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Konzerte & Festivals Oldenburg

Ein aussergewöhnliches Ereignis – Festival für elektronische Tanzmusik, Oldenburg 2021

Ein Aussergewöhnliches Ereignis :

Ein außergewöhnliches Ereignis (EAE) Oldenburg 10. bis 12. September 2021 – erstes Festival für elektronische Tanzmusik in Oldenburg

Organisation: der im Februar 2022 neu gegründete Verein Freizeitlärm
Ort: stillgelegtes Klärwerk, Holler Landstr. 15

Ein Aussergewöhnliches Ereignis Oldenburg 2021
Bebetta bei Ein Aussergewöhnliches Ereignis Oldenburg 2021
Bebetta
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Fotografie Ulli

Parkhaus

Parkhaus (Osnabrück, August 2021)
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Kulturelles

Felix-Nussbaum-Haus Osnabrück

Das Felix Nussbaum Haus in Osnabrück ist das erste nach Plänen des Architekten Daniel Libeskind errichtete Gebäude. Es wurde 1998 eröffnet.

Felix Nussbaum Haus Osnabrück, Modell
Felix Nussbaum Haus Osnabrück, Modell

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COVID19 Konzerte & Festivals Kulturelles

Watt en Schlick Fest 2021

Das Watt en Schlick Fest 2021 fand vom Freitag 30. Juli bis Sonntag 1. August 2021 statt (WES21).

Seit 2014 gibt es dieses kleine und feine Festival, direkt am Wasser in Dangast.

Das Watt en Schlick Fest 2019 war grandios.
Das Watt en Schlick Fest 2020 fand aufgrund der Coronavirus Pandemie als Streaming Konzert statt, übertragen von Arte – aufgenommen in Dangast, mit nur 150 (statt sonst 5.000) Gästen vor Ort.

Watt en Schlick Fest 2021

2021 fand das Watt en Schlick Fest als Corona Modellprojekt des Landes Niedersachsen statt (siehe hierzu Corona Modelprojekt Watt en Schlick Fest 2021).

Watt en Schlick fand 2021 mit Unterstützung durch das Bundesprogramm ‚Neustart Kultur‚ sowie durch den Landkreis Friesland und die Stadt Varel statt. Zudem lief im Sommer 2020 erfolgreich eine Crowdfunding Kampagne.

Watt en Schlick Fest 2021

Am 24. September wurde das Watt en Schlick Fest mit dem Helga Award als Bestes Festival ausgezeichnet.

Watt en Schlick Fest 2021 – Fotos

Till Krägeloh Initiator des Watt en Schlick Fest bei der Eröffnung 2021
Till Krägeloh, Initiator des Watt en Schlick Fest, bei der Eröffnung
Rikas
AnnenMayKantereit beim Watt en Schlick Fest 2021
AnnenMayKantereit
Flowin Immo
Leoniden
01099 beim Watt en Schlick Fest 2021
01099
Coma
Bonnie & Kay (Shanghai)
Kay Shanghai beim Watt en Schlick Fest 2021 in Dangast
Kay Shanghai
Stanovsky
Thorsten Nagelschmidt
Altin Gün
Nina Attal
Lisa Simone
Lisa Simone beim Watt en Schlick Fest 2021
Megaloh
Jam Session / Flowin Immo Allstars
Milky Chance
Milky Chance beim Watt en Schlick Fest 2021
Milky Chance

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COVID19 Kulturelles

Corona Modelprojekt Watt en Schlick Fest 2021 sehr erfolgreich

Corona Modelprojekt Watt en Schlick Fest 2021 sehr erfolgreich – keine einzige Corona Infektion berichtet.

Vom Freitag 30. Juli bis Sonntag 1. August 2021 fand in Dangast (Varel, Niedersachsen) das Festival Watt en Schlick Fest 2021 statt (WES21). Als erstes Festival überhaupt in Norddeutschland unter Corona-Bedingungen.
Anders als das Watt en Schlick Fest 2020, das aufgrund der Corona Pandemie nur als bei Arte gestreamtes Ein-Tages- Festival fast ohne Gäste vor Ort stattfand, im Jahr 2021 wieder ganz real, vor Ort.

Das Watt en Schlick Fest fand 2021 als Modellprojekt des Landes Niedersachsen statt. Ein umfangreiches Hygienekonzept mit Teststrategie war Grundlage, das zahlreiche Maßnahmen vorsah.

Das Modellprojekt wurde durch Wissenschaftler der Jadehochschule Wilhelmshaven begleitet.

Wesentlichster Schritt: Schnelltests ausnahmslos für sämtliche Beteilgten – Festival- Besucher*innen, Künstler*innen, Crews, Techniker, Aufbauhelfer, Ehrenamtler*innen, Lieferanten, Security usw. an allen Festival-Tagen.

„Für alle Besucherinnen und Besucher hieß das klipp und klar: Egal, ob geimpft oder genesen – jeder und jede macht täglich einen Test.“

Till Krägeloh, Initiator und Leiter des Watt en Schlick Fest

Zweite wesentliche Komponente: eine Exit-Strategie (de facto: sofortiger Abbruch des Festivals).

Die Tests mussten tagesaktuell = vom gleichen Tag sein (die normalerweise geltende 24-Stunden-Regel war aufgehoben). Tests mussten für alle erfolgen – egal ob ungeimpft, bereits geimpft oder genesen, jeder musste jeden Tag einen negativen Corona Test vom gleichen Tag vorlegen..

morgendliches Ritual bei jedem Wetter: Schlange stehen an einem der Schnelltest Zentren

Ohne tagesaktuellen Test konnten weder Festivalgelände noch Campingplätze betreten werden. Dies bedeutete dass Festivalteilnehmer täglich neu einen Schnelltest vornehmen lassen mussten. Nur nach Vorliegen des (per QR-Code geprüften, digital übermittelten, per Bändchen jederzeit dokumentierten) Status ’negativ‘ war ein Betreten des Geländes möglich.
Im Fall eines positiven Schnelltests wäre ein sofortiger PCR-Test in einem mobilen PCR-Test-Labor (Bus) direkt vor Ort erfolgt, einschließlich 3 Stundne Quarantäne der betroffenen Person direkt vor Ort (bis Vorliegen OCR-Befund).

Zugangskontrolle mit Check des tagesaktuellen ‚Corona Test Bändchens‘

Für die täglichen Tests standen am Festivalgelände und Campingplätzen sieben Testzentren zur Verfügung. Zudem galten die strengen Test-Regeln bereits vor Beginn in der Aufbau-Phase des Festivals.

Corona Modelprojekt Watt en Schlick Fest 2021
Corona Maßmahmen beim Watt en Schlick Fest 2021 / Test- Karte und – Bändchen

Der tagesaktuelle Test wurde jeweils durch ein Bändchen am Handgelenk dokumentiert, das am Einlass kontrolliert wurde.

Corona Modelprojekt Watt en Schlick Fest 2021 - Testbändchen
reichlich Bändchen …

Nach dem Festival werden sämtliche Teilnemer angeschrieben. Sie werden um Ausfüllen eines Fragebogens gebeten, sowie um Durchführung eines weiteren Corona Schnelltests.

Corona Modelprojekt Watt en Schlick Fest 2021 – Ergebnisse

Während des Festivals wurde bei den Corona Tests kein einziges (0) positives Ergebnis festgestellt (auch kein falsch-positiver Befund).

Alle Teilnehmer, Künstler und sonstig Beteiligten wurden am 10.8.21 gebeten, im Rahmen einer Nachverfolgung nach zehn Tagen einen erneuten Corona Test vornehmen zu lassen und das Ergebnis mitzuteilen. 3.700 von über 5.000 angeschriebenen Teilnehmednen meldeten sich zurück (Rücklaufquote 75%). Der überwiegende Teil hatte sich erneut auf Corona testen lassen. Und alle Ergebnisse waren gegativ, keine einzige Corona Infektion wurde berichtet.

Auch in Zeiten der Coronavirus Pandemie können Festivals sicher stattfinden. Ohne Abstand, ohne Maske – unter Bedingungen wie beim Watt en Schlick Fest 2021.
Das Watt en Schlick Fest 2021 und sein Corona Hygiene Konzept könnten so als Grundlage für zukünftige Kultur – Veranstaltungen dienen.

Für die Planung, Umsetzung und Auswertung des Corona Modellprojekts wurde der Mediziner und Gesundheitsökonom Dr. Nikolai von Schroeders als ‚Verantwortlicher Testkonzept‘ Mitglied des Teams des Watt en Schlick Fests 2021. Von ihm stammen Test- und Hygienekonzept des Festivals.

Die detaillierten Ergebnisse des Corona Modellprojekt Watt en Schlick Fest 2021 werden später veröffentlicht.

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Moidellprojekte zu Club – Öffnungen in Hannover und Berlin

Neben dem Watt en Schlick Fest 2021 sind bisher (Anfang August 2021) keine weiteren Festivals in Niedersachsen als Modellprojekt beantragt.

Zuvor hatte bereits im Juni / Juli 2021 in Hannover ein Festival als Modellprojekt stattgefunden unter dem Namen ‚back to dance‚. An vier Terminen (zwei mit, zwei ohne Maske) konnten bis zu 600 Personen teilnehmen. Hier wurden keine Infektionen beobachtet. Die Auswertung dieses Modellprojekts soll im August veröffentlicht werden.

In Berlin wurde im August 2021 im Rahmen des Projekts „Clubculture Rebootuntersucht, ob mit optiomierten Testkonzepten Clubs wieder öffnen könnten. 2.110 Personen wurden im Pilotprojekt mittels PCR untersucht, dabei wurden 7 Corona Infektionen festgestellt (davon 3 ‚Altfälle‘, mehr als 10 Tage zurück liegende Infektionen). An der Nachverfolgung und Testung nach 7 Tagen nahmen 70% teil, alle Tests waren negativ.

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Kulturelles

Shane MacGowan (1957 – 2023)

Irischer Folk, Rock, Punk (Celtic Punk) – Shane MacGowan kombinierte sie unverwechselbar, als Sänger, Songwriter und frontman der Pogues.

„It became obvious that everything that could be done with a standard rock format had been done, usually quite badly. We just wanted to shove music that had roots, and is just generally stronger and has more real anger and emotion, down the throats of a completely pap-orientated pop audience.“

Shane MacGowan, NME 1983

Das Leben von Shane MacGowan wurde 2020 verfilmt von Julien Temple unter dem Titel ‚A Few Rounds with Shane MacGowan‘ (deutsch: ‚Shane (Mein Leben mit den Pogues)‘), produziert u.a. von Johnny Depp.

Film ‚Shane‘ im open air Kino des 3001 Kino, Juli 2021

Shane MacGowan wurde am 25. Dezember 1957 in Tunbridge Wells (Kent, England) als Kind irischer Eltern geboren.

Bekannt wurde er erstmals 1976 – Wochen nach einem Konzert von The Clash (am 23. Oktober 1976 im Institute of Contemporary Arts) erschien der NME am 6. November 1976 mit der Schlagzeile ‚Cannibalism at Clash gig‘ und einem Foto, auf dem Blut aus dem rechten Ohr von Shane MacGowan (damals Sänger The Nipple Erectors, später The nips) lief.
Joe Strummer, legendärer Frointman von The Clash, kommentierte später

„Without Mad Jane’s teeth and Shane’s earlobe, we wouldn’t have got in the papers that week.“

Joe Strummer, The Clash

1987 veröffentlichten die 1982 gegründeten The Pogues den (von MacGowan mit Finer geschriebenen) ‚anti christmas Song‘ „Fairytale of New York“. Mit einer Textzeile, die unschwer als homophob zu verstehen ist. Ab 1992 veränderte MacGowan den Text. 2020 zeigte die Band sich einverstanden damit, dass die umstrittene Version nicht mehr gespielt wird.

Shane MacGowan starb nach langer Krankheit am 30. November 2023 im Alter von 65 Jahren.

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Deutschland Kulturelles

Grabstätte Familie Jahn – Entwurf Hans Henny Jahnn

Nahe der Christianskirche in Hamburg Altona befindet sich die Grabstätte Familie Jahn:

Grabstätte Familie Jahn Entwurf Hans Henny Jahnn
Grabstätte Familie Jahn (Entwurf: Hans Henny Jahnn), Hamburg Altona

Hans Henny Jahnn entwarf 1919 / 1920 diese Grabstätte mit drei Bögen aus Granit für seine Familie (seine Mutter). Die Grabstätte befand sich ursprünglich auf dem Friedhof Stellingen. In Stellingen (seit 1937 zu Hamburg, seit 1951 Bezirk Eimsbüttel) kam auch Hans Henny Jahnn 1894 zur Welt (Högenstr. 61).

Hans Henny Jahnn, geboren als Jahn, verwendete ab seinem 18. Lebensjahr das ‚doppelte n‘ in seinem Nachnamen.

Jahnn selbst war beim Umbau der Orgel der Christianskirche 1928/29 als Orgelsachverständiger beratend tätig.

Sie wurde erst am 17. Dezember 1994 nach Altona auf den Hof der Christianskriche Ottensen verlegt. An die Verlegung erninnert eine Gedenkstele.

Gedenkstele zur Verlegung der Grabstätte Familie Jahn

Das Grab von Hans Henny Jahnn befindet sich nicht hier (Altona), sondern auf dem Friedhof Nienstedten.

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Hamburg

Nordsee ist Mordsee, Hark Bohm 1976

Eine Abenteuer-Geschichte aus Hamburg, die zu einem Klassiker des coming of age Films wurde

Hamburg in den 1970er Jahren, in einer Arbeitersiedlung in Hamburg- Wilhelmsburg. Uwe, 14 Jahre alt, ist Anführer einer Bande Jugendlicher. Dschingis ist eines der Opfer der Bande. Dschingis allerdings bietet Uwe Unterschlupf an, als der nach Ärger mit seinem angetrunkenen Vater die Schule schwänzen will. Sie freunden sich an.

auch nach 45 Jahren viel Interesse – open air Aufführung Nordsee ist Mordsee 2021

Das Leben muss doch mehr zu bieten haben als nur Automaten-Knacken und Rumlungern. In einem geklauten Segelboot machen sie sich auf die Reise — elbabwärts Richtung Nordsee …

Hark Bohm Regisseur von Nordsee ist Mordsee im jahr 2021
Hark Bohm 2021 (Zeise open air Aufführung Nordsee ist Mordsee im Innenhof Rathaus Altona am 18. Juli 2021)

„Ich träume oft davon ein Segelboot zu klaun’ und einfach abzuhaun’…“

Udo Lindenberg / Mark Bohm, Schluß-Lied des Films

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Jahre später erst verstand ich: der Zauber dieses Films (wie zahlreicher anderer) liegt nicht in Elbe oder Nordsee, nicht in Uwe oder Dschingis – dieser Zauber wurzelt in Hark Bohm.

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Erinnerungen

schwule Szene auf Sylt in den 80er Jahren

Die schwule Szene auf Sylt – das war in den 1980er Jahren ein ganz eigener (und gerade in der Saison überraschend großer) Mikrokosmos.

Man kam ‚mal eben‘ für einen Tagesausflug, sonntags mit dem Tuntenexpress nach Sylt – oder für einen Kurz- oder längeren Urlaub.

In den 1980er Jahren gab es auf Sylt eine vergleichsweise üppige schwule Szene (üppig: Westerland hatte damals gerade einmal 9.500 Einwohner – ohne Zweitwohnungen) :

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HIV/Aids

Kampf und Krieg – Militär-Metaphorik im Sprachgebrauch bei Aids, auch nach 40 Jahren

40 Jahre Aids – die Aids-Krise wird längst auch zur Geschichte, die erzählt wird. Mit welchem Sprachgebrauch bei Aids ?

Bei der Beschreibung der Aids-Krise und ihrer Geschichte wird immer noch, auch 40 Jahre nach den ersten Berichten über Aids, auch auf eine militärische Metaphorik zurück gegriffen, auf Begriffe wie Krieg und Kampf. So spricht z.B. Rosa von Praunheim (schon 1990 wegen seiner moralinsauren Haltung z.B. in einer Aids-Trilogie Ziel von ACT UP Protesten) auch 2021 noch (als einzige der 10 interviewten Experten) in militärischer Metaphorik von „der Kampf ist noch nicht vorbei“ (in „Wir alle hatten Angst“, die 40-jährige Geschichte des HI-Virus, SZ Magazin Nr. 23 vom 11.6.2021).

Die Probleme dieser kriegerischen Metaphorik sind längst bekannt, Susan Sontag hat sie seziert. Ent- Militarisieren wir endlich unseren Sprachgebrauch bei Aids:

Krieg und Kampf – im Sprachgebrauch bei Aids auch nach 40 Jahren?

Am 5. Juni 1981 wird im MMWR, dem Mitteilungsblatt der us-amerikanischen CDC, erstmals kurz über ein Krankheitsbild berichtet, das später als Aids bezeichnet wird. Kurze Zeit später, am 3. Juli 1982 berichtet die New York Times erstmals der breiteren Öffentlichkeit über die neue Erkrankung – ‚rare cancer seen in 41 homosexuals‚.

Beide Publikationen benutzten eine kühle sachliche Sprache – doch schon bald wurden die Berichte bildhafter. Bald wurde im Kontext von Aids von ‚Krieg‘ gesprochen, von ‚Invasion‘, von ‚Schlachten‘.

Und noch heute wird in Berichten über die Aids-Krise oft eine Sprache voll militärischer Metaphorik verwendet.

ACT UP und Therapieaktivismus – tatsächlich eine Schlacht um Medikamente?

Aids als Krieg? Ja, selbst ACT UP verwendete 1990 diese militärische Metaphorik bei der ersten bundesweiten ACT UP Aktion beim 2. Deutschen Aids-Kongress in Hamburg.

ACT UP beim 3. Deutschen Aids-Kongress 1990 in Hamburg © Foto U.K. Bäcker
„Aids ist Krieg“ ??? – tatsächlich, selbst ACT UP benutzte diese Metapher beim 3. Deutschen Aids-Kongress 1990 in Hamburg © Foto U.K. Bäcker

Doch schon lange habe ich mich selbst erstaunt gefragtWas war das für ein Jahr, das mich die Gleichsetzung von Aids und Krieg hinnehmen, vielleicht auch selbst sagen ließ?“ Und komme 2013 zu dem Schluss „‘Aids ist Krieg‘ – geht das? Nein. Die Formulierung ist nicht nur ‘ganz schön heftig’, sondern ziemlich daneben. Aus heutiger Sicht.“ Und deute sie im Nachhinein damals als „hilflosen Versuch, sich gegen Verharmlosung zu wehren, Schmerz und Angst auszudrücken„.

War Aids ein Krieg? Gab es einen Kampf, eine Schlacht um Medikamente?

Nein. Es war keine Schlacht um Medikamente. Es gab keinen Kampf, keine Feinde, keine Niederlagen und großen Siege, es ging nicht um Sieger und Verlierer.

Diese martialische Kriegs- Metaphorik halte ich für unangebracht und nicht zielführend . Sie hilft nicht zu verstehen was damals geschah. Sie scheint mir wie rhetorische Aufrüstung. Sie verhüllt Tatsachen, Probleme, Scheitern und kleinere Erfolge. Und bringt mit sich die Gefahr einer falschen Heroisierung, die die tatsächliche Situation verkennt.

Was wir brauchen sind Versuche die Geschichte von Aids und des Umgangs mit der Aids- Krise nüchtern, ehrlich und auch gefühlvoll darzustellen. Auch um daraus vielleicht lernen zu können.

Es war kein Krieg, es gab keine Schlacht.
Es gab eine Seuche. Viele von uns erkrankten, viele starben. Wir erlebten Ignoranz und Gleichgültig. Es gab Interessen und Interessenkollisionen. Wir wollten leben und überleben. Dazu brauchten wir auch wirksame Medikamente.
Darum ging es.

Sprachgebrauch bei Aids – Normalisierung auch in der Sprache

Eine Metapher (ein Wort oder Kombination von Wörtern mit bildhafter übertragener Bedeutung) ist ein attraktives Instrument. Sie ist bildhaft, kann einen Sachverhalt leichter verständlich machen. Damit beinhaltet sie jedoch auch die Gefahr zu stark zu vereinfachen.

Zudem: oft sind Metaphern mit einem Subtext versehen, mit versteckten Anspielungen oder Assoziationen. (Beispiel, ganz plump: Aids als ‚Strafe Gottes‘ darzustellen impliziert unausgesprochen ein Fehlverhalten, eine Schuld, die Notwendigkeit einer Sanktion, ein Stigma)

Gerade auch bei der Darstellung der Geschichte der Aids- Krise ist es wichtig mit Sprache bewusst umgehen. Nicht zu heroisieren (auch uns selbst, unser Engagement nicht). Sondern nüchtern, ehrlich und um Erkenntnis bemüht.

die Bedeutung der Sprache – Susan Sontag

Die 2004 verstorbene Publizistin und Essayistin Susan Sontag befasste sich 1989 in ‚Aids und seine Metaphern‘ (Aids and its metaphors) mit der Frage des Sprachgebrauchs bei Aids und seinen Hintergründen.
Zuvor hatte sie sich bereits 1978 vor dem Hintergrund einer eigenen Krebs-Erkrankung in ihrem Buch ‚Krankheit als Metapher‘ (Illness as metaphor) damit auseinander gesetzt, wie Krankheit moralisch aufgeladen wird.

„disease is seen as an invasion of alien organisms, to which the body responds by its own military operations“
[‚Krankheit wird gesehen als Invasion fremder Organismen, auf die der Körper mit eigenen militärischen Operationen reagiert‘, Übers. UW]

Susan Sontag, Aids and its metaphors

Sie erkannte wie problematisch die Militarisierung der Sprache im Gesundheitsbereich ist. Welcher Zusammenhang mit einem ethischen Herangehen besteht – und mit der Gesellschaft in der wir leben.

„Indeed, the transformation of war-making into an occasion for mass ideological mobilization has made the notion of war useful as a metaphor for all sorts of ameliorative campaigns whose goals are cast as the defeat of an ‚enemy‘.“
[‚Die Verwandlung der Kriegsführung in eine Gelegenheit ideologischer Massen- Mobilisierung hat den Begriff des Krieges als Metapher für alle möglichen Arten von Verbesserungs-Kampagnen einsetzbar gemacht, die auf die Niederlage eines ‚Feindes‘ ausgerichtet sind.‘]

„Abuse of the military metaphor may be inevitable in a capitalist society, a society that increasingly restricts the scope and credibility of appeals to ethical principle, in which it is thought foolish not to subject one’s action to the calculus of self-interest and profitability.”
[Womöglich ist der Missbrauch der militärischen Metapher unvermeidbar in einer kapitalistischen Gesellschaft, einer Gesellschaft die Umfang und Glaubwürdigkeit des Berufens auf ethische Prinzipien zunehmend einschränkt, und in der es für dumm gehalten wird, das eigene Handeln nicht an Eigennutz und Profit zu orientieren.]

Sontag zeigte auf, welche Reichweite diese Metaphorik hat – und über die Frage der Schuld welches Stigmatisierungs- Risiko:

„The metaphor implements the way particularly dreaded diseases are envisaged as alien ‚other‘, as enemies are in modern war, and the move from the demonization of the illness to the attribution of fault to the patient is an inevitable one, no matter if patients are thought of as victims. Victims suggest innocence. And innocenc, by the inexorable logic that governs all related terms, suggests guilt.“
[‚Die Metapher schafft eine Art und Weise, sich besonders gefürchtete Krankheiten als etwas fremdes ‚Anderes‘ vorzustellen, wie es Feinde im modernen Krieg sind, und der Übergang von einer Dämonisierung der Krankheit hin zu Schuldzuweisung an den Patienten ist unvermeidlich, egal ob Patienten als Opfer betrachtet werden. Opfer, das suggeriert Unschuld. Und Unschuld suggeriert, aufgrund der unerbittlichen Logik die alle verwandten Begriffe steuert, Schuld.‘]

Militär- Metaphorik im Sprachgebrauch bei Aids hat damit auch ihr eigenes Stigma-Vokabular im Gepäck. Und potenziell weitreichende Folgen: das Risiko von Repression statt Förderung des Gemeinwohls.
Sontag hält sie für besonders ‚unappetitlich und entstellend‘:

„Not all metaphors applied to illnesses and their treatment are equally unsavory and distorting. The one I am most eager to see retired – more than ever since the emergence of AIDS – is the military metaphor. Its converse, the medical model of the public weal, is probably more dangerous and far-reaching in its consequences, since it not only provides a persuasive justification for authoritarian rule but implicitly suggests the necessity of state-sponsored repression and violence.
But the effect of the military imagery on thinking about sickness and health is far from inconsequential. It overmobilizes, it overdescribes, and it powerfully contributes to the excommunicating and stigmatizing of the ill.“
[Nicht alle auf Krankheit und deren Behandlung angewendeten Metaphern sind gleichermaßen unappetitlich und entstellend. Am meisten – mehr denn je seit dem Aufkommen von AIDS – ersehne ich den Ruhestand für die militärische Metapher. Das Gegenteil, das medizinische Modell des Gemeinwohls, ist in seinen Folgen wahrscheinlich gefährlicher und weitreichender in seinen Konsequenzen, da es nicht nur eine überzeugende Rechtfertigung für autoritäre Herrschaft liefert, sondern implizit die Notwendigkeit staatlich geförderter Repression und Gewalt suggeriert.
Aber die Wirkung militärischer Bilder auf das Denken über Krankheit und Gesundheit ist alles andere als belanglos. Sie übermobilisiert, übertreibt und trägt stark zur Ausschluß und Stigmatisierung der Kranken bei.“

Susan Sontag beschreibt als Ziel – übertragen auch im Sprachgebrauch bei Aids -schon damals

„To regard cancer as if it were just a disease – a very serious one, but just a disease. Not a curse, not a punishment, not an embarrasssement. Without ‚meaning‘.“
[‚Krebs so zu betrachten, als wäre es nur eine Krankheit – eine sehr ernste, aber nur eine Krankheit. Kein Fluch, keine Strafe, keine Peinlichkeit. Ohne ‚Bedeutung‘.‘]

Krankheit nicht moralisch deuten, nicht überhöhen – sondern als Krankheit sehen, ernst aber ohne eigene ‚Bedeutung‘.
Gleiches gilt für das Engagement dagegen – weder Krieg noch Kampf, sondern Engagement und Ringen um gute Lösungen und Ergebnisse – weil wir überleben wollten.

Und wohin mit der Militär-Metaphorik?

„About the metaphor, the military one, I would say, if I may paraphrase Lucretius: Give it back to the war-makers.“
[‚Über die Metapher, die militärische, würde ich sagen, wenn ich Lukrez paraphrasieren darf: Gebt sie den Kriegstreibern zurück.‘]

Dem ist nichts hinzuzufügen, auch 2021 nicht.

Lasst uns bei der Beschreibung der Aids-Krise und ihrer Geschichte nüchtern berichten und gefühlvoll erzählen. Aber ohne Miliär- Metaphorik.