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ondamaris Texte zu HIV & Aids Politisches

Robert Koch (1843 – 1910)

Robert Koch, Begründer der modernen Infektiologie, wurde am 11. Dezember 1843 in Clausthal geboren. Er starb am 27. Mai 1910 in Baden-Baden.

Robert Koch Fotogravur nach einer Fotografie von Wilhelm Fechner, um 1900
Robert Koch Fotogravur nach einer Fotografie von Wilhelm Fechner, um 1900

1876 konnte Koch bei Versuchen mit der gefürchteten Tierseuche Milzbrand erstmals nachweisen, dass Seuchen durch Erreger verursacht werden – und nicht wie zuvor vermutet durch in der Luft herumfliegende Giftstoffe.

Am 24. März 1882 publizierte er erstmals die Entdeckung des Lungentuberkulose-Erregers in seinem Vortrag “Aetiologie der Tuberkulose”. 1890 stellte er auf einem Kongress in Berlin erstmals einen aus Tuberkulose-Erregern gewonnenen Impfstoff (‘Tuberkulin’) gegen Tuberkulose vor (der jedoch später die Erwartungen nicht erfüllte, sich aber in der Diagnostik bewährte).

Robert Koch: Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten, Leipzig 1878
R. Koch: Aetiologie der Wundinfectionskrankheiten, Leipzig 1878

Zuvor hatte Koch bereits 1876 seine Entdeckung des Milzbrand-Erregers veröffentlicht.

Koch erhielt 1905 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin (verkürzt oft als Medzin-Nobelpreis bezeichnet) „für seine Untersuchungen und Entdeckungen auf dem Gebiet der Tuberkulose“.

Robert Koch starb am 27. Mai 1910 in Baden-Baden, wo er sich zur Behandlung einer Angina pectoris in einem Sanatorium aufhielt. Seine Urne wurde im Westflügel des Robert-Koch-Instituts für Infektionskrankheiten beigesetzt.

Nach Koch benannt ist das Robert-Koch-Institut RKI, die “zentrale Einrichtung der Bundesregierung auf dem Gebiet der Krankheitsüberwachung und -prävention”.

Das RKI ehrte 2010 den Namensgeber ab dem 27. Mai mit einer Festwoche, deren Höhepunkt die Eröffnung der Ausstellung „MenschMikrobe“ am 2. Juni in Berlin war.

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Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Gran Canaria Schwule bringen ein Fünftel der Tourismus Einnahmen

Gran Canaria Schwule bringen nahezu ein Fünftel der Einnahmen aus dem Tourismus – und der Anteil soll weiter steigen.

Seit vielen Jahren ist Gran Canaria ein beliebtes Reiseziel für schwule Männer. Mit Homosexuellen lässt sich Geld verdienen – dies beginnt auch die örtliche Wirtschaft inzwischen, nach Jahren eines eher ‘distanzierten’ Verhältnisses, zu erkennen.

Die CSD-Saison hat begonnen – auch auf Gran Canaria. Dort fand vom 3. bis 9. Mai 2010 der “Maspalomas Pride” statt, bereits zum neunten Mal. Über 50.000 Teilnehmer zählte die Parade rings um das ‘Yumbo Center‘ am 9. Mai, insgesamt hätten über 200.000 Teilnehmer die Veranstaltungen des “Maspalomas Pride” besucht, teilten die Veranstalter mit. Tourismus-Manager sprechen inzwischen vom Maspalomas-CSD als neuem zusätzlichen ‘Marketing-Tool’ der Region.

Homosexuelle sind inzwischen auf Gran Canaria -einer Insel, die sehr ausgeprägt vom Tourismus lebt- ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. 2,5 Milliarden Euro werden jedes Jahr auf Gran Canaria im Tourismus erwirtschaftet, etwa 500 Millionen (18%) davon stammen aus dem Homo-Tourismus. 12 Prozent der jährlich 2,8 Millionen Touristen auf der Insel seien Schwule oder Lesben. Diese Zahlen des Tourismusverbandes wurden am Rand des “Maspalomas Pride” bekannt.

Und der Anteil “schwuler Euros” soll weiter steigern – der Hotel- und Tourismusverband von Las Palmas will mit speziellen Angeboten die Zahl homosexueller Touristen weiter erhöhen.

Geschichten über die große Bedeutung von Schwulen und Lesben als ‘Konsumfaktor’ sind immer wieder zu lesen und hören. Auch (und gerade) von schwulen Medien wird (aus nur zu durchsichtigen Gründen) gern am Märchen vom konsumfreudigen Homo gestrickt – selbst wenn die Zahlen oftmals dagegen sprechen, eher zeigen ‘Schwule verdienen weniger‘.

Dennoch – Gran Canaria ist seit vielen Jahren ein beliebtes Reiseziel gerade auch für Schwule. Von Yumbo-Center, Pink Playa und Dünen werden so manche Geschichten erzählt, bis hin zu Büchern wie ‘Elvira auf Gran Canaria’ des 2002 verstorbenen schwulen Publizisten Hans-Georg Stümke.

Doch diese Geschichten des schwulen Touristenlebens auf Gran Canaria waren nicht immer nur amüsant. Schlägereien, Diebstähle, Verhaftungen – auch die Zahl der eher unangenehmen Erlebnisse war zeitweise hoch. ‘Gay friendly’ – diese Devise galt lange Zeit längst nicht überall auf Gran Canaria.

Zu hoffen ist insofern, dass das Engagement der Canarischen Wirtschaft für schwule und lesbische Touristinnen über den Hotel-, Disco-  und Sahnekuchen-Euro hinaus reicht, auch dazu führt, dass sich die generelle Situation für Schwule und Lesben auf der Insel verbessert.

weitere Informationen:
La Provincia 02.05.2010: El turismo gay deja 500 millones de euros al año
Comprendres Gran Canaria 11.05.2010: Der Gay-Tourismus beschert Gran Canaria inzwischen 500 Millionen Euro im Jahr
Internetseite Gay Pride Maspalomas

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Text 18.02.2016 von ondamaris auf 2mecs

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Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Magnus Hirschfeld (1868 – 1935)

Am 14. Mai 1935 starb Magnus Hirschfeld in Nizza. Am 10. Mai 2010 wird Hirschfeld in Berlin mit einer Gedenkveranstaltung in Anwesenheit von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit sowie Bundesjustizministerin a.D. Brigitte Zypries gedacht.

Magnus Hirschfeld, am 14. Mai 1868 in Kolberg / Kołobrzeg geboren, studierte von 1888 bis 1892 in Straßburg, München, Heidelberg und Berlin Philosophie, Philologie und Medizin. Danach eröffnete er in Magdeburg eine naturheilkundliche Arztpraxis; zwei Jahre später zog er nach Berlin.

1897 gründete Magnus Hirschfeld gemeinsam mit dem Verleger Max Spohr, dem Juristen Eduard Oberg und dem Schriftsteller Max von Bülow das Wissenschaftlich-humanitäre Komitee (WhK), zu dessen Vorsitzendem er gewählt wurde. Das WhK setzte sich u.a. zum Ziel, homosexuelle Handlungen zwischen Männern zu entkriminalisieren. Eine Petition zur Abschaffung des §175 fand große Unterstützung, scheiterte jedoch letztlich.

Magnus Hirschfeld gründete 1918 gemeinsam mit dem Dermatologen Friedrich Wertheim und dem Psychotherapeuten Arthur Kronfeld in Berlin das ‘Institut für Sexualwissenschaften‘ mit dem Ziel der “Förderung wissenschaftlicher Forschung des gesamten Sexuallebens und Aufklärung auf diesem Gebiete”.

Magnus Hirschfeld
Magnus Hirschfeld

Das Institut wurde 1933 durch die Nationalsozialisten geschlossen, die umfangreiche Institutsbibliothek bei der Bücherverbrennung auf dem Opernplatz (heute Bebelplatz) vernichtet.

Hirschfeld selbst war schon 1932 nach einer Auslandsreise direkt ins Exil gegangen, zunächst in die Schweiz (Ascona), dann nach Frankreich (Paris, dann Nizza). In Nizza starb Hirschfeld am 14. Mai 1935, seinem 67. Geburtstag. Er wurde auf dem Cimetière de Caucade von Nizza beigesetzt.

An Magnus Hirschfeld erinnert in Berlin seit Mai 2008 das Magnus-Hirschfeld-Ufer. Schon seit 1994 erinnert zudem eine Stele an das frühere Institut für Sexualwissenschaften. Zum 145. Geburtstag von Magnus Hirschfeld (geboren 14. Mai 1868 in Kolberg) soll am Magnus-Hirschfeld-Ufer ein Denkmal für Hirschfeld eingeweiht werden.

Am 10. Mai 2010 wird Hirschfeld mit einer Gedenkveranstaltung auf dem Bebelplatz in Berlin gedacht (15:30Uhr, am Mahnmal für die Bücherverbrennung). Ein Grußwort spricht Klaus Wowereit, Regierender Bürgermeister von Berlin; die Gedenkrede hält Brigitte Zypries MdB, Bundesministerin der Justiz a.D..

Vom 11. Mai bis bis 10. Juni 2010 findet im Foyer der Humboldt-Universität (“Kommode”) am August-Bebel-Platz die Ausstellung “Das erste Institut für Sexualwissenschaft 1919-1933″ statt. Anhand von Fotos und Dokumenten gibt die Ausstellung einen Überblick über die Arbeit des Instituts ab 1919. Sie stellt die wichtigsten Mitarbeiter, namhafte Besucher und Gäste vor. Exemplarisch werden das Engagement der Mitarbeiter illustriert, ihre Aktivitäten in der Sexualreformbewegung, in der Gerichtsmedizin, in Beratung, Aufklärung und Sexualerziehung.

Nachtrag 16.05.2010:
Am 14. Mai 2010 fand eine Gedenkveranstaltung auch am Grab von Magnus Hirschfeld in Nizza (Cimetière de Caucade) statt. Bericht und Foto auf tetu: Magnus Hirschfeld, vedette posthume 
du festival «Espoirs de mai» à Nice

weitere Informationen:
Magnus Hirschfeld Gesellschaft e.V., Stiftung Topographie des Terrors, Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, hannchen mehrzweck stiftung: Pressemitteilung Gedenken zum 75. Todestag von Magnus Hirschfeld (pdf)
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Text 18.02.2016 von ondamaris auf 2mecs

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Berlin

Topografie des Terrors – Ausstellung über die Zentrale des Terrors dokumentiert auch Homosexuellen-Verfolgung

Auf dem Gelände des ehemaligen Gestapo-Hauptquartiers und Sitz des ‘Reichssicherheitshauptamts’, Zentralen der Verfolgung und Vernichtung, wurde am 6. Mai 2010 die Ausstellung ‘Topografie des Terrors’ eröffnet. Thematisiert wird auch die Verfolgung Homosexueller in der NS-Zeit.

Berlin Kreuzberg, Niederkirchnerstraße 8. Gegenüber das Abgeordnetenhaus von Berlin, Reste der Mauer. Ein kahles Gelände, ein flacher Neubau in einem Feld aus dunkelgrauem Schotter. Kontrast zu den umliegenden Bauten – ein Kontrast mit Intention, eine Distanz zur umliegenden Herrschaftsarchitektur.

Jahrzehnte früher hieß die heutige Niederkirchner Straße ‘Prinz-Albrecht-Straße’, und die Adresse ‘Prinz-Albrecht-Straße 8′ stand für Terror, Verfolgung und Vernichtung. Hier und in unmittelbarer Nähe lagen das Hauptquartier der ‘Geheimen Staatspolizei’ (Gestapo), die Zentrale der SS und das ‘Reichssicherheitshauptamt‘ (RSHA).

Rechtzeitig vor dem 65. Jahrestag der Befreiung wurde in Berlin am 6. Mai 2010 die Ausstellung ‘Topografie des Terrors’ eröffnet.

Topografie des Terrors
Topografie des Terrors

Topografie des Terrors, Ausstellungsbereich
Topografie des Terrors, Ausstellungsbereich

Die Ausstellung ‘Topografie des Terrors’ informiert über “die wichtigsten Einrichtungen des nationalsozialistischen Verfolgungs- und Terrorapparats” und versucht in fünf Abschnitten “die europäische Dimension der NS-Schreckensherrschaft sichtbar” zu machen.

Im ersten Teil wird dargestellt, wie die NS-Diktatur errichtet wurde. im zweiten Abschnitt werden die zentralen Organisationen des Terrors, SS und Polizei, vorgestellt. Abschnitte drei und vier, die Schwerpunkte der Ausstellung, beschreiben Verfolgung und Vernichtung auf dem Gebiet des ‘Deutschen Reiches’ sowie in den besetzten Gebieten. Hier werden auch die systematische Vernichtung der Juden, die Deportationen von Roma und Sinti, die Bekämpfung von Homosexuellen und die Verfolgung von Asozialen sowie von Kriegsgefangenen und anderen Ausländern und Mordaktionen in Polen und der Sowjetunion behandelt. Im fünften und letzten Abschnitt werden Kriegsende und die juristische Aufarbeitung der NS-Verbrechen dargestellt.

Dabei thematisiert die Ausstellung auch die Verfolgung Homosexueller durch Gestapo, SS und Reichssicherheitshauptamt, sowohl im Verlauf der einzelnen Ausstellungsbereiche als auch in einem eigenen Panel. So z.B. im Geschäftsverteilungsplan (August 1939) des Reichskriminalpolizeiamts (‘Amt 5′ des Reichssicherheitshauptamts; ansässig am Werderschen Markt 5-6), in dessen ‘Referat IIA’ sich damals die ‘Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung‘ befand:

Geschäftsverteilungsplan des Reichskriminalpolizeiamts August 1939
Geschäftsverteilungsplan des Reichskriminalpolizeiamts August 1939

Ein eigenes Panel thematisiert gezielt die Verfolgung Homosexueller:

Topografie des Terrors / Homosexuellenverfolgung
Topografie des Terrors / Homosexuellenverfolgung

Hier finden sich Dokumente politisch verordneter Verfolgung wie auch persönlicher Schicksale verfolgter Homosexueller, so eine Aktennotiz Josef Meisinger (Referatsleiter IIS ‘Homosexualität und Abtreibung’) vom 7. Mai 1935 zur Änderung des  §175, den Erlass zur Errichtung der ‘Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung‘ oder die ‘Belehrung von Angehörigen der SS und Polizei, dass homosexuelle Handlungen mit dem Tod bestraft werden’ von 1942.

1935: Änderung §175, Aktennotiz Josef Meisinger
1935: Änderung §175, Aktennotiz Josef Meisinger

Erlass Himmlers zur Errichtung der 'Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung', 10.10.1936, Auszug
Erlass Himmlers zur Errichtung der ‚Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung‘, 10.10.1936, Auszug

Belehrung SS und Polizei zur Bestrafung homosexueller Handlungen mit dem Tod, 1942
Belehrung SS und Polizei zur Bestrafung homosexueller Handlungen mit dem Tod, 1942

sowie Beispiele für die alltägliche Verfolgung, z.B. Denunziation / Meldung eines ‘Betriebsobmannes’ der Deutschen Arbeitsfront über ‘unsittliche Handlungen’ von Betriebsangehörigen der Firma Zielh-Abegg vom 27. November 1941:

Denunziation vermeintlich Homosexueller, 1941
Denunziation vermeintlich Homosexueller, 1941

Die Ausstellung ist in einem umfangreichen (und mit 15€ bemerkenswert günstigen) umfangreichen Katalog dokumentiert.
Die umfangreiche Bibliothek ist werktags für die Öffentlichkeit zugänglich.

Nicht weit vom Ort der Täter, von der Ausstellung ‘Topografie des Terrors’ entfernt, am Rand des Tiergartens, befindet sich seit Mai 2008 ein Denkmal für eine der Opfergruppen, das ‘Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen‘.

weitere Informationen:
Internetseite Topografie des Terrors
Jens Bisky: Topographie des Terrors – Zentrale der Niedertracht
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Politisches

“Ich habe meine Chance genutzt” – Ärzte in der NS-Zeit

2010 jährt sich zum 65. Mal die Befreiung vom Faschismus. Ein weniger bekanntes Kapitel im System der NS-Herrschaft und des Terrors ist die Beteiligung von Medizinern an Verfolgung und Vernichtung. Ihre zumindest ansatzweise juristische Aufarbeitung führte zu einem der wesentlichen Grundlagen des Schutzes von Patienteninteressen, dem Nürnberger Codex.

Ärzte spielten eine bedeutende Rolle im Verfolgungs- und Vernichtungs-Apparat der NS-Diktatur, so auch bei der Vernichtung von Juden, Roma und Sinti, psychisch Kranken oder der Verfolgung und Unterdrückung von Homosexuellen.
Die Bedeutung von Ärzten in der NS-Rasse- und Vernichtungspolitik wird durch Zitate wie dieses deutlich:

Ratten, Wanzen und Flöhe sind auch Naturerscheinungen, ebenso wie die Zigeuner und Juden. Sie sind daher gleichfalls gottgewollte Wesen, aber man kann sie ebensowenig durch rücksichtsvolle Behandlung bessern oder beim zusammenleben von uns fernhalten wie entartete Asoziale und unnormal ichsüchtige, kriminell-hemmungslose Menschen. Alles Leben ist Kampf. Wir müssen deshalb alle diese Schädlinge biologisch allmählich ausmerzen.

Dr. Kurt Hannemann, in “Ziel und Weg” Nr. 9 / 1939, Organ des Nationalsozialistischen Ärztebundes; zitiert nach Bastian / Homosexuelle im Dritten Reich

Zwei der bedeutendsten Ärzte bei der Verfolgung Homosexueller:
Dr. med. Carl-Heinz Rodenberg (Reichsicherheitshauptamt Amt III b 3 sowie ‘sexualpsychologischer Berater’ der Abteilung V; u.a. Gutachter bei der ‘Mordaktion T4‘ sowie ab 1943 ‘wissenschaftlicher Leiter’ der ‘Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung‘)

Carl Heinz Rodenberg
Carl Heinz Rodenberg

sowie der dänische Mediziner Dr. Carl Vaernet (bekannt und gefürchtet für seine Experimente an Homosexuellen in Buchenwald).(In der Gedenkstätte Buchenwald erinnert seit 2006 ein Gedenkstein an die homosexuellen NS-Opfer).

Carl Vaernet
Carl Vaernet

Eines der wichtigsten Zentren der NS-Ideologie im Medizin-Betrieb: die am 1. Juni 1935 eingeweihte “NS-Ärzteschule” (“Führerschule der deutschen Ärzteschaft”) in Alt Rehse, heute zur Stadt Penzlin in Mecklenburg-Vorpommern gehörend. Etwa 40.000 Ärzte und medizinisches Personal wurden hier in einem ehemaligen Rittergut von 1935 bis 1943 (ab 1941 überwiegend Reserve-Lazarett) entsprechend der NS-Ideologie medizinisch ‘weitergebildet’. Darunter auch Ärzte, die später in Konzentrationslager Menschenversuche vornahmen, Ärzte die in Behörden über “lebensunwertes Leben” urteilten, Ärzte die Menschen in die Vernichtung schickten.

Auf dem Gelände und in Gebäuden der ehemaligen “NS-Ärzteschule” befindet sich nach langem Leerstand seit 2006 der “Tollense Lebenspark”. Im Gutshaus Alt-Rehse erinnert die Ausstellung “Alt Rehse und der gebrochene Eid des Hippokrates” des ‘Vereins für die Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte Alt Rehse e. V.’ an die Geschichte des Orts.

Dorfplatz in Penzlin-Alt Rehse September 2008 (Foto: wikimedia / GNU Lizenz)
Dorfplatz in Penzlin-Alt Rehse September 2008 (Foto: Bear62 / Lizenz cc by 2.0)

Village-Place Alt RehseBear62CC BY 3.0

Nach 1945 hatten viele Mediziner eine einfache Begründung für ihr kritikloses, teils bedingungs- und gnadenloses Engagement im und für das NS-System. Klar zum Ausdruck brachte dies zum Beispiel Karl Gebhardt, Oberster SS-Arzt, 1946 im Nürnberger Ärzte-Prozess [vgl. Memorium Nürnberger Prozesse] :

So hat mir… das Dritte Reich … auf ärztlichem Gebiet eine große Chance gegeben. Ich habe sie genutzt.

Gebhardt wurde in dem Prozess zum Tod verurteilt und hingerichtet. Viele Ärzte hingegen, die in KZs, Kliniken und Heilanstalten arbeiteten und gegen das Gebot der Menschlichkeit verstießen, an Verfolgung, Unterdrückung, Vernichtung beteiligt waren, wurden juristisch nicht belangt. Die meisten arbeiteten nach 1945 unbehelligt weiter, so auch Carl-Heinz Rodenberg und Carl Vaernet.

Der Nürnberger Ärzteprozess, in dem zwischen dem 9. Dezember 1946 und dem 20. August 1947 zumindest 20 KZ-Ärzte vor Gericht standen,  brachte einen bedeutenden Fortschritt, nicht nur juristisch, sondern auch für Patient/innenrechte: Dem Urteil des Nürnberger Ärzte-Prozesses voran gestellt war der “Nürnberger Codex” (“Stellungnahme des I. Amerikanischen Militärgerichtshofes über “zulässige medizinische Versuche”), der u.a. zu medizinischen Versuchen an Menschen festlegt:

„Die freiwillige Zustimmung der Versuchsperson ist unbedingt erforderlich. Das heißt, dass die betreffende Person im juristischen Sinne fähig sein muss, ihre Einwilligung zu geben; dass sie in der Lage sein muss, unbeeinflusst durch Gewalt, Betrug, List, Druck, Vortäuschung oder irgendeine andere Form der Überredung oder des Zwanges, von ihrem Urteilsvermögen Gebrauch zu machen; dass sie das betreffende Gebiet in seinen Einzelheiten hinreichend kennen und verstehen muss, um eine verständige und informierte Entscheidung treffen zu können.“.

Der Nürnberger Kodex gehört seitdem zu den ethischen Grundlagen der Ausbildung von Medizinern – und ist eine der wesentlichen Grundlagen des Schutzes von Patienten.

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Der Tollense Lebenspark musste 2015 das Gelände nach einem Gerichturteil verlassen. Erneut müssen Investoren gesucht werden.

2017 hieß es, auf dem 2016 erworbenen Gelände sei ein Hotel mit Meditationszentrum in Planung. 2021 war von der Schaffung eines Luxushotels die Rede.

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weitere Informationen:
wikipedia: Liste von NS-Ärzten und Beteiligten an NS-Medizin
IPPNW Nürnberg – Erlangen Fürth: Nünberger Kodex 1997
Evelyn Hauenstein: Ärzte im Dritten Reich – Weiße Kittel mit braunen Kragen
Tollense Lebenspark: Die Geschichte des Tollense Lebensparks
ns-eugenik.de (dort -> Die Führerschule in Alt Rehse)
Politische Memoriale Mecklenburg-Vorpommern e.V.: Alt Rehse/ Erinnerungs-, Bildungs- und Begegnungsstätte Alt Rehse

Peter Tatchell 05.05.2015: The Nazi doctor who experimented on gay people – and Britain helped to escape justice
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Deutschland

Johannes ter Morsche – schwierige Wege des Gedenkens

Eine Stele erinnert in Zinnowitz an Johannes ter Morsche. Eine Straße, die einst nach ihm benannt war, trägt hingegen wieder ihren alten Namen Waldstraße. Über die Geschichte eines Widerstandskämpfers und schwierige Wege des Gedenkens.

Zahlreiche Techniker und Ingenieure, die tagsüber in Peenemünde arbeiteten, lebten und wohnten in Zinnowitz. Nur wenige reflektierten kritisch ihre Arbeit, den Beitrag zu Krieg und Vernichtung, den sie leisteten – und leisteten Widerstand. Ebenso nur wenige Zinnowitzer Bürger. Einer der wenigen, die Widerstand leisten: Johannes ter Morsche.

Johannes ter Morsche (1894 - 1944)
Johannes ter Morsche (1894 – 1944)

Der am 8. Dezember 1894 in Almelo / Niederlande  geborene Johannes ter Morsche heiratete am 22. August 1929 Margarete Böttcher, ein Zimmermädchen aus Zinnowitz auf Usedom, mit der er zwei Kinder hatte. Nach der deutschen Besetzung der Niederlande siedelte der Kommunist ter Morsche mit seiner Familie als Zwangsverpflichteter nach Zinnowitz über.

Gemeinsam mit seiner Zinnowitzer Frau gehörte er zu einer Gruppe Oppositioneller im damaligen Sperrgebiet Peenemünde, die sich um katholische Zwangsarbeiter aus den Niederlanden und Polen kümmerte. Die Widerstandskämpfer trafen sich im Haus der Familie ter Morsche (die zwischen 1941 und 1945 in der heutigen Waldstraße 12 lebte).

Im Februar 1943 wurde die Gruppe aufgrund von Berichten eines eingeschleusten Spitzels verhaftet. Johannes ter Morsche, inzwischen in Berlin Plötzensee inhaftiert, wurde am 1. Oktober 1943 vom Volksgerichtshof  in Halle zum Tod verurteilt, seine Frau zu Zuchthaus. Ter Morsche wurde in das Zuchthaus Brandenburg verlegt. Am 24. Januar 1944 wurde Johannes ter Morsche im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet.

Gedenken an Johannes ter Morsche

Es folgt, inzwischen 65 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus, eine schwierige Geschichte des Versuchs, Erinnerung zu gestalten:

  • 1968 – Die Gemeinde Zinnowitz benennt die Waldstraße am 6. Juli feierlich um in Johannes-ter-Morsche-Straße.
  • 1994 – Die Gemeinde Zinnowitz beschließt am 8. November die Umbenennung der Johannes-ter-Morche-Straße zurück in Waldstraße.
  • 1999 – Am 14. November 1999 wird am Haus Waldstraße 12 eine Gedenktafel mit den Namen von 5 Widerstandskämpfern angebracht. Bei Bauarbeiten wird sie 2004 wieder demontiert.
  • 2006 – Am Volkstrauertag 2006 wird in Zinnowitz eine Gedenksäule eingeweiht. Die Waldstraße, einst Johannes-ter-Morsche-Straße, heißt weiterhin Waldstraße.
Johannes ter Morsche Straße, ehemaliges Strassenschild, Heimatmuseum Zinnowitz (Foto: Januar 2013)
Johannes ter Morsche Straße, ehemaliges Strassenschild, Heimatmuseum Zinnowitz (Foto: Januar 2013)
hieß einst Johannes ter Morsche Straße - die Waldstraße in Zinnowitz
hieß einst (1969 – 1994) Johannes ter Morsche Straße – die Waldstraße in Zinnowitz

Auch ein anderer war zu jener Zeit in Peenemünde, als dort Waffen entwickelt und konstruiert wurden, die Wunder bewirken sollten und Vernichtung brachten – und er hatte in den Jahren nach 1945 weniger Probleme. Nach ihm wurden Straßen und Plätze benannt, auch auf Usedom – und nicht wieder zurück benannt. Sein Name: Heinrich Lübke. Der spätere Bundespräsident war u.a. ‘Bauleiter Peenemünde’ in der ‘Baugruppe Schlempp’ unter Albert Speer.

Die “Zeit” schreibt in einem langen Artikel über Lübkes Peenemünder Zeit unter anderem

“Zweifelsfrei nachweisen lässt sich aber, dass die Gruppe trotz aller anderslautenden Nachkriegsbehauptungen Schlempps und Lübkes in Peenemünde mindestens ein KZ-Häftlings-Kommando in Eigenregie beschäftigt hat.”

und zitiert u.a. aus Akten aus dem Freiburger Militärarchiv

“Herr Lübke” hoffe, “500 Holländer Anfang August zu erhalten”. (20. Juli 1942, Bauchronik des Peenemünder Raketen-Montagewerkes)

Die ‘Zeit’ berichtet weiter (inzwischen 1944)

“Damit befand sich Lübke nun in einem Machtzentrum des NS-Staates. Eines der Hauptthemen, das dort regelmäßig besprochen wurde, war die Forderung nach Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen, um sie in die Stollenprojekte »hineinzupumpen«, wie SS-Bauchef Hans Kammler im Mai 1944 in einer Jägerstabsrunde die Deportation dieser Menschen, darunter Zehntausender ungarischer Juden, auf die Untertagebaustellen nannte.”

Resümee der ‘Zeit’:

“Lübke war sicherlich kein Kriegsverbrecher. Vor dem Hintergrund seiner Tätigkeit in Peenemünde und im Jägerstab erscheint der spätere Bundespräsident aber als einer der vielen vermeintlich technokratischen Ingenieure und Verwaltungsfachleute, die ihre Kenntnisse in den Dienst des Systems gestellt und dabei die dehnbare Trennlinie zwischen Mitwisser- und Mittäterschaft überschritten haben.”

Heinrich Lübke trat nach 1945 in die CDU ein und machte politische Karriere, zunächst als Landwirtschaftsminister in Nordrhein-Westfalen, ab 1953 als Bundeslandwirtschaftsminister. Am 1. Juli 1959 wurde Lübke zum zweiten Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt.

Johannes ter Morsche hingegen geriet lange in Vergessenheit; nur der beharrlichen Arbeit u.a. seiner Tochter Marie ist es zu verdanken, dass inzwischen in Zinnowitz und Peenemünde (dort im Historisch-technischen Zentrum Peenemünde) wieder an ihn erinnert wird.

Gedenksäule in Zinnowitz
Gedenksäule in Zinnowitz

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weitere Informationen:
Historische Gesellschaft Zinnowitz: Historische Zeittafel für das Ostseebad Zinnowitz
insel-usedom.net: Zinnowitz gedenkt Nazigegnern
Studienkreis Widerstand: Widerstand in Zinnowitz und Peenemünde
Zeit 19.07.2007: Der Fall Lübke

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Nachdenkliches

Zwei Dinge von Kant

“Zwei Dinge erfüllen das Gemüt
mit immer neuer und zunehmender Bewunderung,
je öfter und anhaltender sich das Nachdenken
damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mit
und das moralische Gesetz in mir.
Beide darf ich nicht als in Dunkelheiten verhüllt
oder im Überschwänglichen außer meinem Gesichtskreis suchen und bloß vermuten.
Ich sehe sie vor mir und verknüpfe sie unmittelbar
mit dem Bewusstsein meiner Existenz.”

Immanuel Kant
Kritik der praktischen Vernunft / Beschluss
Königsberg 1781/87
(der erste Satz gleichzeitig Spruch der Kant-Gedenktafel an der Schlossmauer in Königsberg)

Immanuel Kant - Zwei Dinge erfüllen das Gemüt ...
Immanuel Kant - Zwei Dinge erfüllen das Gemüt ...

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Deutschland Kulinarisches

wie der Hering zu Bismarck kam – die Geschichte zum Bismarck-Hering

Der ‘Bismarck-Hering’ – eine sehr deutsche, weit über Deutschland hinaus bekannte Delikatesse. Nur – wie kam Bismarck zum Hering? Oder der Hering zu Bismarck?

1853 – Johann Wiechmann, Kaufmann und Braumeister in Stralsund, beginnt sein kleines Unternehmen am Neuen Markt. Kurze Zeit später gewinnt er im Lotto und investiert die 1000 Goldmark. Er eröffnet im neu gekauften Haus in der Fährstrasse 21 einen Kaufmannsladen.

Eines seiner vielen Produkte: entgrätete und sauer eingelegte Ostsee-Heringe. Ehefrau Karoline stellt sie im Hinterhaus selbst her. In kleinen Holzfässchen verpackt, werden sie nicht nur vor Ort verkauft, sondern auch versandt.

Herr Wiechmann ist ein Verehrer des Herrn Otto Eduard Leopold von Bismarck (1.4.1815 Schönhausen – 30.7.1898 Friedrichsruh), damals von Beruf Reichskanzler. Und als Zeichen seiner Verehrung schickt er Herrn Bismarck ein Fässchen seiner sauer eingelegten Heringe. Diese scheinen dem Reichskanzler zu munden, denn schon bald kommt ein Dankesschreiben zurück.

Herr Wiechmann freut sich. Und Herr Wiechmann ist clever. Er hat eine Idee – wie wäre es, die Heringe künftig nach seinem Idol zu benennen? Erneut geht ein Holzfässchen mit sauer eingelegten Ostsee-Heringen aus Stralsund auf die Reise, aus Anlass der Reichsgründung am 18. Januar 1871. Und diesmal verbunden mit der Bitte, dem toten Fisch den Namen “ Bismarck-Hering ” geben zu dürfen.

Bismarcks direkte Reaktion auf das zweite Fässchen und das Ansinnen des Kaufmanns ist nicht überliefert, wohl aber seine Antwort: er stimmte zu. Er schickte Herrn Wiechmann handschriftlich seine Einwilligung – und fortan trat der “ Bismarck-Hering ” von Stralsund aus seinen Siegeszug an.

Das Haus Fährstrasse 21 wurde im Oktober 1944 bei einem Bombenangriff zerstört. Doch den Bismarckhering gibt es immer noch, in fast jedem Supermarkt, und – nur hier nach Originalrezept hergestellt- im Fischgeschäft Rasmus, in Stralsund in der Heilgeiststr. 11.

Die originale Urkunde des Herren Bismarck, bis dahin stolz im Fischgeschäft ausgehängt, ging bei dem Bombenangriff 1944 ebenfalls verloren. Doch auch Geschäftsnachfolger Rasmus ist clever – 2008 geht erneut ein Fässchen Heringe auf die Reise, zum Bismarckschen Familienverband. Und auch den Mitgliedern der Familie Bismarck scheint er zu schmecken – sie bestätigen den Namen “Bismarckhering”.

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Die Geschichte des Bismarck-Hering – Fotos

Stralsund Haus Fährstr. 21
Stralsund Haus Fährstr. 21
Stralsund Heilgeiststr. 10
Stralsund Heilgeiststr. 10
Bismarck-Hering Danmschreiben - Bismarcks danken 2008 wegen des Herings
Bismarcks danken 2008 wegen des Herings

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HIV/Aids Homosexualitäten Paris

Jean Le Bitoux (16.8.1948 – 20.4.2010)

Jean Le Bitoux , aus Bordeaux stammender französischer Aktivist für die Rechte von Schwulen und Lesben und Gründer der französischen Schwulenzeitschrift Gai Pied, ist am 20. April 2010 im Alter von 62 Jahren verstorben.

Jean Le Bitoux

Am 16. August 1948 in Bordeaux geboren, war Jean Le Bitoux eine zentrale Person der französischen Schwulenbewegung. Während der Studentenunruhen im Mai 1968 nahm er an der Sorbonne an Debattten zur ‚Homosexuellenfrage‘ teil, schloss sich bald einer Schwulengruppe in Paris an (nachdem er in maoistisch orientierten Gruppen eine „ausgeprägte Homophobie“ festgestellt hatte).

Zu Beginn der 1970er Jahre gründete er in Nizza eine Regionalgruppe der ‚Front homosexuel d’action révolutionnaire‘ (FHAR; damals bedeutendste Schwulengruppe Frankreichs, Sitz in Paris). Bei den Wahlen 1978 traten mit Le Bitoux sowie Guy Hocquenghem erstmals überhaupt in Frankreich zwei offen schwule Kandidaten an, beide stellten ihre Forderung nach Abschaffung des noch aus der Vichy-Zeit stammenden Sonderstrafrechts für Homosexuelle in den Mittelpunkt. Kurze Zeit später gründet er die ‚Groupe de libération homosexuelle-politique et quotidien‘ (GLH-PQ), die bald Gruppen in mehreren Städten Frankreichs hat.

1979 gründete Jean Le Bitoux zusammen mit Gérard Vappereau und weiteren Freunden das erste offen am Kiosk erhältliche französische Schwulenmagazin Gai Pied (der Name wird in der Küche seines Appartments vom Philosophen Michel Foucault ‚erfunden‘). 1983 scheidet er, nach ökonomischen wie auch editorischen Differenzen in eine Minderheitsposition geraten, wieder aus. Der Gai Pied entwickelt sich anschließend in eine eher kommerzielle Richtung. Später erklärte er dazu

„Der Gai Pied ist in die Falle des Konsumismus getappt, der Desinformation, des Parisertums. Das einzige wöchentliche Schwulenmagazin der Welt in den 19890er und 1990er Jahren ging unter, weil es auf sein soziales Projekt verzichtet hat.“

Yves Navarre und Jean Le Bitoux in Paris bei der Demonstration für Lesben- und Schwulen-Rechte, 4. April 1981 (Foto: © ClaudeTruong-Ngoc)
Yves Navarre und Jean Le Bitoux in Paris bei der Demonstration für Lesben- und Schwulen-Rechte, 4. April 1981 (Foto: ClaudeTruong-Ngoc, Lizenz cc by-sa 3.0)

Yves Navarre et Jean Le Bitoux à la manifestation pour les droits gays et lesbiens, Paris 4 avril 1981.Claude TRUONG-NGOC (User:Ctruongngoc) – CC BY-SA 3.0

Jean Le Bitoux weiß selbst seit 1986 von seiner Infektion mit HIV; in einer TV-Sendung auf TF1 (François de Closets) macht er am 2. Mai 1988 sein Positiv-Sein erstmals öffentlich. Ab 1985 engagierte Le Bitoux sich im Kampf gegen Aids. Er arbeitet bei der nach dem Tod von Foucault von drei Freunden (Daniel Defert, Frédéric Edelamnn, Jean-Florian Mettetal) 1984 gegründeten französischen Aidshilfe-Organisation Aides mit. Bereits im Juli 1982 hatte er im Gai Pied das erste Gespräch mit einem Aids-Kranken veröffentlicht, das in Frankreich publiziert wurde.

Zudem arbeitet er auch für internationale Presse wie das Journal of Homosexuality (New York), Tels Quels (Brüssel) oder den legendären Rosa Flieder (Nürnberg).

Besonders setzte Le Bitoux sich für das Gedenken an von den Nazis verschleppte Homosexuelle ein. Er war Gründer und Präsident der ‘Fondation du mémorial de la déportation homosexuelle‘, die sich für ein Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen in Frankreich einsetzt. Le Bitoux, ausgebildeter Journalist, war u.a. Ko-Autor des Buches “Moi, Pierre Seel, déporté homosexuel”(zusammen mit dem von den Nazis wegen Homosexualität in das Lager Schirmeck deportierten, 2005 verstorbenen Pierre Seel).

Jean Le Bitoux starb am 20. April 2010 spätabends  nach langer Krankheit. Nach Einäscherung auf dem Pariser Friedhof Père Lachaise wurde seine Asche seinem Wunsch folgend zu Füßen eines Baobab-Baumes im Dorf Pesseribougou (Mali) beigesetzt (aus diesem Dorf stammt sein letzter Partner Ladri Diarra).

In Gedenken an Jean Le Bitoux wurde die Bibliothek des ‚Centre LGBT Paris-Île-de-France‘ nach dem Aktivisten benannnt. Seit 15. März 2014 trägt ein Platz in Montreuil-sous-bois seinen Namen.

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Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids

Homo-Mahnmal mit nächtlicher Beleuchtung

Die Beleuchtung am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen wurde fertiggestellt.

Das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen wird ab sofort zum Schutz vor Anschlägen beleuchtet. Die Beleuchtung wurde montiert, die Bauarbeiten scheinen abgeschlossen.

Beleuchtung am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Beleuchtung am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

Beleuchtung am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen
Beleuchtung am Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen

Uwe Neumärker, der Direktor der Stiftung Holocaust-Mahnmal, hatte die Installation von Beleuchtung bereits im November 2009 angekündigt. Die Stiftung ist auch für die Betreuung des Homo-Mahnmals einschließlich nächtlicher Wachgänge zuständig.

Seit der Einweihung des Denkmals am 27. Mai 2008 sind inzwischen drei Anschläge verübt worden. Jedesmal wurde die Sichtscheibe beschädigt, durch die der Film mit der Kuß-Szene betrachtet werden kann.

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Text 15. April 2017 von ondamaris auf 2mecs