Verfolgung Homosexueller nach 1945 : in der Bundesrepublik ist sie bisher kaum aufgearbeitet. Gleich mit einem vierfach starken Zeichen geht nun Hamburg voran.
Die Verfolgung Homosexueller in der NS-Zeit von 1933 bis 1945 wird seit Jahren nach und nach aufgearbeitet. In manchen KZ-Gedenkstätten finden sich Tafeln oder Gedenksteine für verfolgte Homosexuelle. Seminare und Bücher untersuchen Aspekte der Verfolgung Homosexueller. Im Mai 2008 wurde in Berlin das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen eingeweiht.
Ganz anders die Verfolgung Homosexueller nach 1945 . Aufarbeitung: bisher weitgehend Fehlanzeige, besonders Aufarbeitung von offizieller Seite. Der berüchtigte Paragraph 175 (§175) galt in der Bundesrepublik (anders als in der DDR) weiterhin, in der von den Nazis 1935 verschärften Fassung. Justiz und Polizei verfolgten Homosexuelle weiter intensiv, ermittelten, klagten an, verurteilten zu Geld- und Haftstrafen, erfassten Schwule in Rosa Listen. Dieser Teil der Homosexuellen-Verfolgung, die Verfolgung Homosexueller nach 1945 , ist weitestgehend nicht aufgearbeitet.
Zwei Patronenhülsen mit der Post – die Botschaft, die ein Unbekannter dem offen schwulen Bürgermeister von Sigolsheim Thierry Speitel im Elsass zukommen ließ, war eindeutig.
Thierry Speitel ist seit 2008 (und derzeit in zweiter Amtszeit) Bürgermeister der Gemeinde Sigolsheim (knapp 1.200 Einwohner) im Elsass (Tal von Kaysersberg). Und er ist offen schwul (der einzige offen schwule Bürgermeister im Elsass). Vor wenigen Tagen wurde über ihn in einem Regionalblatt (Les Dernières Nouvelles d’Alsace) in Form eines Portraits groß berichtet. Dort berichtet Speitel, dass er die Forderung nach dem Recht auf Ehe für Homosexuelle unterstütze, und dass er sich selbst auch wünsche, seinen Partner heiraten zu können. Vielleicht wolle man sogar ein Kind adoptieren. Ebenfalls berichtete er in einer Sendung auf France 3 über seine Homosexualität.
In der Nacht von Sonntag auf Montag wurden am Gebäude der französischen Aidshilfe-Organisation Aides in Paris im 10. Arrondissement homophobe Droh-Plakate geklebt.
Die Plakate zeigen eine vermummte Figur mit Schlagstock in eindeutiger Geste, mit dem Text „Souriez vous allez pouvoir vous marier“ („Lächelt – bald werdet ihr heiraten können„).
Der Autor und Aids-Aktivist Larry Kramer erhielt den Tony Award (Sonder) am 8. Juni 2013 für sein aktivistisches Engagement. Der Isabelle Stevenson Award gehört seit 1947 zu den Tony Awards. Der Tony ist der bedeutendste amerikanische Theater-Preis.
„Autoren, die auch Aktivisten sind, werden nur sehr selten als Künstler ernst genommen„,
Tony Award kommentierte Larry Kramer die Ehrung. Er freue sich über den Preis als Anerkennung dafür, dass ein seriöser Künstler auch ein seriöser Aktivist sein könne.
Larry Kramer (geb. 25. Juni 1935 in Bridgeport, Conneticut, gest. 27. Mai 2020 in New York) erhielt bereits im Jahr 2011 einen Tony Award im regulären Wettbewerb, für die beste Wiederaufnahme eines Stückes, sein 1985 erstmasl erschienenes Bühnenstück „The Normal Heart“ am Broadway.
Kramer ist seit 30 Jahren eine der lautesten und engagiertesten Stimmen in den USA im Kampf gegen Aids. Er ist Mitgründer von Gay Men’s Health Crisis GMHC (1982) sowie von ACT UP New York (1987). Vor 30 Jahren erschien mit 1,112 and counting einer seiner wichtigsten frühen Aids-Texte, um die Schwulen New Yorks wachzurütteln, ein Text der sich heute wie ein frühes ACT UP – Manifest liest.
Der Isabelle Stevenson Award ist ein außerhalb des Wettbewerbs verliehener Tony Award. Er wird verliehen an Personen aus der Theater-Welt, die einen substantiellen Beitrag im Namen von humanitären, sozialen oder wohltätigen Organisationen geleistet haben. Er ist benannt nach Isabelle Stevenson, verstorbener Präsidentin der American Theatre Wing, die den Tony Award verleiht. Er wurde 2009 erstmals verliehen.
In Frankreich wurde am Sonntag der Gedenktag für die Opfer der Deportation begangen. In Bordeaux wurden 2013 – anders als in anderen Städten Frankreichs – Homosexuelle von der offiziellen Gedenkveranstaltung ausgeschlossen. 2014 war eine Teilnahme dann möglich.
Bordeaux am vergangenen Sonntag: in erster Reihe bei der offiziellen Gedenk-Veranstaltung an die Deporation: Vertreter der Veteranen-Verbände, Staats-Funktionäre, Würdenträger. Ganz hinten, allerletzte Reihe, weit abgedrängt, nicht eingeladen, nicht in Reden erwähnt Homosexuelle. Dieses traurige Bild bot eine Gedenkveranstaltung an die Deportation, die am Sonntag 28. April 2013 in Bordeaux stattfand.
Roger Joly, Präsident der Nationalen Vereinigung der Deportierten, hält die Rede. Spricht von der Deportation vieler Franzosen durch NS-Besatzer und hilfswillige französische Behörden. Erwähnt Widerstandskämpfer, Juden, Roma und Sinti. Er erwähnt mit keinem Wort: Homosexuelle.
Der Bürgermeister von Bordeaux, Alain Juppé, traf sich am vergangenen Freitag 26.4.2013 mit den Vereinen von Schwulen und Lesben, um über Wege zur Bekämpfung der Homophobie in der südwestfranzösischen Stadt zu diskutieren.
Im Zuge der Debatten über die Einführung der Ehe sowie des Adoptionsrechts für Homosexuelle ist es in Frankreich an vielen Orten nicht nur zu Demonstrationen von Befürwortern und Gegnern der Homo-Ehe, sondern auch zu homophob motivierten Übergriffen und Gewalttaten gekommen, auch in Bordeaux. So wurde u.a. der Inhaber wie auch ein Gast einer Bar (‚Le Go West‘) Mitte April angegriffen (auch wenn der konkrete homophobe Hintergrund noch fraglich ist).
Alain Juppé, Bürgermeister von Bordeaux, hat in dieser Situation ein bereits seit längerem geplantes Treffen mit Schwulen- und Lesbengruppen der Stadt vorgezogen. Im Mittelpunkt: in Bordeaux Homophobie zu bekämpfen.
Fréquence Gaie : die bemerkenswerte Geschichte eines „schwulen Radios“.
Fréquence Gaie: Radio für Schwule und Lesben, das gab es in Paris schon ab 1978. Bereits in den 1970er Jahren gab es in Paris zwei Initiativen für ein Radio für die Schwulen- und Lesbenszene: ‚Radio Mauve‚ sowie ‚Radio Fil rose‚. Radio mauve entsteht anlässlich des Festival du film homosexuel im Januar 1978 als Untergrund- / Piraten-Radio. Bereits ab 25. Februar nennt sich der Sender Radio Fil Rose (Radio Rosa Faden), sendet im März 1978 eine (ebenfalls Piraten-) Sendung direkt von der Pressekonferenz schwuler Wahlkandidaten.
Die Initiative zu diesem Sender ging aus von Pacal Navarro und (anonym) Patrick Oger, der Schwulen-Aktivist Guy Hocquenghem [3] stellt seine Wohung als Studio zur Verfügung. Bald schon sendet Radio Fil Rose regelmäßig jeden Abends (außer sonntags) um 20:00 Uhr. Weiterhin als Piratenradio ohne Sendegenehmigung, aus einem versteckten ‚Studio‘, das sich in der Küche des argentinischen Schriftstellers Copi [1] in der rue Cauchois auf Montmartre befand. Bereits 1978 endet der Sendebetrieb von Radio Fil Rose wieder.
Die Homosexuellenverfolgung insbesondere mittels des Paragraphen 175 endete nicht 1945. Und diese Verfolgung durch Polizei und Justiz ist noch weitgehend unaufgearbeitet und verdrängt. Hamburg macht nun als erstes Bundesland den Anfang: mit der für den Juli 2013 geplanten und an bemerkenswertem Ort gezeigten Ausstellung „Liberales Hamburg? Homosexuellenverfolgung durch Polizei und Justiz nach 1945“, die systematisch die Verfolgung von Homosexuellen nach 1945 durch die eigene Polizei und Justiz thematisiert. Die Ausstellung wird durch die Justiz-Senatorin eröffnet, der Polizeipräsident hält den Festvortrag.
Der §175 hatte in der Bundesrepublik auch nach 1945 in der von den Nazis 1935 verschärften Fassung seine Gültigkeit. Und er war der Hintergrund für eine Homosexuellenverfolgung , die auch nach 1945 anhielt – bis weit in die 1970er und selbst die beginnenden 1980er Jahre hinein, auch in Hamburg. Ein prägnantes Beispiel hierfür: Klappen-Verbote und die so genannte ‚Hamburger Spiegel-Affäre‚. Jahrelang wurden Besucher zahlreicher öffentlicher Toiletten der Hansestadt von Polizeibeamten bespitzelt, durch Einwegspiegel mit dahinter liegenden kleinen Kabinen. ‚Ertappte‘ Schwule wurden erfasst, teils strafrechtlich verfolgt, in ‚Rosa Listen‘ erfasst, mit ‚Klappen-Verbot‘ belegt. Erst eine Aktion engagierter Schwuler Anfang Juli 1980 (!) machte diese Überwachungs-Praxis publik und sorgte letztlich für ihre Beendigung.
Deportation Homosexueller : Lange wurden sie ignoriert – Männer, die wegen ihrer Homosexualität aus Frankreich deportiert wurden. Nun aber sorgt die Organisation „Les «Oublié-e-s» de la Mémoire“ (Die Vergessenen des Gedenkens) mit einer Ausstellung für Aufsehen. Die Verfolgung und Deportation Homosexueller durch das NS-Regime und seine Komplizen [1] steht im Mittelpunkt der Ausstellung „La déportation pour motif d’homosexualité“ (Deportation wegen Homosexualität), die im Rathaus des 4. Arrondissements in Paris gezeigt wird.
Jean-Luc Schwab, Kurator der Ausstellung, betont, diese sei konzipiert um „Fakten möglichst nah an der historischen Realität darzustellen, anhand verifizierter Quellen sowie anerkannter Spezialisten„.
Die Ausstellung, die nach Paris in mehreren Städten Frankreichs zu sehen sein soll, beschreibt die verschiedenen Phasen der Verfolgung und Deportation Homosexueller durch das NS-Regime in Frankreich, auch anhand von Biographien Deportierter wie Rudolf Brazda oder Pierre Seel.
Die Ausstellung ist in Kooperation mit dem Verteidigungsministerium, der Nationalen Vereinigung der Kämpfer und Kriegsopfer, der Stiftung für das Gedenken an die Deportation sowie der Stadt Paris entstanden. Anlass ist der zehnte Jahrestag der Gründung des Vereins „Les «Oublié-e-s» de la Mémoire“ (Die Vergessenen des Gedenkens).
Die Ausstellung weise aber über die historische Perspektive hinaus, betonen die Initiatoren, sie sei auch ein Hinweis wachsam zu sein – die letzten Tage und die Auseinandersetzung um die in Frankreich kurz bevor stehende Einführung der Ehe auch für Homosexuelle zeige erst jüngst wieder, dass es gelte weiterhin wachsam vor Homophobie in der französischen Gesellschaft zu sein.
.
Ausstellung über die Deportation Homosexueller : „La déportation pour motif d’homosexualité“, 22. April bis 3. Mai 2013, Paris, Rathaus des 4. Arrondissements (2, place Baudoyer; dort auf der Galerie in der 1. Etage)
Mairie du 4e: La déportation pour motif d’homosexualité
Yagg 22.04.2013: Les «Oublié-e-s» de la Mémoire proposent une remarquable exposition sur la déportation pour motif d’homosexualité
.
Anmerkung: [1] Mit ‚Komplizen‘ dürften insbesondere auch Behörden und Institutionen der Vichy-Regierung unter Philippe Petain im von NS-Truppen nicht besetzten Teil Frankreichs gemeint sein.
.
Aktualisierung 28.04.2013: Am 30. April 2013 wird zudem eine Podiumsdiskussion zur Ausstellung stattfinden mit Jean-Luc Schwab, Délégué en Alsace et Référent Recherches et Mémoire des Vereins Les „Oublié-e-s“ de la Mémoire – Association civile homosexuelle du Devoir de Mémoire.
Zur Ausstellung erscheint eine 16seitige Broschüre.
Plakat zur Ausstellung im Artikel ergänzt.
Dieser Ballon-Fahrt war ein ganz besonderes Geschenk, das Frank mir gemacht hat, zu einem ganz besonderen Anlass. Mein 40. Geburtstag – ein „runder Geburtstag“, den zu erreichen nur drei Jahre zuvor unvorstellbar schien.
Wir verwenden Cookies, um unsere Website und unseren Service zu optimieren.
Funktional
Immer aktiv
Der Zugriff oder die technische Speicherung ist unbedingt für den rechtmäßigen Zweck erforderlich, um die Nutzung eines bestimmten Dienstes zu ermöglichen, der vom Abonnenten oder Nutzer ausdrücklich angefordert wurde, oder für den alleinigen Zweck der Übertragung einer Nachricht über ein elektronisches Kommunikationsnetz.
Vorlieben
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist für den rechtmäßigen Zweck der Speicherung von Voreinstellungen erforderlich, die nicht vom Abonnenten oder Nutzer beantragt wurden.
Statistiken
Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu statistischen Zwecken erfolgt.Die technische Speicherung oder der Zugriff, der ausschließlich zu anonymen statistischen Zwecken verwendet wird. Ohne eine Aufforderung, die freiwillige Zustimmung Ihres Internetdienstanbieters oder zusätzliche Aufzeichnungen von Dritten können die zu diesem Zweck gespeicherten oder abgerufenen Informationen allein in der Regel nicht zu Ihrer Identifizierung verwendet werden.
Marketing
Die technische Speicherung oder der Zugriff ist erforderlich, um Nutzerprofile zu erstellen, um Werbung zu versenden oder um den Nutzer auf einer Website oder über mehrere Websites hinweg zu ähnlichen Marketingzwecken zu verfolgen.