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Kulturelles

A. Paul Weber (1893 – 1980)

Dem Grafiker Maler und Zeichner A. Paul Weber ist in Ratzeburg ein Museum gewidmet. Er gilt als einer der Klassiker der politischen Karikatur in Deutschland – und ist aufgrund seiner antidemokratischen Haltung in der Zeit der Weimarer Republik umstritten, oder „als antifaschistisch missverstanden“.

Betrachtet man Webers politische Umgebung und sein Werk im Zeitkontext, so muss er als Antidemokrat, Zivilisationskritiker, Antisemit und rechter Gegner Hitlers bezeichnet werden.

Antidemokrat und Hitlergegner – Politik im Leben und Werk des A. Paul Weber, AntifaInfoBlatt 12.3.2005

Andreas Paul Weber wurde am 1. November 1893 in Arnstadt (Thüringen) geboren.

A Paul Weber Büste, Karlheinz Goedtke
A Paul Weber Büste, Karlheinz Goedtke (1915 Kattowitz – 1995 Mölln), 1950

Die von Karlheinz Goetke gestaltete Büste von A. Paul Weber schmückte einst die ‚A. Paul Weber Realschule‘ im benachbarten Mölln. Als diese 2009 umbenannt wurde in ‚Gemeinschaftsschule Mölln‘, kam sie zunächst auf den Dachboden. Ein Möllner Kaufmann rettete sie, zeigte sie jahrelang in einer Goedtke-Dauerausstellung in Mölln. Als diese aufgelöst wurde, kam die Büste ins A. Paul Weber Museum in Ratzeburg.

A. Paul Weber starb am 9. November 1980 in Schretstaken (bei Mölln). Sein Grab befindet sich in Ratzeburg am A. Paul Weber Museum.

A. Paul Weber Grab in Ratzeburg neben dem Museum
A. Paul Weber Grab in Ratzeburg neben dem Museum

das A. Paul Weber Museum in Ratzeburg

Noch zu Lebzeiten Webers wurde am 1. November 1973 (Webers 80. Geburtstag) in Ratzeburg das A. Paul Weber Museum eröffnet.

A Paul Weber Museum in Ratzeburg
A. Paul Weber Museum in Ratzeburg

Die Eröffnung des Museums erfolgte durch Bundespräsident Gustav Heinemann, der ein großer Bewunderer Webers war – und aus dessen Hand dieser 1971 das Bundesverdienstkreuz erhielt.

das Ratzeburger Weber – Museum von der See-Seite gesehen, Juni 2021

Eine Besonderheit des Museums ist das A. Paul Weber Lithostein – Lager im Keller. Etwa 700 Lithograpie-Steine aus Sollnhofner Kalk sind hier vorhanden, beideseitig genutzt, so dass von annähernd 1.400 Grafiken Webers der Lithostein erhalten ist.

A Paul Weber Lithostein Lager
A Paul Weber Lithostein Lager
A Paul Weber Lithostein Lager
A Paul Weber Lithostein Lager

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Deutschland

Ratzeburg

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Ratzeburg Dominsel im Ratzeburger See, Juni 2021 (von links nach rechts: A. Paul Weber Museum, Kreismuseum, Ratzeburger Dom)

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Der in Wedel (Holstein) geborene Bildhauer und Schriftsteller Ernst Barlach lebte ab Herbst 1876 bis 1884 in Ratzeburg , wo er auch beigesetzt ist.

Dem Grafiker A. Paul Weber (1893 – 1980) ist in Ratzeburg ein Museum gewidmet.

Theodor Körner, am Befreiungskrieg gegen Napoleon teilnehmend, schrieb aus Ratzeburg seinen letzten Brief. Acht Tage später wurde er in Gadebusch tödlich verwundet.

Theodor Körner Haus in Ratzeburg
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Homosexualitäten

als Homosexueller im Emslandlager – wie Paul B. in Delmenhorst verhaftet wurde, ins KZ kam und doch überlebte

1937 wurde der aus Bremen stammende Paul Gerhard B. in Delmenhorst wegen Vergehens gegen §175 verhaftet. Er war als Homosexueller im Emslandlager (Konzentrationslager Papenburg). B. überlebte die NS-Zeit indem er sich zum Dienst in der Wehrmach meldete.

1983 berichtet er über seine Verhaftung in Delmenhorst, seine Zeit als ‚Rosa Winkel‘ im Konzentrationslager und wie er die NS-Zeit überlebte:

„Von meinen sozialdemokratischen Genossen wußten nur wenige,. daß ich homosexuell war. … Ich hielt es damals auch für die illegale Arbeit der Partei für gefährlich, mich auf intensive Kontakte einzulassen. Sicher hatte ich auch Angst als Homosexueller ‚enttarnt‘ zu werden. Besonders seit 1935, als die Strafandrohungen uns gegenüber verschärft worden waren, hatte bei mir diese Angst zugenommen. Ich kann mich noch erinnern, daß die wenigen homosexuellen Freunde, mit denen ich mich noch traf, ähnlich empfunden haben.“

Der Bremer, auch nach 1933 parteipolitisch für die SPD aktiv, musste bald aus der Stadt fliehen:

„Anfang 1937 bin ich dann nach Delmenhorst gegangen. Für mich war der Aufenthalt in Bremen zu gefährlich geworden. In Delmenhorst hielt ich noch Kontakt zu Genossen, aber an illegale Arbeit war für mich nicht mehr zu denken. Ich hörte dann auch, daß die Polizei in Bremen nach mir gesucht hatte.“

Mit knapp 30 Jahren wurde B. in Delmenhorst nach einer Denunziation verhaftet. Er berichtet

„Die Verhaftung erfolgte in den ersten April-Tagen 1937. Ich hatte in dem Betrieb in dem ich Arbeit gefunden hatte, einen Kollegen kennengelernt, von dem ich erst später erfuhr, dass er in der NSDAP mitarbeitete … In politischer Hinsicht war ich sehr zurückhaltend. … Aber sonst hatte ich ihn wohl ein wenig umworben. An einem Abend hatte ich mich mit ihm verabredet. Doch statt seiner erschienen zwei Polizisten in Zivil, die mich festnahmen. … Erst in einem Wachlokal erfuhr ich, daß mir der Verstoß gegen §175 Strafgesetzbuch zur Last gelegt wurde. … eine Anzeige von Herrn Alfred D. vorläge. Jetzt erst begriff ich, dass mich mein Bekannter ‚ausgeliefert‘ hatte.“

Schon bald folgte die Verlegung von Delmenhorst in eines der Emslandlager – als ‚Rosa Winkel‘, B. zog vor seine illegale politische Arbeit zu verbergen:

„Ich blieb etwa vier Wochen in Polizeigewahrsam, dann wurde ich ohne Gerichtsverhandlung in das Konzentrationslager Papenburg eingewiesen. … Ich hatte in Delmenhorst den Verstoß gegen den §175 auch deswegen so schnell zugegeben, weil ich befürchtete, daß bei Ermittlungen meine illegale politische Tätigkeit herauskommen würde.“

„Papenburg war ein Justizlager … Ich traf dann ja auch zwei SPD-Genossen aus Bremen wieder. … Wir bekamen KZ-Kleidung und ich den ‚Rosa Winkel‘. … Es war nicht so dass wir mit dem ‚Rosa Winkel‘ im Lager der letzte Dreck waren. Aber wir waren ziemlich isoliert. … Die Vorurteile gegen uns waren leicht immer wieder neu aufzuwiegeln. Und so konnten wir mit breiter Zustimmung verfolgt werden.“

Nach 1939 konnte B. der KZ-Haft entkommen, indem er sich zum Dienst in der Wehrmacht bereit erklärte:

„… stellte er [Justizbeamter, nach Kriegsbeginn September 1939] aus KZ-Insassen eine Einheit zusammen. Das war halb freiwillig und halb erpreßt. Ich war jedenfalls bereit, die Wehrmachtsklamotten anzuziehen, um dem KZ zu entkommen. Warum man zugelassen hat, dass ich als ‚Rosawinkel‘-Träger zur Wehrmacht konnte, weiß ich nicht und kann es mir auch nicht erklären. Für mich bedeutete das jedoch Lebensrettung.“

Nach Kriegende die Enttäuschung:

„Als dann nach dem Krieg die faschistische Fassung des §175 in Kraft blieb, war ich sehr entmutigt. … Ich bin dann aus Enttäuschung über die Haltung der SPD aus der Partei ausgetreten

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Strafgefangenenlager Papenburg: vermutlich: mit dem SammelbegriffStaatliches Konzentrationslager Papenburg‚ wurden die Konzentrationslager Börgermoor, Esterwegen und Neusustrum bezeichnet, die bereits im Sommer 1933 eröffnet und mit ‚politischen Schutzhäftlingen‘ belegt wurden. Im Sommer 1934 erfolgte eine Neuorganisation unter Aufsicht der SS, Neusustrum und Börgermoor wurden Strafgefangenenlager, Esterwegen blieb bis 1936 Konzentrationslager, ab 1937 bis 1945 ebenfalls Strafgefangenenlager.

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[Quelle: Zeitzeugengespräch mit Paul Gerhard B., Jahrgang 1908, aus Bremen; in: Heinz-Dieter Schilling (Hg.): Schwule und Faschismus, Berlin 1983

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Homosexualitäten Oldenburg

Verfolgung Homosexueller in Oldenburg während der NS-Zeit

Die Verfolgung Homosexueller in Oldenburg und im Oldenburger Land während der NS- Zeit ist bisher wenig erforscht.

Oldenburg war eines der 18 Länder in der Kernzeit der Weimarer Republik. Es wurde bereits seit 1932 von einer absoluten Mehrheit der NSdAP regiert, der NSDAP- Gauleiter wurde Ministerpräsident. Damit war Oldenburg das einzige Land, das bereits vor 1933 eine NS-Regierung hatte.

Die Geschichte Homosexueller in Oldenburg und im Oldenburger Land während der NS-Zeit ist bisher nur sehr rudimentär Gegenstand der Forschung gewesen.

Heil- und Pflegeanstalt Wehnen

Einer der Orte der Verfolgung und Ermordung Homosexueller im Oldenburger Land während der NS-Zeit war die damalige ‚Heil- und Pflegeanstalt Wehnen‘ (heute Karl-Jaspers-Klinik Wehnen – Medizinischer Campus Universität Oldenburg). Mindestens 1.500 Patient:innen kamen hier ums Leben (Harms 1997).

Im Rahmen der NS-Krankenmorde (zu denen auch die ‚Mordaktion T4‚ zählt) kamen hier auch Homosexuelle in ‚Sicherungsverwahrung‘ und wurden psychiatrisiert.

Entsprechend befindet sich auch eine Gruppe Homosexueller unter den Opfern der Krankenmorde (etwa 2.000 noch erhaltene ‚Euthanasie-Meldebögen‘ aus den Jahren 1940 bis 1944). Ihre genaue Zahl ist nicht bekannt.

in KZs und Lagern ermordete Homosexuelle aus Oldenburg und dem Oldenburger Land

Im Emsland westlich von Oldenburg befanden sich ab 1933 zahlreiche Konzentrations- und Straflager, die so genanten Emslandlager (vgl. das in Börgermoor entstandene Lied der Moorsoldaten). Die Güterwagons, in denen Gefangene zu den Emslandlagern transportiert wurden, müssen zumindest teilkweise auch den Oldenburger Pferdemarkt passiert haben, können kaum unbemerkt geblieben sein.

Zu den Emslandlagern zählte auch das Lager V Neustustrum, es gilt als derjenige Ort in Deutschland, an dem in der NS-Zeit die meisten Homosexuellen inhaftiert waren.

KZ Sachsenhausen

Johannes Müller und Andreas Sternweiler nennen in der ‚Liste der Toten (der bisher namentlich bekannten Homosexuellen des KZ Sachsenhausen)‚ (Totenbuch online) im Jahr 2000 u.a. Elimar Wagner, geb. 10.12.1884 in Heppens, heute Stadtteil von Wilhelmshaven, gest. 10.7.1942 KZ Sachsenhausen [in: Müller/Sternweiler, Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen, Berlin 2000]. An Wagner, 1935, 1936 und 1939 wegen § 175 in Hamburg verhaftet, erinnert in Hamburg ein Stolperstein für Elimar Wagner.

Zeitzeugen-Berichte

Bisher sind kaum Zeitzeugenberichte Homosexueller im Oldenburger Land aus der NS-Zeit bekannt.

Flucht 1945 aus Emslandlager nach Nordenham

Der Buchhalter und ‚überzeugte Katholik‘ Johann-Rudolf Braehler (1914 – ?) wurde in der NS-Zeit wegen seiner Homosexualität inhaftiert. Deportiert in eines der Emslandlager, gelang ihm kurz vor Ende des Kriegs die Flucht.

In dem 1981 erschienenen Buch Rosa Winkel, Rosa Listen von Hans-Georg Stümke und Rudi Finkler berichtete Braehler ausführlich.

Bei der Wehrmacht wurde er 1942 inhaftiert:

„… wurde ich wegen eines Verbrechens nach § 175 und wegen Wehrkraftzersetzung angeklagt … Das Urteil lautete zwei Jahre Zuchthaus …“

Zusammen mit weiteren verurteilten Soldaten wurde er in ein Lager im Emsland gebracht:

„Wir landeten in Lingen im Emsland. Noch am selben Tag ging es weiter ins Nebenlager Brual-Rhede III. … Meine übrigen Mitgefangenen waren überwiegend ‚kriminelle‘ Soldaten, Fahnenflüchtige und eben Homosexuelle.“

Kurz vor Kriegsende wurde Braehler angesichts heranrückender Truppen wieder zum Soldat gemacht. Nach dem Waffenstillstand „verdünnisierte“ er sich und machte sich auf die Flucht nach Nordenham (Oldenburger Land):

„Um die Ortschaften, die bereits von den Kanadiern besetzt waren, machten wir einen großen Bogen und kamen unbeschadet bis nach Nordenham, wo wir von der Familie eines Kameraden gastlich aufgenommen wurden. … Nach ein paar Tagen kam ein Freund des Kameraden, der von nun am im gleichen Bett zwischen mir und ihm schlief. Die beiden waren jede Nacht sexuell sehr miteinander beschäftigt. Ich nahm davon keine Notiz, weil ich den festen Vorsatz hatte, von der Geschlechtlichkeit loszukommen.“

alle Zitate: Johann-Rudolf Braehler, Jahrgang 1914, Wehrmachststraflager Brual-Rhede [Lager III der 15 Emslandlager], zitiert nach Stümke/Winkler: Rosa Winkel. Rosa Listen, Reinbek 1981

Braehler wurde auch nach 1945 wegen seiner Homosexualität strafrechtlich verfolgt. Er lebte nach 1945 u.a. in Stuttgart, später in der Eifel und in Köln.

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Der aus Bremen stammende Paul B. wurde in Delmenhorst verhaftet. Er überlebte die KZ-Haft im Lager Papenburg, indem er sich zum Dienst in der Wehrmacht meldete (Zeitzeugenbericht).

Aufarbeitung der Verfolgung Homosexueller in Oldenburg

2011 startete die Arbeitsgruppe ‚Geschichte der Gesundheits- und Sozialpolitik‘ an der Universität Oldenburg den Versuch, Schicksale Homosexueller aus dem Oldenburger Raum aufzuklären.
Knappe Mittel erschwerrten die Arbeit. Die Arbeitsgruppe wurde inzwischen aufgelöst.

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COVID19 Nachdenkliches

Distanz ist gegen unsere Natur

Distanz ist gegen unserer Natur – dies ist für mich eine der Erfahrungen der Corona-Zeit.

Distanz ist gegen unsere Natur

„Über eine Berührung kann ganz ohne Worte Vertrautheit oder Geborgenheit als basale Kommunikation zum Ausdruck gebracht werden.“

Prof. Matthias Riedel, Soziologe und Kognitionswissenschaftler, Berner Fachhochschule
Touch me – Achtung Stolpergefahr

Leben – das bedeutet mehr als Existieren oder gar bloßes Überleben. Selbstbverständlich ist Überleben Ziel und Grundvoraussetzung, und als solches wichtiges Ziel. Leben aber bedeutet mehr.

Berührung, Nähe sind vielleicht nicht „systemrelevant“ – aber sie sind lebensrelevant und für uns als Menschen existentiell.

virtuell ist nicht real

Virtuelle Kultur habe ich – gerade bei Konzerten – oft mehr als Kulturersatz wahrgenommen, als Entkörperlichung des Körperlichen.

moshpit bliebt moshpit

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Oldenburg

Fernsehturm Steinkimmen 1956 – 2017

Der Fernsehturm Steinkimmen – das ist für mich vor allem Erinnerung an meine Kindheit, und an einen Spielplatz …

Am 6. August 1956 begann der Sender Steinkimmen (Gemeinde Ganderkesee, südöstlich von Oldenburg), das „Erste Deutsche Fernsehen“ (NDR) für den Bereich Bremen / Oldenburg auszustrahlen. Bereits seit Herbst 1955 war an der Sendeanlage gearbeitet worden.

Fernsehturm Steinkimmen - Sender Steinkimmen des Norddeutschen Rundfunks im März 2012 - DigiAndi - Eigenes Werk - Lizenz CC BY-SA 3.0
Sender Steinkimmen des Norddeutschen Rundfunks im März 2012 – DigiAndi – Eigenes Werk – Lizenz CC BY-SA 3.0

Zuvor war schon am 25. Dezember 1955 ein vorläufiger Sendebetrieb gestartet. Von einer mobilen Sendeanlage wurde Hörfunk über UKW ausgestrahlt. Der Turm begann mit 5 Stunden täglichem Sendebetrieb in zwei Zeitblöcken.

Der rot weiß gestrichene Sendemast hatte ursprünglich 298 Meter Höhe bei nur 2 Meter Durchmesser. Am 31. August 1961 wurde der Mast durch eine zusätzliche Spitze erhöht auf seine endgültige Höhe von 305 Metern. Zu seiner Zeit war er das höchste Bauwerk der Bundesrepublik …

Ab Dezember 1962 wurden erste Farb-Sendungen übertragen.

Da sich eine weitere Umrüstung nicht mehr rechnete, wurde 2016 (Baubeginn 4. April) ein neuer Gittermast errichtet – der alte Fernsehturm Steinkimmen wurde obsolet.

Mitte Mai 2017 begannen die Umschaltung auf den neuen Sendeturm und die Abbau-Arbeiten des Fernsehturms Steinkimmen. Nach und nach wurden bis November 2017 Segmente mit dem Hubschrauber abgetragen.

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Den Fernsehturm Steinkimmen erinnere ich vor allem als Ausflugsziel in meiner Kindheit. Das große Staunen, dass ein so dünner Turm völlig frei nur mit ein paar Seilen stehen konnte. Und natürlich, größte Attraktionen, ein großer Spielpatz und der Kleintierzoo …

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Oldenburg Politisches

Gedenken an die Deportation Oldenburger Juden 1938 und die Novemberpogrome

In den Novemberpogromen 1938 wurde die Synagoge von Oldenburg sowie die kleine jüdische Schule zerstört. Alle Oldenburger Juden wurden von SA-Männern verhaftet. Auf vielfache Weise wird der Novemberpogrome, der Zerstörung der Synagoge und der Deportation der Oldenburger Juden 1938 gedacht.

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 (Novemberpogrom, sog. Reichspogromnacht) drangen zahlreiche SA-Leute in die Synagoge an der Peterstraße in Oldenburg ein. Sie setzten die Synagoge an der Peterstrasse ebenso wie das nebenan gelegene Schulgebäude in Brand. Alle Juden Oldenburgs wurden verhaftet.

Sie wurden über Nacht in der Polizeikaserne (damalige Ordnungspolizei) am Pferdemarkt interniert, die als Hauptsammelstelle diente. Frauen und Kinder wurden am nächsten Morgen wieder freigelassen. 43 verhaftete Männer wurden am 10. November 1938 gezwungen durch die Stadt an der zerstörten Synagoge vorbei zum Gerichtsgefängnis zu gehen.

Am 11. November wurden 32 Männer (11 waren u.a. aufgrund ihres hohen Alters freigelassen worden) zurück zum Pferdemarkt gebracht. Zusammen mit verhafteten Juden Ostfrieslands und aus dem Oldenburger Land wurden die insgesamt etwa 500 Männer nach einem Fußmarsch zum Hauptbahnhof Oldenburg in das KZ Sachsenhausen deportiert.

Drei der Täter wurden im Sommer 1949 angeklagt. Zwei von zzzihnen stritten jegliche Beteiligung ab. Alle drei erhielten Haftstrafen zwischen 9 Monaten und 21 Monaten Gefängnis.

Erinnerungsgang Oldenburg

1981 veranstalteten Bürger:innen von Oldenburg den damals so genannten ‚Judengang‘. Er vollzog in Form eines Schweigegangs den Weg der inhaftierten Oldenburger Juden vom Pferdemarkt zum Gerichtsgefängnis nach.

Dieser Erinnerungsgang findet seit 1982 jährlich (Ausnahme 2020 aufgrund der Coronavirus Pandemie) am 10. November statt, veranstaltet vom Arbeitskreis Erinnerungsgang. Die konkrete Gestaltung übernimmt seit 2005 jeweils eine Oldenburger Schule.

Erinnerungsgang Oldenburg
Erinnerungsgang Oldenburg (Transparent im Jahr 2021)

2020 als Gang aufgrund der Coronavirus Pandemie ausgefallen, fand der Erinnerungsgang Oldenburg im Jahr 2021 wieder statt, mit über 800 Teilnehmer*innen, am 10. November 2021.

Auch 2022 fand der Erinnerungsgang Oldenburg wieder statt – am 10. November 2022 ab 15:00 Uhr, Innenhof der Landesbibliothek am Pferdemarkt.

Oberbürgermeister Jürgen Krogmann, Grußwort Erinnerungsgang Oldenburg 2021
Oberbürgermeister Jürgen Krogmann, Grußwort Erinnerungsgang Oldenburg 2021

Beim Erinnerungsgang 2023 wies Oberbürgermeister Jürgen Krogmann in seiner Rede auch auf die aktuelle Situation in Israel hin.

Synagoge Oldenburg

Die Überreste der zerstörten Synagoge wurden abgeräumt. Ein Teil davon wurde für Wegepflasterung verwendet.

Das Grundstück der zerstörten Synagoge wurde 1951 an die Jüdische Gemeinde zurückübertragen.

Angesichts der geringen Mitgliederzahl verkaufte sie das Grundstück an die Gemeinde.

Gedenken an die Deportation Oldenburger Juden 1938

Gedenktafel an der ehemaligen Polizeikaserne Pferdemarkt

Das Gebäude der ehemaligen Ordnungspolizei wird heute als Landesbibliothek Oldenburg genutzt.

Im Hof- Durchgang erinnert eine Gedenktafel an die Deportation Oldenburger Juden:

Gedenktafel Deportation Oldenburger Juden 1938 Landesbibliothek Oldenburg
Gedenktafel zur Erinnerung an die Deportation Oldenburger Juden 1938

Gedenkstein von 1967

1967 wurde neben dem Grundstück der zerstörten Synagoge ein Gedenkstein errichtet (Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit).

Der in Beton realisierte Gedenkstein wurde von dem Künstler Franz Joseph Kampmann (geb. 16.8.1931 Essen) entworfen. Kampmann war 1960 bis 1968 Kunsterzieher an der Hindenburgschule in Oldenburg (danach tätig bis 1991 in Velbert).

Der Gedenkstein wurde am 24. September 1967 eingeweiht. Er trägt die Inschrift (in deutscher und hebräischer Schrift):

„HABEN WIR NICHT ALLE EINEN VATER
HAT UNS NICHT EIN GOTT GESCHAFFEN
WARUM DENN VERACHTEN WIR EINANDER“
[hebräischer Text- Teil]
HIER STAND BIS 1938 DAS GOTTESHAUS DER JÜDISCHEN GEMEINDE“

Text des Gedenksteins 1967

Denkmal von 1990

1990 wurde ein Denkmal aus 170 stürzenden Säulen aus schwarzem Basalt, gelegt auf dem Fundament der ehemaligen Synagoge, errichtet. Es wurde von dem Bildhauer Udo Reimann (geb. 22.7.1939 in Jauer, Schlesien; seit 1968 in Oldenburg) entworfen.

Denkmal Synagoge Oldenburg 1990 Udo Reimann
Denkmal an der ehemaligen Synagoge Oldenburg

Das im November 1990 eingeweihte Denkmal trägt den Text

„ZUM GEDENKEN AN ALLE OPFER
WÄHREND DER ZEIT
DES NATIONALSOZIALISMUS
IN OLDENBURG 1933 BIS 1945
IHR OPFER VERPFLICHTET UNS,
FÜR FREIHEIT, FRIEDEN
UND GERECHTIGKEIT
EINZUTRETEN“

Mahnmal 1990 Text 1. Platte

Die zweite Platte trägt folgende Inschrift:

„KOMMT IHR ALLE,
DIE VORÜBERGEHT,
SCHAUET UND SEHT
OB EIN SCHMERZ
SEI WIEDER SCHMERZ,
DER MIR ANGETAN WORDEN
Klagelieder Jeremias Kap. 1,12“.

Mahnmal 1990 Text 2. Platte

Denkmal 2013 / 2015

Auf der dem Standort der ehemaligen Synagoge gegenüberliegenden Straßenseite wurde 2013 auf Beschluss des Rats der Sadt Oldenburg ein Denkmal errichtet, entworfen von dem Architekten Hans-Dieter Schaal.

Die Gedenkwand neben dem Gebäude des Kulturzentrums PFL wurde eingeweiht am 11. November 2013. Aufgrund fehlender und falscher Personendaten fand am 4. Juni 2015 eine Korrektur statt.

Deportation Oldenburger Juden 1938 Denkmal 2013 2015
Denkmal aus dem Jahr 2013 (Korrektur 2015)

Das Denkmal trägt den Text

Wir erinnern an die
Bürgerinnen und Bürger
der Stadt Oldenburg,
die während der
nationalsozialistischen
Judenverfolgung ermordet
wurden.
Wir gedenken Ihrer in tiefer
Trauer und Scham.
2013
Der Rat der Stadt Oldenburg
Arbeitskreis Erinnerung gestalten

Inschrift Denkmal von 2013 / 2015

Am 27. Juli 2021 wurde die Gedenkwand mittags auf Vorder- und Rückseite mit antisemitischen Parolen beschmiert. Der Staatsschutz ermittelt. Die Parolen wurden am Morgen des Folgetags von einer Reinigungsfirma entfernt. Am gleichen Tag fand eine Mahnwache statt.

Gedenkstein an der ehemaligen Justizvollzugsanstalt Gerichststraße

Auf dem Gelände der ehemaligen Justizvollzugsanstalt (Gerichtsgefängnis) in der Gerichtsstraße befindet sich ein Gedenkstein, eingeweiht 1988.

Gedenkstein ehem. Gerichtsgefängnis Oldenburg
Gedenkstein ehem. Gerichtsgefängnis (nach dem Erinnerungsgang 2021)

Der Gedenkstein auf dem Gelände der ehemaligen JVA Oldenburg trägt die Inschrift

„ERINNERUNG
IST DIE
GRUNDLAGE
DER VERSÖHNUNG“

Eine kleinen Zusatztafel neben dem Gedenkstein vermerkt

„Im Gedenken
an die jüdischen Mitbürger, die
am 10. November 1938
im Anschluß an das Pogrom Reichskristallnacht
über das hiesige Gefängnis in das
Konzentrationslager Sachsenhausen-Oranienburg
verbracht wurden.“

Vor dem Eingang zur ehemaligen JVA Gerichtsstrasse informiert eine Tafel in der Mauer an den Erinnerungsgang.

der wiederentdeckte Grundstein der Synagoge Oldenburg

Der Grundstein der Synagoge von Oldenburg wurde 1959 bei Bauarbeiten wiederentdeckt. Der Inhalt wurde dem Verein ‚Jüdische Kultusvereinigung zu Oldenburg e.V.‘ übergeben (inzwischen im Besitz des Braunschweigischen Landesmuseums).

Der leere zweiteilige Grundstein selbst gelangte in den Besitz des Stadtmuseums Oldenburg. Im Rahmen eines Festakts wurde er am 19. Juni 2019 der Jüdischen Gemeinde Oldenburg zurückgegeben.

Er verbleibt als Dauerleihgabe im Stadtmuseum und wird Teil der Dauerausstellung.

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Hamburg Kulturelles

Mahnmal gegen den Krieg (Hrdlicka 1983/86)

Alfred Hrdlicka: Mahnmal gegen den Krieg (1983/86, unvollendet (2 von geplant 4 Teilen)
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Oldenburg Persönliches

Tante Berta

Ganz selten fuhren wir in Kindheitstagen von Delmenhorst nach Oldenburg, um Tante Berta zu besuchen.

Tante Berta lebte in Oldenburg in einem seltsamen roten riesigen Klinkerhaus, in dem ganz viele weitere Frauen wohnten. Alle diese Frauen hatten komische Kleidung an und alle eine große Haube auf dem Kopf. Wenn ich mich richtig erinnere, eine weiße Haube.

Tante Berta war (vermutlich) die Schwester meines Großvaters (der Vater meiner Mutter, der damals schon längst verstorben war).

Tante Berta war, das war für mich als Kind das Mysteriöseste, eine Diakonisse. Ich hatte keinerlei Vorstellung was das wohl sein könnte: Diakonisse.

Tante Berta habe ich kaum in Erinnerung. Als wohl nett, aber unnahbar. Und ich erinnere das kindliche Unverständnis, was ist das, eine Diakonisse? Was für eine seltsame Frau, und warum diese komische Haube?

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Fotografie Ulli

ElbEis

ElbEis (Hamburg Landungsbrücken, Februar 2021)