Gegen das Recht auf Eheschließung für Schwule und Lesben, aber nicht homofeindlich – geht das? Diesen Spagat versuchen gerade die französischen Homoehe-Gegner der ‚ manif pour tous ‚.
Noch vor wenigen Monaten hatten sie mit Groß-Demonstrationen, polemischen Parolen, öffentlichkeitswirksamen Aktionen gegen das Recht auf Eheschließung sowie das Adoptionsrecht für Homosexuelle protestiert. In bewusstem Wortspiel mit den Befürwortern der so genannten Homo-Ehe („marriage pour tous“, Ehe für alle) gaben die Aktivisten ihren Protesten den Namen „Manif pour tous“(manif: verkürzt für Manifestation; Demonstration für alle).
Nachdem das Gesetz, das auch Homosexuellen in Frankreich Eheschließung und Adoption ermöglicht, vom Parlament im Mai 2013 beschlossen, vom Verfassungsgericht akzeptiert und vom Präsidenten im Sommer unterzeichnet wurde, war es in den vergangenen Wochen still geworden um die erst vor einem Jahr gegründete „Manif pour tous“ (abgekürzt LMPT). Nur vereinzelt war es zu kleineren Protestaktionen gekommen.
Nachdem die einstige ‚Ikone‘ der Manif pour tous, die Kabarettistin und Schauspielerin Frigide Barjot sich im Frühjahr 2013 zurückgezogen hatte, war es zunächst zu Hahnenkämpfen verschiedener potentieller Führungsfiguren sowie internen Richtungs-Streitigkeiten gekommen.
Am vergangenen Wochenende 14. / 15. September 2013 trafen sich die Gegner der ‚Homo-Ehe‘ im Parc Floral in Paris zu einer ‚Sommer-Universität‘ (einer in Frankreich bei politischen Parteien und Bewegungen üblichen Form einer jährlichen Versammlung). Unter Ausschluss der Öffentlichkeit kamen annähernd Tausend Aktive der LMPT unter dem etwas anachronistisch wirkenden Motto „Hollande, ta loi, on n’en veut pas‘ (Präsident Hollande, dein Gesetz wollen wir nicht) zusammen, um über die Ziele und zukünftigen Aktivitäten ihrer ‚Bewegung‘ zu diskutieren.
Dabei machten die Organisatoren im Vorfeld deutlich, sich nicht weiterhin Vorwürfen der Homophobie aussetzen zu wollen. Mit dem Ziel „engagement pour tous“ wolle man darüber diskutieren, „seinen Überzeugungen treu zu bleiben und die Flamme der Hoffnung weiterzutragen, ohne zu Homophobie Anlass zu geben“, so Lionel Lumbroso, einer der Sprecher der Gruppierung, gegenüber der französischen Tageszeitung ‚Liberation‘. Wie um diesem Anliegen Glaubwürdigkeit zu verleihen war am Vortag ein Workshop unter dem Titel „Homophobie bekämpfen“ auf dem Programm.
Welche Positionen wird die „manif pour tous“ in Sachen Homosexuelle künftig vertreten? Beobachter vermuten, mit dem Recht auf Heirat für Homosexuelle werden die Gruppierung eventuell stillschweigend ihren Frieden machen – aber weiterhin deutlich das Adoptionsrecht für Homosexuelle angreifen. Und ein weiteres ‚Aufreger-Thema‘ zeichnet sich ab: insbesondere die Gender-Theorie und deren Behandlung in öffentlichen Schulen wurden heiß diskutiert, könnte zu einem kommenden thematischen Schwerpunkt werden.
Insgesamt bleibt die „manif pour tous“ LMPT bei allen Bemühungen, den Vorwurf der Homo-Feindlichkeit abzuwehren, eine tief im politisch konservativen Spektrum verankerte und von konservativ-katholischen Kreisen beeinflusste Gruppierung.
Bei den kommenden Kommunalwahlen in Frankreich im März 23014 will die LMPT nicht mit eigenen Kandidaten antreten. Allerdings, so Tugdual Derville, der zweite der beiden Sprecher der Gruppierung, schließe man nicht aus, ihren Anhängern und Sympathisanten konkrete Wahlempfehlungen zu geben.
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Artikel für queer.de, dort erschienen am 17.9.2013
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