Pier Paolo Pasolinis letzter Film ‚Salo oder Die 120 Tage von Sodom‘ ist eine Geschichte von Zensur und Verboten. Ende 2022 ist er endlich ‚vom Index‘, es gibt Hoffnung dass der Film wieder verfügbar wird.
Salo oder die 120 Tage von Sodom (Pier Paolo Pasolini 1975) spielt im faschistischen Marionettenstaat von Salo, einem verkommenen Regime im Untergang.
Joachim Werner bezeichnete Salo als ein „Dokument des Verstummens„
„Nicht einmal durch Schmerzensschreie vermögen die gequälten, dahingemetzelten Opfer sich noch im Moment des Erlöschens eine Stimme zu verschaffen.“
Joachim Werner: Vom Verstummen her. in: Sissi 24
Michel Foucault äußert sich zu Salo und den Bezügen zu de Sade in dem Film. Es sei nicht möglich, de Sade, diesen akribischen Anatom in präszisen Bildern zu beschreiben. Entweder verschwinde de Sade, ob man mache cinéma de Papa.
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‚Salo oder die 120 Tage von Sodom‘ war der letzte Film, den Pasolini vor seiner Ermordung 1975 realisieren konnte. Die Dreharbeiten zu Salo fanden 1975 in Salo, Bologna und Rom statt.
Von Beginn an war Pasolinis Film Versuchen von Zensur und Verbot ausgesetzt:
Salo – Zensur und Verbotsversuche in Deutschland
Am 30. Januar 1976 kam Salo in die Kinos in West-Deutschland – unter starken Schnittauflagen der FSK.
Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken (und nach ihr zahlreiche weitere lokale Staatsanwaltschaften) beantragte eine Beschlagnahme des Films. Am 24. Februar 1976 (drei Wochen nach deutscher Erstaufführung) verfügte das Amtsgericht Saarbrücken die Beschlagnahme aller Kopien bundesweit (wegen ‚Gewaltverherrlichung‘ und ‚harter Pornographie‘). Dem Film wurde der ‚Kunstwert‘ abgesprochen.
Am 22. Juni 1977 wurde diese Beschlagnahme durch das Landgericht Saarbrücken wieder aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft ging in Berufung.
Am 21. April 1978 wurde der Einspruch dagegen letztinstanzlich durch den Bundesgerichtshof verworfen.
Seit 1987 und bis heute darf Salo in Deutschland nicht im TV gezeigt werden.
Salo erschien als VHS – jedoch geschnitten. Und seit 11. Juni 1987 erneut indiziert (Bescheid).
Zwar war Salo in Deutschland später als Neuedition wieder auf DVD erhältlich. Jedoch in einer Version, die befremdlich war (fehlerhaft / nicht vollständig, in der FSK- Version fehlen 24 Minuten).
Eine ungeschnittene Version existiert, ist jedoch indiziert.
Allerdings ist im Ausland (auch Österreich, Schweiz) eine weitere Version erhältlich, ein ‚Mediabook‘, das den Film in vollständiger ungekürzter Fassung enthält.
Ein Streichen des Films vom Index wurde 2004 beantragt und abgelehnt. Im Mai 2012 kam es zu einer ‚Folge- Indizierung‘.
2022: nach 35 Jahren ist Salo runter vom Index
2022 wurde ein erneuter Antrag gestellt, den Film vom Index zu nehmen.
Dieser Antrag war, wie Schnittberichte.de am 1.12.2022 berichtet, scheinbar erfolgreich – der Film ist in Deutschland ‚runter vom Index‘.
Nach erneuter Vorlage bei der für die FSK zuständigen Bundeszentrale für Kinder- und Jugendschutz sei auf eine ungekürzte Wieder- Veröffentlichung zu hoffen.
Verbotsversuche in Italien
Schon wenige Tage nach Pasolinis gewaltsamen Tod wurde der Film in Italien verboten, am 9. November 1975.
Am 18. Dezember 1975 wurde der Film freigegeben.
Im Januar 1976 ließ die Staatsanwaltschaft Mailand den Film beschlagnahmen.
Im Juni 1977 wurde Salo – nach zwei Strafverfahren gegen Alberto Grimaldi, den Produzenten des Films – freigegeben.
Verbotsversuche in Frankreich
Der Film wurde uraufgeführt am 22. November 1975 in Paris.
Salo wurde zunächst auch in Frankreich verboten.
Später wurde der Film erst ab 18 Jahren freigegeben. Zudem ließ Kulturminister Michel d’Ornano die Aufführung auf einen (!) Kinosaal in Paris beschränken.
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“Ich denke ja, dass Aufsehen erregen ein Recht und Anstoß nehmen ein Vergnügen ist. Wer auf dieses Vergnügen verzichtet, ist ein Moralist, ein so genannter Moralist.”
Pasolini über seinen letzten Film ‘Salo’ in seinem letzten Interview, 31.10.1975
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Salo oder die 120 Tage von Sodom (Salò o le 120 giornate di Sodoma)
Regie Pier Paolo Pasolini
Italien / Frankreich 1975
113 Minuten
bisher FSK18 in der (um über 20 Minuten) geschnittenen Fassung