.
Börgermoor – das Lager, in dem das „Lied der Moorsoldaten“ entstand, war (und ist, wenn ich Fernsehberichte der letzten Tage sehe, immer noch) ein wilder Platz, eine ehemalige Gärtnerei. An das Lager Börgermoor erinnern einzig eine verschämte kleine Tafel, ein Findling.
In Neusustrum, dem vergessenen Lager der Homosexuellen, sah (und sieht) das Gedenken noch bizarrer aus: ein Fußball-Platz befindet sich (unkommentiert) auf den Gelände der früheren Häftlings-Baracken; an das Lager erinnern eine Tafel und – der Lager-Park, angelegt von den Häftlingen und (zumindest 1998) immer noch mit einem 1934 von der SA errichteten ‚Denkmal‘.
Einzig in Esterwegen befand sich damals, 2008, ein Dokumentationszentrum (DIZ), betrieben von der rührigen aus dem Kreis der damaligen Oldenburger Studenten hervorgegangenen Initiative.
“Ich gehe davon aus (und anders kann es eigentlich nicht sein), dass für eine neue Ausstellung in der Gedenkstätte Esterwegen, die unter Trägerschaft der vom Landkreis Emsland eingerichteten Gedenkstätte Stiftung Esterwegen und in Zusammenarbeit mit uns konzipiert werden soll, Recherchen zu allen in den Emslandlagern inhaftierten Opfergruppen stattfinden und diese Gruppen auch anders als bisher eine breitere Erwähnung/Darstellung finden müssen. Durch mehrere Arbeiten, die Sie auch erwähnen, gibt es hierfür einige Grundlagen. Bisher haben allerdings noch keine Diskussionen über eine Ausstellungskonzeption stattgefunden.”
Dieses Dokumentationszentrum ist nun aufgegangen in der jetzt endlich eingeweihten ‚Gedenk- und Dokumentationsstätte Esterwegen‘.
Und es ist zu hoffen, dass zukünftig an allen ehemaligen Lager-Orten würdige Formen des Gedenkens gefunden werden. Dass Verdrängen und vergessen in der Region endlich ein Ende haben. Und dass an alle Opfer-Gruppen, auch an die Homosexuellen, erinnert wird.