Die beiden Sechszehnjährigen Manu und Felipe sind beste Freunde. Sie sind in einer Klasse, spielen gemeinsam am Strand der argentinischen Küstenstadt, sind beide in einer Band.
Schlagwort: Männlichkeit
„Gendersensible Männer sind politisch ein Nischenphänomen. … Die Welt ist patriarchal organisiert. Und es gibt keine prominenten Role Models, die ein progressives Männerbild vorleben.“
Markus Theunert, Psychologe & Soziologe, taz 20. Juni 2023
Harald Tangermann und Peter Daun – ein schwules Unternehmer-Paar, das lange Jahre die schwule Szene von Hamburg maßgeblich mit prägte. Mit der frühen Förderung von Tom of Finland sowie der einst größten schwulen Sauna Club Uhlenhorst und dem Tom’s hatten sie Bedeutung weit über Hamburg hinaus.
In der post- Stonewall – Zeit waren Discos und Saunen nicht nur Zentren schwulen Lebens und (nicht nur) sexuellen Begegnens geworden – sie wurden geradezu zum Motor von Veränderung oft eher miefiger 60er / früh-70er Homosexuellen-Szenen.
Mavi Phoenix ? Kennt kaum einer meiner Bekannten – noch nicht. Der österreichische Rapper wurde am 1. September 1995 in Linz geboren.
Bei Watt en Schlick 2019 stand ich nachts in Dangast mit Jan im Zelt, wir waren gut drauf, und Mavi Phoenix machte ne gute Show. Kurz zuvor im April 2019 den FM4-Amadeus-Award gewonnen (Video des Konzerts hier). LoFi, Elektro, Pop, Hiphop. Wir hatten viel Spaß, haben viel getanzt.
Die Deutschlandtour verschob sich dann, offiziell wegen der Arbeit an dem Debut-Album. Aus dem geplanten Konzert im Lagerhaus in Bremen im Spätherbst 2019 wurde so erstmal nix.
Dann kam der neue Termin. Tour-Auftakt wird am 15. April 2020 in Bremen sein. Das Debut- Album ‚Boys Toys‘ erscheint kurz zuvor am 3. April 2020. Coronavirus-bedingt wurde das Konzert dann wieder verschoben, in den Herbst 2020 … Zunächst verschoben, wurde die Tour im August 2020 ganz abgesagt.
Die gleichnamige Single mit Video kam bereits am 13. Dezember 2019 heraus, – und zeigte u.a. ein Spiel mit Bildern von Männlichkeit.
Kurz vor der 25-Jahr-Feier des österreichischen Senders FM4 outetet sich Mavi Phoenix als Transgender.
„Transgender issues manifest at different times in life in different individuals“
Juli 2019
„Ich befinde mich auf einer Reise, um herauszufinden, wer ich bin und wer ich sein möchte. – Es ist ein Prozess und im Moment sind alle Geschlechtspronomen für mich in Ordnung. Danke, Mavi“
Bullet in my heart (Video, subtitles am Ende des Videoclips)
Seit Herbst 2019 verwendet Mavi Phoenix für sich das Pronomen ‚er‚ und lebt offiziell als Mann. Privat wird er von Freunden als Marlon angeredet.
„fyi, i’m a guy“
(in seinem Twitter Profil)
Der selbstgewählte Künstlername nimmt Bezug auf den jung verstorbenen Hollywood- Schauspieler und Musiker River Phoenix (23.8.1970 – 31.10.1993, u.a. My Private Idaho).
Die (verschobene) Tour 2020 führt Mavi Phoenix von Bremen u.a. weiter nach Hamburg, Berlin, Leipzig, Bielefeld und Stuttgart.
2020 gibt’s u.a. einen Auftritt beim Deichbrand Festival.
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Oi! Warning (1999)
Der Film Oi! Warning der Brüder Reding ist ein auch queerer Independent Film über Aussteigen, über Skins und Punks, über Männlichkeitsphantasien, Autonomie und Träume. Er erzählt eine auch heute sehr sehenswerte coming of age Geschichte.
Janosch, siebzehn Jahre alt, haut ab. Verlässt seine Freundin, seine Mutter, das Zuhause am Bodensee. Mit dem Roller auf nach Dortmund zu seinem langjährigen Freund Koma, den er schon von der katholischen Landjugend kennt. Koma und Janosch, Hauptfigur des Films, steigen aus ihren bisherigen Lebenswelten aus. Raus aus kleinbürgerlichem Mief – alles, nur das nicht.
Koma trainiert hart Thaiboxen. Das für ihn mehr ist als Sport. „Gleich allemachen. Nicht so halbe Sachen!“ Und Koma ist inzwischen überzeugter Skin geworden. „Parole Spaß – Mal zum Kühlschrank, mal zum Klo, sonst nur Rummachen. Wochenlang.“
Janosch ist begeistert von Koma und dessen Verwandlung. Blicke die auch Begehren erahnen lassen. Janosch folgt Koma, wird auch zum Skin. Ist Janoschs Begeisterung für Koma mehr als freundschaftlich? Seine Blicke scheinen es anzudeuten. Er wohnt zunächst bei Koma und dessen Freundin, übernimmt dessen Gewohnheiten, Klamotten, Stil. Doch beim Tätowierer trifft er zufällig auf Zottel, einen Punk, dessen Tattoo er bewundert. Zottel, eher das Gegenteil von Koma, beginnt ihn zu faszinieren, als er sieht wie dieser bei Blancas Geburtstag die Gäste mit Feuerspucken unterhält. Das will er auch lernen. Janosch besucht Zottel in seinem Bauwagen.
„Was hat keine Haare und kann nur ein Wort?“ (Zottel)
„Oi! – Ein Skin!“ (Janosch)
„Was hat Stachel und kann schon vier Wörter? – Haste ma ne Mark?“
„Ein Punk!“
Janosch und Zottel, der Möchtegern-Skin und der Punk – finden sie zusammen?
„Hey, das is nicht so dein Ding, Dreck Matsch Pampe – aber ich mag das.“ (Zottel zu Janosch)
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Männerphantasien, latent gewaltbereites Verhalten, Saufen Gegröle und verzerrte Gesichter, aggressive Kumpelhaftigkeit, Frauen die als Zuschauerinnen und Sexobjekte degradiert sind. Der Film zeigt Skinheads, die eher nicht politisch motiviert sind. Und doch eine Skin-Szene die wie eine eingeklemmte letzte Bastion abgestandener gewaltaufgeladener Männlichkeitsphantasien wirkt.
Der Punk Zottel wirkt hier geradezu als Gegenentwurf. Aussteiger auch er, doch auf eine fast verträumte Weise, friedlich, gelegentlich zärtlich, voller Phantasien und Träume. Wo der Skin Koma von Gegröle der Kameraden begleitet bei einem Boxkampf auf einen Unbekannten einprügelt, wird im Gegenschnitt Janosch gezeigt, Zottel beim Jonglieren beobachtend, begleitet von Vogelgezwitscher im Freien auf einer Obstwiese.
Die unterschiedlichen Freiheits-Entwürfe von Skin und Punk, hier fast Proll-Skin und Romantik-Punk, sie sind neben dem Verhältnis von Aussteigen und Gewalt eines der Themen des Films. Dass Koma zum Schluss der Box-Szene KO auf die Bretter geht und seinen Boxkampf verliert, wirkt hier wie ein didaktischer Regie-Kommentar, der dieser Deutlichkeit nicht einmal bedurft hätte. Koma hat mehr als nur einen Boxkampf verloren …
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Dominik und Benjamin Reding bereiteten den Film Oi! Warning fünf Jahre vor. Sie drehten mit Laien aus lokalen Skin- und Punk-Szenen und wenig erfahrenen Schauspielern. Die Dreharbeiten fanden in Hamburg, Bochum, Hagen, Iserlohn, Haltern, Dortmund, Lindau und am Bodensee statt.
Die Musik in Oi! Warning ist u.a. von Terrorgruppe (1993 – 2005, 2014; Deutschpunk / Aggropop, Berlin) und Smegma (1992 – 2000; am Bass der spätere Audiolith-Gründer Lars Lewerenz; unpolitischer Oi!-Punk, die Band äußerte sich immer wieder deutlich gegen rechts; im Film Auftritt unter dem Namen „rOi!mkommando„).
Oi! Warning wurde bei seinem Kinostart 2000 sehr kontrovers aufgenommen. Grobkörnige Gewaltästhetik, Selbstfindung in schwarz – weiß, Handlungsstränge und Figuren holzschnittartig gestrickt. ‚Prädikat wertvoll‘, urteilte die FBW.
Nach seinem Kinostart in Deutschland im Jahr 2000 wurde der Film – obwohl die Skins bei Oi! Warning unpolitische sind – als Teil der Debatten über den Umgang mit neonazistischen Tendenzen wahrgenommen. Mehrere Diskussionsveranstaltungen mit den Regisseuren in ostdeutschen Bundesländern mussten nach massiven Drohungen aus rechtsextremen Kreisen abgesagt werden, andere wurden niedergeschrieen.
„Was wir erreichen wollten ist, dass sich der Otto-Normal-Verbraucher fragt, wie eigentlich Homophobie entsteht und an welcher Stelle ein unpolitischer zu einem homophoben Mörder wird und das Opfer ein toller, queerer Mensch ist.“
Dominik Reding, zitiert nach Homopunk History
Das Schlammbad im Film Oi! Warning hat ein reales Vorbild und politischen Hintergrund … den ‚Rattenwagen‘ beim CSD 1997 …
Und schwule Szenen entdeckten den Schlamm als Fetisch …
Oi! Warning als Schritt in die Welt des filmischen Umgangs mit Aids in Zeiten der Normalisierung
Das Schlammbad, das Zottel kurz vor Schluss des Films nimmt, und die hier noch offene Frage, ob das tatsächlich ’nicht so Janoschs Ding‘ ist, sie sind einer der zentralen Momente in der Darstellung der Beziehung zwischen Janosch und Zottel. Ein sexuell aufgeladener Moment – mit Hintergrund.
Gerade dem Schlammbad des Films kommt auch im Kontext schwule Sexualität und Aids eine besondere Bedeutung zu. Philipp Meinert berichtet in Homopunk History im Kontext des Rattenwagens 1997
Der lustvolle Umgang mit Dreck war laut Benjamin [Reding; d.Verf.] auch eine Antwort auf die endlosen Safer-Sex- und Reinheits-Diskussionen in denen z.B. ernsthaft darüber gestritten wurde, ob es beim ’safer‘ Küssen zum Speichel-Austausch kommen dürfe.“
Schlamm und Lust am Dreck als Kontrast, ja Kontrapunkt zu Sterilität und Reinheit.
Ende der 1990er Jahre. Wirksame Aids-Medikamente stehen (in Industriestaaten) breiter zur Verfügung. Aids beginnt nicht länger tödliche Drohung zu sein. Ein coming of age Film in dem Aids nicht stattfindet. Ein selbstbewusster junger Schwuler badet im Schlamm. Er genießt lustvoll Dreck Siff Matsch Unreinheit. Das ganze Gegenteil der sterilen reinen sauberen risikobefreienden Welt der Prävention. Lust und Dreck statt Reinheit und Angst.
Auf diese Weise gelesen kann Oi! Warning wenn auch nicht als früher post-Aids- Film, so doch als wichtiger filmischer Schritt der Befreiung, eines anderen (vor allem auch: weniger dominanten) Umgangs mit dem Thema Aids gelesen werden.
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„War einmal ein kleines Schwein
das grunzte frech und dreckig
…
und wenn es nicht gestorben ist
dann grunzt es noch heute
und wühlt mit Lust im Matsch herum
und versaut die braven Leute“
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Oi! Warning (aka: Oi! Warning – Leben auf eigene Gefahr; Arbeitstitel Fettes Gras)
Deutschland 1999, schwarz/weiß
Regie, Drehbuch & Produktion Benjamin & Dominik Reding
Erstaufführung 11. Juli 1999 (Los Angeles Outfest, Gay and Lesbian Film Festival)
Erstaufführung Deutschland 16. Februar 2000 Berlin, Berlinale (noch ohne Off-Kommentar von ‚Janosch‘)
Kinostart Deutschland 19. Oktober 2000
auch 2019 weiterhin als DVD erhältlich
ausgezeichnet mit
Outstanding Emerging Talent (Dominik & Benjamin Reding) – Los Angeles Outfest 1999
Max Ophüls Preis (Dominik & Benjamin Reding) – Max Ophüls Festival 1999
Lobende Erwähnung Kamera Spielfim (Axel Henschel) – Deutscher Kamera-Preis 1999
Filmpreis des DGB – Internationales Filmfest Emden 2000
Le Prix Spécial du Jury – 17. Festival International du premier Film d´Annonay 2000
Main Jury Award / Best Feature Film – Mezipatra, Czech Gay and Lesbian Film Festival 2003
Adolf Brand (1874 – 1945)
Adolf Brand gründete Ende des 19. Jahrhunderts die weltweit erste reegelmäßig erscheinenden Homosexuellen-Zeitschrift. Der Anarchist, Verleger und Aktivist der Homosexuellen-Bewegung wurde 1874 in Berlin geboren und starb 1945 ebenda.
Adolf Brand wurde am 18. November 1874 in Berlin geboren. Brand arbeitete kurzzeitig als Lehrer gründete bald seinen eigenen Verlag.
Während des Ersten Weltkriegs diente Adolf Brand zwei Jahre als Soldat. Er heiratete kurz vor Kriegsende die Krankenschwester Elise Berendt, die von seiner Homosexualität wußte und sie akzeptierte. Mit ihr und seinem Freund Max Miede lebte er in seinem Haus in Wilhelmshagen (Bismarckstr. 7).
Im März 1896 gründete Adolf Brandt – damals 21 Jahre alt – die erste Homosexuellen-Zeitschrift der Welt, ‚Der Eigene‘, ab dem dritten Jahrgang 1899/1900 mit dem Zusatz ‚Ein Blatt für männliche Kultur‘. (1) ‚Der Eigene‘ erschien bis Mai 1932.
Brand stand dem freidenkerischen Friedrichshagener Dichterkreis nahe. Er hatte engen Kontakt mit dem Schriftstellerr und Antifaschisten Ludwig Renn (i.e. Arnold Friedrich Vieth von Golßenau, 22.6.1889 – 21.07.1979), mit Kurt Hiller (der auch im ‚Eigenen‘ häufig schrieb), mit dem Schriftsteller Sagitta (i.e. John Henry Mackay (1864 – 1933) sowie mit dem Anarchisten Erich Mühsam (1878 – 1934)
Aus ihrem Umfeld gründete Adolf Brand gemeinsam mit dem Sexualwissenschaftler und Soziologen Benedict Friedlaender (1866 – 1908) und dem Gutsbesitzer Wilhelm Jansen (der auch den ‚Wandervogel‘ finanziell unterstützte) im Jahr 1903 die bis 1933 bestehende ‚Gemeinschaft der Eigenen‚ GdE. Diese Vereinigung firmierte bis 1907 mit dem Zusatz ‚Philosophische Gesellschaft für Sittenverbesserung und Lebenskunst‘, ab 1908 als ‚Verein für Kunst und männliche Kultur‘, nach dem Ersten Weltkrieg als ‚Bund für Freundschaft und Freiheit‘.
Brand und die GdE vertraten eher maskulinistische Positionen [Maskulinismus, Begriff geprägt von dem US-amerikanischen Literaturwissenschaftler Andrew Hewitt]. Deutlich wird dies z.B. in einer Eigen-Werbung aus dem Jahr 1906
„Im striktesten Gegensatz zu der Verweiberung, Verpfaffung und Versittelung unserer Zeit will die G.D.E. in unserem Volke wieder die höchsten Güter des Mannes pflegen, Freude an Freundschaft u. Freiheit, männlicher Kraft und Schönheit, und Freude am männlichen Sinn – zum Wohle und Wachsen des Staates und der Kultur.“
1933 sah sich Adolf Brand nicht mehr in der Lage, seinen Aktivismus fortzusetzen. Nach 5 Hausdurchsuchungen durch die Polizei 1933 (der weitere 1935 folgten) zermürbt, berichtete er selbst über seine Lage in einem Brief
„Ich wurde durch diese 5 Konfiskationen vollständig ausgeplündert, habe nichts mehr zu verkaufen und bin nun geschäftlich ruiniert. Ich weiß auch nicht mehr, wovon ich mit meinen Angehörigen zusammen noch weiter leben soll. Denn meine ganze Lebensarbeit ist jetzt zugrunde gerichtet. Und die meisten meiner Anhänger haben nicht einmal den Mut, auch nur einen Brief an mich zu schreiben, und erst recht nicht, zur Unterstützung meiner Arbeit irgendeine Zahlung an mich zu leisten. … Aus dieser Lage ergibt sich die sehr einfache Tatsache, daß eine Fortsetzung meiner Arbeit und ein Weitererscheinen meiner Zeitschriften auf deutschem Boden nicht mehr möglich ist und daß die Weiterherausgabe meiner Zeitschrift DER EIGENE nur noch im Auslande geschehen kann, wo dafür die dazu notwendige Pressefreiheit und Rechtssicherheit besteht.„
Adolf Brand am 29. November 1933 (in: Günter Grau: Homosexualität in der NS-Zeit)
Adolf Brand und seine Frau starben verarmt am 2. Februar 1945 in Berlin Wilhelsmshagen bei einem Luftangriff der Alliierten. Ihr Wohnhaus (Berlin – Wilhemshagen, das damals noch als Neu-Rahnsdorf bezeichnet wurde) in der Bismarckstraße 7 hatten sie schon zuvor verkaufen müssen, lebten nur noch in einem Zimmer darin.
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Adolf Brand und das Outing
Adolf Brand betrieb und vertrat offensiv das Outing (erzwungene Comingout von meist prominenten Personen), lange bevor dieser Begriff (m.W. Ende der 1980er Jahre) geprägt wurde.
So bezeichnete er im Umfeld der ‚Eulenburg-Affäre‘ 1907 den Reiuchskanzler Bernhard von Bülow (1849-1929) als Homosexuellen. Brand wurde verklagt – und verurteilt, da er keine Beweise für seine Behauptung vorlegen konnte.
Bereits 1904 hatte er den katholischen Priester, Verleger und Politiker der Zentrums-Partei Friedrich Dasbach (1846 – 1907) in einer Broschüre als Homosexuellen bezeichnet. Dasbach (der ähnlich mehrfach beschuldigt bzw. erpresst wurde) konnte ein gerichtliches Verbot der Broschüre erreichen.
Brand versuchte immer wieder, die Homosexualität bekannter Persönlichkeiten offen zu legen – mit dem Beweggrund, die Absurdität des Paragraphen 175 aufzuzeigen und die Betroffenen zur unterstützung seiner Bemühungen zu bewegen, den Paragraph 175 abzuschaffen.
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zur Frage der weltweit ersten Homosexuellen-Zeitschrift
Zwar hatte Karl Heinrich Ulrichs bereits 1870 die Zeitschrift Uranus herausgegeben. Es erschien jedoch nur eine Ausgabe.
Adolf Brands ‚Der Eigene‚ ist damit korrekter bezeichnet die erste fortlaufend erschienene Homosexuellen-Zeitschrift der Welt.
Ebenfalls im Jahr 1896 gab der Psychiater Pasquale Penta (1859 – 1904) in Italien die (’sexuelle Abweichungen‘ behandelnden) ‚Archivio delle psicopatie sessuali‚ heraus, die jedoch nur ein Jahr erschienen. Sie gelten als erste sexualwissenschaftliche Zeitschrift Italiens (und weltweit zweite).
1909 gründete Jacques d’Adelswärd-Fersen mit Akademos die erste Zeitschrift über Homosexualität in Frankreich.
Die erste Homoseuellen-Zeitschrift erschien in Frankreich 1924 – Inversions.
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Race d’Ep – ein aus der Schwulenbewegung Frankreichs 1979 entstandener vierteiliger Dokumentarfilm über das Entstehen eines homosexuellen Selbstbewusstseins, von Lionel Soukaz und Guy Hocquenghem.
Die Schwulenbewegung entstand nicht in den 1960er Jahren, sondern bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts – dies ist der strukturierende Grundgedanke des französischen Dokumentarfilms ‚Race d’Ep‘. Bei dem Entstehen eines homosexuellen Selbstbewusstseins komme der gerade aufkommenden Photographie eine besondere Bedeutung zu, sie „schuf eine neue Defintion von Männlichkeit„, so die Autoren (die sich dabei implizit auf Foucault beziehen). Sie ziehen in 4 Teilen eine Linie von Gloeden über Hirschfeld bis zu Guy Hocquenghem (der im vierten Teil selbst auftritt) – oder, wie der Film selbst sagt „de Gloeden jusqu’à la pornographie actuelle„.
Wie es zu dem Titel des Dokumentarfilms kam, berichtet Hocquenghem im Vorspann:
homophil
homophil – griech., etwa: dem gleichen zugeneigt, das gleiche liebend
Der Duden vermerkt als Bedeutung des Wortes homophil
„eine Liebesbeziehung, erotische Kontakte zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern ausdrückend, aufweisend„
und gibt als synonyme Begriffe an
„gleichgeschlechtlich, homosexuell, schwul„
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Der Begriff ‚Homophilie‚ geht vermutlich zurück auf Heimsoth:
Der Mediziner Karl-Günther Heimsoth legte 1924 an der Universität Rostock seine Doktorarbeit vor, die sich mit gleichgeschlechtlicher Liebe und Sex befasste – unter dem Titel „Hetero- und Homophilie“. Der Begriff der Homophilie wird hier unter Rückgriff auf Ideen Hans Blühers und Otto Weiningers entwickelt.
Heimsoth, 1899 in Charlottenburg geboren, engagierte sich in der Homosexuellenbewegung der Weimarer Republik. Er wandte sich allerdings gegen Magnus Hirschfeld und dessen WhK, lehnte desen These vom ‚dritten Geschlecht‘ ab.
Heimsoth war deutlich antisemitsch eingestellt. Bereits 1925 formulierte er (laut zur Nieden eindeutig auf Hirschfeld gemünzt) in seinem Artikel „Freundesliebe oder Homosexualität“ für die von Adolf Brand herausgegebene Zeitschrift Der Eigene, die „männerheldische heroische Freundesliebe“ bleibe „in der Idee und Verständnismöglichkeit dem Judengeiste fremd“ (zitiert nach [2]).
Heimsoth wurde am 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP, soll der Partei aber schon vorher nahe gestanden haben. Parallel arbeitet er auch mit der KPD zusammen.
Heimsoth wurde im März 1934 verhaftet, nach Breslau überführt und dort nach knapp 2 Wochen wieder freigelassen. Kurz darauf soll er in Breslau erschossen worden sein.
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„Den Homophilen war nicht unbedingt daran gelegen, gesellschaftliche Mehrheiten für ihre Anliegen zu gewinnen. Im Gegenteil, offensive Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit versuchten sie zu vermeiden. Ihre Interventionen folgten keinem demokratischen Politikverständnis, sondern einem liberal-elitären, demzufolge wenige Aufgeklärte die breite Masse zu führen hatten. Diese sollten der Toleranz durch rechtliche Reformen den Weg bahnen, und erst dann, so die Überzeugung, lasse sich gegen die in der gemeinen Bevölkerung tief verwurzelte Homosexuellenfeindlichkeit etwas ausrichten.“
Benno Gammerl, Anders fühlen, München 2021
Gammerl betont die
„patronageartige Abhängigkeit von Eliten, an deren heteronormativer Vorbildlichkeit die Öffentlichkeit keinen Zweifel hegte“
„homophiler Anständigkeit verhaftet“ vs. „emanzipatorische Aufmüpfigkeit“
„Wende von der homophiler Strategie des bedachtsamen Aufklärens zur lesbisch -schwulen Taktik des provokativen Aufrüttelns“
„Mit Tabubrüchen, Provokationen und sexuellen wie emotionalen Experimenten inszenierten sich die Emanzipationsbewegungen der 1970er-Jahre bewusst als Gegner*innen der unauffälligen Homophilen aus der Phase des Ausweichens.“
Benno Gammerl, Anders fühlen, München 2021
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[1] Karl Günter Heimsoth: Hetero- und Homophilie. Eine neuorientierende An- und Einordnung der Erscheinungsbilder, der „Homosexualität“ und der „Inversion“ in Berücksichtigung der sogenannten „normalen Freundschaft“ auf Grund der zwei verschiedenen erotischen Anziehungsgesetze und der bisexuellen Grundeinstellung des Mannes, Dortmund 1924
[2] Susanne zur Nieden: Die „männerheldische heroische Freundesliebe“ bleibt „dem Judengeiste fremd“. Antisemitismus und Maskulinismus (pdf)
Herbert Hoffmann (1919 – 2010)
Herbert Hoffmann (1919 – 2010) war einer der bekanntesten Tätowierer Deutschlands. Dass er schwul war, seine ‚älteste Tätowierstube in Deutschland‘ seit Beginn der 1960er Jahre gemeinsam mit seinem Lebenspartner führte, war weit weniger bekannt.
Hoffmann wurde am 30. Dezember 1919 in Freienwalde in Pommern als Sohn eines Fleischermeisters geboren. Bald zog die Familie nach Berlin, Hoffmann wuchs in Charlottenburg auf. 1949, gerade zurück aus sowjetischer Kriegsgefangenenschaft, erhielt er seine erste eigene Tätowierung (‚Glaube Liebe Hoffnung‘, ein ‚klassisches‘ Seefahrer-Motiv). Bald folgen weitere Tätowierungen, u.a. von Christian Warlich, ‚Urvater‘ der Tätowierer in Deutschland.
Pier Paolo Pasolinis letzter Film ‚Salo oder Die 120 Tage von Sodom‘ ist eine Geschichte von Zensur und Verboten. Ende 2022 ist er endlich ‚vom Index‘, es gibt Hoffnung dass der Film wieder verfügbar wird.
Salo oder die 120 Tage von Sodom (Pier Paolo Pasolini 1975) spielt im faschistischen Marionettenstaat von Salo, einem verkommenen Regime im Untergang.
Joachim Werner bezeichnete Salo als ein „Dokument des Verstummens„
„Nicht einmal durch Schmerzensschreie vermögen die gequälten, dahingemetzelten Opfer sich noch im Moment des Erlöschens eine Stimme zu verschaffen.“
Joachim Werner: Vom Verstummen her. in: Sissi 24
Michel Foucault äußert sich zu Salo und den Bezügen zu de Sade in dem Film. Es sei nicht möglich, de Sade, diesen akribischen Anatom in präszisen Bildern zu beschreiben. Entweder verschwinde de Sade, ob man mache cinéma de Papa.
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‚Salo oder die 120 Tage von Sodom‘ war der letzte Film, den Pasolini vor seiner Ermordung 1975 realisieren konnte. Die Dreharbeiten zu Salo fanden 1975 in Salo, Bologna und Rom statt.
Von Beginn an war Pasolinis Film Versuchen von Zensur und Verbot ausgesetzt:
Salo – Zensur und Verbotsversuche in Deutschland
Am 30. Januar 1976 kam Salo in die Kinos in West-Deutschland – unter starken Schnittauflagen der FSK.
Die Staatsanwaltschaft Saarbrücken (und nach ihr zahlreiche weitere lokale Staatsanwaltschaften) beantragte eine Beschlagnahme des Films. Am 24. Februar 1976 (drei Wochen nach deutscher Erstaufführung) verfügte das Amtsgericht Saarbrücken die Beschlagnahme aller Kopien bundesweit (wegen ‚Gewaltverherrlichung‘ und ‚harter Pornographie‘). Dem Film wurde der ‚Kunstwert‘ abgesprochen.
Am 22. Juni 1977 wurde diese Beschlagnahme durch das Landgericht Saarbrücken wieder aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft ging in Berufung.
Am 21. April 1978 wurde der Einspruch dagegen letztinstanzlich durch den Bundesgerichtshof verworfen.
Seit 1987 und bis heute darf Salo in Deutschland nicht im TV gezeigt werden.
Salo erschien als VHS – jedoch geschnitten. Und seit 11. Juni 1987 erneut indiziert (Bescheid).
Zwar war Salo in Deutschland später als Neuedition wieder auf DVD erhältlich. Jedoch in einer Version, die befremdlich war (fehlerhaft / nicht vollständig, in der FSK- Version fehlen 24 Minuten).
Eine ungeschnittene Version existiert, ist jedoch indiziert.
Allerdings ist im Ausland (auch Österreich, Schweiz) eine weitere Version erhältlich, ein ‚Mediabook‘, das den Film in vollständiger ungekürzter Fassung enthält.
Ein Streichen des Films vom Index wurde 2004 beantragt und abgelehnt. Im Mai 2012 kam es zu einer ‚Folge- Indizierung‘.
2022: nach 35 Jahren ist Salo runter vom Index
2022 wurde ein erneuter Antrag gestellt, den Film vom Index zu nehmen.
Dieser Antrag war, wie Schnittberichte.de am 1.12.2022 berichtet, scheinbar erfolgreich – der Film ist in Deutschland ‚runter vom Index‘.
Nach erneuter Vorlage bei der für die FSK zuständigen Bundeszentrale für Kinder- und Jugendschutz sei auf eine ungekürzte Wieder- Veröffentlichung zu hoffen.
Verbotsversuche in Italien
Schon wenige Tage nach Pasolinis gewaltsamen Tod wurde der Film in Italien verboten, am 9. November 1975.
Am 18. Dezember 1975 wurde der Film freigegeben.
Im Januar 1976 ließ die Staatsanwaltschaft Mailand den Film beschlagnahmen.
Im Juni 1977 wurde Salo – nach zwei Strafverfahren gegen Alberto Grimaldi, den Produzenten des Films – freigegeben.
Verbotsversuche in Frankreich
Der Film wurde uraufgeführt am 22. November 1975 in Paris.
Salo wurde zunächst auch in Frankreich verboten.
Später wurde der Film erst ab 18 Jahren freigegeben. Zudem ließ Kulturminister Michel d’Ornano die Aufführung auf einen (!) Kinosaal in Paris beschränken.
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“Ich denke ja, dass Aufsehen erregen ein Recht und Anstoß nehmen ein Vergnügen ist. Wer auf dieses Vergnügen verzichtet, ist ein Moralist, ein so genannter Moralist.”
Pasolini über seinen letzten Film ‘Salo’ in seinem letzten Interview, 31.10.1975
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Salo oder die 120 Tage von Sodom (Salò o le 120 giornate di Sodoma)
Regie Pier Paolo Pasolini
Italien / Frankreich 1975
113 Minuten
bisher FSK18 in der (um über 20 Minuten) geschnittenen Fassung
Penis Komplex durch Porno-Konsum?
Penis Komplex? Durch Porno? Bekommen Männer, die Porno-Filme schauen, Komplexe sie hätten einen zu kleinen Penis? Penis-Komplex durch Porno, dies behauptet eine ‚Studie‘ aus Frankreich.
Über ein Drittel der jungen Männer unter 25 Jahren in Frankreich, die Pornofilme sehen, haben einen Penis-Komplex. Den Komplex, zu befürchten ihr Penis sei zu klein.
Vermutete Ursache dieses Komplexes: Pornofilme würden zunehmend als Norm-setzend empfunden, besonders von der jungen Generation, so die ‚Studie‘ von IFOP. Sie spricht von der Gefahr ‚angsterzeugender überdimensionierter männlicher Geschlechtsorgane‘.
Das französische Meinungsforschungs-Institut IFOP führte die als repräsentativ bezeichnete Untersuchung im Januar 2014 im Auftrag einer Erotik-Internetseite durch. Befragt wurden 1.004 Personen über 18 Jahre. Die Daten wurden am 23. April 2014 veröffentlicht.