Das Theater am Goetheplatz in Bremen zeigt 2023 die Oper Doctor Atomic (John Adams 2005). Im Mittelpunkt stehen die 48 Stunden vor dem ersten Atombomben- Test am 16. Juli 1945 in Los Alamos und die Ängste der beteiligten Wissenschaftler um J. Robert Oppenheimer.
Schlagwort: Atomenergie
Atomenergie Kernkraft Atomkraft
15. April 2023 – Schluss mit Atomkraft – nach über 60 Jahren endet in Deutschland die Produktion von Atomstrom mit dem Herunterfahren der letzten drei AKW Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2. Der 15. April 2023 ist der Abschalttag der Atomstromproduktion in Deutschland.
„Abweichend von Absatz 1a Satz 1 erlöschen die Berechtigungen zum Leistungsbetrieb für die Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 mit Ablauf des 15. April 2023.“
Neunzehnten Gesetz zur Änderung des Atomgesetzes (19. AtGÄndG) Art. 1
Small modular reactors SMR (Kleine Modulare Reaktoren) stellen ein neues Atomreaktor-Konzept dar. Das so neu nicht ist, es basiert auf Bemühungen aus den 1950er Jahren, Atomantriebe in U-Booten zu verwenden.
Die Entwicklung von SMR wird neben Frankreich vor allem von den USA, China sowie Russland vorangetrieben (sämtlich Besitzer von Atomwaffen). DieInternationale Atomenernie Agentur führte 2020 über 70 Designs von SMR – Reaktoren auf, die entwickelt würden.
Das Haupt-Versprechen der DMR-Befürworter: sie seien schneller zu bauen, benötigten weniger Platz und seien preiswerter.
SMR in Frankreich: Projekt NuWard
Frankreich – seit langem Weltmeister der Produktion von Atromstrom – setzt bei seinen Bemühungen um eine unabhängige Energieversorgung wieder vermehrt auf Atomenergie. Mini-AKW sollen hier eine bedeutende Rolle spielen.
Im September 2019 kündigte Frankreich das Projekt Nuward (ein Typ von SMR, Typ Druckwasserreaktor) an. Bis zum Jahr 2030 soll der Bau eines SMR- Prototypen begonnen sein. 2023 soll die Phase der Grundauslegung beginnen. Für Nuward Reaktoren bestehen bereits konkrete Export-Pläne (z.B. Polen / Respect Energy).
EDF (Staatsbesitz 100%) hatte am 30. März 2023 die Gründung einer 100%igen Tochtergesellschaft Nuward (Kunstwort aus nuclear forward) angekündigt. Ziel ist die Entwicklung eines Mini-AKW aus zwei kleinen Reaktoren mit einer Gesamtleistung von 340 MW. Die Entwicklung soll laut EDF „um einen bereits nuklearisierten Standort herum“ erfolgen. Die endgültige Festlegung auf einen Standort sei noch nicht erfolgt, die letzte Entscheidung träfen die zuständigen Behörden.
Sehr interessiert als Standort für ein Mini- AKW zeigt sich immer wieder Fessenheim, wo das ehemalige AKW Fessenheim erst im Juni 2020 nach 43 Jahren Betrieb endgültig stillgelegtwurde.
Das von der EDF geleitete Nuward-Konsortium besteht aus dem Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives (CEA), Naval Group, TechnicAtome und Framatome.
Derzeit wird von einem möglichen Baubeginn für einen Nuward SMR im Jahr 2030 und einer Bauzeit von drei Jahren ausgegangen.
Das Projekt der Entwicklung neuer Reaktor-Technologien ist mit einem Budget von über einer Milliarde Euro ausgestattet.
Bereits in seiner Rede am 11.10.2021 hatte Präsident Macron angekündigt, massiv in den Bau neuer Mini-AKW zu investieren.
Mini-AKW – ökonomische Sackgasse ?
Experten bezweifeln die von Befürwortern ins Feld geführten wirtschaftlichen Vorteile von Mini-Reaktoren (u.a. ‚Fließband-Produktion‘).
Würden ansonsten Skaleneffekte (economies of scale – Kostenvorteil durch Größe oder größere Menge) betont, sei unklar warum nun kleinere Reaktoren wirtschaftlicher als große sein sollten, zumal für die gleiche Leistung statt einem großen zahlreiche kleine AKW erforderlich seien. SMR hätten im Vergleich zur Leistung einen höheren Material- und Arbeitsaufwand als herkömmliche Reaktoren.
Signifikante (vor allem auch radiologische) Risiken bestünden auch bei Reaktoren von ’nur‘ 300 MW. Statt weniger Standorte würde es mit SMR Tausender Standorte bedürfen. Zudem entstünde eine unverhältnismäßig höhere Menge an Nuklearmüll.
Sie weisen zudem (gerade auch angesichts der erforderlichen hohen Anzahl) auf potentielle zusätzliche Proliferations-Risiken hin, sowie von möglichen terroristischen Angriffen.
Mini-AKW: USA stoppen SMR- Vorzeigeprojekt
Ein Mini- AKW – Bauprojekt in den USA wurde Anfang November 2023 gestoppt – aus wirtschaftlichen Gründen. Die Baukosten erwiesen sich als viel zu hoch, Stromerzeugung aus Solar- und Windenergie sei günstiger.
Am 28. August 2020 hatte die US-Aufsichtsbehörde das SMR- Projekt NuScale (VoyGr) zertifiziert. Das Magazin ‚Time‘ hatte es 2022 zu ‚einer der besten Erfindungen des Jahres‘ gezählt. Es ist bisher das einzige in den USA zertifizierte SMR- Design.
Eine Pilotanlage unter dem Namen ‚Carbon Free Power Project (CFPP)‘ mit 6 SMR (je 77 MW Leistung) war in Idaho Falls geplant. Es galt als neuer Aufbruch für die US- Atomindustrie.
Doch dieses scheiterte trotz Subventions-Zusagen von 1,4 Milliarden (!) US-$ wegen explodierender Kosten. Die Baukosten schossen von 5,3 auf 9,3 Milliarden Dollar. Die Kosten pro produzierter Megawattstunde seien dadurch von 55 auf 89 Dollar gestiegen (darin noch: 4 Dollar Subventionen) – nicht wettbewerbsfähig.
Neue Projektpartner (mit Finanzierungszusagen) konnten nicht gefunden werden. Der Vor-Ort- Projektpartner Utah Associated Municipal Power Systems plant nun – den Ausbau von Windenergie und Solarkraftwerken.
Nach der Stilllegung des AKW Fessenheim erklärt die nur 20 km von Freiburg entfernte Kommune, sie sei bereit Standort für einen Demonstrator für neuartige Mini-AKW zu werden.
Das AKW Fessenheim wurde im Juni 2020 nach 43 Jahren Betrieb endgültig stillgelegt. Es war das älteste in Betrieb befindliche AKW Frankreichs. Mit der erstmaligen Schließung eines AKW in Frankreich sank die Zahl aktiver Reaktoren von 58 auf nun 56.
Doch die kleine Gemeinde (2.000 Einwohner) will weiter auf Atomkraft setzen. Sie sei bereit, als erste Gemeinde in Frankreich Standort für einen Demonstrator für Mini-AKW (SMR, small modular reactor) zu werden, so Claude Brender, Bürgermeister von Fessenheim, Ende März 2023. Brender, Freund der Atomenergie, engagierte sich lange gegen die Schließung des AKW Fessenheim und für weitere nukleare Projekte.
Nach dem Ende der Sowjetunion besaß die Ukraine Nuklearwaffen. Die Ukraine war eine Atommacht mit dem drittgrößten Arsenal an Atomwaffen auf der Erde.
Die Ukraine hätte die Atomwaffen behalten können und Atommacht bleiben (einschließlich der sicherheitspolitischen Möglichkeiten).
Doch die Ukraine verzichtete (auch auf Druck des Westens sowie aufgrund hoher Kosten für Produktion und Wartung) freiwillig auf die Atomwaffen.
1991: Ukraine als Staat nach dem Untergang der Sowjetunion
1991 wurde die Ukraine selbständig. 90,3% der Ukrainer stimmten beim Referendum am 1. Dezember 1991 für die Unabhängigkeit ihres Staates. (Hierauf, auf dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, beruht die Souveränität des Staates Ukraine (nicht der Enscheidung irgend eines Politikers oder Despoten)).
Bereits am darauffolgenden 2. Dezember 1991 erkannte Russland die Unabhängigkeit der Ukraine an.
Atomkraftwerk Stade (1972 – 2003 / 2026)
Das Atomkraftwerk Stade (auch: Kernkaftwerk Stade, KKS) liegt nordwestlich von Hamburg an der Elbe. Es war von 1972 bis 2003 in Betrieb.
Der Druckwasserreaktor der ersten Generation mit einer elektrischen Leistung von 640 MW (netto, nach Abzug Eigenbetrieb) war der einzige dieser Bauart in der Bundesrepublik.
Das Kernkraftwerk Stade KKS wurde errichtet von Siemens / Kraftwerk Union KWU (Baubeginn 17. November 1967).
Die Baukosten lagen damals bei umgerechnet 150 Mio. Euro. Es ging am 29. Januar 1972 in Betrieb (Beginn kommerzieller Leistungsbetrieb 19. Mai 1972) und war neben Würgassen eines der ersten kommerziell betriebenen Atomkraftwerke in der BRD.
Das AKW Stade wurde am 14. November 2003 abgeschaltet (Nachbetreib bis 7. September 2005). Seit 2005 ist das AKW Stade kernbrennstofffrei, es erfolgt der Rückbau.
AKW Fessenheim (1978 – 2020)
Das Atomkraftwerk AKW Fessenheim mit seinen zwei Druckwasser-Reaktoren befindet sich auf der französischen Seite des Rheins, nur 20 km von Freiburg entfernt. Der Ort befindet sich im seismisch aktiven Oberrhein-Graben. Das EdF Kernkraftwerk Fessenheim produzierte noch 2019 annähernd 90% des Stromverbrauchs des Elsaß. Dieses Atomkraftwerk steht wie kein zweites AKW dafür wie sehr Frankreich bei seiner Energieversorgung auf Atomkraft setzt.
Das AKW Fessenheim ist das älteste noch in Betrieb befindliche AKW Frankreichs. Die Inbetriebnahme war am 1. Januar 1978 (Druckwasserreaktor I, 900 MW) bzw. 1. April 1978 (Reaktor II). Baubeginn war bereits am 1. September 1971 (Reaktor I) bzw. am 1. Februar 1972 (Reaktor II).
Abschaltung des AKW Fessenheim – 2016? 2019? endlich: 2020
Noch im Juli 2011 (nur vier Monate nach der Atomkatastrophe von Fukushima, hatte die zuständige Atom-Aufsichtsbehörde ASN noch die Genehmigung erteilt, Reaktor Fessenheim I für weitere zehn Jahre zu betreiben. Zu diesem Zeitpunkt war das Kraftwerk bereits 34 Jahre in Betrieb. Die Laufzeit-Genehmigung von Reaktor II wurde im April 2013 um ebenfalls zehn Jahre bis 2023 verlängert.
Kurz darauf, am 20. Juli 2013 erklärte der französische Umweltminister Philippe Martin in einem Interview, er werde Fessenheim bis Ende 2016 schließen: „Je fermerai Fessenheim d’ici au 31 décembre 2016.“ Bereist 2012 hatte der damalige französische Staatsprsäident Francois Holande erstmals eine ‚Energiewende‘ und die Schließung von Atomkraftwerken angekündigt.
Ende Juli 2018 wurde bekannt, dass der französische Energieproduzent EDF plant, dieses AKW doch noch ‚bis zum letzten Quartal 2019‘ zu nutzen.
Und im Oktober 2018 ließ EDF wissen, man bereite sich auf das Abschalten ‚bis 2022‘ vor. Der erste Reaktor solle bis September 2020, der zweite bis August 2022 herunter gefahren werden. Als Grund für die weitere Verschiebung wird insbesondere die Verzögerung der Fertigstellung des EPR Flamanville genannt.
Diese Planungen standen zwischenzeitlich wieder infrage, nachdem der conseil d’état (Staatsrat) am 25. Oktober 2018 auf Antrag der Gemeinde sowie von Gewerkschaften den Erlass vom April 2017 zur Schließung für ungültig erklärte.
Am 27. November 2018 allerdings erklärte Präsident Macron bei der Vorstellung des Zehn-Jahres-Plans zur Energiewende, das AKW Fessenheim werde im Sommer 2020 endgültig stillgelegt.
Insgesamt sollen, so Macron, bis 2035 14 der derzeit 58 Reaktoren in Frankreich geschlossen werden. Der Anteil der Atomkraft solle von 75% auf 50% sinken.
Am 2. Februar 2019 teilte Innenminister de Rugy mit, Reaktor I solle im März 2019, Reaktor II im August 2020 vom Netz gehen.
Bruno Poirson, Staatssekretär für ökologischen Wandel, bestätigte am 20. Juni 2019 erneut, Fessenheim werde mit beiden Reaktoren defintiv 2020 geschlossen, auch unabhängig von weiteren Verzögerungen am EPR Flamanville.
Ende September 2019 wurde bekannt, dass Fessenheim 1 am 22. Februar 2020 abgeschaltet wird. Fessenheim 2 wird am 30. Juni 2020 endgültig abgeschaltet. Stromkonzern EdF erhält eine ‚Entschädigung‘ in Höhe von 400 Millionen Euro vom Staat.
Die Abschaltung von Reaktor I begann am 21. Februar 2020 um ca. 20:30 Uhr und war um 2:00 Uhr am 22. Februar beendet. Am 29. Juni 2020 um 23:00 Uhr wurde auch der verbliebene Reaktor 2 endgültig vom Netz genommen. Anfang September 2022 kamen die letzten Brennelemente aus Fessenheim in der Wiederaufbereitungsanlage in La Hague an.
Die Abschaltung von Fessenheim I war ein historischer Schritt, wie Energieministerin Elisabeth Borne betonte. Erstmals überhaupt ist in Frabnkrich ein Reaktor endgültig vom Netz genommen worden.
Der Abriss von Fessenheim allerdings werde nicht vor dem Jahr 2025 beginnen. Die Brennelemente allerdings sollen bis 2023 entfernt werden.
Erste Pläne für den Abriss hatte EDF bereits im September 2019 vorgestellt. Sie werden derzeit von der Autorité de sûreté nucléaire (ASN) geprüft. Detaillierte Planungen werden bis Ende 2020 erstellt.
Stromkonzern EdF schlägt vor, am Standort des bisherigen Kraftwerks ein Technocentre zu errichten. Komponenten aus anderen Atomkraftwerken Frankreichs könnten dann hier gereinigt und recycelt werden. Bis 2035 werden weitere 12 Atomkraftwerke abgeschaltet. Wird Fessenheim statt Atomkraftwerk-Standort dann zur Atommüll- und Reaktorschrott-Deponie? Zu einer nuklearen Recyclinganlage?
2023 sieht Fessenheim sich zudem als potenziellen Standort für ein neues Mini-AKW.
Kernkraftwerk Unterweser Stop
Seit 18. März 2011 ist es nach gut 32 Jahren Betrieb endgültig abgeschaltet: das Kernkraftwerk Unterweser (auch: Atomkraftwerk Esenshamm).
“ Endstation Fukushima – sofort alle aussteigen “ – unter diesem Motto protestierte die Organisation Robin Wood am 11. März 2014 mit einem großen Transparent an der Fassade des Hauptausgangs des Hauptbahnhofs in Bremen:
Herbst 1981. Seit 1979 lebte ich in Bremerhaven. Die kurz zuvor gegründete ‚ Schwule Aktion Bremerhaven ‚ tritt erstmals in der Öffentlichkeit auf, auf dem Friedensfest der BIFA (Bremerhavener Initiative für. Frieden und Abrüstung) im ‚Columbus Center‘.
Dafür entstand (jüngst beim ‚Kramen‘ wiedergefunden) „mein erstes Flugblatt„, hier als Dokumentation:
Der Titel des Flugblatts, „Lieber einen warmen Bruder als einen kalten Krieger!„, bezieht sich auf ein Zitat des CSU-Politikers und ehemaligen bayerischen Ministerpräsdidenten Franz Josef Strauss vom 6. März 1970.
„Ich will lieber ein kalter Krieger sein, als ein warmer Bruder“.
(Quelle ‚FJS in Word und Bild‘)
zeitgeschichtliche Einordnung:
Franz Josef Strauss war bei der Bundestagswahl 1980 Kanzler-Kandidat der CDU/CSU. Er unterlag bei der Wahl, gewählt wurde zum Bundeskanzler erneut Helmut Schmidt.
Mitte Dezember 1979 hatte die NATO ihren ‚NATO-Doppelbeschluss‘ verkündet, der u.a. die Stationierung einer neuen Generation von Pershing-II- ‚Marschflugkörpern‘ (Cruise Missiles) in Westeuropa (u.a. auch in der BRD) vorsah. Zu diesem Beschluss trug Helmut Schmidt maßgeblich mit bei. Der Nato-Doppelbeschluss stieß jedoch auf breite Ablehnung (zunehmend auch innerhalb der SPD). Die ‚Friedensbewegung‘ erstarkte. Am 17.9.1982 zerbrach die SPD/FDP-Koalition auf Bundesebene (nicht am Nato-Doppelbeschluss, sondern vornehmlich an Wirtschaftsfragen), am 1. Oktober 1982 wurde Helmuth Kohl (CDU) mit dem ersten erfolgreichen ‚Konstruktiven Misstrauensvotum‘ der BRD-Geschichte zum neuen Bundeskanzler gewählt. Auf dem Kölner Parteitag der SPD 1983 stimmten nur 14 von annähernd 400 Delegierten für den Doppelbeschluss.
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Der Text des damaligen Flugblatts für die Schwule Aktion Bremerhaven vom Herbst 1981 (im Original zweispaltig gesetzt) als Dokumentation (orthographisch leicht korrigiert):
Lieber einen warmen Bruder als einen kalten Krieger!
Eine Schwulengruppe bei der Friedenswoche? Was haben die denn mit Abrüstung, mit Pershing 2 und SS20 zu tun? Auf den ersten Blick vielleicht wenig. Aber was heißt denn Frieden? Zwei Aspekte sind hier wichtig: zum einen konfliktfreies Zusammenleben verschiedener Staaten bzw. Nationen, zum anderen jedoch auch wirklich demokratische Verhältnisse und die Fähigkeit des gegenseitigen Respektierens, auch von Minderheiten, innerhalb einer Gesellschaft.
Hier und heute ist beides jedoch nicht gegeben. Die Kriegsgefahr ist so groß wie schon lange nicht mehr. Unterdrückung und Intoleranz sind überall zu finden. Die Interessen demokratischer Kräfte werden dauernd mit Füßen getreten und mit Polizeiknüppeln traktiert. Dies betrifft Atomkraftgegner, sowie Frauen die für Gleichberechtigung eintreten, Antifaschisten, usw. Auch und gerade Schwule und Lesben sind hiervon besonders betroffen.
Ein Staat der Kriegsvorbereitungen treibt, bzw. einen Krieg führt, ist gezwungen diese Unterdrückungsmaßnahmenn zu verschärfen damit der Krieg führbar bleibt.
Aber schon heute ist die Unterdrückung von Schwulen und Lesben unerträglich:
- da gibt es einen §175 StGB, der „sexuelle Handlungen“ mit minderjährigen Männern mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren bedroht. (Einen § dieser Art gibt es für Heterosexuelle nicht. Schläft ein Mann mit einer 16jährigen Frau ist das erlaubt.)
- Berufsverbote für homosexuelle Lehrer und Pfarrer sind an der Tagesordnung. (wie Klaus Brinker der als Pfarrer Berufsverbot bekam.)
- da erhalten schwule Soldaten der Bundeswehr Beförderungssperre, müssen ihren Dienst also ohne Beförderung bis zum Ende ableisten.
- Schwule Frauen und Männer, die im 3. Reich verfolgt und in KZs gesteckt wurden, haben bisher immer noch keine Wiedergutmachung erhalten.
- Im Schulunterricht wird Homosexualität immer noch unter Perversion oder Krankheit abgehandelt und nicht als gleichberechtigte Form der Sexualität.
- auch in der Presse wird Homosexualität als etwas Perverses dargestellt, und mit Verbrechen in Verbindung gebracht.
- In ‚Rosa Listen‘ werden von Polizei und Verfassungsschutz Daten über Homosexuelle gesammelt.
Diese Aufzählung ist sicherlich noch nicht vollständig, zeigt aber doch deutlich, wie es um Homosexuelle gestellt ist: von Gleichberechtigung und Respekt kann hier noch lange nicht die Rede sein! Diesen Zustand wollen wir so nicht mehr länger hinnehmen!
Was verlangen wir?
Die Aufhebung aller oben benannten Mißstände.
Das Recht, genauso frei und ungezwungen leben zu können wie jeder andere Mensch auch. Das Recht auf uns selbst, auf unseren Lebensstil, auf homosexuelles Leben.
Und wir wollen die Angst abbauen, die viele vor ihrem Schwulsein und den Reaktiionen ihrer Umwelt haben.
Eine Möglichkeit dazu und Ansatzpunkt zur Erreichung dieser Ziele soll die SCHWULE AKTION BREMERHAVEN sein.
(handgemaltes Logo der Gruppe)
(mein Name und meine damalige Telefonnumer als Kontakt-Möglichkeit)
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Die Reaktionen waren – bemerkenswert. An unserem Stand im ‚Columbus Center‘ trauten sich nur wenige der uns damals bekannten Schwulen Bremerhavens zu einem offenen Gespräch mit uns, wohl aber einige Vertreter von Jusos, SPD und Friedensgruppen. Unsere Gruppe allerdings wurde bekannt, auch die örtliche Presse wurde auf uns aufmerksam. Ich erhielt zahlreiche, großenteils alberne, teils drohende Anrufe – und einige von Schwulen, die Kontakt suchten. Und an der Hochschule war danach überall bekannt, das ich schwul bin (mit teils ebenfalls bemerkenswerten Folgen). Die ‚Schwule Aktion Bremerhaven‚ wurde langsam größer, bekam Zuwachs …
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Nachtrag:
Der Text dieses ersten ‚Flugi‘ spiegelt (neben anderem) auch meine damalige Lektüre. Die Formulierung des „Recht auf uns selbst“ ist z.B. natürlich keine originäre Ulli-Formulierung. Schon 1908 titelte Kurt Hiller seine Dissertation als „Das Recht über sich selbst“. Rolf Italiaander verfasste 1951 ein Theaterstück unter dem Titel „Das Recht auf sich selbst“.Und die NARGS Nationale Arbeitsgruppe Repression gegen Schwule, mit Blick auf das 1978 stattfindende 3. Russel-Tribunal über Menschenrechtsverletzungen in der BRD 1977 gegründet, brachte (so mich meine Erinneurng nicht täuscht) eine Broschüre unter ähnlichem Titel heraus.