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Kulturelles

Mulisch wird 80

Neben fliegenden Spaghetti hat der Sonntag auch etwas sehr erfreuliches zu bieten: einen Geburtstag.

Harry Mulisch, der große niederländische Autor, wird heute 80 Jahre alt.

Mulisch, Autor so geschätzter Romane wie ‘Die Entdeckung des Himmels‘ oder ‘Das Attentat‘, aber auch eines (etwas bizarr-trashig anmutenden) ‘Siegfried’.

Mulisch, der sich immer wieder mit dem Thema Nationalsozialismus auseinander setzt, der Fragen nachgeht wie “Wie konnte aus dem gescheiterten Aquarellisten aus Braunau ein Monster von welthistorischer Dimension werden?” (in einem Interview 2001) und zu Ergebnissen kommt wie “Das letzte Wort über Hitler lautet: nichts” (in ‘Siegfried’).

Mulisch, der sich auch politisch engagiert (Unterstützer der mir etwas ominös erscheinenden ‘Partei für die Tiere‘).

Der 1961 als Berichterstatter dem Jerusalemer Eichmann-Prozess beiwohnt und dort Hannah Arendt kennen lernt und sich mit ihr anfreundet. Beide schreiben über diesen Prozess bedeutende Bücher, Mulisch sein “Strafsache 40/61″, Arendt “Eichmann in Jerusalem”, der eine über die Mentalität des Massenmörders, die andere über die “Banalität des Bösen”.

Ein vierteiliges Hörfunk-Portrait über Harry Mulisch (Radio Bremen) findet sich hier. Und die Welt des Harry Mulisch, grafisch umgesetzt, hier (auf niederländisch).

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Nachdenkliches

was ist schon normal?

“Normal ist das nicht”, sagt mein mir unbekannter Nachbar in der U-Bahn zu seiner Freundin, grinsend. Dabei blickt er zu zwei völlig aufgebrezelten Jungs schräg gegenüber. Der eine farbenfroh wie es selbst us- amerikanische Papageien kaum wagen würden, der jüngere eher in etwas, für das der Ausdruck ‘ein süßes Nichts’ nicht unzutreffend wäre.

‘Das ist doch nicht normal!’ – dieser Ausdruck wird (u.a.) gern verwendet, wenn es um Homosexualität geht. Früher sehr häufig, inzwischen erfreulicherweise seltener. Inzwischen ist im Erscheinungsbild deutscher Großstädte Homosexualität teilweise selbst ‘normal’ geworden.

Und doch stimmt mich dieser Normalitäts-Begriff misstrauisch.

Zunächst fällt mir auf: wir leben gerade in Zeiten, in denen von außen zunehmend weniger das Argument ‘nicht normal’ gegen Schwule benutzt wird. Und – erstaunlicherweise bemühen viele Schwule sich gerade jetzt besonders darum, ‘normal’ zu sein. Anerkennung darin zu finden, ‘genauso wie ihr’ sein zu können, zu dürfen.

Gerade in Zeiten, in denen von außen viel weniger der Vorwurf ‘nicht normal’ kommt, bemühen wir uns selbst um größtmögliche Normalität. Statt, wie in den 1970er und 80er Jahren, zu versuchen eigene Wege zu finden, zu gehen, ist seit den 1990er Jahren vielmehr zu spüren, dass eine Sehnsucht danach zu bestehen scheint ‘auch wie ihr’ zu sein, ‘normal’ zu sein.
‘Normal’ und konsumfreudig statt un-normal und experimentierfreudig.
Welch seltsame Freiheit, fragwürdige Emanzipation. Altmodischer Begriff, ich weiß.
Normal? Egal? Spielt doch keine Rolle?

Und dann, ‘normal’, was ist das überhaupt? Normal ist ‘was alle machen’.
Heißt das nicht auch, ‘normal’ ist irgend ein Massenphänomen?
‘Normal’ ist das, was alle, oder doch viele, die Mehrheit macht?
Ist Normalität dann nicht dem Konformismus sehr verwandt?

Wie viel am ‘Normalen’ ist dann nur noch Kopie, und wie viel ist noch Original, autonom aus der Person selbst heraus entstanden? Stehen Normalität und Authentizität nicht ein einem Spannungsverhältnis, wenn nicht gar Widerspruch?

Oder, um dem Einwand direkt zu begegnen, ist das, was Authentizität ausmacht, nicht auch entstanden anhand der z.B. gesellschaftlichen Rahmenbedingungen, einer Normalität – und nicht rein authentisch?

Aber immerhin bliebt selbst in diesem Fall das Bemühen um Authentizität – nicht um ‘Normalität’. Zumal eine der Spiegelungen der Normalität wohl die Ausgrenzung ist, das Ablehnen dessen, was als ‘normal’ empfunden wird.

Womit wir dann bald wieder beim Beginn des Gedankengangs wäre …
… nur dass die beiden neben mir über die beiden Jungs eher schmunzelten, ganz relaxt …

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Berlin

Ringelnatter im Grunewald

Die Ringelnatter im Grunewald … Auf dem Weg Richtung Lämmerfeld kann einem ja gelegentlich schon die ein oder andere Schlange begegnen. Diese stattliche Exemplar hier aber überraschte mich dann doch:

Ringelnatter im Grunewald
Ringelnatter

Abendlicher Nachtrag: das Ökowerk hat mir auf Anfrage zur Schlange mitgeteilt:
“Bei der Schlange handelt es sich um eine ausgewachsene Ringelnatter (Natrix natrix). Es ist die einzige im Grunewald vorkommende Schlangenart. Die Weibchen können bis ca. 1,30 m lang werden. Die Männchen bleiben deutlich kleiner. Es handelt sich wahrscheinlich um ein Weibchen. Das Erkennungszeichen dieser Schlange sind die beiden gelben halbmondförmigen Flecken am Hinterkopf, die auf dem einen Foto zu erkennen sind. Die Ringelnatter lebt gerne in Wassernähe, unternimmt aber auch größere Wanderungen. Sie ist in diesem Bereich des Grunewalds (Sandgrube, Teufelssee und Ökowerk) erfreulich häufig und scheint sich in den letzten Jahren gut zu vermehren.
Wie alle Nattern ist die Ringelnatter ungiftig und für den Menschen vollkommen ungefährlich. Sie ernährt sich vor allem von Fröschen und Kaulquappen in Gewässern und kann daher auch sehr gut schwimmen.”

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Berlin

Kiki Blofeld (2004 – 2011)

Neulich abends … im Kiki Blofeld

neulich abends im Kiki Blofeld
neulich abends im Kicki Blofeld

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Von 2004 bis 2011 war das Kiki Blofeld eine beliebte Berliner Beach-Bar an der Spree (Köpenicker Strasse). Nach Verkauf des Geländes an einen Investor folgte 2011 die Kündigung des Mietvertrags für die Strandbar.

Der Name der Strandbard weckt Erinnerungen an Ernst Stavro Blofeld, einen der üblen Gegenspieler in mehreren James Bond Filmen, gespielt u.a. von Telly Savalas und Christoph Waltz.

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2018 sind das Gelände des ehemaligen Kiki Blofeld so aus …

das Gelände des ehemaligen Kiki Blofeld im Juli 2018
das Gelände des ehemaligen Kiki Blofeld im Juli 2018
das Gelände des ehemaligen Kiki Blofeld im Juli 2018
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HIV/Aids ondamaris Texte zu HIV & Aids

Positiv – Negativ

Bisher gibt es beim Thema Menschen, die HIV-infiziert sind, eine beinahe klassische Dichotomie: „ich bin negativ“ vs. „ich bin positiv“.
Nur – diese Dichotomie führt -wie so manche schwarz- weiß-Malerei- in die Irre.

In eine Irre, die gleich mehrere Dimensionen hat.

– Die Veränderbarkeit: HIV-positiv zu sein ist ein Zustand, der (zumindest derzeit, solange es keine Heilung von HIV gibt) unumkehrbar ist. Einmal HIV-positiv, immer HIV-positiv. Ein Test-Resultat als eindeutige Wegmarke. HIV-negativ zu sein hingegen ist ein Zustand, der sich jederzeit ändern kann.

– Das Bewusstsein: Wenn ich (nach einem positiven Testergebnis) weiß, dass ich HIV-positiv bin, kann (muss) ich mir dessen für die Zukunft sicher sein. Eine unumkehrbare Faktizität.
Wenn ich nach dem selben Test erfahre, dass das Ergebnis HIV-negativ lautet, so heißt das maximal, dass ich bis vor drei Monaten nicht HIV-infiziert war, dieser Zustand sich jedoch (riskantes Verhalten vorausgesetzt) ändern kann. Ändern kann auch ohne dass ich mir dessen bewusst bin. Ein unsicherer Zustand.

– Das Ergebnis: eine Begriffs-Verwirrung, die dennoch heute weiterhin gerne verwendet wird. Mit weit reichenden Konsequenzen.

So gibt es eine (zahlenmäßig nicht zu unterschätzende) Gruppe von Menschen, die mit HIV infiziert sind, dies jedoch nicht wissen. Umgangssprachlich möchte man meinen, sie seinen HIV-positiv. Nur – davon wissen sie nichts, gehen vermutlich in der Regel davon aus, sie seien HIV-negativ.
Menschen ohne bisherigen HIV-Test, aber auch Menschen mit einem (zurückliegenden) negativen HIV-Test-Ergebnis können durchaus HIV-infiziert sein – halten sich aber für ‚HIV-negativ‘.

Oder anders ausgedrückt: jeder, der kein positives Testergebnis hat, hält sich für negativ – unabhängig vom Infektionsstatus.

Negativ – Positiv, diese bipolare Unterscheidung führt in eine Präventions-Sackgasse.
Die Konstellation, HIV-infiziert zu sein, jedoch bisher kein positives Testergebnis zu haben, von seinem Infektions- Status nicht zu wissen, diese Konstellation findet in der Begriffs-Bipolarität positiv-negativ nicht statt.

Diese Unterscheidung mag zunächst akademisch erscheinen. Leider hat sie jedoch ganz praktische Konsequenzen – z.B. bei den HIV-Neu-Infektionen.
Das Problem: ich halte mich für HIV-negativ, und verhalte mich (mit anderen vermeintlich ebenfalls nicht HIV-Infizierten) nicht immer safe (Serosorting).
Die Folge: HIV-Negative (oder besser: Personen, die selbst davon ausgehen, derzeit HIV-negativ zu sein) erhöhen ihr Risiko sich mit HIV zu infizieren durch diese Strategie, wie Studien zeigen. Der Grund: unerkannte HIV-Infektionen – Menschen, die sich für HIV-negativ halten, tatsächlich jedoch HIV-infiziert sind, nur bisher nicht von ihrer Infektion wissen.
Einer der Gründe für ein erhöhtes Risiko könnte darin liegen, dass ‚ungetestet HIV-Positive‘ scheinbar besonders häufig zu unsafen Sexpraktiven tendieren, wie eine CDC-Studie zeigt.

Die Termini ‚positiv‘ und ’negativ‘ sagen streng genommen nichts über den Infektions-Status aus, sondern nur etwas über ein Test-Ergebnis. Die Lücken, die genau dazwischen liegen können, bleiben bisher verdeckt.

Den Infektionsstatus gibt zutreffend nur wieder das Begriffspaar ‚infiziert‘ und ’nicht infiziert‘. Nur, dass jemandem, der infiziert ist, davon aber nichts weiß, damit nicht geholfen ist.

Ergo: brauchen wir eine neue Begrifflichkeit?

Eine Begrifflichkeit, in der weiterhin ‚positiv‘ diejenigen Menschen sind, die positiv getestet sind (die HIV-infiziert sind und davon nach einen positiven Testergebnis wissen). Aber – welcher Begriff bietet sich für die anderen, eventuell unklareren Zustände an?

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Text 22. Februar 2017 von ondamaris auf 2mecs

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Frankreich

14. Juli

Die Franzosen feiern heute den 14. Juli.

Den 14. Juli 1789, den Tag des Sturms auf die Bastille, das Gefängnis des Königs. Des Tags, der zum Symbol der französischen Revolution wurde. Die den Franzosen ‘liberalité, egalité, fraternité’ brachte, zumindest als Metapher – unter dieser Maxime verweigerten französische Bürger dem absolutistischen Herrscher Louis XVI. den Gehorsam. Und die die absolutistische Monarchie ablöste, die Republik brachte.

Erinnerungen werden wach, an viele schöne 14-Juillet- Feiern mit Freunden in Paris. An Feten von Frequence Gaie am Quai de la Tournelle, gegenüber Notre Dame, Feiern an und auf der Seine. An gemeinsame Essen und Partys, an Irritationen und Erstaunen ob des Pomps und der Selbstverständlichkeit französischen Nationalstolzes.

Dieses Jahr nun feiert Frankreich mit Zarkozy, einem Präsidenten, der immer mehr seine ‘harte Hand‘ zeigt. Erstmals sollen zum französischen Nationalfeiertag nicht wie bisher üblich Tausende Verurteilte begnadigt oder ihre Haftstrafe verkürzt werden. Und im Justizministerium rumort es.

Nebenbei, dieses Recht der Begnadigung scheint mir eine seltsame Einrichtung, zumindest in Demokratien. Natürlich eine feine Sache für diejenigen, denen Strafe erlassen wird.
Allerdings – erinnert dieses Recht eines hohen Politikers, an Gerichten und Urteilen vorbei Gnade zu erweisen, nicht eher an Monarchen, an fürstliche Potentaten? An Zeiten absolutistischer Herrscher, die wohlwollend, gnädigerweise, als ‘Geschenk’, weil gerade ein netter Anlass ist, ‘Gnade vor Recht’ walten lassen?
Steckt darin nicht der Gedanke, dass irgendwelche Autoritäten am geltenden Recht vorbei willkürlich eigene Entscheidungen treffen? Demokratische Strukturen und Prozesse jedenfalls stelle ich mir anders vor …
(Ich bin nicht gegen das Gnadenrecht generell. Mir scheinen die Umstände, wie dieses angewendet wird, nur seltsam undemokratisch. Es müsste doch auch demokratischer gehen, z.B. müsste doch ein gerichtliches Verfahren der Gnade denkbar sein?)

Aber mit diesen Gedanken über herrschaftliche Gnadenerweise wären wir ja schon wieder bei königlichen Zeiten. Und heute ist doch der 14. Juli, der Tag des Feierns, der Tag des Sturms auf die Bastille. Allons enfants …

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Kulturelles

Des Pharaos Tabak

Wie kam der Pharao zu seinem Tabak? Oder – woher stammen Tabakpflanzen, die im Körper von Ramses gefunden wurden? Wo es doch in Ägypten keinen Tabak gab damals? Eine Story für Jugendhelden …

Einer der ‘Helden’ meiner Jugend (neben Cousteau oder Hass) war Thor Heyerdahl.

Ich kann mich noch gut erinnern. Ein Buch, das ich bei meinem Onkel entdeckte, machte den Anfang. ‘Kon-Tiki’, Heyerdahls Floß-Fahrt von Südamerika nach Polynesien, fachte meine Phantasie an. Wie später noch einmal ‘Ra’, das Papyrus-Boot, mit dem er von Marokko aus Amerika erreichen wollte. Und nun soll die Geschichte eine Fortsetzung erfahren.

Heyerdahl schaffte es zu zeigen, dass schon mit Techniken, die den alten Ägyptern vertraut waren, eine Bootsfahrt Richtung Amerika möglich war. Er fuhr mit seiner Ra II 1970 von Afrika bis nach Barbados. Dass eine Atlantik-Überquerung mit altertümlich anmutenden Booten westwärts möglich war, hatte er bewiesen. Aber – wie sollten die Reisenden zurück kommen?

Unmöglich, sagen seitdem alle Experten (wie sie auch vorher Heyerdahls Reise für undurchführbar hielten). Viel zu starke Winde für die einfachen Boote. Wenn da nicht eine entscheidende Frage bliebe: wie kam der Pharao an seinen Tabak? Tabak?
Ja, genau.
Im Körper von Pharao Ramses (bzw. seiner Mumie) wurde Tabak gefunden, genauso auch in zahlreichen weiteren ägyptischen Mumien. Gen-Analysen zeigten, dass es sich um Tabak aus Amerika handelt (wohl verwendet als Konservierungsmittel für den Leichnam).

Nur – wie soll amerikanischer Tabak nach Ägypten gekommen sein? In Ägypten gab es damals keine Tabakpflanzen. Und dann über 1000 Jahre vor unserer Zeitrechnung? Wo doch Columbus de erste gewesen sein soll, 1492?

Des Rätsels Lösung könnte sein, dass auch damals schon nicht nur westwärts, sondern auch ostwärts Schiffsverkehr möglich war. Trotz der Winde, trotz der Strömungen.

Genau dies will der Chemnitzer Biologe Dominique Görlitz nächsten Monat versuchen zu beweisen. Mit seinem Boot “Abora III” will er den Atlantik ostwärts überqueren.

Heute, am 11. Juli soll seine Reise in New York starten, Anfang September möchte er im spanischen Cadiz ankommen. Auch die “Abora III” ist ein Boot, das ganz entsprechend traditioneller Technik gebaut ist, aus Papyrus, in einer uralten Bauart, die heute noch auf dem Titicacasee verwendet wird.

Vielleicht zeigt Görlitz trotz aller Skepsis und Kritik, dass die Experten sich irren, und schon für die alten Ägypter ein Schiffsverkehr mit Amerika in beide Richtungen möglich war.
Und klärt so auch das Rätsel von des Pharaos Tabak …

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Berlin

Nachts unterwegs …

Nachts unterwegs zu sein kann einfach furchtbare Sehstörungen zur Folge haben …

(in der Raststätten Gnadenbrot)

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Politisches

Ministerium für nationale Identität

‘Nationale Identität’, ein Thema beherrscht die politische Debatte in Frankreich. Was soll das sein? Und warum braucht Frankreich ein Ministerium dafür, das Ministerium für nationale Identität ?

Frankreich bekommt, was es gewählt hat. Er hat es vorher versprochen, und nun ist es da. Ein ‘Identitäts- Ministerium’. Genauer gesagt, das ‘Ministerium für Einwanderung, Integration, nationale Identität und Ko- Entwicklung’.

An der Spitze des Ministeriums steht der von ‘Liberation‘ als ‘rechter Arm von Sarkozy’ und ‘Ultrasarkozyste’ bezeichneten Brice Hortefeux.

Schon die Kurzform ‘Identitäts-Ministerium’ lässt kalte Ahnungen von 1984 aufkommen.
Brauchen wir (’die Franzosen’, ‘die Deutschen’, etc. – so es diese Prototypen geben sollte) wirklich immer noch ‘nationale Identität’? Sicher, wenn ich in Frankreich bin, nehme ich war, dass es (oft: kulturelle) Unterschiede zwischen meinen Denkweisen, Verhaltensweisen etc. und denen französischer Freunde gibt.
Aber spätestens jeder Aufenthalt im außereuropäischen Ausland erinnert doch immer wieder daran, dass das Europäische viel verbindender, gemeinsamer ist. Ich fühle mich als Europäer, und diese Tatsache unterscheidet mich in vielem von z.B. Ostasiaten, US-Amerikanern oder Afrikanern. Die Unterschiede zwischen einzelnen europäischen Staaten erscheinen mir dabei immer mehr marginal, letztlich beinahe vernachlässigbar.
Nationale Identität erscheint mir wie ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert. Europäische Identität, ja, da könnte ich drüber nachdenken wollen … (und zur Not auch noch über regionale Identität, ich empfinde mich sicher eher als ‘norddeutsch’ denn als ‘rheinisch’).

Und die Kombination der vier inhaltsbestimmenden Begriffe des neuen französischen Ministeriums, dieser Begriffe, die scheinbar so perfekt zusammen passen, lässt schlimmes befürchten.
Was hat z.B. Einwanderung mit ‘nationaler Identität’ zu tun? Steht hier nicht implizit der Gedanke im Hintergrund, Einwanderung gefährde ‘nationale Identität’? Gefahr statt Bereicherung? In einem Land mit einer festgelegten Abschiebequote (2007: 25.000 Menschen) scheint dieser Gedanke alles andere als fern zu liegen.
Und, kann es überhaupt einen einzigen Menschen (egal ob Minister oder nicht) geben, der bestimmt, was ‘nationale Identität’ ist?

In Frankreich kursiert bereits ein von über 13.000 Menschen unterzeichneter Aufruf, in dem gegen das neue ‘Identitäts-Ministerium’ protestiert wird. Der Kreis der Unterzeichner reicht vom Historiker Jacques Le Goff über Regisseurin Ariane Mnouchkine bis zum Sänger Yann Tiersen. Menschenrechtsvereinigungen in Frankreich protestieren gegen ‘Ausländerfeindlichkeit per Gesetz’, Amnesty kritisiert den Minister.

‘Nationale Identität’ war eines der zentralen Themen des Wahlkampfs von Nikloas Sarkozy. Die Franzosen haben nun bekommen, was sie gewählt haben. Schon jetzt sprechen Kommentatoren von einem der mächtigsten französischen Präsidenten.
Sarkozy, oder schreiben wir demnächst besser Zarkozy?

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Politisches

Energiefragen – Ökostrom

Die Produktion von Ökostrom sei deutlich gestiegen, meldet der Verband der Elektrizitätswirtschaft (via SpON).

Das erfreut.

Und ich frage mich, in wie weit ist eigentlich ‘Ökostrom’ von Atomstrom-Konzernen wie Vattenfall tatsächlich Öko-Strom? Strom aus seit vielen Jahren bestehenden skandinavischen Wasserkraftwerken hierzulande als Ökostrom zu vermarkten führt zumindest wohl nicht zu einer Ausweitung der Ökostrom-Produktion. Nicht zu einer Energiewende. Und den Worten von Anbietern, die immer wieder bei ‘Pannen’ (welch verniedlichende Formulierung) mit der Wahrheit nur häppchenweise herauskommen, wie jüngst bei den Unfällen in norddeutschen AKWs, mag ich auch kaum noch glauben.

Es gibt Alternativen.
Anbieter, deren Strom zu 100% aus erneuerbaren Energien stammt, und dabei zu 90% aus erneuerbaren Energien, die nicht nach dem Erneuerbare-Energien- Gesetz gefördert werden.
Anbieter, deren Strom (außer geringen Mengen bei der Herstellung der Erzeugungsanlagen) keinen CO²- Ausstoß produziert (Bundesdurchschnitt 682g/kWh).
Anbieter, deren Strom AKW-frei ist, und deren Stromproduktion keinen radioaktiven Abfall produziert (Bundesdurchschnitt 0,006g/kWh; 80 Mrd. Bequerel/ kWh).
Und deren Strom dabei sogar noch preislich attraktiv ist.

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