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Frankreich: Senat stimmt für Anerkennung ausländischer Lebenspartnerschaften

Anerkennung ausländischer Lebenspartnerschaften – Der französische Senat hat am 24. März 2009 dafür gestimmt, im Ausland geschlossene Lebenspartnerschaften in Frankreich anzuerkennen.

Der französische Senat (die zweite Kammer des französischen Parlaments) stimmte am Dienstag, 24. März 2009, einstimmig dafür, dass im Ausland abgeschlossenen Lebenspartnerschaften in Frankreich anerkannt werden sollten. Debattiert wurde die Anerkennung ausländischer Lebenspartnerschaften unter dem Punkt „Rechts-Vereinfachung“.

Bisher werden im Ausland abgeschlossene Lebenspartnerschaften in Frankreich nicht anerkannt. Dies kann für die Betroffenen weitreichende Folgen haben, wenn z.B. steuerliche Vorteile nicht angewandt werden dürfen.

Hintergrund der bisherigen Nicht-Anerkennung ist, dass auch europaweit die Grundlagen für entsprechende gegenseitige Anerkennungen von Lebenspartnerschaften fehlen.

Merci à M.!

Weitere Informationen:
tetu 25.03.2009: Le Sénat vote la reconnaissance des pacs étrangers en France
Senat: Protokoll der Sitzung vom 24. März 2009
e-Ilico 25.03.2009: Le Sénat vote la reconnaissance des PaCS étrangers en France
PinkNews 26.03.2009: French Senate votes to recognise British civil partnerships
queer.de 26.03.2009: Frankreich will ausländische Homo-Ehen anerkennen
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Text am 17.01.2016 von ondamaris auf 2mecs

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Österreich

Wiener Notizen

2mecs Wiener Notizen :

Sprechen die aufgeregten Teenies am Tisch vor uns im Zug nun Ungarisch? Oder ist es doch nur irgend ein besonders schwer verständliches Österreichisch? Irgendeine Linzer Spezialität? Ein niederösterreichischer Dialekt? Doch Magyar? Es bedarf genauen Hinhörens, eine gewisse Ratlosigkeit bleibt.

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Es ist seltsam, in einem Land zu sein, dessen Sprache man meint zu sprechen, und in dem man dennoch bei nahezu jeder sich bietenden Gelegenheit an sprachliche Grenzen stößt. Was um Himmels Willen ist Karfiol? Und kann man Fisolen essen? Oder gar Paradeiser? Was macht man mit Kukuruz? Bekommt man Topfengolatschn beim Schuster, oder ist das was Unanständiges? Fragen über Fragen, die nur Piefkes stellen können …

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Er sieht nett aus, der hochgeschossene junge Mann mit den schwarzen Haaren, den dunklen Augen.Gute Figur, schön anzufühlen, körperliche Harmonie. „Geh, soag amoal, würd’st mie vielloacht fieggn möagn, dua?“, grinst er mich nach Momenten mit eher wenig Wortkontakt unvermittelt an, strahlt. Das singende Auf und Ab seiner Stimme erinnert mich an KuK-Jodler, jegliche Erotik, sexuelle Spannung ist im Nu verflogen. „Sorry, aber …“ Lachend lösen wir die Situation auf, nicht ohne dass er mich mit einem “schoade ist’s joa schoo“ verabschiedet.

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Museen, Ausstellungen, Kultur sind einer der wesentlichen Bestandteile unseres Programms, wenn wir fremde Städte besuchen. In Wien kommen wir irgendwann an die Grenzen unseres ökonomischen Willens. Zehn Euro Eintritt pro Person, in beinahe jedem Museum, für beinahe jede Ausstellung – irgendwann denken wir „es reicht (finanziell, nicht kulturell), das ist zu viel“.
Kultur muss jedermann, jederfrau frei oder doch zu möglichst geringen Beträgen zugänglich sein. Sollen die hohen Eintritte in Wien abschrecken? Prohibitive Preise für Kunst und Kultur?
Immerhin, der Zentralfriedhof ist noch kostenfrei zu besuchen. Bis auf das Informationsblatt – der A4-Bogen kostet sparsame 20 Cent.

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Ob in Gaststätte, Kaffeehaus, Bar oder Restaurant – die Nichtraucher-Ecke ist abgelegen, meist die schlechteren Plätze, entweder nicht nahe dem Fenster, den Flaneuren zuzuschauen, oder gar ganz hinten in der Ecke, direkt bei den WCs. Selbst im Restaurant zieht einem der Rauch des Nachbarn über’s Essen. Wie schön ist’s doch in Köln oder Berlin, unverqualmt lecker essen. Werde ich doch noch ein Fan des Rauchverbots?

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Zu unserer Abreise noch das ganz große Staats-Trara? Das wäre doch nicht nötig gewesen …

(Auf den Fotos: der Präsident Rumäniens, Traian Basescu, wird zum Auftakt seines Staatsbesuchs von Österreichs Bundespräsident Heinz Fischer in der Hofburg begrüßt.)

Nebenbei: 2 lange Fahrten, beinahe 20 Stunden im Zug – und die Bahn war pünktlich, beide Male …

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Wenn du nach Wien reist, verraten wir zwar nicht unser Lieblings-Hotel und eines der schönsten Cafés. Und die üblichen Tipps hat auch der Touri-Führer. Aber probier doch mal dies hier:

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Österreich

Brauchtum

20. März. Das Essen war lecker gestern – also abends zum zweiten Mal in’s Bio-Restaurant “Dreiklang”, direkt beim Hotel um die Ecke.
Fast jeder Platz besetzt, mit Glück finden wir ein Eckchen.
Eine große Gruppe, laut sich unterhaltend, uns gegenüber.
Frank ißt gerade seine Vorspeise. Plötzlich Stimmen, mehr ein Summen zunächst. Der Nachbartisch hat begonnen  zu singen. Dreizehn Frauen und Männer, im Chor, angenehm ruhiger Gleichklang.
Wir verstehen kein Wort, außer einem Vokal-Brei ungefähr wie “a liu da di döoö oi hui oahoooh” – aber es klingt schön, und vor allem – in den Augen einiger der Singenden liegt ein seltsam verklärter Glanz, eine Freude, ein Blick voller Begeisterung.

‘Warum nur’, schießt es mir spontan angesichts meines Wohlfühlens durch den Kopf, ‘muss Brauchtum immer mit Konservatismus, mit Repression assoziiert sein?’
‘Täusche dich nicht’, erwidere ich im inneren Dialog, ‘es gab auch Hannes Wader, Franz-Josef Degenhardt & Co.” Lang ist’s her.

“Spiel nicht mit den Schmuddelkinder”, möchte meine innere Stimme glattweg spontan anheben zu singen – allein, nach ‘Frida’ fehlen mir die Verse.

Drei leckere ‘Tofu-Laibchen mit Teriyaki-Sauce und Sprossen’ sowie einen ‘besoffenen Kapuziner mit Schlagobers’ später, zwei lecker Weitra dazu, zahlen wir wohlgemuth.
‘Schade, dass am Wochenende geschlossen ist’, denken wir beim Gehen, ‘wo sollen wir denn dann hin?’
Ich bin gespannt, ob Michi, den wir nach bestimmt zehn Jahren morgen Abend wiedersehen, eine spannende Idee hat.

Bio-Restaurant “Dreiklang”
Wasagasse 28
A – 1090 Wien
www.3klang.info

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Erinnerungen

ronald m. schernikau (1960 – 1991)

Ich hab da wen kennen gelernt“, erzählte Jürgen so beiläufig, dass es bemerkt werden wollte. Jürgen war damals schon seit einigen Monaten ein „Ex“, einer der nicht wenigen, Anfang der 1980er. Einige Tage später war dieser „Neue“ in Hamburg, stolz präsentierte ihn Jürgen ebenso gewollt unauffällig wie seine Ankündigung. Ein etwas hagerer, zerbrechlich wirkender junger Mann stand neben ihm. Etwas schlaksig-schüchtern und doch strahlend, lange schwarze Haare. Nur wenige Worte mit einander, schon bald das Gefühl in meinem Bauch, nein, nicht dein Typ, mit dem tust du dich schwer. Das war meine einzige Begegnung mit Ronald M. Schernikau (1960 – 1991).

Einige Zeit vorher war dieser Schernikau mir bereits begegnet in Form seines aufwühlenden, mitreißenden Buches. Die „Kleinstadtnovelle“. Endlich ein schwules Buch, das nicht larmoyant war, nicht mitleidheischend. Sondern selbstbewusst, stolz und nicht klagend, mit Blick nach vorn, stolzem Blick nach vorn.

Vor einiger Zeit begegnete mir Schernikau wieder. Am 28. Februar, Matthias drückte ihn mir morgens in die Hand. Nicht in personam, Schernikau ist längst tot, 1991 gestorben wie so viele Hoffnungsvolle an den Folgen von Aids. Sondern in Form eines Buches, eines wundervollen Buches, das ich zum Lesen empfehlen möchte, „Der letzte Kommunist“ von Matthias Frings.

Wie bei der Politik fallen Beziehunsgformen nicht einfach vom Himmel. Sie werden gemacht – also sind sie veränderbar“, lautet einer der wundervollen Sätze in diesem schönen, lesenswerten Buch.

Grab Ronald M. Schernikau auf dem Friedhof der St.-Georgen-Parochialgemeinde Berlin, Friedenstraße (Foto Szymborski - gemeinfrei)
Grab Ronald M. Schernikaus auf dem Friedhof der St.-Georgen-Parochialgemeinde Berlin, Friedenstraße (Foto Szymborski – gemeinfrei)

Gedenktafel für Ronald M. Schernikau in Leipzig

In Leipzig wurd am Sonntag, 11. Juli 2010 eine Gedenktafel für den Dichter und Autor Ronald M. Schernikau enthüllt. Schernikau lebte 1986 bis 1989 in Leipzig.

‘leipzig ist die glücklichste zeit”, schrieb Ronald M. Schernikau in “die tage in l.”

Im September 1986 war Schernikau von West-Berlin nach Leipzig gezogen. Als erster Bürger der BRD hatte er am Institut für Literatur „Johannes R. Becher“ ein Studium aufgenommen. Seine Abschlussarbeit, vorgelegt im Mai 1988, wurde 1989 unter dem Titel “die tage in l.” publiziert.

Zuvor hatte der 1960 geborene Schernikau bereits 1980 in der BRD einen bemerkenswerten Erfolg mit seinem ersten Werk erzielt, der “Kleinstadtnovelle”. Das bei Rotbuch erschienene und nach kurzer Zeit vergriffene Buch berichtet von einem schwulen Coming-Out in einer westdeutschen Kleinstadt.

1989 wurde Schernikau Bürger der DDR und zog um September 1989 nach Berlin-Hellersdorf um. Er starb am 20. Oktober 1991 an den Folgen von Aids. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof der St. Georgen-Gemeinde in Berlin-Friedrichshain.

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HIV/Aids ondamaris Texte zu HIV & Aids

das gesellschaftliche Trauma Aids überwinden – die eigentliche Chance des EKAF-Statements

Die Debatte um die Stellungnahme der EKAF zur Nicht-Infektiosität erfolgreich therapierter HIV-Positiver schient langsam zu verstummen. Doch reicht es als Stellungnahme zu sagen, Positive sind unter diesen Umständen nicht infektiös? Steckt nicht mehr an Potenzial in der Stellungnahme der EKAF?

Das Statement der Eidgenössischen Aids-Kommission, ein HIV-Positiver sei „ohne andere STD unter einer antiretroviralen Therapie (ART) mit vollständig supprimierter Virämie … sexuell nicht infektiös“ ist nun über ein Jahr alt.

Bei seinem Erscheinen sorgte das Statement der EKAF für heftige Reaktionen, in der Fachwelt aber vor allem auch bei HIV-Positiven.

Inzwischen aber scheint es ruhiger geworden zu sein um das Thema EKAF, sehr viel ruhiger. Die Deutsche Aids-Hilfe hat im Januar 2009 eine Stellungnahme zu EKAF abgegeben, auf den Positiven Begegnungen 2009 wurde EKAF schon nur noch ruhig und distanziert diskutiert. Ansonsten: eher kaum noch Debatte, Ruhe.

Ist in Sachen des Statements der EKAF alles erreicht?
War eine klare Position der DAH alles, was es anzustreben galt?

Nein.
Das Potenzial an Veränderung, das das Statement der EKAF ermöglicht, scheint bisher kaum bewusst. Es reicht wesentlich tiefer.

Um dieses Potenzial des EKAF-Statements zu erkennen, hilft es (so man / frau älter als etwa 45 ist) sich zu erinnern an Facetten schwul-lesbischen Lebens in Zeiten vor Aids – und zu fragen, was Aids daran geändert hat.

Denn Aids war und ist weit mehr als „nur“ eine Epidemie, weit mehr als „nur“ ein medizinisches Syndrom. Aids war immer auch das massenhafte Sterben von Freunden, Bekannten, das massive Verändern schwuler Szenen. Und das Ende eines möglichen schwulen Lebensstils, wie er als Ergebnis der 70er-Schwulen-Emanzipation von nicht wenigen versucht wurde zu leben.

Michael Callen (u.a. bekannt aus zero patience) texte damals

How to have sex in an epidemic,
without being caught up in polemic?

Doch – es ging und geht um mehr als ’nur‘ Sex. Es geht um Formen schwuler Lebensstile.
Wilhelm Trapp (1) spricht dazu von der

Aids-Epidemie, die den schwulen Traum von einer erotisch unrestriktiven Gemeinschaft zerstörte.“

Eine Zerstörung, die schwules Leben für viele massiv verändert hat. Trapp fragt später im gleichen Text fragt Trapp

Ob die ideologisierte Lust sich ohne Aids und Mauerfall anders entwickelt hätte als zum Hedonismus der Love Parade, zum coolen Sexkonsum?

Die Antwort auf diese Frage scheint müssig, ein auf die Vergangenheit gerichteter Konjunktiv.
Aber hinter seiner Frage verbirgt sich -nach vorne gedacht- ein wichtiger Gedanke:

Was, wenn diese Zerstörung rückgängig gemacht werden könnte?
Wären dann auch Entwicklungen anderer Art (wieder) denkbar?
Wären dann auch wieder Experimente „einer erotisch unrestriktiven Gemeinschaft“ denkbar, lebbar?

Das ist für mich (unabhängig davin, das langfristiges Zeil weiterhin eine völlige Heilung von HIV sein muss) eine der wahren, tieferen Chancen des EKAF-Statements für schwule Szenen – Experimente schwulen Miteinanders wieder unrestriktiver, oder doch weniger restriktiv denk- und lebbar zu machen.

Und – diese Chance betrifft bei weitem nicht nur Menschen mit HIV und Aids – sie betrifft potenziell z.B. die gesamten schwulen Szenen, die aus den Folgen des EKAF-Statetments heraus -so sie denn wollen- neue Freiheiten gewinnen könnten, neue Chancen auf mehr Experimente, weniger Restriktionen und Repressionen, mehr Freiheit.

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(1) Wilhelm Trapp: Eine sehr heftige Variante des Lockerseins (über: Matthias Frings / Der letzte Kommunist – Das traumhafte Leben des Ronald M. Schernikau), in Süddeutsche Zeitung Nr. 55/2009, 7./8. März 2009

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Nachdenkliches

Die Schuld des Überlebens

Ein seltsames Gefühl. Ein Gefühl, das oftmals auf Unverständnis trifft. Ein Gefühl, das vielleicht nur nachvollziehen kann, wer “die schlechten Jahre” erlebt, überlebt hat.

Das Gefühl der Schuld des Überlebens.

Es ist schwer zu beschreiben, dieses Gefühl. Ich versuche es.

Ende der 1980er, Anfang der 1990er Jahre. Aids hieß zu dieser Zeit: man kann nichts machen. Irgendwann, eher schneller als später, wird die Diagnose HIV bedeuten Aids, und kurze Zeit später bedeuten krank, schwer krank, tot.

So bestürzend dies heute klingen mag – damals war es eine (unfreiwillige, unerträgliche) Normalität in manchen schwulen Szenen, auch in meinem Leben. Eine Woche ohne schwarz umrandeten Briefumschlag im Postkasten gab es auf dem Höhepunkt der Krise beinahe nie, gelegentlich Wochen mit mehreren. Es starben Bekannte, Fick-Bekanntschaften, Kneipen-Bekanntschaften, politische und sexuelle Weggefährten, Lover, Geliebte, Freunde.

Es starben auch Menschen, die mir so nahe waren wie kaum jemand außer meinem Mann. Die ich liebte, liebe.

Ich werd auch bald dran sein”, war damals naheliegend scheinende Reaktion.

Und bald kamen Zeiten, in denen auch mir klar wurde, nun wird es ernst. Es kamen Zeiten der ersten Lungenentzündungen, der PcP, eines versagendes Immunsystems. Die Worte “ich kann nun nichts mehr tun für Sie”. Worte die eigentlich nicht mehr gesagt werden mussten, die Situation war auch ohne sie eindeutig.

Doch – ich überlebte, auch durch glückliche Umstände.

Aber ich habe mich immer wieder gefragt, warum? Vor allem: warum ich? Warum er nicht? Warum kamen die entscheidenden Pillen für mich gerade noch rechtzeitig genug, und für ihn nicht? Warum musste er sterben? Warum darf ich leben?

Dieses Gefühl meint zunächst ein beinahe kindliches “das ist gemein”.
Ein störrisches Aufstampfen, ein “so will ich das nicht”.
Aber bald auch ein Entsetzen.
Entsetzen ob der Leere, des Verlustes, des Gefühls von Verlassen-Sein.
Ein Gefühl tiefster Ungerechtigkeit – “das ist gemein” weit mehr als nur als Ausdruck kindlich naiver Enttäuschung gemeint, mehr als “niederträchtig”, “boshaft”.
Eine Verzweiflung angesichts des zu Ergebnislosigkeit verdammten Versuches, eine Sinn darin zu erkennen.

Es gibt keinen Sinn.
Tod hat keinen Sinn.
Aber es gibt diese Verzweiflung, diese Verzweiflung, die auch bleibt, wenn die Trauer nachlässt.

Das Wort “Schuld” ist hier nicht angebracht, insofern mag der Titel ein wenig irreführend scheinen. Scheinen. Denn – immer wieder stand da – nur in mir – die Frage im Raum, warm musste er sterben? Warum durfte, darf ich überleben? Gibt es einen Sinn darin, einen innewohnenden Appell?

Zu überleben, ohne all die Männer, die ich kannte, mit denen ich mehr oder minder bekannt, nah war, die ich begehrte, mit denen ich schwulen- oder aidspolitisch unterwegs war, die ich liebte, zu überleben ohne sie – warum? Was hebt mich so hervor, dass ich überleben darf? Nichts. Kann Schicksal, können Zeitläufte so brutal sein? Oder: so banal? Warum sie tot, ich lebend? Es gibt keinen Sinn. Außer dem, den ich meinem Weiterleben, meinem Leben gebe.

(Und – bevor Sie sich jetzt Sorgen machen, es geht mir gut. Gelegentliche Erinnerungen an ‘damals’ und heutige Nachdenklichkeiten schaden m.E. nicht dem Gemüt, fördern heutiges Leben.

Und – der Mann weist mich berechtigt darauf hin- , ich versuche mir bewußt zu halten, dies ist selbstverständlich kein singuläres Ereignis. “Es gibt ähnliche Texte vom ersten Weltkrieg und auch anderen Katastrophen.”)

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Homosexualitäten ondamaris Texte zu HIV & Aids Paris

ein Jahr Centre Lesbien Gai Bi et Trans Paris

“Ein Jahr Centre Lesbien Gai Bi Trans in der Rue Beaubourg” feiert das Pariser Lesben- Schwulen- und Trans-Zentrum.

Das Centre versteht sich als Ort der Kommunikation, des Feierns, der Kultur und der Information für Lesben, Schwule, Bisexuelle und transidentische Menschen.

Vor einem Jahr zog das Centre -das sich früher CGL Centre Gai et Lesbien nannte- vom Stadtteil Bastille in das Viertel Beaubourg. Seitdem seien die Besucherzahlen um 60% gestiegen (von 6.000 im Jahr 2007 auf über 9.500 im Jahr 2008), die finanzielle Situation des Centre sei gesund.

Das Centre wird von einem breiten Spektrum an Gruppierungen getragen: zu den derzeit 65 (!) Mitgliedsorganisationen des CLGBT Paris gehören u.a. internationale Gruppen wie die ILGA (International Lesbian and Gay Association), französische Gruppen wie SOS Homophobie oder Trans-Gruppen, Gruppen schwuler Mediziner sowie Psychologen, religiöse Gruppen wie LGBT christlichen oder jüdischen Glaubens, zahlreiche Sport-Gruppen sowie Gruppierungen aus der Arbeitswelt.

Das Zentrum wird von etwa 50 Ehrenamtlern und Ehrenamtlerinnen sowie 4 Teilzeit-Beschäftigten Betrieben.

Lesben- und Schwulenzentrum? Sowas gibt’s noch? Mit mehr als ‘nur’ Kneipe und Disco?
Ja, in Paris
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Während hierzulande Schwulen- und Lesbenzentren schließen (wie schon vor Jahren das einst florierende SchuLZ in Köln) oder kaum mehr als Kneipen- und Disco-Orte sind, ist das kleine und recht junge Pariser CLGBT auf der Erfolgsspur.

Am 10. März 1994 schafft der Bundestag den Paragraphen 175 endgültig ab – ein Gedenktag, der 15 Jahre später in Deutschland von Schwulen und Lesben weitgehend unbemerkt stattfindet. Beinahe gleichzeitig feiern Pariser Lesben und Schwule das einjährige Bestehen ihres Zentrums. Bemerkenswert, in welch unterschiedlicher Verfassung die jeweiligen Szenen sind.

Centre LGBT Paris
63, rue Beaubourg
75003 Paris
cglparis.org
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Nachtrag
Tetu 16.03.2009: auch im französischen Norden wird gefeiert: La maison des diversités, le centre lgbt de Caen, fête ses un an.

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Text 08.02.2016 von ondamaris auf 2mecs

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Berlin

Neues Museum 2009: Architektur vor der Ersteinrichtung

1841 bis 1859 nach Plänen von Stüler erbaut, im Zweiten Weltkrieg stark zerstört und seitdem Ruine  – und 2009 als Wiederaufbau in neuem Glanz: das Neue Museum war vom 6. bis 9. März 2009 erstmals im Rahmen von Tagen der offenen Tür zu besichtigen, bevor es am 16. Oktober 2009 nach 70 Jahren wieder eröffnet wird.

Elf Jahre wurde gebaut, davor und währenddessen viel diskutiert – und nun stehen BerlinerInnen und Besucher Schlange, um zu sehen, zu staunen und zu photographieren (… siehe Fotos unten).

Neben allem Wundern und Staunen ob des Zusammenspiels von alter Stüler- und neuer Chipperfield-Architektur gibt es eine weitere ‘Kleinigkeit’, die zu bestaunen lohnt: die Baukosten. Der Kostenrahmen für die Wiedererrichtung des Neuen Museums wurde ursprünglich auf 233 Mio. Euro veranschlagt. Chipperfield und sein Team benötigten letztlich knapp 200 Mio. € – und blieben 33 Mio. € unter dem Plan.

Grundgedanke des Wiederaufbaus: das ‘Primat der Geschichte’ – was die Zeit überdauert hatte, wurde erhalten, wiederhergestellt, restauriert. Was verloren war, wurde ergänzt, in heutiger, zurückhaltender Formensprache, als Ergänzung erkennbar. Ein Konzept, das Architekt Chipperfield “historische Ehrlichkeit” nennt.

Bereits nach Abschluss der restauratorischen Vorsicherung war das neue Museum in Berlin im Sommer 2003 erstmals für wenige Tage für die Öffentlichkeit zugänglich – damals noch im Zustand “Kriegsruine”.
Zum Tag des Denkmals 2006 war dann das Neue Museum bereits während der Bauarbeiten zu besichtigen, im Rahmen einer “offenen Restaurierungswerkstatt”.

Vom 6. bis 9. März 2009 ist es nun im fertigen Zustand zu bewundern, das neue Museum, bevor anschließend die Kultur einzieht. Nach den Tagen der offenen Tür wird das Neue Museum für die Ersteinrichtung als Museum geschlossen. Am 16. Oktober 2009 ist dann (Wieder-) Eröffnung des Neuen Museums – und erstmals seit 1939 werden dann wieder alle Museen der Museumsinsel der Öffentlichkeit als Museen komplett zugänglich sein.

Doch gebaut wird auf der Museumsinsel weiter – 2010 beginnt der Neubau des zentralen Eingangsgebäudes, der ‘James-Simon-Galerie’ (Architekt ebenfalls David Chipperfield). Anschließend folgt ab 2012 die Generalsanierung des Pergamon-Museums.
Endgültig abgeschlossen werden alle Bauarbeiten erst 2023 sein – dann ist es vollständig, das Weltkulturerbe Museumsinsel …

Das “Neuen Museum” – eine gelungene Synthese zwischen altem Stüler-Bau und neuer Chipperfield-Architektur, zwischen Respekt vor der Vergangenheit und Mut zur Moderne.

Neues Museum, Bodestr. 2-3
Tag der offenen Tür noch am Sonntag, 08.03.2009 von 10 bis 18 Uhr

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Neues Museum: Die Stüler-Chipperfield-Synthese – Fotos 2009

Neues Museum
NeuesMuseum
...
Neues Museum
Neues Museum
Neues Museum
Neue Museum
Neues Museum
Neuesmuseum
Neu Museum
Neues Museeum
Neues Museum
Neues Museum
Neues Museum
Neues Museum
NeuesMuseum
Neues Museum
Neues Museum
Neues Museum
Neues Museum
Neue Museum
Neues Museum
Neues Museum
Neues Museum
Neues Museum

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Kulturelles

Das Oxford- Experiment: 5 Liter Sperma

Es war ein bizarres ‘Experiment’ , “das Experiment: 5 Liter Sperma ”

5 Liter Sperma – das Experiment

Ende 2007 hatten einige Studenten in Oxford eine Idee, die ein wenig bizarr anmutet:

Is it possible for a man to fill up a 5 litres bottle of his own sperm? How much time would it take? If you think you will be able to reach that goal, go for it!

Die Initiatoren nannten es “das Experiment” – weil derart nie zuvor versucht wurde.

Interessenten mussten, um am Experiment teilnehmen zu können, sich auf der Website registrieren und das ‘offizielle Wettbewerbs-Gefäß’ bestellen, einen 5-Liter-Kanister. Von diesem Zeitpunkt an haben sie ihre experimentelle Leistung selbst in der Hand …

Gewinner des ‘Experiments’ sollte sein, wer als erster einen mit 5 Litern gefüllten Kanister einsendet. Der Gewinn: lebenslang jeden Monat 5 Liter Milch …

Das Oxford Experiment – 5 Liter Sperma – Video

Das ‚Experiment‘ ist inzwischen längst beendet. Angeblich soll ‚Corneto‘ bereits nach nur zwei Monaten am Ziel gewesen sein …

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Text zuletzt aktualisiert 11. Januar 2017

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HIV/Aids ondamaris Texte zu HIV & Aids

1. Schweizerisch-Österreichisch-Deutsche Aids-Kongress 2009 – quo vadis Community-Beteiligung ?

Die aktive Einbeziehung von HIV betroffener Communities ist ein seit 1998 international etablierter Standard. Der SÖDAK 2009 bemüht sich engagiert, mit diesem Prinzip zu brechen.

Der „1. Schweizerisch-Österreichisch-Deutsche Aids-Kongress“ (SÖDAK 2009) findet vom 24. bis 27. Juni im Schweizerischen St. Gallen statt. Das Präsidium des Kongresses besteht aus Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Annette Haberl und Pietro Vernazza.

Das Motto des Kongresses lautet ‚Prepare for the long run …‘. „Die AIDS Epidemie ist noch lange nicht besiegt, weder in Europa noch weltweit. Wir brauchen deshalb einen langen Atem und dürfen im Kampf gegen die Infektionskrankheit nicht nachlassen,“ schreiben die Organisatoren.

Der SÖDAK zeichnet sich durch seine im Europäischen Raum einzigartige interdisziplinäre Ausrichtung aus„, betonen die Veranstalter.  Eine Interdisziplinarität, bei der die Betroffenen wie es angesichts aktueller Entwicklungen scheint nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Das Genfer Prinzip (erstmals bei der Genfer Welt-Aids-Konferenz 1998, dann beim Deutschen Aids-Kongress 1999 erfolgreich umgesetzt) besagt, die von HIV betroffenen Communities auf allen Ebenen der Kongress-Planung und Durchführung gleichberechtigt zu beteiligen.

„Community involvement in the planning of an International AIDS Conference is as important as that of the scientific community and that representatives of both groups should participate on an equal footing towards this goal.“ (IAS)

Dieses einst erfolgreich etablierte Genfer bzw. Essener Prinzip wird vom SÖDAK 2009 trotz intensiver Bemühungen und Proteste aus den Communities nicht weitergeführt. Die Deutsche Aids-Hilfe zeigte sich bereits erstaunt darüber und geht davon aus, dass es sich um einen einmaligen Vorfall handelt und bei zukünftigen Konferenzen wieder eine reguläre Community-Einbindung stattfindet.

Doch nicht nur die Einbindung von Community-Vertretern in Planung und Durchführung des Kongresses gestaltete sich scheinbar äußerst schwierig, selbst die Teilnahme von HIV-Positiven wird nicht eben erleichtert.
Gab es bei früheren Kongressen Scholarships, die HIV-Positiven die Teilnahme ermöglichten (z.B. durch Erlass der nicht unerheblichen) Kongressgebühren, 50 bis 290€), so fehlen diese Community-Scholarships beim SÖDAK 2009 völlig – es gibt 2009 kein Scholarship-Programm. Selbst ob es Community-Foren gibt, ist bisher unklar.

Noch am 12. Mai 2008 formulierte das Kongresspräsidium selbst „die Antworten sollen durch eine Vielzahl von interessierten Teilnehmern aus der Forschung, Klinik, Epidemiologie, Präventionsarbeit bis hin zu den von HIV Betroffenen selbst diskutiert werden“. Fehlende Scholarships und Community-Programme erleichtern diesen doch scheinbar gewünschten Dialog nicht gerade.

Während die Zusammenarbeit mit den Communities nur äußerst eingeschränkt erfolgt, scheint die Zusammenarbeit mit der Pharmaindustrie umso intensiver.  So beginnt und endet jeder einzelne Post auf dem Blog des Kongresses mit Dank an die (industriellen) Sponsoren und Einblendung eines Sponsoren-Logos.

„Eine gesunde Partnerschaft mit der Industrie muss aber im Interesse der von HIV-Betroffenen stehen, und darf sich nicht an den wirtschaftliche Interessen der Industrie orientieren“, formuliert das Kongresspräsidium selbst (am 12.5.2008).

Eine gesunde Partnerschaft – was für die Pharmaindustrie gilt, sollte für die von HIV betroffenen Communities in gleichem Umfang gelten. Dass dieses Prinzip in St. Gallen gebrochen wird, vom Kongresspräsidium von Beginn an nicht als Ziel verstanden wurde, ein Rollback zu alten Strukturen versucht und gegen Community-Vertreter durchgesetzt wird, überrascht und bestürzt. Dass dies unter Beteiligung eines Community-Boards erfolgt, überrascht umso mehr. Die Organisatoren zukünftiger Kongresse sind aufgefordert, wieder zum Genfer Prinzip zurück zu kehren.

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Text 22. März 2017 von ondamaris auf 2mecs