Spaziergänger, Surfer wie auch Strandratten staunten nicht schlecht, als sie am 11. Juli 2022 am Himmel über Sylt lesen konnten ‚Christian Lindner Heiratsschwindler‘.
Ein Werbeflieger zog ein Riesenbanner mit der vom Strand deutlich lesbaren Aufschrift hinter sich her, Überflog den Strandabschnitt Westerland auf Sylt am Nachmittag mehrfach.
Viele rätselten. Wer gibt für sowas Geld aus? Was soll der Sinn sein, was der Hintergrund? Die Sylt Punks (die eigentlich die Schlagzeilen dominieren) – nein die würden dafür wohl nicht so viel Geld ausgeben.
Banner ‚ Christian Lindner Heiratsschwindler ‚ – wer war’s?
Am 9. Juli, zwei Tage zuvor, hatten Christian Lindner (Bundesfinanzminister) und die Journalistin Franca Lehfeldt in Keitum geheiratet (standesamtlich im dortigen Sylt Museum, kirchlich in der Kirche St. Severin Keitum).
Beide hatten sich kirchlich trauen lassen – obwohl beide seit langem aus der Kirche ausgetreten sind. War das der Hintergrund der rätselhaften Aktion? Kritik an der Verwendung, Reduzierung der ‚Kirche als billige Eventlocation‘ wie Margot Käßmann spitz formulierte?
Wenig später wurde klar: verantwortlich war der aus Troisdorf bei Köln stammende Comedian und Entertainer Sebastian Pufpaff, seit Ende 2021 Moderator der wieder aufgewärmten Comedy-Show ‚TV Total‘. Das Logo der Sendung war (vom Boden etwas schwer erkennbar) auf dem Banner aufgedruckt.
… und was hat der Steuerzahler gezahlt für Lindners Hochzeit?
Wurden aus Mitteln des Staats Gelder für Lindners Hochzeit aufgewendet, und in welcher Höhe? Dies wollte der Abgeordnete der Linken Christian Görke wissen. Schließlich hatten Fahrzeuge der Polizei die Kolonne begleitet, und zahlreiche Prominente hatten Personenschutz.
Die Antwort des Bundesfinanzministeriums auf seine Anfrage fiel knapp aus. Der Bund habe diese private Veranstaltung nicht organisiert und könne die Kosten aus diesem Grund nicht beziffern. Und die Ausgaben des Bundeskriminalamts (wie z.B. Personenschutz) würden nicht projekt- oder einsatzbezogen abgerechnet und seien nicht zu quantifizieren.
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Christian Lindner selbst kommentierte Kritik an Kosten und Ort sdeiner Hochzeit in einem Interview im September 2023 mit den Worten
„Wer damit ein Problem hat, dass ich, der niemals Geld geschenkt bekommen hat, der niemals etwas geerbt hat, der niemals etwas gestohlen hat, das von meinem verdienten und versteuerten Geld bezahle, der soll in Gottes Namen eben eine andere Partei wählen.“
Christian Lindner, Interview Augsburger Allgemeine, September 2023
der Roland von Westerland
Der Roland von Westerland ist anders als z.B. der bekannte Roland von Bremen keine historische Rolandstatue. Er wurde erst 1918 als Geschenk auf der Insel Sylt stationierter Militäreinheiten errichtet und steht erst seit 1984 wieder im Stadtbild, auf einer Verkehrsinsel.
Flug der Basstölpel, Helgoland, Video
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Syltokalypse 2022 – Punks auf Sylt, und viel Aufregung auf Sylt und in den Medien.
Dabei, ganz Sylt – nein, eigentlich konzentriert sich das Geschehen auf Westerland. Die Straßen sind hier benannt nach Wilhelm und Friedrich, der Damm, über den das Eiland erreicht wird, gar nach Hindenburg.
Zentraler Ort der Inszenierung Syltokalypse (und der Erregung): zunächst der Wilhelmine-Bunnen (Entwurf Ursula Hensel-Krüger) in Westerland, zwischen Bahnhof und Strandpromenade gelegen. Medien sprechen von der ‚Punkerszene an Wilhelminebrunnen‘ oder ‚Sylter Punker-Krise‘. Auch wenn einige Punks zeitweise weitergezogen sind, erst in den Park vor dem nahe gelegenen Rathaus, später vor den ’neuen Rossmann‘ (gegenüber dem Brunnen).
Zentral und gut platziert über der zentralen Anzeigetafel in der Haupthalle – das Brinkmann Wandmosaik im Hauptbahnhof Bremen erinnert nicht nur an Hafen, Handel und Stadtmusikanten, sondern auch an ein Stück Kolonialgeschichte.
In Bremen befindet sich nahe dem Hauptsitz des Speditions-Konzerns Kühne + Nagel ein Mahnmal, das die Rolle des Unternehmens im Holocaust thematisiert, das Arisierungs-Mahnmal Bremen. Offizielle Einweihung war am 10. September 2023 (aus Anlaß des Tags des offenen Denkmals).
Frohe Ostern
Der Übergang von ACT UP zu Therapie Aktivismus war auch eine Korrektur der politischen Strategie des Aids- Aktivismus, ein Strategiewechsel.
Dieser Strategiewechsel war erforderlich
- angesichts sich deutlich ändernder Rahmenbedingungen:
- die Kämpfe um die grundsätzliche Richtung der Aids-Politik in Deutschland waren ausgestanden. Statt Ausgrenzung und Stigmatisierung hatte sich eine auf Aufklärung und eigenverantwortliches Handeln setzende Linie weitgehend durchgesetzt
- am Horizont wurden erstmals Medikamente erahnbar, die wirksam gegen die Ursache von Aids sein, die dazu beitragen könnten das Leiden zu reduzieren und mittelfristig zu beenden
- damit rückten auch Pharmaunternehmen, klinische Forscher und klinsiche Studien, rückte das Medizinsystem zunehmend in den Fokus
- und damit veränderten sich die Themen, die für Menschen mit HIV bedeutend waren – der Akzent verschob sich von ‚wahrgenommen werden‘ und ’nicht über uns, mit uns‘ zu ‚wir benötigen Medikamente und wirksame Therapien, jetzt und …
Der Wechsel der Strategie bedeutet nicht dass die vorherige Strategie gescheitert war. Problematisierung, Skandalisierung und Medialisierung (wie sie auch ACT UP betrieben haben) waren hoch wirksam – aber nun, wo konkrete Lösungsmöglichkeiten zumindest erahnbar wurden, nicht mehr ausreichend.
Kriegsdienstverweigerer und Deserteure aus Russland und Belarus, aber auch aus der Ukraine benötigen angesichts des aktuellen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine ein Recht auf Asyl – und entsprechende Angebote.
Zahlen zu Deserteuren aus Russland, Belarus und der Ukraine sind kaum bekannt.
Aufruf zum Desertieren
‚Ich habe eine Botschaft für die russischen Soldaten im Gefechtsfeld: Wenn ihr euch nicht dazu hergeben wollt, eure ukrainischen Brüder und Schwestern zu töten, wenn ihr keine Verbrecher sein wollt, werft eure Waffen weg, hört auf zu kämpfen, verlasst das Schlachtfeld.‘
Charles Michel, Ratspräsident der EU, am 6. April 2022
Der Tschechische Premier Petr Fiala schlug am 17. März 2022 vor, die EU möge russischern Deserteuren in der EU Asyl gewähren. Polen und Slowenien schlossen sich dem Vorschlag an.
‚Im Hinblick auf eine langfristige Entwicklung könnte zum Beispiel eine Koalition von Staaten gebildet werden, nicht nur von der EU, sondern vielleicht auch von NATO-Staaten, die den desertierten Soldaten der Russischen Föderation Asyl gewähren würde.‘
Petr Fiala nach seinem Besuch in Kiew am 15.3.22
Michel bezeichnete ein Asyl- Angebot für Deserteure als ‚eine wertvolle Idee, die weiterverfolgt werden sollte‚.
Auch mehrere FDP- Politiker forderten am 20.4.2022 Bundesinnenministerin Faeser auf, in Brüssel für ein Aufnahme-Programm für russische Deserteure einzutreten.
„Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, an russische Soldaten den Appell zu richten, die Waffen niederzulegen, und darauf hinzuweisen, dass ihnen der Weg ins deutsche und europäische Asylverfahren offensteht.“
Deutscher Bundestag