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HIV/Aids ondamaris Texte zu HIV & Aids

Nationaler Aids-Beirat: Ergänzung um zusätzlich zwei HIV-Positiven – Vertreter

Der Nationale Aids-Beirat wird nach Angaben des Bundesministeriums für Gesundheit um zwei Vertreter aus HIV-Positiven-Selbsthilfe ergänzt.

Der ‘Nationale Aids-Beirat’ konstituierte sich erstmals im Dezember 1986 zu Zeiten von Bundesgesundheitsministerin Rita Süssmuth. Sein Ziel war es, die Bundesregierung in Fragen der nationalen Aids-Politik zu beraten. Im Oktober 2010 löste der damalige Bundesgesundheitsminister Rösler den  Nationalen Aids-Beirat auf (siehe ‘Nationaler Aids-Beirat – quo vadis?‘). Kurz darauf wurde eine Neu-Konstituierung des Nationalen Aids-Beirats veranlasst.

HIV-Positive fühlten sich und ihre organisierte Selbsthilfe nicht adäquat vertreten – und diskutierten Notwendigkeit und Inhalte einer Positiven-Interessenvertretung im Nationalen Aids-Beirat. In Gesprächen insbesondere zwischen Bundesministerium für Gesundheit und Deutscher Aids-Hilfe wurde die Frage thematisiert.

Das Bundesministerium für Gesundheit teilte nun auf Anfrage eines ondamaris-Lesers (siehe Kommentar) mit

„Nach einem Dialog mit Betroffenen und Interessenvertretern haben wir entschieden, bis zu zwei weitere Mitglieder aus dem Kreise der Selbsthilfe zu benennen. Wir haben die AIDS-Beirat Mitglieder gebeten, uns geeignete HIV-positive Menschen zu benennen und erwarten in Kürze entsprechende Vorschläge.“

Die Deutsche Aids-Hilfe geht von einer Nach-Berufung der beiden HIV-Positiven noch vor der nächsten Sitzung des Nationalen Aids-Beirats aus.

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Die (insbesondere auch auf ondamaris geführten) Debatten um die Frage, wie die Interessen HIV-Positiver im Nationalen Aids-Beirat vertreten werden, scheinen Früchte getragen zu haben.

Dem Bundesministerium für Gesundheit gebührt Anerkennung für seine Bereitschaft, die Nominierung zu überdenken und um zwei Vertreter aus der Selbsthilfe HIV-Positiver zu erweitern – und HIV-Positiven sowie der Deutschen Aids-Hilfe gebührt Dank für ihr Engagement in ‚eigener Sache‘.

Nun sind zwei  aktive Mitstreiter/innen gefragt – für eine engagierte und an den Interessen HIV-Positiver orientierte Mitarbeit im nationalen Aids-Beirat.

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Text 19. April 2017 von ondamaris auf 2mecs

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Deutschland Frankreich

8. Mai 1945 – Tag der Befreiung in Frankreich und Deutschland

Tag der Befreiung – oder Gedenktag? Der 8. Mai 1945 markiert ein besonderes Ereignis – das in Frankreich und Deutschland immer noch sehr unterschiedlich gewürdigt wird.

8. Mai 1945

Berlin – Karlshorst, 8. Mai 1945. In der Nacht zum 9. Mai unterzeichnen Generalfeldmarschall Keitel, Generaladmiral von Friedeburg und Generaloberst Stumpff im Gebäude des ehemaligen Offizierskasinos der Pionierschule 1 der Wehrmacht (dem heutigen ‘Deutsch-russischen Museum Karlshorst’) die bedingungslose Kapitulation Deutschlands. Damit endet in Europa der Zweite Weltkrieg und in Deutschland kurz darauf die NS-Diktatur.

Deutsch-russisches Museum Berlin-Karlshorst
Deutsch-russisches Museum Berlin-Karlshorst

Schon einen Tag zuvor, am 7. Mai 1945, hatte in Reims eine Unterzeichnung der bedingungslosen Kapitulation stattgefunden – die aus protokollarischen Gründen am 8. Mai 1945 in Karlshorst im Hauptquartier der sowjetischen 5. Armee wiederholt wurde. Beide Kapitulationen erfolgten vor Vertretern aller Alliierten.

Karlshorst Gedenktafel Kapitulation
Karlshorst Gedenktafel Kapitulation

Bei der Reimser Kapitulation war bereits die erneute Unterzeichnung der Kapitulation auch durch Vertreter des Oberkommandos der Wehrmacht sowie der Oberbefehlshaber von Luftwaffe, Heer und Marine für einen späteren Zeitpunkt verbindlich vereinbart worden.

Und am 8. Mai 1945 verkündet General de Gaulle – der mit seinem Appell vom 18. Juni 1940 zum Widerstand aufgerufen hatte – den Franzosen offiziell das Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Nazi-Besetzung Frankreichs ist endgültig beendet, ebenso die Herrschaft des Kollaborateurs Pétain. Keine Demarkationslinie mehr in Frankreich. Der 8. Mai – in Frankreich der ‚Tag der Befreiung‘, in Deutschland kein Feiertag, sondern einer des Gedenkens.

8. Mai – Tag der Befreiung vom Faschismus

Der 8. Mai – ein Tag der Befreiung, und doch, mit unterschiedlicher Gedenk-Kultur. In vielen europäischen Staaten ist der 8. Mai Gedenk- und Feiertag, oft als Tag der Befreiung oder V-E-Day (Victoy in Europe). In Frankreich, Tschechien sowie der Slowakei ist der 8. Mai zudem offizieller Feiertag.

Nicht alle Staaten feiern am 8. Mai. In den Niederlanden ist der Bevrijdingsdag bereits am 5. Mai (Tag der Teilkapitulation der deutschen Wehrmacht im Nordwesten).

Russland gedenkt am 9. Mai

Und in Russland wird nicht der 8. Mai, sondern der 9. Mai als offizielles Datum der Kapitulation Nazi-Deutschlands begangen.

Der Grund: die Zeitverschiebung. Die Ratifikationsurkunde wurde in Karlshorst um 23:15 westeuropäischer Zeit unterzeichnet – nach Moskauer Zeit war es da bereits 02:15 Uhr und einen Tag weiter – 9. Mai.

Und Deutschland? Und in Frankreich?

8. Mai in Frankreich – Tag der Befreiung

Geschichte des 8. Mai als Feier- und Gedenktag in Frankreich

Der 8. Mai hat als Gedenk- und Feiertag in Frankreich eine wechselvolle Geschichte:

  • Bereits seit 1946 ist der 8. Mai in Frankreich ein Tag öffentlicher Feiern.
  • 1975 entscheidet Staatspräsident Valéry Giscard d’Estaing, den 8. Mai nicht mehr als Feiertag zu begehen, und auch nicht mehr (wie bisher) als Tag des Sieges über Nazi-Deutschland zu feiern – auch um die deutsch-französische Freundschaft zu würdigen, und die Europäer anzuregen, über ihre gemeinsame Zukunft nachzudenken.
  • Seit Amtsantritt von François Mitterrand 1981 ist der 8. Mai in Frankreich arbeitsfrei – und Mitterrand macht ihn wieder zu einem nationalen Feiertag. Allerdings wird nun nicht mehr des Siegs über Nazi-Deutschland gedacht, sondern um Freiheit und Demokratie zu feiern.
8. Mai – Tag der Befreiung
8. Mai – Tag der Befreiung, Tag der Freiheit und des Friedens

An die Verkündung des Endes des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai 1945 erinnern an vielen Orten Frankreichs Plätze, die nach dem 8. Mai benannt sind, sowie Plaketten mit dem Text der Rede de Gaulles:

Place du 8 Mai 1945
Place du 8 Mai 1945 in Marennes

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8. Mai in Deutschland – Tag des Gedenkens

Und der 8. Mai in Deutschland?

Geschichte des 8. Mai als Feier- und Gedenktag in Deutschland

Am 8. Mai 1945 unterzeichneten Vertreter der deutschen Regierung in Berlin-Karlshorst gegenüber den Alliierten die Kapitulationsurkunde. Der Tag wurde in großen Teilen der deutschen Gesellschaft lange statt als Tag der Befreiung eher als Tag der Kapitulation oder Niederlage empfunden.

Gedenkkultur an den 8. Mai? Auch die ist in Deutschland nach dem Krieg (mindestens) zweigeteilt:

  • Die DDR beging seit 1950 den 8. Mai als ‘Tag der Befreiung‘ (bis 1967 auch als gesetzlicher Feiertag).
  • Die BRD feiert den 8. Mai nicht.

In der Bundesrepublik wurde der 8. Mai lange Jahre als Tag der Kapitulation oder Tag der Niederlage verstanden. Befreiung von Krieg und Diktatur waren in Nachkriegs-Westdeutschland keine prägenden Merkmale des Gedenkens am 8. Mai.

Erst der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker spricht in seiner bewegenden Rede anlässlich des 40. Jahrestags des Kriegsendes 1985 erstmals deutlich vom 8. Mai als “Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus” (und erwähnt in seiner Rede erstmals auch Homosexuelle, bisher ‚vergessene NS-Opfer‘). Doch auch Weizsäcker betonte:

“Der 8. Mai ist für uns Deutsche kein Tag zum Feiern. Die Menschen, die ihn bewusst erlebt haben, denken an ganz persönliche und damit ganz unterschiedliche Erfahrungen zurück. Der eine kehrte heim, der andere wurde heimatlos. Dieser wurde befreit, für jenen begann die Gefangenschaft.”

Es brauchte weitere 15 Jahre, bis der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder am 8. Mai 2000 feststellte:

“Niemand bestreitet heute mehr ernsthaft, dass der 8. Mai 1945 ein Tag der Befreiung gewesen ist – der Befreiung von nationalsozialistischer Herrschaft, von Völkermord und dem Grauen des Krieges.”

Ein Feiertag, ein Tag des Feierns der Befreiung von Faschismus und NS-Diktatur, ist der 8. Mai in Deutschland immer noch nicht.

Die große Ausnahme: im Jahr 2020 ist der 8. Mai aus Anlass des 75. Jahrestags der Befreiung vom Nationalsozialismus ein Feiertag – nur in Berlin, und nur einmalig in diesem Jahr. Dies beschloß das Abgeordnetenhaus von Berlin am 24. Januar 2019. In Brandenburg ist eine ähnliche Initiative in der Diskussion.

Der 8. Mai 2025, Tag an dem sich das Ende des 2. Weltkriegs in Europa zum 80. Mal jährt, soll in Berlin ein Feiertag sein. Dies sieht ein Gesetzentwurf vor, den der Senat von Berlin dem Landesparlament im Dezember 2023 vorlegen will.

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 „Es gab noch nie einen guten Krieg oder einen schlechten Frieden.”
Benjamin Franklin (1706 – 1790)

 “Den ungerechtesten Frieden finde ich immer noch besser als den gerechtesten Krieg.”
Marcus Tullius Cicero (106 – 43 v.Chr.)

 “Wir, die Bürger der erweiterten Bundesrepublik, können den 8. Mai als ‘Tag der Befreiung’ nur dann aufrichtig zum Ausgangspunkt einer politischen Selbstverständigung machen, wenn wir uns dieser retrospektiven Deutung zu gleich als des Ergebnisses eines Jahrzehnte währenden Lernprozesses vergewissern.
(Jürgen Habermas, Rede zur 50. Wiederkehr des 8. Mai 1945 in der Frankfurter Paulskirche)

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Homosexuelle in Frankreich und Deutschland nach 1945 – Befreiung und Kontuinuität

Für Homosexuelle war der 8. Mai 1945 in Frankreich wie in Deutschland ein Tag der Befreiung – und doch die Zeit danach auch geprägt von bitterer Kontinuität.

In Frankreich blieb das 1942 unter der Kollaborations-Regierung von Pétain eingeführte Sonder-Strafrecht gegen Homosexuelle auch nach 1945 bestehen. Die Regelung nach 1945, nach der Befreiung vom Faschismus, bereits unter der Regierung von de Gaulle, ist nahezu im Wortlaut identisch mit der Pétains von 1942.
Erst 1980 unter der Präsidentschaft von Francois Mitterrand (gewählt 10. Mai 1981; gestorben 8. Januar 1996) und auf Vorschlag von Justizminister Robert Badinter wird Artikel 330 Absatz 2 im Rahmen einer Neudefinition verschiedener sexueller Straftaten völlig aufgehoben.

In Deutschland bleibt auch nach 1945 in der Bundesrepublik die von den Nazis 1935 verschärfte Version des §175 unverändert bis 1969 Gültigkeit. In der DDR galt ab 1950  Paragraph 175 in der Version vor der NS-Verschärfung.
Sämtliche KZ werden befreit und aufgelöst, auch das Lager Neusustrum – derjenige Ort in Deutschland, an dem in der NS-Zeit die meisten Homosexuellen inhaftiert waren. Doch einige bleiben – wie das Enmsland- Lager Versen – als Straflager bestehen, in dene auch wieder Homosexuelle inhaftiert werden.

8. Mai – das vergessene Gedenken in Frankreich

Der 8. Mai 1945 steht in Frankreich nicht nur für die Befreiung vom Faschismus.

Ab dem 8. Mai 1945 wurden Tausende Algerier von französischen Soldaten ermordet – das Massaker von Sétif. Ihr ‚Verbrechen‘: sie forderten die Befreiung von der Besatzung (Algeriens durch die Franzosen). Am Tag der Feier der eigenen Befreiung wurde die anderer niedergeschossen …

In Algerien wird des Massakers regelmäßig gedacht – erst 2015 nahm erstmals offiziell ein Staatssekretär Frankreichs (Jean-Marc Todeschine, Staatssekretär für Veteranen) daran teil.

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weitere Informationen:
Deutsch-Russisches Museum Berlin-Karlshorst
Richard von Weizsäcker: Ansprache zum 40. Jahrestag der Beendigung des Krieges in Europa und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, 8. Mai 1985 in der Gedenkstunde im Plenarsaal des Deutschen Bundestages (online u.a. beim DHM)
Gerhard Schröder: Rede anlässlich der Ausstellungseröffnung “Juden in Berlin 1938 – 1945″ im Centrum Judaicum Berlin am 8. Mai 2000 (online)
Kapitulations-Urkunde, Karlshorst 8.Mai 1945 (Seite 1, Seite 2)
The German Surrender Documents

siehe auch:
Chemins du Mémoire / 8. Mai 1945
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Frankreich

Baden gefährlich – Baïnes

Baden gefährlich Baïnes: Die Bade-Saison beginnt hoffentlich bald wieder – im klimatisch begünstigten Aquitanien noch früher als in hiesigen Breiten, und die Surfer dürften eh schon längst wieder in Scharen auf gute Wellen warten …

Insbesondere die Cote d’Argent vor der Küste Aquitaniens ist dabei kein ungefährliches Bade-Revier – besonders wegen der berüchtigten und gerade von Touristen oft unterschätzten ‚Baïnes‘.

Baïnes (wörtlich etwa ‚Bäder‘) sind vorübergehende oder ständige Vertiefungen im Meeresboden in Strandnähe, die ggf. bei Ebbe sichtbar, bei Flut jedoch nicht erkennbar sind. Dieses Phänomen tritt an vielen Küsten auf, in Frankreich besonders in der Bretagne und an der Cote d’Argent.
Sie werden geformt von starkem Tidenhub (Tidenhub = Unterschied zwischen tiefstem und höchstem Wasserstand (Pegel) des Meeres) und schwerem Wellengang. Das besonders Gefährliche: in diesen Baïnes können völlig andere (und starke) Strömungen als an der Wasseroberfläche herrschen, z.B. auch parallel zum Küstenverlauf oder auf’s Meer hinaus. Zudem kann in ihrer Nachbarschaft (z.B. auf Sandbänken) plötzlich der Sandboden weg brechen und zu starken Vertiefungen führen – eine häufige Quelle von Bade-Unfällen.

Nicht umsonst warnt das „Annuaire des Marées“ (Tiden-Kalender) jedes Jahr wieder

„Vorsicht! Wasserströmungen (baines)
Wasserströmungen kommen aufgrund des Sandbodens hauptsächlich an der Küste Aquitaniens vor. Das ist ein Gebiet, das scheinbar ungefährlich ist, da es dort keine Wellen gibt, aber 2 oder 3 Stunden vor dem Ende der Flut oder der Ebbe bildet sich durch die Verwirbelung (Hinein- und Hinausströmen des Wasssers) eine starke Strömung und zieht Sie ins offene Meer. Wenn Sie ins offene Meer gezogen werden, müssen Sie sich von der Strömung tragen lassen.“

Und nicht umsonst finden sich an fast allen relevanten Zugangsstellen Hinweis-Schilder

Eine anschauliche Animation, die erläutert, wie Baïnes entstehen, findet sich bei ‚sauvmer‚; gute Erläuterungen bietet auch ‚nageur.sauveteur‚ (beide mit Texten in französischer Sprache).
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Frankreich Lacanau

der schwule Strand nahebei

Meeresfrüchte, Radfahren, Sonnenuntergänge – viele Gründe, die Region um Lacanau zu lieben. Ein weiterer ist dieser:

am Strand von Le Porge 2006
am Strand von Le Porge 2006

der schwule Strand von Le Porge Ocean

… zudem mit dem Vorteil, mittags oder abends sich für einen leckeren Imbiss aus den Dünen oder vom Strand zu einer der (wenigen) Strand-Restaurants trollen zu können …

Le Porge Océan 2010
Le Porge Océan 2010

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Kulturelles

Armillarsphäre von Santucci – Erde ist Mittelpunkt der Welt

Die Die Erde ist der Mittelpunkt der Welt, alle Körper am Himmel drehen sich um die Erde – dieses Weltbild zeigt eindrucksvoll die Armillarsphäre von Santucci, die im Escorial zu sehen ist. Ein geozentrisches Weltbild, das von der katholischen Kirche noch lange verteidigt wurde …

Armillarsphären sind astronomische Geräte, die entweder der Messung von Koordinaten am Himmel oder der Darstellung der Bewegung von Himmelskörpern dienen.

Eine Armillarsphäre besteht aus mehreren, gegeneinander drehbaren Metallringen, die insgesamt die Form einer Kugel bilden. Dieses Gebilde ist in der Regel in einem Gestell montiert. Der gedachte Beobachter befindet sich im Mittelpunkt der Kugel.“ (wikipedia)

Santuccis Armillarsphähe von 1582, die im Escorial unweit von Madrid zu sehen ist, war Abbild des geozentrischen Weltbilds der damaligen Zeit, demzufolge die Erde im Mittelpunkt des Universums steht, Mond, Sonne und Planeten umkreisen die Erde.

geozentrisches Weltbild

Das geozentrische Weltbild entstand in der griechischen Antike – festgeschrieben für beinahe 1.500 Jahre von Claudius Ptolemäus in seinem Werk „Mathematices syntaxeos biblia XIII“ (deswegen auch ptolemäisches Weltbild). Es wurde bald von der christlichen Kirche übernommen – und gegen jeglichen Versuch der Änderung erbittert verteidigt. Nachhaltige Zweifel am geozentrischen Weltbild entstanden erst in der Renaissance, mit Giordano Bruno und Galileo Galilei sowie teilweise Tycho Brahe.

Antonio Santucci, in Pomarance geborener italienischer Astronom und Wissenschaftler, lehrte ab 1599 an der Universität zu Pisa Mathematik. Zugleich diente er sowohl Ferdinand I. von Medici wie auch dessen erstem Sohn Cosimo de Medici als Astronom und Kartograph. Im Jahr 1582 stellte Santucci die Pracht – Armillarsphäre für Kardinal Ferdinand von Medici fertig. Dieser schenkte sie im selben Jahr Philipp II. von Spanien – seit 1593 wird sie im Escorial aufbewahrt.

heliozentrisches Weltbild

Das dem geozentrischen Weltbild folgende heliozentrische Weltbild (die Planeten bewegen sich um die Sonne) basiert (zumindest in Europa) auf Arbeiten von Kopernikus und Kepler.

Nikolaus Kopernikus (19. Februar 1473 Thorn – 24. Mai 1543 Frauenburg) veröffentlichte kurz vor seinem Tod „De revolutionibus orbium coelestium“ (Über die Umschwünge der himmlischen Kreise), es gilt als „Musterbeispiel für eine wissenschaftliche Umwälzung“ (Thomas S. Kuhn, Wissenschaftsphilosoph, 1922 – 1996). Darin findet sich u.a. der Satz

So lenkt die Sonne, gleichsam auf königlichem Thron sitzend, in der Tat die sie umkreisende Familie der Gestirne.

Der Übergang vom geozentrischen zum heliozentrischen (kopernikanischen) Weltbild wird auch als ‚kopernikanische Wende‘ bezeichnet.  Das auf Naturbeobachtungen beruhende und mathematisch exakte Modell kann auch als Ausdruck eines beginnenden säkularen Verständnisses der Welt gesehen werden.

Heute gilt auch das heliozentrische Weltbild als veraltet – ersetzt durch das Relativitätsprinzip, als dessen Begründer letztlich wiederum Galileo Galilei gilt.

Das heliozentrische Weltbild galt lange als ‚antireligiös‘; das geozentrische Weltbild wurde von der katholischen Kirche lange verteidigt. Erst 1757 wurde zumindest ein Bann gegen Werke aufgehoben, die ein heliozentrisches (auch: kopernikanisches) Weltbild vertreten. Und erst am 11. September 1822 entschied die Kongregation der Inquisition, dass die Publikation von Werken, die mit dem damaligen (heliozentrischen) Stand der Astronomie überein stimmten, erlaubt sei. Galileo Galilei wurde von der katholischen Kirche am 31. Oktober 1992 formal rehabilitiert – über 380 Jahre nach seiner Entdeckung, dass die Erde nicht der Mittelpunkt aller Himmelsbewegungen ist.

Die Armillarsphäre von Santucci – Fotos

Armillarsphäre Santucci
Armillarsphäre Santucci
Armillarsphäre Santucci
Armillarsphäre Santucci
Armillarsphäre Santucci
Armillarsphäre Santucci
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Frankreich Politisches

Philippe Petain – Vichy-Frankreich kooperiert mit Nazi-Deutschland

Philippe Petain (Henri Philippe Benoni Omer Joseph Pétain) wurde am 24. April 1856 im Artois geboren. Der Soldat und Politiker wurde zum Symbol für die Kollaboration von Teilen Frankreichs mit Nazi-Deutschland. Er starb am 23. Juli 1951.

Den Krieg von 1870 erlebt Pétain als Fünfzehnjähriger – und ist beeindruckt. Mit 20 meldet er sich bei der zur Aufnahmeprüfung an der Kriegsakademie von St. Cyr und wird aufgenommen. 1922 macht er hier den Abschluss. Schon früh wird der spätere Marschall Ferdinand Foch auf Pétain aufmerksam, u.a. aufgrund seiner an der Akademie aufgestellten Theorien.

Philippe Petain ist vor dem 1. Weltkrieg ein Offizier, der sich nicht oder wenig für Politik interessiert. Auch in der Dreyfus-Affäre positioniert er sich nicht.

Pétains Karriere – er ist inzwischen 58 Jahre alt – steht bei Beginn des 1. Weltkriegs vor ihrem Ende. Doch in Schlachten wie an der Marne ist Pétain als Brigadegeneral sehr erfolgreich – auch weil er bald die Notwendigkeit erkennt, militärisch anders als zuvor geplant und bewährt vorzugehen.

Im Februar 1916 wird Pétain für den Frontabschnitt Verdun zum Oberbefehlshaber ernannt. Pétain spricht sich gegen eine ‚Offensive um jeden Preis‘ aus, verändert die Art der französischen Kriegsführung („es geht  nicht darum Land, sondern die Schlacht zu gewinnen„, sog. ‚Direktive Nr. 4‘). Eine seiner ersten Aufgaben als Oberbefehlshaber: eine Meuterei einer großen Anzahl von Soldaten (ein Drittel der französischen Armee) niederschlagen. Mit Mühe setzt er sich durch.

Bei Kriegsende will Pétain (im Gegensatz zur Regierung sowie zu Marschall Foch, mit dem sich die Spannungen seit Monaten verschärft haben) keinen Waffenstillstand. Er strebt einen vernichtenden Gegenangriff auf deutsches Gebiet an – einen vernichtenden Sieg gegen Deutschland. Doch er kann sich nicht durchsetzen, aus politischen Erwägungen (auch vor dem Hintergrund des Kriegseintritts der USA).

Philippe Petain wird am 8. Dezember 1918 im Alter von 62 Jahren in Metz zum Marschall ernannt, der höchsten französischen militärischen Auszeichnung. Und dennoch, Pétain fühlt sich angesichts des Waffenstillstands um den in seinen Augen möglichen vernichtenden Sieg gegen Deutschland geprellt.

1925, inzwischen 70 Jahre alt, macht Pétain einen jungen Absolventen der Militärschule zu seinem Adjutanten: Charles de Gaulle. Pétain leitet eine massive Militäraktion gegen den Berber-Aufstand in Marokko – den er schon nach einem Jahr erfolgreich beendet. Immer mehr wird Pétain zu einer bedeutenden Figur auf der politischen Bühne. 1929 wird er Mitglied der Academie Francaise – als Nachfolger von Foch.

Am 6. Februar 1934, nach massiven Demonstrationen der politisch extremen Rechten, ernennt der dem zurückgetretenen Daladier folgende neue Premierminister Gaston Doumergue Pétain zum Kriegs-Minister. Pétain wird damit vom Militär zu einem der führenden Politiker Frankreichs. Er findet deutliche Worte:  „Frankreich hat den Krieg gewonnen und ist nun dabei, den Frieden zu verlieren“ – Pétain spricht sich immer deutlicher gegen das demokratische System und für autoritäre Strukturen aus, interessiert sich für eine antiparlamentarische Bewegung (‚le redressement francais‚). Bereits früh warnt er vor der Aufrüstung Nazi-Deutschlands. Ende 1934 beim Sturz der Regierung Doumergue tritt Pétain als Kriegsminister ab.

Im März 1939, im Alter von 82 Jahren, wird Pétain französischer Botschafter im franquistischen Spanien. Am 3. September 1939, nach der Kriegserklärung Frankreichs an Deutschland, lehnt Pétain ein Angebot Daladiers ab, in die französische Regierung einzutreten.

Nach dem deutschen Angriff auf Frankreich wird Pétain am 18. Mai 1940 von Ministerpräsident Reynaud (der auf den am 20. März 1940 zurückgetretenen Daladier gefolgt war) zum Vize-Ministerpräsident ernannt. Sofort versucht er entgegen den Erwartungen Reynauds (sowie Churchills), den Krieg zu beenden, durch einen Waffenstillstand mit Deutschland („Wir können nicht schon wieder völlig ausbluten„, 13.6.1940).

Die französische Regierung unter Premierminister Reynaud flieht vor den heranrückenden deutschen Truppen nach Bordeaux. Paul Reynaud selbst überträgt Pétain am 16. Juni 1940 die Regierungsverantwortung, beauftragt ihn mit der Bildung einer Regierung. Einzig Charles de Gaulle, nach London geflohen, ruft von dort zum Widerstand auf.

Noch am selben Tag sondiert Pétain bei der deutschen Regierung mögliche Bedingungen für einen Waffenstillstand. Am 22. Juni 1940 unterzeichnet Pètain im Wald von Compiegne das Waffenstillstandsabkommen mit NS-Deutschland.Die Unterzeichnung erfolgt in exakt dem Waggon, in dem 1918 Deutschland die Kapitulation erklärte.

Frankreich wird in der Folge geteilt –  in eine von den Nazis besetzte Zone, und in eine mit NS-Deutschland kooperierende Zone, Frankreich ist geteilt durch eine Demarkationslinie. (Die Verwaltungskompetenz des Vichy-Regimes erstreckt sich formal auf gesamt Frankreich, sie ist im von NS-Truppen besetzten Teil jedoch stark abhängig von deren Zustimmung)

Die französische Regierung verlegt ihren Sitz am 29. Juni 1940 in das Heilbad Vichy, eine Kleinstadt im Département Allier. Vichy wird gewählt, weil die Kleinstadt über ausreichedn Hotel-Plätze verfügt, ein modernes telefonsystem vorhanden ist – und die Demarkationslinie nahe.

Die französische Verfassung wird geändert (angekündigt von Laval am 4. Juli 1940). Das Parlament stimmt mit 570 zu 80 Stimmen für eine Übertragung von umfassenden Machtbefugnissen auf Philippe Petain. Pétain überschreitet diese weitreichenden Befugnisse noch, reißt Legislative, Exekutive und Judikative an sich. Er wird mit 84 Jahren zum Diktator.

Pétain will eine „nationale Revolution“ mit, im Kern, einer Ablehnung der französischen Revolution und ihrer Folgen, der Verachtung des Parlamentarismus. Die Nationalversammlung beauftragt Pétain am 10. Juli 1940 eine neue Verfassung erstellen zu lassen. Es entsteht der ‚État français‘. Die Werte der Republik (Freiheit – Gleichheit – Brüderlichkeit) werden ersetzt durch die zentrale Idee des Vichy-Regimes: das „rassemblement“ – das nationale Zusammenstehen für traditionelle Werte Familie, Vaterland, Arbeit und Kirche. Pétain errichtet darauf ein de facto faschistisches Regime – nationalistisch, autoritär, antirepublikanisch, mit Führerkult. Im August 1940 betont Pétain, er sei Führer einer Revolution, die sich einreihen werde in die anderen Revolutionen, jene in Italien (Faschismus) und jene in Deutschland (Nationalsozialismus).

Der britische Historiker Tony Judt kommentiert (in ‚Das vergessene 20. Jahrhundert‚):

Drei Monate nach der schlimmsten Niederlage in der französischen Geschichte waren die unmittelbar Verantwortlichen komfortabel in einem Regime etabliert, das durch ihr Versagen an die Macht gekommen war. […] Solche Männer mochten die Niederlage nicht erwartet haben, aber sie arrangierten sich umso eher mit ihr, als nicht die Deutschen ihr Hauptfeind waren.

Philippe Petain und Hitler – der ‚Handschlag von Montoire‘ 1940

Pètains Frankreich wird umfassend geprägt nicht nur vom alternden Marschall. Ideologischer Kopf ist mehr und mehr Pierre Laval, der ausgeprägt die Zusammenarbeit mit Nazi-Deutschland befürwortet. Zunehmend umgibt sich Pétain zudem mit Politiker, die Kreisen um Charles Maurass entstammen. Der Schriftsteller Maurass prägte die nationalistische, die Demokratie bekämpfende und antisemitische  ‚Action Française‚ – nun gewinnt seine Ideologie zunehmend Einfluss in Vichy-Frankreich.

Vier Monate nach der Niederlage der französischen Streitkräfte kommt es zu einer denkwürdigen Begegnung: im kleinen Ort Montoire (im Département Loir-et-Cher) treffen Laval, Pétain und Hitler aufeinander:

24.10.1940: Adolf Hitler begrüßt den französischen Staatschef Marschall Henry Philippe Petain in Montoire-sur-le-Loir (Foto: Bundesarchiv)
24.10.1940: Adolf Hitler begrüßt den französischen Staatschef Marschall Henry Philippe Pétain in Montoire-sur-le-Loir (Foto: Bundesarchiv, Lizenz cc by-sa 3.0)

de:Pétain schüttelt die Hand mit de:Hitler –  Bundesarchiv, Bild 183-J28036 | Foto: Jäger, Oktober 1944 – CC BY-SA 3.0 de

Bereits zuvor hatte Petian sich klar positioniert. In seiner Rede vom 11. Oktober 1940 hatte er die Überlegenheit des Siegers akzeptiert und erklärt, er „rechercher la collaboration dans tous les domaines“ (die Zusammenarbeit / Kollaboration auf allen Gebieten anzustreben).

Doch das Treffen von Montoire stellt einen markanten Wendepunkt in der französischen Politik dar: händeschüttelnd beschließen Philippe Petain und Adolf Hitler eine Zusammenarbeit. Am 30. Oktober erklärte Pétain per Radio, dass er ab sofort den Pfad der Kollaboration einschlagen werde (laut ‚Le Monde hors-série: 1940, la débâcle et l’espoir‘, Mai/Juni 2010). „Ich bin für eine Zusammenarbeit.“ Und „cette collaboration doit etre sincère“ (diese Kollaboation muss eine ernsthafte sein).

Öffentliche Bekanntmachung Petains über sein Treffen mit Hitler
Öffentliche Bekanntmachung Petains über sein Treffen mit Hitler

Schon bald nach Pétains Machtantritt folgen erste anti-jüdische Maßnahmen der Pétain-Regierung (die erste bereits am 22. Juli 1940). Am 3. Oktober unterzeichnet Pétain das erste ‚Juden-Statut‘. Die bald dazu führen, dass nicht-französische Juden im Mutterland wie in den damaligen französischen Kolonien an die Nazis und damit der Vernichtung in den KZs ausgeliefert wurden (Sammellager Drancy). Französische Juden werden in der Vichy-Zone unterdrückt, aber nicht ausgeliefert.

Am 13. Dezember 1940 entlässt Pétain seinen stellvertretenden Ministerpräsidenten und Außenminister Pierre Laval (der die Verhandlungen mit den Deutschen betrieben hatte) – nicht aus Abneigung gegen eine Kollaboration, sondern weil Pétain das Gefühl hat, zu sehr im Schatten Lavals zu stehen. Zentrale Idee der Politik Pétains ist, den Deutschen klar machen, dass Frankreich im „neuen System Europas“ der Nazis nützlicher sein könnte, wenn es ein klein wenig mehr Freiheit erhalte – eine Strategie, die nie aufging.

Am 18. April 1942 holt Pétain jedoch Pierre Laval zurück an die Macht – der bald die Oberhand gewinnt. Laval wird Regierungschef, intensiviert die Zusammenarbeit mit Nazi-Deutschland und vereinbart administrative ‚Lösungen‘ mit den Nazis zur ‚Umsetzung der Endlösung der Judenfrage‘. Laval und der SS-Führer Carl Oberg vereinbaren bei einem Treffen hierzu eine „Sprachregelung“ – aus der deutlich hervorgeht, dass Laval (und wohl auch Pétain) wussten, was mit den an Nazi-Deutschland ausgelieferten Juden geschah.

Mit einer Verordnung Pétains vom 6. August 1942 (Gesetz Nr. 744) wird die Strafbarkeit homosexueller Handlungen erstmals seit der französischen Revolution wieder eingeführt.

Mehr und mehr Franzosen engagieren sich inzwischen in der Résistance. Pétain ordnet ihre Überwachung und Bekämpfung an. In Vichy wird Pétain immer noch von der Bevölkerung als ‚Retter Frankreichs‘ gefeiert – auch wenn er de facto in den letzten Monaten des Vichy-Regimes politisch kaum noch eine Rolle spielt. Auch nach dem Charles de Gaulle sich selbst längst als legitime Regierungschef Frankreichs bezeichnet, sieht sich Pétain ebenfalls als Chef Frankreichs. Eine von Pétain vorgeschlagene Begegnung lehnt de Gaulle ab.

Philippe Petains Zeit als Präsident nähert sich dem Ende. Während des Rückzugs der Nazis aus Frankreich bringen sie Pétain über Belfort nach Sigmaringen – wo er, gemeinsam mit Laval, 8 Monate bleibt.

Er soll vom Schloss des Fürsten von Hohenzollern aus (das am 30. August 1944 von den Nazis beschlagnahmt wurde) eine neue Regierung mit einem ‚Schatten-Kabinett‘ unter Fernand de Brinon bilden – der ‚Etat francais‚, das Vichy-Regime wird endgültig zur Farce. Sigmaringen, kurzzeitig für extraterritorial erklärt, wird am 8. September 1944, zumindest formal, für gut sieben Monate bis zum 21. April 1945 ‚Hauptstadt des besetzten Frankreich‘ und Sitz des flüchtenden französischen Kollaborations-Regimes. Jacques Doriot, am 22. Febraur 1945 ermordeter Parteivorsitzender der französischen Faschisten PPF, weilt unterdessen, schmollend dass nicht er Regierungschef wurde, auf der Insel Mainau.

Am 21. April 1945 stehen französische Truppen nur noch 45 km vor Sigmaringen (dem ‚chateau de la trahison‚, Schloß des Verrats). Der Sigmaringer Puppen-Hofstaat flüchtet. Am 22. April treffen Truppen des freien Frankreichs in Sigmaringen ein.

Am 23. April 1945 reist Pétain mit Genehmigung der NS-Behörden in die Schweiz. Schließlich stellt er sich (noch vor der Kapitulation der Wehrmacht am 7. Mai 1945 in Reims) am 25. April 1945 an der französisch-schweizerischen Grenze den französischen Behörden.

Vor einem Kriegsgericht beginnt am 23. Juli 1945 im Justizpalast in Paris der Prozess gegen Pétain. Er betrachtet sich weiter als Retter Frankreichs. Am 14. August 1945 wird Philippe Pétain für schuldig der Kollaboration mit dem Feind und des Hochverrats befunden und zum Tod verurteilt. Die bürgerlichen Ehrenrechte werden ihm aberkannt. Pétain legt am Ende des Verfahrens die Marschallsuniform ab.

Sein indirekter Nachfolger Charles de Gaulle wandelt die Todesstrafe auf Wunsch des Gerichts in lebenslange Haft und Verbannung um. Immer noch betrachtet Philippe Petain de Gaulle als seinen Sohn – der mit ihm gebrochen hat.

Am 23. Juli 1951 stirbt Philippe Pétain im Alter von 95 Jahren. Er wird auf der Ile d’Yeu beigesetzt – in seiner Uniform als Marschall Frankreichs.

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Die französische Regierung vereinfachte auf Drängen von Historikern mit Dekret veröffentlicht am 27.12.2015 ab 4. Januar 2016 den Zugang zu Archiven des Außen-, Innen- und Justizministeriums aus der Zeit des Vichy-Regimes sowie der nachfolgenden ‚Épuration‚.

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Die Entwicklung vom ‚Ur-Vater‘ des französischen Faschismus Charles Maurass bis zur Kollaborations-Regierung unter Philippe Petain zeichnet der zweite Teil dieses Artikels recht übersichtlich nach: Französischer Faschismus – Die Republik widersteht

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Frankreich

Die Loire

Mit nahezu 1.000 km Länge ist die Loire der längste Fluss Frankreichs. Bis ins 18. Jahrhundert war die Loire in Frankreich das am meisten benutzte Verkehrsmittel – bereits seit Caesars Invasion in Gallien.

Doch für die Schifffahrt bietet die Loire schwierige Bedingungen – im Sommer führt sie oft sehr niedriges Wasser, im Winter dagegen oft starke Hochwasser. Schon aus diesem Grund wurden im 19. Jahrhundert Kanäle gebaut, die immer schiffbar sind.

Unter dem Verkehrsminister Freycinet entstand ein ganzes Netzwerk von Kanälen an der Loire (‚loi Freycinet‘ vom 5.8.1879), befahren von den ‚canalous‘, den typischen Kanal-Schiffen. Zahlreiche Brücken (etwa 100) überquerten die Kanäle – so auch die bekannte Kanal-Brücke von Digoin (1834 – 1838), die die Loire überbrückt und den Loire-Seitenkanal mit dem Canal du Centre verbindet.

Digoin – Kanalbrücke über die Loire
Digoin – Kanalbrücke über die Loire

Ab 1845 aber stand auch die Kanal-Schifffahrt vor zunehmend großer Konkurrenz – zunächst durch die Schiene, schon bald auch durch die Strasse. Heute sind die Kanäle längst nicht mehr sehr relevant für den Güterverkehr – hingegen ein beliebtes Freizeit- und Tourismus-Revier.

Die Loire hat ihre Mündung am Mont Gerbier de Jonc auf 1.408 Meter Höhe und mündet in die Lore bei St. Nazaire.

Inzwischen zum Schutz vor Hochwassern großes Loire-Sperrwerk vor Digoin.

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Frankreich Kulinarisches

Charolais

Eine der vielen leckeren Errungenschaften Frankreichs:

Charolais

Charolais

Charolais
Charolais

Charolais, Rinder aus der Gegend um Charolles (im Burgund, 20 km entfernt von Digoin und von Cluny) – eine eigene Rasse, benannt nach ihrer Region.

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Nachdenkliches

Vorbilder

Vorbilder sind etwas Seltsames. Und etwas Schönes.

Manche denken, Vorbilder seien etwas Gefährliches.
Und verwechseln vielleicht Vorbild und Idol.

Manche denken, Vorbilder seien etwas Infantiles.
Und verwechseln Popstars mit Vorbildern.

Für mich waren und sind Vorbilder etwas Wichtiges.

Ich hatte einige (wenige) ‚gelebte‘ Vorbilder in meinem Leben, und ich bin glücklich sie zu haben. Zwei oder drei möchte ich vorstellen.

Da war ‚Onkel Brenner‚.
Heute Synonym (für mich) für ‚glückliche Kindheit‚. Onkel Brenner, der eine Freude darin empfand, sich Zeit zu nehmen für den kleinen Jungen, das Leuchten in seinen Augen wahrzunehmen, hinzuhören – und ihn machen, ausprobieren zu lassen. Garten, Hühner-Hock, Werkstatt. Sein Reich, und er ließ es mich entdecken. Ließ mich auf die Beine fallen, wieder aufstehen. Ließ mich ’selber machen‘, auch mit ‚aua haben‘, und mit Trösten – und sehen, dass ‚es doch geht‘. Ließ mich Knirps lernen, dass es lohnt (mich) auszuprobieren, meinen Weg zu suchen, zu gehen.

Da war Frau O.
Eine meiner Lehrerinnen. Sie lehrte mich weniger das, was laut Lehrplan ihre Aufgabe war (obwohl sie sich redlich bemühte). Sie lehrte mich eines, das mir viel wichtiger ist als jeder Lehrplan, jede Schulstunde. Sie lehrte mich, den damals wohl etwa 14- oder 15-Jährigen, dass es möglich ist, seinen Idealen treu zu bleiben allen Widrigkeiten zum Trotz. Dass es ihn gibt, den ‚aufrechten Gang‘. Dass persönliche Integrität und Ehrlichkeit vor sich selbst zu den höchsten Werten zählen. Dass sie größer sind als all die Dinge, die uns wichtig scheinen im Leben, und die sich doch bei genauerem Betrachten oft als Oberflächlichkeiten erweisen.

Da war Horst.
Er trat in das Leben des damals Anfang 20-jährigen Studenten durch einen jungen Mann, den ich toll (seien wir ehrlich: geil) fand. Bald wurde Horst (in dem früheren Artikel ‚schwul altern‚ noch hinter ‚Bernd‚ verborgen), der damals schon emeritierter Professor und wesentlich älter war als ich, zu so etwas wie einem ‚väterlichen Freund‘. Ja, ich fand es albern, dass Horst nie das Wort ’schwul‘ in den Mund nehmen konnte. Dass er ins Ballett ging, natürlich rein der Kunst zuliebe (und doch die jungen Tänzer anhimmelte). Dass er sich höchstens als ‚homophil‚ bezeichnet haben wollte (geradezu ein Affront, eine Herausforderung für den jungen Ulli, der begann, sich schwulenpolitisch zu interessieren und engagieren).
Zu Horst hatte ich bald Vertrauen, grenzenloses Vertrauen. Ihn konnte ich alles fragen (bis auf, wie es ihm damals erging, in der Nazizeit, diese Erinnerung schmerzte ihn zu sehr). Horst war offen für all meine Fragen, unbedachten Antworten, dummen und unsicheren Bemerkungen. Und er lehrte mich ganz nebenbei, dass es möglich ist, sich selbst treu zu bleiben, ein Leben lang. Er zeigte mir durch sein Leben, was Integrität bedeutet und dass man sie leben kann.
Und Horst hinterließ mir einen besonderen Schatz. Mit ihm lernte ich zu vertrauen. Anders, als ich es bis dahin kannte. Es war irgendwann da, ich weiß nicht wann, noch warum. Irgendwann begann ich, Horst zuzuhören, auch: auf ihn, seine Erfahrung, seine Meinung zu hören, selbst dann, wenn mein Herz, mein Verstand, anderes, gar das Gegenteil sagten. Ich vertraute, weil ich erfahren hatte, dass er, wenn er wieder einmal etwas sagte, was ich nicht recht verstand (oder verstehen wollte) durchaus recht haben konnte. Verstand, nein fühlte, dass er das was ich gerade nicht hören wollte, nicht sagte um mich zu ärgern, mit den Spaß nicht zu gönnen. Nicht, um ‚den Älteren‘, ‚den Erfahrenen‘ heraus hängen zu lassen. Nicht aus unlauteren, eigensüchtigen Interessen. Sondern aus Interesse, aus Sorge, vielleicht auch aus einem liebevollen Gefühl zu mir.
Horst begegnet zu sein, diese Erfahrung machen zu dürfen, war vielleicht die wichtigste Begegnung in meinen Studienjahren.

Onkel Brenner, Frau O., Horst – sie leben längst nicht mehr. Ich erinnere mich ihrer gerne, frage mich in schwierigen Situationen ab und an, was hätte sie getan, wie hätte er mich schräg angeschaut und gesagt …?
Und – sie haben ihren Teil dazu beigetragen, dass ich geworden bin was und wie ich bin. Und zu vielem mehr.

Vorbilder? Für mich eines der Geschenke, die ich in meinem Leben empfangen habe.

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Ich solle doch auch berichten, wie mir diese Vorbilder und die Erfahrungen mit ihnen später im Leben konkret nützlich und hilfreich waren, meint Frank, um Feedback gebeten. Gute Anregung – die ich in einem späteren Post vielleicht aufgreife 🙂

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HIV/Aids ondamaris Texte zu HIV & Aids

ondamaris – wie weiter in Zukunft ?

Seit vielen Jahren beschäftige ich mich mit Information von und für HIV-Positive, von Anfängen bei der ‚Virulent‚ über mehrere Auflagen „Wechselwirkungen“, MedInfo-Gruppe und Veranstaltungsreihe, HIV-Nachrichten und HIVlife bis nun seit einigen Jahren www.ondamaris.de

ondamaris hat sich in den fünf Jahren seines Bestehens stetig entwickelt von einem privaten Weblog mit gelegentlichen Posts zu einer Plattform mit werktäglich, oft häufiger neuen aktuellen Artikeln.Von einem privaten ‚Tagebuch‘ für einen kleinen Freundes- und Bekanntenkreis zu einer Site mit einer großen und aktiven Leser/innen-Schar, nahezu 2.000 Artikeln und über 7.000 Kommentaren.

Auf ondamaris finden sich Artikel mit hohen Leser-Zahlen im fünf- und sechsstelligen Bereich. Es finden sich Artikel und Kommentare, die zu Empörung und Aufregung Anlass waren. Texte, die zu intensiven Debatten und hitzigen Diskussionen führten. Artikel, die viel Aufmerksamkeit erregten – und hoffentlich zumindest in dem ein oder anderen Fall auch einige Dinge positiv in Bewegung brachten.

Ondamaris hat in den letzten Jahren eine erfreuliche Entwicklung genommen, anerkannt auch mit der Verleihung des Medienpreises der Deutschen Aids-Stiftung am 24. Juni 2009 in St. Gallen.

Angesichts dieser erfreulichen Entwicklung könnte man zufrieden zurück blicken, sich der Grimm’schen Märchen erinnern („… und lebten sie glücklich bis an das Ende ihrer Tage“) und gelassenen Blickes mit einem „weiter so“ zur Tagesordnung übergehen.

Aber halt.

Ist das wirklich alles?

Reicht ein einfaches „weiter so“?
Bedeutet ein „weiter so“ letztlich nicht auch Stagnation, Stillstand?

Reicht mir, reicht euch, reicht uns das für die kommenden Jahre?
Brauchen wir nicht mehr, Neues?

Und: wollen – und können wir nicht auch viel mehr?

Ich denke, nach fünf erfolgreichen Jahren ist es an der Zeit, für ondamaris gemeinsam nach neuen Wegen zu suchen, und sie wo möglich auch gemeinsam zu gehen.

Konkret heißt das:
Ich kann mir vorstellen, aus dem heutigen eher ‚persönlichen Projekt‘ ondamaris ein Medium und Meinungs-Forum von und für HIV-Positive und unsere Communities weiter zu entwickeln, ein Gemeinschaftsprojekt für die Zukunft.

Ich möchte diese Idee, diesen Vorschlag zur Diskussion stellen.
Wie kann die Zukunft von ondamaris aussehen?
Wie soll ondamaris sich weiter entwickeln?
Was fehlt, was kann besser oder anders werden?
Wie und wo hast du Lust dabei mitzumachen?
Wie können wir gemeinsam ondamaris als HIV-positive Informations- und Meinungs- Plattform auf eine noch breitere Basis stellen?

Ich bin gespannt auf eine Debatte und viele Anregungen und Ideen „in ondamaris-eigener Sache“ – hier in den Kommentaren, per Email an mich oder gern auch persönlich 🙂

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Text 19. April 2017 von ondamaris auf 2mecs