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Homosexualitäten

Friedrich Sponer – von Homosexuellen gefürchteter Richter der NS-Zeit

Friedrich Sponer war in der NS-Zeit einer der berüchtigsten und von Homosexuellen gefürchteten Richter Berlins. Sponer verachtete Homosexuelle – und setzte diese Verachtung in seiner Tätigkeit als Richter mit drakonischen Urteilen in die Tat um. In Publikationen nach 1945 wurde Sponer als ‚Blutrichter‘ bezeichnet.

Von 1935 bis 1939 war Friedrich Sponer Amtsgerichtsrat am Amtsgericht Berlin, als Vorsitzender der ab April 1935 eingerichteten Abteilung ‚AG 603‘ (auch Schöffengericht 603), zuständig für ‚Unzuchtsachen‘. 1939 wurde er zum Kriegsgerichtsrat ernannt (Kriegsgericht: unterste Instanz der Militärgerichtsbarkeit in der NS-Zeit). Er war als Vertreter der Staatsanwaltschaft am Kriegsgericht Potsdam tätig.

Sponer hat, so der ‚Kulturring in Berlin‘, „in den ersten Jahren der Nazi-Diktatur die praktische Durchsetzung der Strafverschärfung gegen Homosexuelle 1935 an Berliner Gerichten wesentlich mitgeprägt“. Bei einem Drittel aller Berliner Verfahren gegen Homosexuelle habe er von 1935 bis 1939 als Einzelrichter den Vorsitz geführt. 921 Urteile seien bisher bekannt.

Friedrich Sponer hat aus seiner „Abscheu gegen Homosexuelle“ nie einen Hehl gemacht, mehrfach betont, eine „feige hinterhältige Art … [sei] … bei Homosexuellen üblich“ (Pretzel, [1]).

Friedrich Sponer nahm in der NS-Zeit eine besondere Rolle ein: ihm kam eine„herausragenden Rolle bei der Durchsetzung der verschärften, nationalsozialistsich motivierten Strafrechtsprechung“ zu. „Seine drakonischen Urteile dienten der Abschreckung und stießen zuweilen selbst bei Staatsanwälten auf Unbehagen.“ (Pretzel, [1])

Sponers Art der Prozessführung war berüchtigt – Einsprüche gegen polizeiliche Ermittlungsvorwürfe wertete er als strafverschärfend, ebenso das Widerrufen von erpressten Geständnissen (wegen mangelnder Reue oder Uneinsichtigkeit) oder Verweise auf Drohungen mit KZ-Haft. KZ-Haft selbst ‚begriff Sponer als weiteres Indiz für die Schuld des Angeklagten‚ [1].

Der Schauspieler und Theater-Direktor Harry Pauly (auch: Pauline Courage), der in der NS-Zeit u.a. 15 Monate im berüchtigten Lager V Emslandlager – Neusustrum saß, erinnert sich:

“Ich erinnere mich da auch noch an einen Berliner Richter, der in die Schwulengeschichte eingegangen ist. Der hieß Sponer und war ein einmaliges Schwein. Wenn der Schwule abzuurteilen hatte, dann fielen die Strafen immer ganz besonders hart aus.” [2]

Neben seiner ausgeprägte Homophobie und antihomosexuellen Einstellung war Friedrich Sponer ebenso für seine antisemitischen Haltung bekannt:

Am 14. Mai 1938 stand der damaligen Tennis-Star (‚Tennis-Baron‘) Gottfried von Cramm, der am 5. März 1938 von der Gestapo verhaftet wurde und dem eine Beziehung mit dem Artisten Manasse Herbst ‚vorgeworfen‘ wurde, vor Gericht – vor Richter Sponer. Von Cramm wurde zu einer einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. In der Urteilsbegründung äußerte Friedrich Sponer u.a.,

Der Angeklagte hätte auch bereits vor der Machtübernahme und auch vor der Judengesetzgebung des Dritten Reiches die Einsicht haben müssen, dass der Jude für ihn ein verabscheuungswürdiger Mensch ist“ (zitiert nach [1]).

Von Cramm wurde ins Strafgefangenenlager Rollwald eingeliefert und dort nach sechs Monaten am 16. Oktober 1938 wegen guter Führung wieder entlassen.

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Offizialverteidiger bei Sponers Amtsgerichts-Kammer war Dr. Walter Niemann. Über ihn teilte die Gestapo-Zentrale Berlin auf Anfrage der Gestapo Würzburg mit „Niemann ist Parteigenosse und wird seit einiger Zeit fast ausschließlich bei der Kammer des Amtsgerichtsrats Sponer, Berlin, als Offizialverteidiger der Homosexuellen bestellt. … Im allgemeinen erfreut sich Dr. Niemann eines sehr guten Rufes. Er ist verheiratet. Nachteiliges über ihn konnte nicht festgestellt werden.“ [3]

Was die Gestapo und damit in Folge auch Friedrich Sponer nicht wussten: Dr. Walter Niemann war einer der engsten Mitarbeiter von Magnus Hirschfeld und 1920/21 zweiter Vorsitzender des Wissenschaftlich-humanitären Komitees WhK. In seiner Rechtsanwalts-Kanzlei verteidigte er bereits in den 1920er Jahren zahlreiche Homosexuelle.

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Friedrich Sponer wurde am 24. Januar 1884 in Loslau (Oberschlesien, Polen) geboren. Nach Jura-Studium in Kiel und Berlin arbeitete er ab 1920 beim Landgericht Berlin. Sponer war verheiratete und hatte drei Kinder. Am 1. Mai 1933 wurde Sponer Mitglied der NSDAP.

Kurz vor Kriegsende wurde Sponer aus dem Militärdienst entlassen aus gesundheitlichen Gründen. Nach erfolgreicher ‚Entnazifizierung‘ am 16. September 1949 bezog er eine staatliche Pension.

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[1] Andreas Pretzel: NS-Opfer unter Vorbehalt: homosexuelle Männer in Berlin nach 1945. Münster / Hamburg / London 2002 (insbes. zu Richter Friedrich Sponer, S. 31 ff.)
[2] Harry Pauly (Pauline Courage), Jahrgang 1914, Strafbatallion. in: Hans-Georg Stümke, Rudi Finkler: Rosa Winkel – Rosa Listen. Hamburg 1981, S. 312 ff.
[3] Akte Obermeyer 8873 der Gestapostelle Würzburg, Bayerisches Staatsarchiv Würzburg, zitiert nach: Andreas Sternweiler: „Mitstreiter aus der Schwulenbewegung„, in: Müller / Sternweiler: Homosexuelle Männer imm KZ Sachsenhausen, Berlin 2000

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Politisches

Abba Kovner Manifest

Am 14. März 1918 wurde Abba Kovner in Sewastolpol geboren – Schriftsteller und Widerstandskämpfer (* 14.3.1918 Sewastopol; † 25.9.1987 Kibbuz En haChoresch, Israel).

Kovner beteiligte sich am bewaffneten Aufstand im Ghetto Wilna (Vilna, heute Vilnius) und veröffentlichte das Manifest des jüdischen Widerstands, A. Kovner, verlesen am 1.1.1942 im Ghetto von Wilna.

Abba Kovner während des Eichmann-Prozesses 1961
Kovner während des Eichmann-Prozesses 1961 (public domain)

Abba Kovner testifying at Eichmann’s trial, Jerusalem 1961Israel Government Press OfficeIsrael National Photo CollectionPublic Domain

Kovner war Kommandeur der jüdischen Widerstandsgruppe Fareinikte Partisaner Organisatzije und gehörte später zu den Gründern der Untergrundbewegung Bricha, die 1944 bis 1948 über 300.000 Juden bei der illegalen Flucht und Einwanderung nach Palästina unterstützte. 1961 gehörte Kovner zu den zeugen, die im Eichmann-Prozess aussagten.

Im Ghetto von Wilna wurden über 40.000 Juden ermordet.

A. Kovner starb am 25. September 1987 im Kibbuz En haChoresch in Israel.

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Abba Kovner: Zeugenaussage im Eichmann-Prozess (Video, englisch)
New York Times 27.09.1987: Abba Kovner, Israeli Poet, Dies

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Deutschland

Eisenbahndampffährschiff Stralsund – Fotos

Das Eisenbahndampffährschiff Stralsund ist das älteste noch erhaltene Eisenbahndampffährschiff der Welt – und liegt als technisches Denkmal im Museumshafen von Wolgast.

Etwas über 100 Jahre war es im Dienst – das Dampffährschiff Stralsund. Am 20. Oktober 1890 wurde das auf der Ferdinand-Schichau-Werft in Elbing gebaute Dampffährschiff Stralsund in Dienst gestellt und nahm am 26. Oktober 1890 den Fährverkehr zwischen Stalsund und Altefähr auf Rügen auf. Aufgrund der Zunahme der Transporte auf dieser Strecke wurden hier bald größere Schiffe eingesetzt, die ‚Stralsund‘ verkehrte ab 1901 zwischen Swinemünde und der Insel Wollin. Ab Herbst 1936 fungierte die ‚Stralsund‘ auch als Transporter für Baumaterial und später die erste Raketen zur Heeresversuchsanstalt Peenemünde.

Nach der Potsdamer Konferenz wurde die Grenze zu Polen westlich von Swinemünde gezogen – Usedom hatte plötzlich keine direkte Bahn-Anbindung ans Festland mehr. Ab Dezember 1945 wurde die ‚Stralsund‘ zum Transport von Eisenbahn-Wagen zwischen Wolgast und Usedom eingesetzt, ab Sommer 1946 wieder im regulären Fährverkehr.

Am 26. Oktober 1990 konnte das ‚ Eisenbahndampffährschiff Stralsund ‚ noch seinen 100. Geburtstag feiern, wurde allerdings direkt anschließend in die Peene-Werft Wolgast gebracht.  Am 31. Dezember 1991 wurde die ‚Stralsund‘ dann offiziell außer Dienst gestellt.

1992 ging die ‚Stralsund‘ in den Besitz der Stadt Wolgast über. In den Jahren 1993, 1994 und 1995 wurde die ‚Stralsund‘ nochmals gelegentlich zum Transport von Eisenbahnwagen von und zur Insel eingesetzt, jeweils mit einem Schlepper als Antrieb. Seit Juni 1997 liegt sie im neu geschaffenen Museumshafen Wolgast als technisches Denkmal.

Fotos: das Eisenbahndampffährschiff Stralsund in Wolgast:

Eisenbahndampffährschiff Stralsund
Eisenbahndampffährschiff Stralsund

Eisenbahndampffährschiff Stralsund
Eisenbahndampffährschiff Stralsund

Steuerstand des Eisenbahndampffährschiffs Stralsund
Steuerstand des Eisenbahndampffährschiffs Stralsund

Eisenbahn-Dampffährschiff Stralsund
Eisenbahn-Dampffährschiff Stralsund

Eisenbahndampffährschiff Stralsund
das Eisenbahn-Dampffährschiff Stralsund im Museumshafen Wolgast

Eisenbahn-Dampf-Fährschiff Stralsund
Eisenbahn-Dampf-Fährschiff Stralsund

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Deutschland

Hans Poelzig Sparkasse Wolgast 1930/31 (Fotos)

Nach Entwürfen von Hans Poelzig wurde 1931 / 32 in Wolgast (Rathausplatz 2) das Gebäude der Sparkasse Wolgast im Stil der Neuen Sachlichkeit gebaut [1]. Es ist eines der letzten von Hans Poelzig realisierten Gebäude .

Von Hans Poelzig stammt nicht nur der Entwurf des Gebäudes am Rathausplatz Nr. 2 in Wolgast, er entwarf auch mehrere Möbelstücke für die Inneneinrichtung.

Das Gebäude wurde errichtet für eine Niederlassung der Sparkasse des Kreises Greifswald. Zu Zeiten der DDR befand sich hier eine Filiale der Staatsbank der DDR. Seit 1990 befindet sich im Poelzig – Bau in Wolgast eine Filiale der Deutschen Bank.

In den Jahren 1990 und 1992 wurde das Gebäude saniert.

Hans Poelzig Sparkasse Wolgast 1930/31 (Fotos)

Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast
Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast

Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast
Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast

Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast
Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast

Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast
Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast

Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast
Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast

Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast
Hans Poelzig Sparkasse in Wolgast

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Noch bis 26. Mai 2013 ist im Museum Wolgast zudem die Ausstellung „Das Leben und Schaffen Hans Poelzigs“ zu sehen, Wolgast ist die letzte Station der Reise der Ausstellung über Hans Poelzig, die Ende 2007 auch bereits in  der Akademie der Künste in Berlin zu sehen war.

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[1] Das Hinweisschild am Gebäude selbst (siehe Fotos) nennt als Bau-Datum das Jahr 1920. Nahezu alle anderen Verzeichnisse der Werke von Hans Poelzig führen dieses Gebäude jedoch als „Kreissparkasse, Wolgast, 1931 – 1932“. Es wurde m.W. 1930/31 realisiert, basierend auf Planungen die 1920 begannen.

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siehe auch:
Technische Universität Berlin – Architekturmuseum: Hans Poelzig: Kreissparkasse Wolgast

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Frankreich Kulturelles Lacanau

Jean Marais in Lacanau – Océan

Jean Marais in Lacanau – Océan: Sie waren 25 Jahre lang ein, das schwule (Liebes-, später Freundes-) Paar Frankreichs: Jean Marais und Jean Cocteau. Anfang der 1940er Jahre [3] war Jean Marais mehrfach zur Erholung in … Lacanau Océan, seit Jahren einer der Lieblings-Urlaubsorte der 2mecs Frank und Ulli. Und bereits damals war Marais mit seinem Schwulsein bemerkenswert offen . Ob er auch den schwulen Strand von Le Porge Océan bereits kannte und frequentierte … ?

Jean Marais entdeckte Lacanau-Océan während eines Aufenthalts im nicht weit entfernten Arcachon.

Aber einen unvergesslichen Eindruck hinterlassen hat [in Lacanau-Océan] insbesondere der französische Schauspieler Jean Marais mit seinen langen Spaziergängen entlang des Strands, Anfang der 1940er Jahre, gemeinsam mit seinem Hund Moulouk.“ [1]

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Hamburg

Fracking: die Frage der Unabhängigkeit

Wer entscheidet über Anträge zu Fracking ? Diese Frage stellt sich – auch aus aktuellem Anlass:

Am 12. April 2012 findet in Hamburg – Bergedorf eine öffentliche Sitzung des Regionalausschusses der Vier- und Marschlande statt. Erstmals Thema: die von ‘ExxonMobil Production Deutschland GmbH (EMPG)’ beantragten Bohrungen im ‘Aufsuchungsbebiet Vierlanden’.

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HIV/Aids Paris

Warning : „Wir haben die Schnauze voll von Herablassung und Ignoranz“ – Mr. HIV

„ Mr. HIV 2013 – positivenfreundlich, selbstbewusst positiv, serodifferent, Posi-Queen …“: Unter diesem Motto hat die französisch-belgisch-kanadisch-schwerizerische Aktivistengruppe „Warning“ jüngst in Brüssel eine Kampagne gegen Serophobie (gemeint: unbegründete Angst vor Menschen mit HIV-positivem Serostatus), Vorurteile und die Unsichtbarkeit HIV-Positiver in der Schwulenszene gestartet. Ulli Würdemann sprach mit Laurent Gaissad, Sozio-Anthropologe an der ULB (Université libre de Bruxelles) und Präsident von Warning Brüssel, über die Hintergründe, Ziele und ersten Erfahrungen der Kampagne.

Laurent, viele Leserinnen und Leser in Deutschland kennen „Warning“ noch nicht. Kannst du uns die Gruppe und eure Ziele kurz vorstellen?

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Deutschland

Sputnik by night

Sputnik by night
Sputnik by night

Zinnowitz, 8. April 2013

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Frankreich Kulturelles Paris

Jean Marais und Jean Cocteau

25 Jahre waren sie ein Liebespaar, später ein Freundespaar: der Schauspieler Jean Marais und der Schriftsteller, Maler und Regisseur Jean Cocteau.

Jean Marais und Jean Cocteau

Jean Marais und Jean Cocteau – Liebhaber, Lebenspartner, Freunde …

Nun erkenne ich das Böse an dem ich leide und das ich hasse: du bist es. Es ist: ohne dich zu leben. Ich suche dich überall wie ein armer blinder Hund und ich lege mich für eine Minute hin. Ich stehe wieder auf und suche dich woanders weiter. Ohne dich zu leben ist grauenhaft. Ich glaube, mein Engel, dass das wahre Drama erst beginnt, und wir vielleicht durch die Stille getrennt werden. Unsere Zukunft darf nicht in Gefahr geraten. Weil sie in der Legende geschrieben steht, und die Legende ist immer die stärkste.

Jean Cocteau 1939 (Übers. UW)
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Persönliches

Ulli, Berlin 1995

Ulli 1995, April, Berlin

Ulli 1995
Ulli 1995