Erkenne dich selbst. Gnôthi seautón (Γνῶθι σεαυτόν). Einer der Kern-Gedanken griechischen Denkens.
Zurückgeführt wird ‚gnôthi seautón‚ ( Erkenne dich selbst ) als Urheber auf den griechischen Gott Apollon (Gott der sittlichen Reinheit und Mäßigung). Bekannt geworden durch das Orakel von Delphi (dort stand ‚gnôthi seautón‘ auf einer der Säulen der Vorhalle). Später im Lateinischen übernommen als ‚nosce te ipsum‚.
Erkenne dich selbst – Aufforderung zur Selbsterkenntnis, und doch so viel mehr.
Gedanke, der mich seit frühester Zeit begleitet, zunächst ganz im persönlichen, im Entwicklungs- Sinn (die philosophische(n) Bedeutung(en), Fragen und Chancen noch gar nicht erfassen könnend). Motiv, an das ich mich erinnern kann, seit ich begann, mich als eigenes Wesen wahrzunehmen, nicht nur als ‚Klon meiner Eltern‘.
“ Erkenne dich selbst „. Sei du selbst. Kopiere nicht, eifere nicht nach. Finde heraus, was ‚du selbst sein‘ bedeutet, probiere es, dich, dein Leben aus, deine Möglichkeiten, deine Grenzen. Sei, werde. Werde Mensch.
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„In diesem Spruch ist nicht etwa die Selbsterkenntnis der Partikularität seiner Schwächen und Fehler gemeint, sondern der Mensch überhaupt soll sich selbst erkennen.“
(Hans-Georg Pott, ‚Kurze Geschichte der Europäischen Kultur‘)
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Es gibt (ganz für mich persönlich) Orte, an denen ich Aspekte dieses ‚gnôthi seauthón‘ sehr intensiv erlebe. Wie einst bei der ersten Begegnung mit dem großen steinernen Buddha im Wat Mahathat von Sukhotai. Oder immer wieder am Strand von Lacanau oder Le Porge.
Orte, an denen ich tief zu mir finden kann, zu Momenten großer innerer Ruhe. In denen klar wird, was bedeutend ist in meinem Leben, für mich.
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Delphi liegt am Süd-Fuß des Parnass. Wohnsitz des Apollon wie auch seines ‚Widersachers‘ Dionysos
Apollon – Gott des Lichts, der Heilung, der sittlichen Reinheit, der Mäßigung. Und Gott der Weissagung. Ihm ist das Heiligtum von Delphi gewidmet.
Dionysos – Sohn des Zeus, Vater des Priapos. Gott der einfachen Leute, des Weines, der Fruchtbarkeit, des Rausches, der Exstase. Hingabe. Im Gefolge des Dionysos oft: Dämonen, die Satyrn (nicht unähnlich den römischen Faunen). Dargestellt (als Fruchtbarkeitssymbole) oft mit übergroßem Phallus (siehe Darstellungen in ‚Das ‚Geheime Kabinett‘ von Neapel‚).
In Dionys und Apoll kehren Seth und Horus wieder.
Im alt-ägyptischen Mythos von Seth und Horus steht Seth, symbolisiert durch Hoden, für Gewalt, verbunden mit Sexualität, Zeugungskraft. Ihm gegenüber steht der Lichtgott Horus als Verkörperung des Gesetzes. Seth und Horus sind Gefährten – und geraten in Streit mit einander um den ägyptischen Thron (Osiris-Mythos). Eine versuchte Versöhnung scheitert. Mit allen Mitteln versucht Seth, Horus zu besiegen. Letztlich obsiegt Horus, der Lichtgott.
Bemerkenswert: in der alt-ägyptischen Kultur wird Seth nicht etwa (wie in unserem oft schwarz-weißen, bipolar geprägten Denken zu erwarten) verteufelt und abgelehnt, ausgegrenzt. Vielmehr wird er ambivalent dargestellt, letztlich wird er integriert.
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„Man frage mich nicht, wer ich bin, und man sage mir nicht, ich solle der Gleiche bleiben: das ist eine Moral des Personenstandes; sie beherrscht unsere Papiere. Sie soll uns frei lassen, wenn es sich darum handelt zu schreiben.“
Michel Foucault, Archäologie des Wissens
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Rausch und Wollust. Hingabe. Mäßigung und Reinheit. Gegensätze? Versöhnen? Eine Utopie?
Rausch, Sexualität, Lust sind Bestandteile des Menschen. Versöhnbar mit Mäßigung, Schönheit, höherer Wahrheit.
Apollon und Dionysos.
Seth und Horus.
‚Gnôthi seautón‘ kann nicht verabsolutiert gelten, immer hat es den Satyr an die Seite gestellt …